Protokoll der Sitzung vom 05.10.2006

(Norbert Schmitt (SPD): Insbesondere in Hessen!)

Ich will das jetzt nicht alles vorlesen. Das würde den zeitlichen Rahmen sprengen. Was er nicht erklärt hat, nicht erklären konnte, ist: Es ist richtig, dass Ausbildungsplätze fehlen.Das ist unbestreitbar.Fakt ist aber auch,dass,wenn über Jahre hinweg unter rot-grüner Verantwortung im Bund 40.000 Betriebe pro Jahr schließen müssen, weil sie insolvent sind, damit auch Ausbildungsplätze verloren gegangen sind

(Andrea Ypsilanti (SPD):Ach du liebe Güte!)

oder dass wir heute beispielsweise immer noch keine abgestuften Ausbildungsgänge haben, oder hohe bürokratische Auflagen, teilweise die verfügbare Zeit von jungen Leuten im Betrieb zu gering ist, usw. Das ist ein Teil der Faktensituation.

Der andere Punkt ist der, dass wir als Hessen im Hinblick auf das Haushaltsjahr 2007 sagen, dass wir die Förderung von Ausbildungsstellen mehr als verdoppeln.Wir haben in diesem Jahr dafür 11 Millionen c zur Verfügung. Damit werden 1.400 Ausbildungsstellen unterstützt.

(Norbert Schmitt (SPD): 12.000 bräuchten wir!)

Wir werden diesen Betrag im nächsten Jahr auf 28 Millionen c erhöhen, sodass damit letzten Endes durch uns über 4.000 Ausbildungsplätze gefördert werden. Dies ist ein aktiver Beitrag zur Lösung des Problems.

(Beifall bei der CDU)

Zweiter Punkt. Der Bundespräsident weist in seiner Rede darauf hin, dass wir von Schulen hören, in denen Gleichgültigkeit, Disziplinlosigkeit, ja, Gewalt den Alltag bestimmen. Ich bin froh darüber, dass wir in diesem Hause übereinstimmend zum Thema Gewalt einen einvernehmlichen Antrag verabschieden konnten.

Zum anderen versuchen wir durch unser Schulgesetz sehr wohl, dazu beizutragen, dass Disziplinlosigkeit nicht mehr in dem Maße möglich ist, wie es in der Vergangenheit war. Wir haben den Lehrern die Disziplinarmöglichkeiten erleichtert. Man muss bei dieser Gelegenheit auch fragen, wo das Ganze letzten Endes herkommt.

(Norbert Schmitt (SPD): Von der 68ern! – Zuruf des Abg. Michael Siebel (SPD))

Da müssen auch Sie sich fragen lassen, ob Sie mit Ihrer Bildungspolitik in der Vergangenheit richtig gelegen haben. Ich erinnere an die ehemalige Kultusministerin, Frau Behler, die im September 2005 in der Zeitung des Deutschen Philologenverbandes „Profil“ erklärt hat:

Man sprach in der SPD von Fleiß, Pünktlichkeit, Ordentlichkeit als bloßen Sekundärtugenden. Das Leistungsprinzip wurde hinterfragt.

(Michael Siebel (SPD): Jetzt sagen Sie etwas zur Bildungspolitik! Das haben wir abgehakt!)

Meine Damen und Herren, Sie müssen sich doch selbst einmal fragen, was Sie zu der Entwicklung beigetragen haben. Mit dieser Politik in der Vergangenheit sind Sie Mitverursacher dessen, was wir heute zu beklagen haben.

(Beifall bei der CDU – Norbert Schmitt (SPD):Was ein Geschwätz!)

Dritter Punkt. Der Bundespräsident erklärt, Bildung für alle muss das Ziel sein. Das wird jeder unterstreichen. Er erklärt, wir brauchen Spitzenleistungen in dieser Republik.

(Norbert Schmitt (SPD):Vor allem am Rednerpult! Deswegen sollten Sie sich besser setzen!)

Meine Damen und Herren, wer ist denn dafür, dass wir in dieser Republik Hochbegabte, Elite fördern? Das waren doch unter Ihrer Regierungsverantwortung Fremdworte. Heute können wir darüber reden. Wir brauchen in dieser Republik Eliten- und Hochbegabtenförderung. Meine Damen und Herren, wir setzen es um.

(Beifall bei der CDU – Andrea Ypsilanti (SPD): Warum hatten wir so viele Abiturienten unter RotGrün?)

Vierter Punkt. Der Bundespräsident erklärt, dass zuallererst gute Bildung hilft, das zu entwickeln, was in jedem Einzelnen von uns steckt, was uns von Gott gegeben ist. Das unterstreiche ich ausdrücklich. Jeder kann etwas, der Hauptschüler genauso wie der Gymnasiast.Weil das so ist, versuchen wir, diese unterschiedlichen Begabungen zielgerichtet zu unterstützen,

(Norbert Schmitt (SPD): Schon nach dem vierten Jahr feststellen und vorbestimmen, das ist Ihre Politik! – Zuruf des Abg. Michael Siebel (SPD))

indem wir den Hauptschülern schulformbezogene Stundentafeln geben, an den Gymnasien die Stundentafeln ausgebaut haben, Herr Kollege Schmitt, um damit differenziert unterschiedlichen Begabungen gerecht zu werden. Genau dies machen wir.

(Norbert Schmitt (SPD): Das stellen Sie nach dem 4. Schuljahr fest! Das ist doch der Skandal!)

Meine Damen und Herren, der Bundespräsident fügt hinzu, dass Demokratie auf gute Bildung angewiesen ist, um beispielsweise auch gegenüber Extremisten, religiösen Fanatikern inhaltlich gewappnet zu sein. Deshalb haben wir beispielsweise den riesengroßen Unterrichtsausfall – durch Sie verursacht – abgebaut: 100.000 Stunden. Wir haben die Stundentafel verändert, in der Grundschule und in der Hauptschule die Stundentafel erhöht, damit mehr Zeit zum Unterrichten bleibt, damit mehr Zeit für die Diskussion bleibt,um gegen Extremisten aller Art gewappnet zu sein.

Fünfter Punkt. Unser Wissen vermehrt sich rasant.

(Dr. Christean Wagner (Lahntal) (CDU): Bei der SPD nicht!)

Das ist ein Stichwort des Bundespräsidenten. Wir haben lebensbegleitendes Lernen zu einem Schwerpunkt erklärt. Das Weiterbildungsgesetz ist vor wenigen Wochen erst diskutiert und verabschiedet worden. Wir haben die Fortbildung eingeführt, das Institut für Qualitätsentwicklung.All das trägt dazu bei, die Tatsache zu untermauern, dass sich Wissen rasant verändert und dass wir lebensbegleitend, lebenslang lernen müssen. Wir liefern im Schulgesetz die Grundlage dafür.

Sechster Punkt. Der Bundespräsident weist auf die Entwicklung hin, dass viele junge Menschen in Deutschland einen Migrationshintergrund haben und dass man deshalb die Frage stellen muss, wie wir unsere Zukunft gemeinsam gestalten. Auch dies ist für uns ein ganz wichtiger Punkt.Wir haben deshalb über 1.000 Lehrer im hessischen Schuldienst, die sich um die Sprachförderung be

mühen – von Seiteneinsteigern, von Kindern mit Migrationshintergrund, aber auch von denen deutscher Nationalität oder deutscher Abstammung, die auch teilweise sprachliche Defizite haben.Wir haben die Sprachvorlaufkurse verpflichtend eingeführt. Wir haben die Hauptschule gestärkt. Wir haben an den Hauptschulen die Fächer Deutsch und Mathematik verstärkt, wir haben SchuB-Klassen und Praxisklassen eingeführt, die Hauptschule aufgewertet und anderes mehr. All dies dient dem Ziel, auch diesen Kindern, die häufig überproportional stark in der Hauptschule vertreten sind, eine entsprechende berufliche Perspektive zu bieten.

Siebter Punkt. Wir haben vom Bundespräsidenten zu Recht gehört, dass wir in größerem Umfang die frühen Jahre der Kindheit als Lernzeit entdecken müssen. Genau deshalb haben wir den Bildungs- und Erziehungsplan ins Leben gerufen. Wir haben die musikalische Förderung verstärkt, den therapeutischen Sport in der Grundschule verändert, die Verzahnung von Grundschule und Kindergarten durchgeführt, die Grundschullehrerausbildung verändert. Meine Damen und Herren, all dies dient genau dem Ziel, das der Bundespräsident völlig zu Recht genannt hat.

(Zuruf des Abg. Michael Siebel (SPD))

Achter Punkt. Der Bundespräsident erklärt: Mir liegt der Religionsunterricht am Herzen, weil er der Unterricht ist, wo Sinnfragen des Lebens gestellt werden können. – Ich glaube,es ist ganz wichtig,dass wir uns auch in Hessen,zumindest wir, auch in Zukunft ganz klar für den konfessionell geprägten Religionsunterricht aussprechen –

(Dr. Christean Wagner (Lahntal) (CDU): Im Gegensatz zu Berlin!)

im Gegensatz zu Berlin,im Gegensatz zu anderen,die von Ethikunterricht oder von LER als Ersatz sprechen, usw. Dies wird es mit uns nicht geben. Religionsunterricht ist und bleibt fester Bestandteil hessischer Schulpolitik.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU – Norbert Schmitt (SPD): Es ist die Frage, wie viel Sie damit erreichen!)

Neunter Punkt. Meine Damen und Herren, der Bundespräsident erklärt, dass Schulen nicht nur Lehrpläne und Budgetpläne benötigen, sondern auch Freiheit für eigene Gestaltungsideen. Genau deshalb gibt es in Hessen Selbstverantwortung plus, Personaleinstellungskompetenzen für Schulen, Budgetrechte, ein Fortbildungsbudget, ausgebaute Ganztagsangebote, Bildungsstandards, eine inhaltlich definierte Grundschule. Auch dies ist in Übereinstimmung mit dem, was der Präsident gesagt hat.

Zehnter Punkt. Der Lehrerberuf verlangt Liebe zu den Kindern.Der Bundespräsident erklärt,für ihn sind Lehrer Helden des Alltags.

(Beifall bei der CDU)

Meine Damen und Herren, wir sollten an dieser Stelle gerade heute, weil heute der Tag des Lehrers ist, den Pädagogen in dieser Republik danken – aber nicht so, wie es Herr Schröder gemacht hat, der erklärt hat, das seien faule Säcke, und nicht so wie Herr Beck, der erklärt hat, das, was Lehrer in einer Woche schaffen, haben andere bis Dienstag erledigt. Damit schafft man kein Vertrauen in den pädagogischen Beruf. Das Gegenteil wird in letzter Konsequenz erreicht. Deshalb haben wir ein Lehrerbildungsgesetz aus einem Guss verabschiedet: mehr Praxisbezug,pädagogische Anteile,Didaktik,Diagnosefähigkeit

und anderes mehr. Genau das, was hier intendiert ist, ist damit letzten Endes in unserem Schulgesetz umgesetzt.

Elfter Punkt. „Gemeinnütziges Engagement sollte ruhig im Schulzeugnis dokumentiert werden“, so auf Seite 11 dieser Rede nachzulesen. Ich füge nur kurz hinzu: Genau dies haben wir.

Der zwölfte und letzte Punkt, der uns bestätigt, auf dem richtigen Weg zu sein, ist die Aussage des Präsidenten, dass nur jeder zehnte Euro, den die öffentliche Hand in Deutschland ausgibt, in das Bildungssystem fließe. Es wäre falsch, wenn man in die Kindergärten mehr investiert und bei den Hochschulen im Gegenzug dazu kürzte. Man muss beides tun. – Meine Damen und Herren, genau das machen wir in Hessen. Der Bildungsetat ist auf einem historischen Höchststand. Ich darf daran erinnern: In Ihrer Regierungszeit lag der Bildungsetat bei etwa 2,3 Milliarden c. Das heißt, der Bildungsanteil am Gesamthaushalt lag bei 11,8 %.Wir haben heute knapp 600 Millionen c mehr: 2,9 Milliarden c.

(Dr.Christean Wagner (Lahntal) (CDU):Pro Jahr!)

Das heißt im Klartext: Unser Anteil liegt heute bei 13,5 %. Das heißt, 600 Millionen c im Bildungs-/Schulbereich mehr. Hinzu kommen nochmals 250 Millionen c pro Jahr mehr im Hochschulbereich, sodass wir heute als Land Hessen pro Jahr 850 Millionen c mehr in die Bildung investieren als zu Ihrer Regierungsverantwortung.

(Dr. Christean Wagner (Lahntal) (CDU): Sehr gut!)

Kumuliert bedeutet das eine Mehrausgabe von rund 4 Milliarden c im Vergleich zu Ihrer Regierungszeit, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der CDU)

Ich glaube, darauf können wir gemeinsam stolz sein. Ich darf daran erinnern, 1995 wurden folgende Zahlen veröffentlicht: Hessen war – gemeinsam mit dem Saarland – das Schlusslicht Deutschlands.

(Zuruf der Abg. Sabine Waschke (SPD))

Heute sind wir auf dem Marsch nach vorne.Wenn uns gelegentlich die GEW lobt, was selten vorkommt, dann wollen wir Ihnen das nicht vorenthalten. Das war vor einigen Monaten im „Wiesbadener Kurier“ nachzulesen: „Die Lernbedingungen für Schüler wie auch ihre Chancen auf einen qualifizierten Schulabschluss klaffen zwischen den einzelnen Bundesländern immer weiter auseinander.“ Das ist auch das Fazit einer jetzt veröffentlichten Studie der Bildungsforscher im Auftrag der Bundesgewerkschaft Erziehung und Wissenschaft. Ich zitiere: „Gute Lernvoraussetzungen wie auch Chancen auf einen qualifizierten Arbeitsplatz nach Schule und Studium sehen die Autoren besonders in Hessen, Baden-Württemberg und Bayern.“ Damit können wir – glaube ich – ganz zufrieden sein.