Protokoll der Sitzung vom 06.10.2006

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Der Hessische Landtag wird sich heute und in naher Zukunft mit vier Gesetzeswerken beschäftigen, die das Sparkassenwesen in Hessen und darüber hinaus betreffen. Heute stehen der Entwurf für ein Gesetz zur Änderung des Hessischen Sparkassengesetzes, der Entwurf für ein LTH-Gesetz und der dazugehörige Staatsvertrag mit Thüringen auf der Tagesordnung. Ich darf ankündigen, dass wir uns in diesem Jahr im Landtag ebenfalls noch mit dem sogenannten Umwandlungsgesetz für die Frankfurter Sparkasse befassen werden.

Man sieht, dass die Entwicklung im Sparkassenwesen, angestoßen durch die Entwicklung im Umfeld, ein entsprechendes Handeln von uns fordert.Alle diese gesetzlichen Maßnahmen haben das Ziel, die Verbesserung der Position der Sparkassen in Hessen weiter voranzutreiben.

Die Novelle des Hessischen Sparkassengesetzes, die ich Ihnen heute zur Beratung vorlege, ist in zweifacher Hinsicht bemerkenswert. Zum einen betrifft das formelle Gesichtspunkte. Mit diesem Gesetzentwurf setzt die Landesregierung das um, was im Regierungsprogramm steht: Sie schafft die Voraussetzungen, damit im Sparkassenwesen auch Beteiligungen zwischen öffentlichen Trägern vorgenommen werden können. Das ist ein wichtiger Baustein. Er zeigt wie viele andere, dass diese Landesregierung das, was sie angekündigt hat, Zug um Zug verlässlich umsetzt.

(Beifall bei der CDU)

Zum anderen sehen wir in der konkreten Umsetzung dieses Papiers durch den Gesetzentwurf,den wir Ihnen heute vorlegen, eine Initiative zur Stärkung der Sparkassen im engeren Sinne. Dieser Gesetzentwurf reiht sich in die Initiativen der Landesregierung zur Stärkung der Sparkassen ein.

Ich erinnere dabei an den Vorstoß des Hessischen Ministerpräsidenten Roland Koch anlässlich der sogenannten Wartburgrede am 20.08.2002. Damals hat er den Sparkassen in Hessen und Thüringen ins Stammbuch geschrieben, dass nicht alles so bleiben kann, wie es ist, sondern dass die Sparkassen auf die Herausforderungen der Zukunft reagieren müssen.

(Reinhard Kahl (SPD): Die haben doch reagiert!)

Durch diesen Anstoß ist es gelungen, dass die Sparkassen das Verbundkonzept erarbeitet und umgesetzt haben, das als vorbildliches Werk in der bundesweiten Sparkassenlandschaft gilt.

(Reinhard Kahl (SPD): Das haben die ganz alleine geschafft!)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, der zweite Punkt in diesem Kontext ist die gestaltende Rolle der Landesregierung bei der Integration der Frankfurter Sparkasse von 1822 in die Sparkassenfamilie, in die Hessische Landesbank. Beide Maßnahmen haben dazu geführt – gerade auch die letzte Maßnahme am Bankenplatz Frankfurt –, dass die Sparkassen aus diesem Entwicklungsprozess gestärkt hervorgegangen sind.

(Reinhard Kahl (SPD): Das haben die Sparkassen gemacht!)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, genau darum geht es auch bei der vorliegenden Novelle des Sparkassengesetzes.

(Reinhard Kahl (SPD): Das haben die Sparkassen gemacht!)

Wie können die Sparkassen für die Zukunft wetterfest gemacht werden? Wie können sie fit gemacht werden? Denn nur starke Sparkassen können im Interesse der Gesellschaft die Herausforderungen bewältigen.

(Beifall bei der CDU)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, denn auch die Sparkassen müssen realisieren – und zum Teil spüren sie es auch sehr konkret in ihren geschäftlichen Entwicklungen –, dass neue Formen, beispielsweise E-Banking, Direktbanken, geeignet sind, ihnen entscheidenden Wettbewerb auch in der Fläche zu machen, und dass es darum geht, dass sie sich weiterentwickeln müssen oder weiterentwickeln können müssen, wenn wir die Ertragskraft stärken und die Eigenkapitalkraft der Sparkassen im Sinne von Basel II ausweiten wollen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren,es geht also um das Profil der Sparkassen. Es geht darum, dass die regionale Verwurzelung und damit die Kundennähe erhalten bleibt, und es geht darum – das sage ich auch als Wirtschaftsminister –, dass die Funktion der Sparkassen zur Kreditfinanzierung der mittelständischen Wirtschaft nicht geschwächt, sondern ausgebaut wird. Das ist gerade in Hessen wichtig, wo viele mittelständische Betriebe in den einzelnen Regionen beheimatet und auf diese erfolgreiche Kooperation angewiesen sind.

(Margaretha Hölldobler-Heumüller (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Und warum protestieren dann die Sparkassen dagegen?)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, bisher gibt es bei den Sparkassen – wenn es um Kooperationen geht,die verpflichtend sein sollen – nur die Fusion oder wenige andere Instrumente. Fusion oder Zweckverband, das ist die einzige Alternative.

Wir wollen den Optionsspielraum, die Gestaltungsmöglichkeiten erweitern. Wir wollen strukturelle Handlungsoptionen eröffnen,wie sie auch in der Privatwirtschaft üblich sind: Kooperationen absichern durch Kapitalbeteiligung.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, gleichzeitig wollen wir,wenn solche Kooperationen durch Beteiligung stattfinden, auch dazu beitragen, dass die Identität der Sparkassen in ihren Regionen erhalten bleibt, dass also die Kundenbeziehung gewahrt wird und ausgebaut werden kann.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, diese Novelle schafft also Optionen. Diese Optionen machen Folgendes möglich: erstens eine klare Beziehung zwischen Sparkas

sen und ihren Trägern; zweitens eine deutlichere Verantwortungsbeziehung zwischen dem Management und dem Kapitaleigner.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, wir haben immer festgestellt – und das wird sich auch in diesem Gesetz niederschlagen –, dass es bei dem Verhältnis zwischen Sparkassen und ihren Trägern um eine spezielle, eine Sonderbeziehung im öffentlichen Bereich geht.

Meine Damen und Herren, in diesem Zusammenhang sind viele Befürchtungen, manchmal auch Unterstellungen, geäußert worden. Ich will auf zwei eingehen.

Zunächst einmal gibt es die Unterstellung oder die Befürchtung, die Kommunalaufsicht könne Druck auf die Eigentümer der Sparkasse ausüben, zum Zweck der Haushaltskonsolidierung Stammanteile zu übertragen.

Ich weise auf den Gesetzentwurf hin, der Ihnen vorliegt. Dieser Gesetzentwurf schließt dies eindeutig in einem eigens dafür aufgenommenen Paragrafen aus – dass nämlich Stammkapitalübertragungen aus diesem Grunde nicht erlaubt sein dürfen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, die Sparkassen stehen derzeit in der Diskussion. Die Diskussion, die im Zusammenhang mit den Geschehnissen um die Berliner Sparkasse entbrannt ist, schafft, wenn wir es nüchtern betrachten,derzeit viel Unsicherheit.Das hat vor allem auch das zum Teil falsche Taktieren des Deutschen Sparkassenund Giroverbandes zu verantworten.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU)

Meine Damen und Herren, an dieser Stelle wird derzeit sehr viel zerstört, gerade unter dem Aspekt des Regionalprinzips.

(Reinhard Kahl (SPD): Das hat der Bundestag jetzt beschlossen!)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, das Land Hessen, die Hessische Landesregierung hebt sich davon positiv ab.

(Beifall des Abg. Clemens Reif (CDU) – Reinhard Kahl (SPD): Das glauben Sie, und sonst niemand!)

Mit diesem Sparkassengesetzentwurf setzen wir ein deutliches Zeichen.Wir erklären deutlich und geben ein klares Bekenntnis ab: Es geht uns um die dauerhafte Existenz der Sparkassen. – Das, was wir Ihnen vorlegen, schafft für alle Handelnden Verlässlichkeit für die Zukunft, aber es schafft auch Raum für Entwicklungsmöglichkeiten der Sparkassen im Sinne ihrer Entwicklungspotenziale.

Ganz konkret heißt das: Wir wollen, dass die Sparkassen auch in der Zukunft eine der drei starken Säulen im dreigliedrigen Bankensystem der Bundesrepublik Deutschland sind.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU – Reinhard Kahl (SPD): Genau das Gegenteil tun Sie hier!)

Meine Damen und Herren, umgesetzt in Klartext heißt das, es gibt keine Privatisierung der Sparkassen.

(Zuruf von der SPD: Sie bieten einen Einstieg!)

Denn so können Sie es lesen: Stammkapital darf, wenn es übertragen werden soll, nur an vorhandene Träger übertragen werden, an Sparkassen in Hessen oder an die Hessische Landesbank.

(Reinhard Kahl (SPD): Und wie lange gilt das? – Gegenruf des Abg. Michael Boddenberg (CDU): Wenn Sie da nicht rangehen!)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, dies haben wir festgezurrt, und zwar in zweierlei Hinsicht; zunächst einmal mit unseren Partnern in Thüringen. Sie werden im Staatsvertrag lesen, dass wir das nochmals deutlich vereinbart haben. In diesem Staatsvertrag wird die Aussage neu aufgeführt, dass sich Hessen und Thüringen eindeutig zum öffentlich-rechtlichen System der Sparkassen erklären und keine Privatisierung wollen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, aber wir wollen auch die Möglichkeit – ich sagte es bereits –, dass die Hessische Landesbank ein Institut sein soll, das Anteile übernehmen darf.

Auch dies hat zu einer erheblichen Diskussion geführt. In diesem Zusammenhang haben wir mit Thüringen im Entwurf des Staatsvertrags vereinbart, dass die Länder bei einer solchen Übernahme ausdrücklich mitstimmen müssen, dass dies unter dem Vorbehalt der Länderzustimmung, sowohl von Hessen als auch von Thüringen, steht.

(Reinhard Kahl (SPD): Das ist das Mindeste!)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, dieses Instrument – dass die Helaba in der Lage sein muss, eine solche Übernahme zu tätigen – ist notwendig. Das lehrt uns die Erfahrung mit der Frankfurter Sparkasse.

(Reinhard Kahl (SPD): Herr Minister, das geht nach geltendem Recht auch!)

Meine Damen und Herren, wäre es nicht die Frankfurter Sparkasse gewesen, für die ein eigenes Gesetz gegolten hat, dann hätten wir nicht handeln können – mit all den negativen Folgen, die Sie sich ausgemalt haben. So schaffen wir eine Möglichkeit, dass eine solche Übernahme in einem ähnlich gelagerten Fall möglich sein wird. Wir machen hier also prophylaktisch das Notwendige.

(Reinhard Kahl (SPD): Das geht nach jetzigem Recht auch, und das wissen Sie!)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, in diesem Zusammenhang wurde dann immer wieder die zweite Unterstellung geäußert und der Verdacht geschürt, dieses Gesetz sei nicht europafest. Meine Damen und Herren, wir haben bewiesen, dass das Gesetz deutlich auch den Kriterien der EU-Verträge entspricht und dass uns insbesondere der Art. 295 deutlich aufzeigt, dass in Zukunft lediglich das Handeln von Stammkapital innerhalb der öffentlich-rechtlichen Institute erlaubt bzw. auf diese beschränkt ist.

Meine Damen und Herren, darauf haben wir in den Gesprächen mit der EU-Kommission hingearbeitet, ich selbst bei meinem Gespräch mit dem Kommissar McCreevy am 23.03. dieses Jahres.

Am 29.03., also sechs Tage später, habe ich Ihnen hier im Landtag erklärt – ich zitiere –: