Da ist völlig egal, ob das zu Recht ist oder nicht. Das spielt überhaupt keine Rolle. Sie reden von einem verheerenden Abschneiden, einem katastrophalen Ergebnis usw. usf. Meine Damen und Herren, ich will in diesem Zusammenhang nicht die GEW zitieren, die in Sachsen sehr kritisch das betrachtet hat, was hier als Ergebnis herausgekommen ist. Ich will Ihnen einige wenige Stichworte nennen, um deutlich zu machen, dass die Studie in der Tat nicht seriös ist.
Die Studie lässt beispielsweise bei den weiterführenden Schulen nur Ganztagsangebote in gebundener Form gelten. Sie sagt überhaupt nichts über unsere Ganztagsangebote aus, die wir als solche deklarieren. Die gleichen, die wir anbieten, bietet Rheinland-Pfalz an. Dort wird es aber als klassische Ganztagsschule verkauft. Das war der erste Punkt. Im Übrigen sagt die Quote der Ganztagsangebote
Zweitens. Die Behauptung, dass die Betreuungsrelation, also die Klassengröße, die Leistung der Schüler maßgeblich beeinflusse, ist nicht belegbar. Ich erinnere in diesem Zusammenhang an die IGLU-Studie, bei der die Kinder in England das beste Ergebnis hatten, obwohl dort die durchschnittliche Klassengröße in der Grundschule bei 29 Kindern liegt. Ich füge ausdrücklich hinzu: Das wollen wir bei uns nicht haben. – Bei uns liegt die durchschnittliche Klassengröße bei knapp über 20 Kindern.
Dritter Punkt. Die Studie nimmt einen Punktabzug vor, wenn es einen hohen Anteil an Lehrkräften über 50 Jahren gibt. Ich halte das für eine Unverschämtheit.
Ich halte es für eine Unverfrorenheit, Punkte abzuziehen, nur weil die Menschen das 50. Lebensjahr überschritten haben.
Übrigens gibt es da einen Widerspruch in der Studie. Denn gleichzeitig wurde kritisiert, dass wir in Hessen einen hohen Anteil an Frühpensionierungen gehabt hätten. Den hatten wir in den Jahren 2000 und 2001. Inzwischen ist das überhaupt kein Thema mehr. Seit der Zeit haben wir brutto etwa 13.000 bis 14.000 Lehrer eingestellt. Das sind junge Lehrer.
Dies als Belastung zu empfinden, ist von der Sache her falsch. Denn wir haben etwa 25 % der hessischen Lehrerschaft ersetzt, und zwar altersbedingt oder durch zusätzliche Einstellungen.
Gleichzeitig wurde aber auch noch erklärt, Lehrer, die älter als 50 Jahre sind, seien offensichtlich nicht mehr in der Lage, einen guten Unterricht zu machen.Wer so etwas behauptet,verkennt die Lebensleistung eines Menschen,der 50 Jahre oder älter ist. Gerade auch diese Lehrer brauchen wir in der Schule, und zwar wegen ihrer Lebenserfahrung und wegen ihrer pädagogischen Erfahrungen.
Ebenfalls als Beleg wird die Zahl der Zugänge für Computer herangezogen. Diese Zahl ist aber ohne jegliche Aussagekraft. Ich kann in jeder Klasse die entsprechende Zahl an Computerzugängen schaffen. Was nutzt mir das, wenn ich keine Computer habe?
Klammer auf. Mit dem hessischen Programm „Schule@Zukunft“ haben wir zusammen mit den Schulträgern Millionen c an Mitteln investiert, um die Computer zu haben. Klammer zu.
Aber der Zugang alleine nützt mir nichts, wenn ich keine Lehrer habe, die diese Technik nutzen wollen. Das sagt also überhaupt nichts aus.
Die Krönung ist im Grunde genommen doch, dass die Studie das Fehlen eines Abschlusses auf dem Niveau der Sekundarstufe II, also das Fehlen eines Abiturs, als Bildungsarmut diffamiert.Was für eine Ideologie steckt denn da eigentlich bei den Verfassern dahinter? Ist ein guter Hauptschulabschluss nichts wert? Ist ein guter Realschulabschluss nichts wert?
Das hatten wir in der Politik schon einmal. Es gab einmal einen Bundeskanzler, der erklärt hat, man müsse den jungen Leuten mehr ermöglichen, als nur den Hauptschulab
schluss zu erzielen. Die Zeiten sind vorbei. Wir brauchen junge Leute mit einem guten Hauptschulabschluss. Wir brauchen junge Leute mit Realschulabschluss. Natürlich brauchen wir auch junge Leute mit Abitur. Das ist doch völlig unstreitig.Wenn jemand so etwas erklärt, dann fällt das auf ihn zurück.
Mit meiner nächsten Aussage schließt sich der Kreis. Damit will ich es dann auch an Aussagen zu dieser unsäglichen Studie belassen.
(Norbert Schmitt (SPD): Erzählen Sie uns noch ein bisschen weiter über die Studie! Das interessiert uns!)
In der Studie wird die Forderung nach der Einführung einer verpflichtenden Ganztagsschule erhoben. Außerdem wird die sechsjährige Grundschule gefordert. Außerdem soll es die Pflicht geben, den Kindergarten ab dem 4. Lebensjahr zu besuchen. Diese Forderungen haben mit Wissenschaftlichkeit nichts zu tun, und zwar 0,0.
Dies sind politische Forderungen,die die Autoren von mir aus als ihre private Meinung erheben können. Das hat aber mit Wissenschaftlichkeit nichts zu tun. Deswegen sage ich Ihnen sehr deutlich: Diese ganze Studie ist das Geld nicht wert, das wer auch immer dafür in letzter Konsequenz bezahlt hat.
(Beifall bei der CDU – Norbert Schmitt (SPD):Was wollen Sie damit sagen? – Frank-Peter Kaufmann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Das sind doch Ihre politischen Freunde!)
Die Sozialdemokraten erklären in ihrem Antrag im Weiteren, die Politik der Landesregierung führe zu einer Verminderung der Durchlässigkeit des Schulsystems und die Dreigliedrigkeit werde zementiert. Sie wissen, dass das falsch ist. Gerade aufgrund der Politik, die wir gemacht haben, können wir feststellen, dass es momentan einen vermehrten Strom in Richtung der integrierten Gesamtschulen gibt. Das beklagt hier niemand.
(Lachen der Abg. Heike Habermann und Norbert Schmitt (SPD) – Heike Habermann (SPD): Das ist ein Nebeneffekt, den Sie nicht wollten!)
Entschuldigung, das beklagt hier doch niemand. Frau Kollegin Habermann, das hat etwas mit der freien Wahl der Schule zu tun. Da unterscheiden wir uns in der Tat. Sie wollen Chancengleichheit. Wir reden von Chancengerechtigkeit. Sie wollen mehr Ganztagsangebote und echte Ganztagsschulen. Sie wollen mehr Lehrer. Ich will auf die Diskussion über die Zahl der Lehrer gar nicht eingehen. Ich möchte dazu nur noch einmal feststellen: Sie haben in der letzten Legislaturperiode, in der Sie Regierungsverantwortung trugen,die Zahl der Stellen für Lehrer um 400 gekürzt, obwohl die Zahl der Schüler gestiegen ist. Das ist die Wahrheit.
Die zweite Wahrheit besteht darin, dass während der letzten Legislaturperiode, in der Sie regiert haben, keine weiteren Ganztagsangebote genehmigt wurden, kein einziges Ganztagsangebot,während wir das konsequent ausbauen.
Ich komme zum letzten Punkt. Sie wollen die Chancengleichheit durch Einführung der Einheitsschule erreichen.
Da liegen Welten zwischen uns. Mithilfe Ihrer unterschiedlichen Formulierungen betrügen Sie im Grunde genommen die Menschen. Herr Kollege Schmitt, zunächst haben Sie erklärt, Sie wollten die Gemeinschaftsschule. Danach haben Sie erklärt, Sie wollten eine Schule für alle.
(Norbert Schmitt (SPD): Sie machen sich noch lächerlicher, als Sie schon sind! Reden Sie doch noch ein bisschen über die Studie!)
Frau Kollegin Habermann hat dann öffentlich erklärt, man sei eigentlich doch für die integrierte Gesamtschule als Einheitsschule. Die Jusos haben noch einen draufgesetzt. Sie haben sich jetzt für die sogenannte Universalschule eingesetzt.
Stellen Sie sich dann doch bitte schön hierhin und erklären den Menschen: Wir wollen die Einheitsschule. – Im Umkehrschluss bedeutet das: Sie wollen die Hauptschule abschaffen. Sie wollen die Realschule abschaffen. Logischerweise werden dann auch die Gymnasien abgeschafft werden. – Sie haben doch ein gestörtes Verhältnis zur freien Schulwahl und zur Schulformvielfalt.
(Norbert Schmitt (SPD): Ihr Verhältnis zur freien Schulwahl haben wir gerade in Frankfurt und Wiesbaden sehen können!)
Sie sind sich nicht einmal zu schade, die Förderschulen zu diffamieren.Wir haben dieses Thema gerade in der letzten Sitzung des Kulturpolitischen Ausschusses behandelt. Da haben Sie von sogenannten Förderschulen gesprochen. Sie diffamieren damit die wertvolle pädagogische Arbeit unserer Sonderschul- bzw. Förderschulpädagogen. Dafür sollten Sie sich eigentlich schämen.
In dem „Gießener Anzeiger“ gab es ein langes Interview mit Herrn Gustav Ludwig.Sie werden ihn kennen.Gustav Ludwig war ehemals Sozialdemokrat. Er ist auch der ehemalige Landesvorsitzende der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft. Er wurde gefragt, was er von der Bildungspolitik von Rot und Grün und der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft hält. Er hat am 12. August 2006 in einem Interview dazu Folgendes erklärt – ich zitiere aus dem „Gießener Anzeiger“ –:
Die Veränderung von Organisationsstrukturen statt von Bildungsinhalten sei „der große Denkfehler der Siebzigerjahre“ gewesen, meint Ludwig. „Er führte zur Nivellierung der Bildungsgänge, zur Abkehr vom Gedanken der demokratischen Leistungsschule.“ Oder: „In Hessen wurde unter der Verantwortung der SPD-Landesregierung in den Neunzigerjahren nicht einmal annähernd die obligatorische Stundentafel erfüllt.“
Lob zollt Ludwig dagegen der CDU-Landesregierung für die von ihr eingeführten Deutsch-Vorlaufkurse oder für das Lehrerbildungsgesetz von 2004.
(Norbert Schmitt (SPD):Wir gratulieren zu der Recherche! Endlich haben Sie einmal einen gefunden, der zu Ihrer Politik etwas Positives sagt!)
Um Reformen im Bildungswesen zu verwirklichen, bedarf es des Wettbewerbs unterschiedlicher Schulformen, vor allem im Sekundar-I-Bereich.Auch der durch die Achtundsechziger-Generation in Verruf geratene Leistungsbegriff muss wieder an Bedeutung gewinnen.
(Norbert Schmitt (SPD):Wir gratulieren zu der gelungenen Recherche! Endlich haben Sie jemanden gefunden, der zu Ihrer Politik etwas Positives sagt!)
So weit wollte ich den ehemaligen Landesvorsitzenden der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft, einen ehemaligen Sozialdemokraten, zitieren. Wo er recht hat, hat er recht.