Protokoll der Sitzung vom 23.11.2006

Vielen Dank, Herr Bellino für die Berichterstattung. – Als erster Redner hat sich Herr Kollege Rudolph für die SPDFraktion zu Wort gemeldet. Die Redezeit beträgt zehn Minuten.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Mit dem vorgelegten Gesetzentwurf sollen Hessens Beamtinnen und Beamte für die Einbußen entschädigt werden, die ihnen genau durch diese Landesregierung und die CDU in den letzten Jahren zugefügt wurden: die Streichung von fast 10.000 Stellen im Landesdienst, die Einführung der 42-Stunden-Woche – obwohl Herr Koch vor der Landtagswahl gesagt hat, es gäbe für die Beamtinnen und Beamte keine Sonderopfer; so weit zum Thema Glaubwürdigkeit, das war ein glatter Wortbruch der Landesregierung, ein erneuter Wortbruch –, die Reduzierung bzw. nahezu Streichung des Urlaubsgeldes und der Sonderzuwendungen. Hinzu kommt der Austritt aus der Tarifgemeinschaft der Länder. All das sind Negativmeldungen. Sie haben auch die Tarifbeschäftigten insbesondere von den Einkommens- und Lohnerhöhungen abgekoppelt.

Meine Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, das bedeutet umgerechnet 17 % Einkommenseinbußen für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in der hessischen Verwaltung. Sie bieten ihnen gerade einmal ein lächerliches Prozent an. – So viel zu dem Thema Ausgleich für die Beamtinnen und Beamten in Hessen.

(Beifall bei der SPD und des Abg. Jürgen Frömm- rich (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))

Wenn man die 250 c im Jahr einmal hochrechnet, bedeutet das einen Ausgleich von 15 c netto im Monat. Das soll dann eine ganz dolle Tatsache sein.

(Gottfried Milde (Griesheim) (CDU): In echtem Geld: 30 D-Mark!)

Herr Kollege Milde, in echtem Geld, früher, 30 D-Mark – bei 17 % Einbußen 1 % Wiedergutmachung. Sie wissen,

in den Amtsstuben wird gut und richtig gerechnet.Das bedeutet für den Einzelnen ein Minus von 16 %.Herr Milde, so einfach.

(Armin Klein (Wiesbaden) (CDU):Andere Länder machen das nicht!)

Sie hätten das mitgekriegt, wenn Sie gestern bei der Beamtendemo gewesen wären: „Verkocht“. Da hat sich keiner von der CDU hingetraut, weil die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu Recht sauer auf diese Hessische Landesregierung und die CDU sind.

(Beifall bei der SPD und bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Armin Klein (Wiesbaden) (CDU): SPD-regierte Bundesländer machen das nicht! Ihre SPD-Kollegen machen das nicht!)

Ja, Herr Kollege Klein, wir sind für Hessen zuständig und nicht für irgendwelche anderen Länder in Europa. Wir sind für das Bundesland Hessen zuständig.Wir tragen Verantwortung. Sie tragen in Wiesbaden die Verantwortung.

Meine Damen und Herren, was Sie in Hessen machen, ist eine Spaltung des öffentlichen Dienstes. Wir haben drei Formen von Beschäftigungsverhältnissen: Beamte, die 42 Stunden arbeiten müssen, dürfen, Tarifangestellte, die 38,5 Stunden arbeiten, und Tarifangestellte, die 42 Stunden arbeiten – eine Entsolidarisierung des öffentlichen Dienstes, weil Sie Personalpolitik und Tarifpolitik nach Gutsherrenart machen.Auch das ist der falsche Ansatz.

(Beifall bei der SPD und bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Zuruf des Abg. Michael Boddenberg (CDU))

Herr Boddenberg, das kann man so locker-flockig abtun, wie Sie. Man kann aber auch die Mitarbeiter motivieren und sagen: Wir brauchen motivierte Mitarbeiter für eine moderne Verwaltung, aber nicht eine Politik nach Gutsherrenart,wie es offensichtlich in der CDU üblich ist. Sie werden es bei der nächsten Wahl noch merken. Deswegen gräme ich mich nicht, wenn Sie dann deutlich weniger Stimmen aus dem öffentlichen Dienst bekommen werden.

(Beifall bei der SPD und bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Arroganz und Hochmut kommen immer noch vor dem berühmten Fall.

Es gab eine Anhörung, die wir gewünscht hatten. Interessant war, dass sie im Haushaltsausschuss nach dem Motto abgelehnt wurde: „Wir machen das gar nicht“, im Innenausschuss dann aber eine schriftliche Anhörung durchgeführt wurde. Die Stellungnahmen waren, wie sie waren. Natürlich wird es einerseits begrüßt, dass es einen kleinen Ausgleich gibt. Aber gleichzeitig wurde sehr deutlich gesagt: Das ist eine kleine Entschädigung für die vielen Dinge, die die Regierung den Mitarbeitern angetan hat. Das reicht nicht aus.

Zweitens wurde sehr deutlich: Die Tarifangestellten, die auch 42 Stunden arbeiten müssen, dürfen nicht abgekoppelt werden. Das ist ein ganz wichtiger Ansatz, eine ganz wichtige Forderung aus der Anhörung, die wir auch entsprechend aufgreifen werden.

(Beifall bei der SPD und bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Deswegen werden wir einen Änderungsantrag einbringen, der genau das vorsieht: eine Gleichbehandlung der Tarifangestellten, die 42 Stunden in der Woche arbeiten, mit hessischen Beamtinnen und Beamten. Das ist ein Grundsatz der Fairness, die wir an dieser Stelle einfordern.

(Beifall bei der SPD)

Sie haben im Verfahren noch einen Änderungsantrag eingebracht bzw. das Innenministerium, das ihn vorbereitet hat, dass man die Einmalzahlung für die Ruheständler reduziert. Wir haben im Innenausschuss gefragt, warum. Das konnte die Frau Kollegin Zeimetz-Lorz nicht begründen. Es stammt auch nicht von ihr. Es war schon erstaunlich:Zu einem Änderungsantrag der CDU wird vonseiten der Antragsteller noch nicht einmal eine Begründung mitgeliefert.

Ein Teil der Begründung ist abenteuerlich. Es sollte mehr Geld geben, weil die Beamten mehr arbeiten müssen. Bei Ruheständlern passt das nicht. Die sind schon zu Hause. Das haben Sie irgendwie mitgekriegt.Deswegen sollen sie jetzt ein bisschen weniger kriegen.

Meine Damen und Herren, das ganze Verfahren, das Sie hier gemacht haben, ist relativ abenteuerlich. Deswegen beantragen wir die dritte Lesung. Wir geben Ihnen die Gelegenheit, die Ungleichbehandlung im öffentlichen Dienst wenigstens ein Stück weit zu reduzieren. Deswegen fordern wir Sie genauso auf – das werden wir bei jeder Gelegenheit machen –: Herr Innenminister, kehren Sie in die Tarifgemeinschaft der 14 anderen Länder zurück. Nehmen Sie die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die Beamten und die Angestellten im Tarifbereich mit auf die Reise der Umstrukturierung zu einer modernen Verwaltung, die den Erfordernissen gerecht wird, und hören Sie endlich auf, die Mitarbeiter als beliebige Verfügungsmasse zu betrachten.

Meine Damen und Herren, deswegen machen wir das so: Dritte Lesung, dann haben Sie Gelegenheit, Ihren Standpunkt zu überarbeiten. – Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Minister Karlheinz Weimar: Sieben Lesungen würden nicht reichen!)

Herzlichen Dank.– Als nächster Rednerin erteile ich Frau Kollegin Zeimetz-Lorz für die CDU-Fraktion das Wort.

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Als Erstes darf ich feststellen, dass der Kollege Rudolph seine Rede aus der ersten Lesung wiederholt hat. Der einzige neue Punkt war die Kritik am Verfahren.

(Günter Rudolph (SPD): Das stimmt so nicht! Da gab es noch keine dritte Lesung!)

Seit dem 01.09. dieses Jahres ist dank der Föderalismusreform die Zuständigkeit für das Dienst- und Besoldungsrecht vom Bund auf die Länder übergegangen. Das heißt, die Länder können Bestimmungen treffen, wie das Dienst- und Besoldungsrecht künftig auszusehen hat. Eine Regelung, die man relativ rasch und zügig treffen kann, ist diejenige, die wir mit dem vorliegenden Gesetzentwurf vorgeschlagen haben, nämlich eine Einmalzahlung für die hessischen Beamtinnen und Beamten für dieses

Jahr und für das kommende Jahr in Höhe von 250.000 c, nein, 250 c – Verzeihung, drei Plenartage strapazieren ein wenig.

(Jürgen Frömmrich (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Da käme Freude auf bei den Beamten!)

Es geht um 250 c für dieses und für nächstes Jahr. Man kann sagen, das ist zu wenig. Man kann auch sagen, man sollte es gar nicht tun. Das hat die FDP gesagt. Insofern können wir damit leben. Gemeint ist es als Anerkennung für die Dinge, die wir den hessischen Beamtinnen und Beamten in den letzten Jahren abverlangt haben, um Gelegenheit zu nehmen, in aller Ruhe darüber nachzudenken und zu diskutieren, wie das Dienst- und Besoldungsrecht in diesem Land zukünftig aussehen kann. Nicht mehr und nicht weniger ist gemeint.

Jetzt haben wir eine Opposition in Gestalt von SPD und GRÜNEN im Hause, die sagen: Dann zahlt das, bitte schön, auch für die Angestellten. Da gibt es einen Herrn Rudolph, der erklärt hat, der Ministerpräsident habe Wortbruch begangen,

(Günter Rudolph (SPD): Das stimmt doch auch!)

indem er gesagt habe, es gebe keine Sonderopfer für Beamte.

(Günter Rudolph (SPD): Das hat er gesagt! Sie können es nachlesen!)

Herr Kollege Rudolph, wir hatten es schon bei der ersten Lesung, ich sage es Ihnen aber auch gerne bei der zweiten Lesung noch einmal. Wir haben das für die Beamten gesetzlich zu regeln, und zwar – das habe ich eben ausgeführt – seit dem 01.09. dieses Jahres durch die Länder. Für die Angestellten haben wir das Tarifrecht. Wie Sie richtigerweise festgestellt haben, war früher für Hessen die Tarifgemeinschaft der Länder zuständig. Hessen ist ausgetreten, wie ich finde, aus sehr gutem Grund; denn wenn wir noch in der Tarifgemeinschaft der Länder wären, würde das das Land round about 100 Millionen c im Jahr mehr kosten.

Vor diesem Hintergrund ist ein Betrag für zwei Jahre in Höhe von 58 Millionen c überschaubar. Das meinen wir verantworten zu können. Ich kann an dieser Stelle sagen: Mit dieser CDU wird es auch keine Rückkehr in die TdL geben.

(Beifall bei der CDU – Günter Rudolph (SPD): Darauf sind die wohl noch stolz!)

Es ist auch kein Wortbruch des Ministerpräsidenten zu sehen, weil wir zwei unterschiedliche Regelungsgrundlagen haben.

(Zuruf des Abg. Günter Rudolph (SPD))

Herr Rudolph, seien Sie doch ganz gelassen.

(Günter Rudolph (SPD): Ich bin so etwas von entspannt!)

Okay,dann sind wir ja froh,wenn Sie gelassen sind.– Vor diesem Hintergrund können wir mit diesem Gesetz keine Regelung für die Angestellten in Hessen treffen. In Richtung der FDP muss ich sagen, ich kann verstehen, wenn Sie sagen, Sie hielten das für falsch, und deswegen lehnten Sie den Gesetzentwurf ab. Ich muss allerdings dazu sagen: Wir sind sehr gespannt und sehr neugierig auf die Vorschläge, die die FDP hoffentlich in naher Zukunft machen wird.

Im Übrigen darf ich mir den Hinweis erlauben, da wir in Hessen nicht auf einer Insel leben,dass ähnliche oder gleiche Regelungen mittlerweile in acht Bundesländern sowie im Bund getroffen wurden. Offensichtlich haben sie das ähnlich gesehen wie die CDU in diesem Hause.

Herr Rudolph, ich unterstelle, dass die hessischen Beamtinnen und Beamten rechnen können. Wir können das auch.

(Günter Rudolph (SPD): 17 % minus, das können die rechnen!)

Wenn Sie von 17 % minus sprechen, dann rechnen Sie die Mehrarbeit, die Einschränkungen beim Weihnachtsgeld, beim Urlaubsgeld ein.

(Andrea Ypsilanti (SPD):Was denn sonst?)