Da heißt es: Neoliberalismus ist „erstmals 1939 für eine Konferenz...“ entworfen worden. Dann werden die Wissenschaftler genannt. Er ist eine
... wirtschaftspolitische und sozialphilosophische Lehre, die als „dritter Weg“ zwischen Kapitalismus und Kollektivismus im Dienst marktwirtschaftlicher Ordnung und im Zeichen einer Erneuerung und Vertiefung liberaler Ideen eine Wettbewerbsordnung anstrebt. Die Wirtschaft soll nicht, wie aufgrund des „Laissez-faire“-Prinzips, völlig ungeordnet bleiben, sondern, durch Maßnahmen des Staates gestützt und garantiert, die fruchtbaren Kräfte des Wettbewerbs voll zur Entfaltung bringen.
Der Neoliberalismus tritt dementsprechend für wirtschaftskonforme Eingriffe des Staates und eine auf das soziale Ganze ausgerichtete Gesellschaftspolitik ein. Er wendet sich gegen jede Art monopolisierter und gruppenegoistischer Machtentfaltung...
Die von W. Eucken begründete Freiburger Schule vertritt den Neoliberalismus in Form des Ordoliberalismus, der sozialliberal unter Festhalten am Grundsatz des Privateigentums an Produktionsmitteln und an der Privatinitiative eine marktwirtschaftlich orientierte Sozialordnung des Wettbewerbs erstrebt. In der vollständigen Konkurrenz wird die diesen Zielen am besten dienende Marktform gesehen; das reine Leistungsprinzip gewährleiste die Durchsetzung sozialer Gerechtigkeit mithilfe rechtsstaatlicher Maßnahmen.
Meine Damen und Herren, auf diesen letzten Satz kommt es mir an. Kein Unternehmen hat bislang bei dieser Politik rechtsstaatliche Maßnahmen ergreifen können. Das ist es.
Meine Damen und Herren, wir Liberalen haben das noch einmal in den Vordergrund gestellt,weil uns schon klar ist, dass wir es hier mit einem Themenbereich zu tun haben, wo wir uns vom Übergang der Staatswirtschaft in die Marktwirtschaft befinden.Wir diskutieren die Frage demnächst im Bereich der Bahn,im Bereich der gesamten Daseinsvorsorge. Wie gestaltet man den Übergang von Staatswirtschaft, von hoheitlich organisierter Daseinsvorsorge in die Marktwirtschaft?
Dort werden wir uns immer dazu bekennen müssen, dass es dieser Regulierungsbehörden bedarf. Aber wer sich hinstellt und den Eindruck erweckt, hier handele es sich um liberale Politik, dem möchte ich die wichtigsten Kernsätze aus der eigenen Regierungserklärung vorhalten. Da heißt es: Genehmigungspflicht, Vorabkontrolle, Preisstopp, Beweislastumkehr, Netz regulieren, starke Kontrolle; ein starker Staat ist notwendig, der streng reguliert. – Meine Damen und Herren, das hat mit den hochgehaltenen Prinzipien nichts zu tun.
Die Aussage, dass der Wettbewerb realisiert werden soll, ist ein blankes Lippenbekenntnis – zumindest nach dem heutigen Stand. Wir unterstützen Sie in der Frage der Preisprüfung unter der Netzregulierung,
weil wir diesen Mechanismus als notwendigen Übergangsmechanismus durchaus anerkennen und auch keine andere Möglichkeit zum Übergang von der Staatswirtschaft zur Marktwirtschaft sehen. Allerdings reicht uns das nicht aus. Was wir brauchen, ist ein Konzept für die hessische Energiewirtschaft im Interesse der hessischen Verbraucher. Dies bezieht sich sowohl auf die Unternehmen als auch auf den privaten Haushalt. – Vielen herzlichen Dank.
Danke sehr, Herr Posch. – Frau Hölldobler-Heumüller, ich darf Sie für BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN ans Mikrofon bitten.
Sehr geehrter Herr Dr. Rhiel, im Februar dieses Jahres habe ich Sie von dieser Stelle aus aufgefordert, eine Regierungserklärung zum Thema Wirtschaft abzugeben – eine Regierungserklärung, in der Sie für die Hessische Landesregierung darlegen, wie Sie mit den massiven Problemen umgehen wollen, die Hessen auf dem Gebiet der Wirtschaft hat.
Ich hatte gehofft, dieser Wirtschaftsminister würde irgendwann im Laufe dieser Legislaturperiode einmal erzählen, was sich denn die Hessische Landesregierung im Wirtschaftssektor vorstellt – angesichts der Probleme, die da sind: Hessen als Schlusslicht aller Bundesländer – ob Ost oder West – beim Abbau der Arbeitslosigkeit.Hessen, das beim Wirtschaftswachstum einmal an der Spitze aller Bundesländer lag, befindet sich beständig auf dem absteigenden Ast.In Hessen fordern die Unternehmerverbände inzwischen dringend einen Wechsel in der Schulpolitik,
weil das hessische Schulsystem ein unglaubliches Potenzial an berufs- und bildungsfähigen Jugendlichen brachliegen lässt.
In Hessen soll demnächst der ÖPNV platt gemacht werden, weil der Ministerpräsident in Berlin den Kürzungen zugestimmt hat.
Angesichts all dieser Probleme haben Sie die Traute, sich hierhin zu stellen und in Ihrer Regierungserklärung zu erzählen: Der Schwerpunkt, den sich die Hessische Landesregierung in den letzten zwei Jahren in der Wirtschaftspolitik gesetzt hat, ist der Kampf gegen überhöhte Stromund Gaspreise.
Herr Dr. Rhiel, angesichts all dieser Probleme fällt mir dazu nichts ein. Hier wird klar, warum Hessen wirtschaftlich überhaupt nicht mehr vorankommt.
Theatralisch erklären Sie, eine weitere Erhöhung der Strompreise hätte das Wachstum der Binnennachfrage abgewürgt. Sie beschreiben die Benachteiligung Hessens als Wirtschaftsstandort. Es geht hier – bei Zahlen beziehe ich mich immer auf Ihre Zahlen,damit wir an dieser Stelle nicht lange herumstreiten müssen – um einen Betrag von 3 c im Monat für einen durchschnittlichen Haushalt,40 c pro Jahr.
Ich will nicht bestreiten: In diesen Zeiten ist das durchaus Geld. Um aber in Ihrem Bild zu bleiben: Das ist gerade einmal ein Reifen vom Vectra oder vom Astra.
Aber wie viele Hessen werden sich im nächsten Jahr nicht nur einen neuen Reifen kaufen müssen, sondern gleich noch drei dazu und auch noch den Rest des Autos,weil Sie beispielsweise keine ÖPNV-Verbindung mehr aufrechter
Ist Ihnen klar, dass dieser Betrag höher ist als der Betrag, um den sich eine durchschnittliche Schülermonatskarte verteuern wird, wenn die Preiserhöhungen zuschlagen werden? Ist Ihnen auch klar, dass Sie Mitglied eines Kabinetts sind, von dem ein anderes Mitglied, Ihr Kollege Corts, gerade beschließen will, Studenten – ganz nebenbei auch Energieverbraucher, und denen spart Ihre Aktion ca. 2 c im Monat – auf der anderen Seite im Monat 83 c aus der Tasche zu ziehen? Sie aber stellen sich hierhin und wollen sich als der Rächer der Witwen, Waisen und Enterbten feiern lassen. Das ist unglaublich.
Lassen Sie also die Kirche im Dorf. Dass Sie sich gegen ohne Zweifel überhöhte Strom- und intransparente Netzentgelte einsetzen, ist die konsequente Anwendung des Energiewirtschaftsgesetzes – ich glaube, das ist Konsens unter allen Parteien.
Über die Urheberschaft dieses Gesetzes brauchen wir hier nicht zu streiten. Grundlage sind die Binnenmarktrichtlinien der EU. Es handelt sich um ein rot-grünes Bundesgesetz mit hessischen Komponenten – die Sie als Verhandlungsführer im Bundesrat hineinverhandelt haben.
Dieses Gesetz hat also viele Väter und Mütter. Es ist Ihr Job als Wirtschaftsminister, dieses Gesetz jetzt anzuwenden. Das ist aber kein Stoff für ein Heldenepos des Dr. Alois Rhiel, als den Sie das hier verkaufen wollen.
Seit Dezember lassen Sie sich in immer gleich lautenden Presseerklärungen als Kämpfer gegen die Strom-Multis feiern. Inhaltlich ist das schlicht und ergreifend falsch. Denn die Netzentgelte der großen Energiekonzerne werden von der Bundesnetzagentur kontrolliert – auch wenn Sie das vielleicht gerne selbst machen würden. Es geht um kommunale und private Stromversorgungsunternehmen mit weniger als 10.000 Kunden, nicht um die Multis.
Dann verwendeten Sie eine kernige Formulierung: Die Energieverbraucher dürften nicht länger die „Melkkühe der kommunalen und der privaten Anteilseigner der Stromunternehmen“ sein. An dieser Stelle verschweigen Sie ganz vornehm,dass Sie bis 2002 – nämlich bis zum Eintritt in die Hessische Landesregierung – als stellvertretender Aufsichtsratvorsitzender eines Energieunternehmens, nämlich der ÜWAG, zu den Nutznießern genau dieses Melkens gehört und dass Sie gerne Ihren städtischen Säckel aufgehalten haben,um die Ausschüttungen der Energieversorger einzustreichen. Jetzt aber schreiben Sie: Auch Kommunalpolitiker, die für Städte und Landkreise in den Aufsichtsgremien von Strom- und Gasunternehmen sitzen, haben eine Verantwortung gegenüber den Kunden, die ja ihre Bürger sind.
Herr Rhiel, dazu hatten Sie reichlich Gelegenheit, als Sie in der ÜWAG saßen – aber da war nichts davon zu hören, gar nichts.