Schon bei der Regierungserklärung von Herrn Minister Corts in der letzten Plenarwoche habe ich das mit ein paar Zahlen belegt.
Bei der Ausstattung von Studienplätzen liegt Hessen unter dem Durchschnitt auf Platz 11 im Bundesranking. Meine sehr verehrten Damen und Herren,Hessen liegt da hinter Niedersachsen, Hamburg, dem Saarland, hinter Schleswig-Holstein und natürlich hinter Bayern und Baden Württemberg, aber auch hinter Nordrhein-Westfalen und Mecklenburg-Vorpommern. Das kann man doch aufseiten der CDU nicht einfach vom Tisch fegen. Das sind Realitäten.
Es ist eine Realität, dass Hessen bei der durchschnittlichen Versorgung mit Professorenstellen wieder hinter Niedersachsen, Berlin, Hamburg, Bayern und BadenWürttemberg liegt, in diesem Fall auch hinter SachsenAnhalt.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, Sie wissen, dass ich Ihnen genau diese Zahlen schon zum dritten Mal vorhalte. Das Entscheidende daran ist doch, dass Sie bisher nicht ein einziges Mal dazu Stellung genommen haben, sondern dass Sie diese miserablen Kennzahlen einfach vom Tisch fegen wollen, und das ist keine solide Wissenschaftspolitik.Herr Minister,Ihre Wissenschaftspolitik in diesem Lande ist gescheitert.
(Beifall bei der SPD und der Abg. Sarah Sorge (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) – Zuruf des Ministers Stefan Grüttner)
Herr Abg. Grüttner, es nützt auch nichts, darüber zu lamentieren, wie fürchterlich es zu rot-grünen Zeiten gewesen ist.Das haben Sie uns gebetsmühlenartig vorgetragen.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, im bundesweiten Vergleich ist es so, dass die Zahlen in Hessen ein Desaster beschreiben. Das müssen wir hier feststellen, und da muss es zu einer Verbesserung kommen.
Herr Staatsminister Corts, wenn Sie einmal in die Hochschulen hineinhören, wenn Sie sich einmal mit den Präsidenten in ernsthafter Weise auseinandersetzen,dann müssen doch auch Sie mitbekommen, dass Sie dort nicht mehr als ernst zu nehmender Gesprächspartner, nicht mehr als
Herr Staatsminister Corts,ich will an dieser Stelle Ihr Verhalten nicht in undifferenzierter Weise aufgreifen, sondern Ihnen Folgendes sagen: Ich finde, Sie machen als Person in einer Haltung etwas, was in der bundesrepublikanischen Landschaft nicht sehr häufig zu finden ist. Als Staatsminister haben Sie gesagt: Ich will meine politische Karriere beenden. – Das wird in Deutschland nicht sehr häufig zum Ausdruck gebracht – dass Leute durchaus bereit sind, von der Politik in die Wirtschaft oder in die Wissenschaft zu wechseln; wir wissen es noch nicht so genau.
Herr Staatsminister, wenn Ihnen dies gelingt, dann verdient dieser Schritt die Anerkennung gegenüber dem Politiker Udo Corts, der seine politischen Ämter immer als solche auf Zeit bezeichnet hat.
Herr Staatsminister, ich bin mir auch sicher, dass Sie nicht zu den Ministern gehören, die nach Übergabe der Amtsgeschäfte häufig in das Ministerium hineintelefonieren. Vielleicht wird das Ihr Nachfolger oder Ihre Nachfolgerin sogar bedauern. Ich muss sagen, ich persönlich habe Sie immer als einen interessanten und ernst zu nehmenden Gesprächspartner wahrgenommen.
(Beifall des Abg. Gerhard Bökel (SPD) – Norbert Schmitt (SPD): Der Herr Siebel hat Freunde, mein lieber Schwan!)
Aber, Herr Staatsminister, bei allem Respekt vor Ihrer persönlichen Entscheidung: Ihr Rücktritt, Ihr Rückzug aus der Politik hinterlässt ein politisches Bild,das es zu bewerten gilt. Dieses politische Bild lässt vor dem, was ich gesagt habe, nur das Urteil übrig, dass Ihre Politik als hessischer Wissenschaftsminister gescheitert ist.
Ich zeige Ihnen das an einem weiteren Beispiel. Die Tatsache, dass Wissenschafts- und Hochschulpolitik regelmäßig zu denen im Hessischen Landtag gehören, bei denen alle Fraktionen sich ihrerseits berufen fühlen, mit eigenen Anträgen zu intervenieren – wie dies auch heute übrigens wieder der Fall ist; das ist bei allen Gesetzen der Fall –, das ist doch nicht etwas, was die CDU-Fraktion oder die Hessische Landesregierung als Alleinstellungsmerkmal bewerten könnte. Das ist in Wirklichkeit doch etwas, was offensichtlich macht, dass die Fraktionen dort einem Vakuum gegenüberstehen, einem Vakuum in der Wissenschaftspolitik dieses Landes. Dieses gilt es in Zukunft zu füllen.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, noch einige Bemerkungen, und ich will diesmal nicht mit den Studiengebühren beginnen. Vielmehr will ich mit den Vorgängen beginnen, die an meiner Heimathochschule, der Technischen Universität, momentan im Schwange sind.
Wir haben gemeinsam im Hessischen Landtag ein Gesetz zur Modelluniversität Darmstadt verabschiedet. Um es mit den Worten meiner Kollegin Beer zu sagen:Wir haben die Universität in die Freiheit entlassen – so, als hätte sie zuvor im Knast gesessen. Frau Kollegin Beer, das war nun auch nicht der Fall.
„Am Gängelband der Bürokratie“ ist ein Bild, das Sie weiterhin benutzen werden, aber ich mache mir das nicht zu eigen.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, wir waren uns darüber einig, dass wir zukünftig Hochschulprozesse von einer ministeriellen Regulierung zugunsten von mehr Autonomie befreien wollen.
Wenn ich mir aber jetzt das Desaster anschaue, das an der Technischen Universität momentan Platz greift, dann muss ich doch sagen, dass die getroffenen Regelungen im Hinblick auf den Hochschulrat offensichtlich nicht das verwirklichen, was wir uns davon versprochen haben.
Herr Staatsminister, wenn Sie genau in die hessische Hochschullandschaft hineinhören, werden Sie dort hören, dass die Hochschulpräsidenten und die Hochschulleitungen – die Studierenden sowieso – es nicht als ihre allerwichtigste Aufgabe begreifen, dass die Vorbereitung der Wahl des Präsidenten und die nachgeordneten Entscheidungen von einem externen Hochschulrat zu besorgen sind.
Nein, meine sehr verehrten Damen und Herren, ich sage Ihnen ganz klar: Wir haben dieses Gesetz gemeinsam im Hessischen Landtag verabschiedet, weil wir in einem gesetzgeberischen Konsens ein Signal in die Hochschulen geben wollten: Ja, wir wollen, dass ihr eure Entscheidungen besser treffen könnt.
Heute aber sind wir in einer Situation, in der die Hochschulen ihre Entscheidungen selbst treffen können, dazu aber nicht unbedingt einen externen Hochschulrat brauchen – der offensichtlich nicht einmal in der Lage ist, eine Entscheidung wie in Darmstadt so vorzubereiten, wie es notwendig gewesen wäre.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, Sie haben herausgehört, dass es bei der Autonomie Unterschiede gibt. Autonomie nur um der Autonomie willen – wie ich es immer bei der FDP heraushöre – ist nicht die Lösung.
Es geht um Freiheit dort, wo sie sinnvoll und notwendig ist. Aber es geht auch darum, sie dort zu belassen, wo sie kompetent genutzt werden kann,und das ist innerhalb der Hochschulen.
Mich betrübt darüber hinaus sehr, dass wir in Hessen beim Innovations- und Wissenstransfer suboptimal aufgestellt sind. Die Wissensregion Hessen könnte besser dastehen. Der berühmte Innovationsmonitor des Landes Hessen hat deutlich gemacht, dass, was Forschung und Entwicklung anbetrifft, der Mut zu eigenständigen Investitionen im Mittelstand als zurückhaltend eingestuft werden muss.
Die Ausgaben in F + E haben sich, ganz im Gegensatz zu den Innovationszentren in Bayern und Baden-Württemberg, zwischen 1997 und 2003 nicht verändert. Hessen hat das Lissabon-Ziel nicht erreicht, wonach 3 % des Bruttoinlandsprodukts für Forschung und Entwicklung aufgewandt werden sollen. Wieder haben Berlin und auch Baden-Württemberg die 3-%-Marke deutlich überschritten.
Die Wirtschaft steuert 82 % dazu bei; der Staatsfaktor liegt in Hessen z. B. bei der DFG nur bei 6 %. Der Anteil der Hochschulforschung beträgt 12 %.
Die Universitäten in Hessen spielen bei der DFG und in der europäischen Förderung eine untergeordnete Rolle. Die Bemühungen innerhalb des Ministeriums,dies zu ver
Herr Staatsminister, reden Sie doch bitte einmal mit den Mitgliedern des Technologierats, den Ihr Ministerpräsident eingesetzt hat. Reden Sie mit den Fachleuten, die unter großen Hoffnungen in den Technologierat gegangen sind, die gedacht haben, dass endlich ein Technologietransfer stattfindet, und die jetzt von dieser Landesregierung hängen gelassen werden. Sämtliche Impulse, die dort angedacht worden sind, sind auf dem Wege verhungert.
Deshalb ist die Behauptung richtig, dass die Hochschulpolitik in Hessen, auch hinsichtlich Technologie und Innovation, gescheitert ist. Das wird durch die Fachleute im Technologiebeirat belegt. Das hat das Land Hessen nicht verdient.
Meine Damen und Herren, Sie sind bei der Einführung der Studiengebühren grandios gescheitert. Wir werden in den nächsten Tagen die für ein Volksbegehren notwendigen Unterschriften zusammenbekommen.
Herr Staatsminister, Ihre Argumentation – die ich übrigens ziemlich diskreditierend finde –, es handele sich bei denjenigen, die an den Universitäten demonstrieren, um einige wenige Krawallmacher, wird in wenigen Tagen in sich zusammenbrechen.
Sie sind grandios gescheitert. Ich sage es Ihnen erneut: Wir werden dieses Gesetz in den ersten Tagen nach der Übernahme der Regierungsverantwortung außer Kraft setzen. Herr Staatsminister, das muss sein, um die soziale Gerechtigkeit an den Hochschulen wieder aufleben zu lassen.
Vielleicht waren Sie in Ihrem tiefsten Inneren beeindruckt von dem, was an den Hochschulen diesbezüglich passiert ist. Ich glaube, dass jemand, der sich für das Soziale an den Hochschulen ein bisschen verantwortlich fühlt, genau weiß, dass es nicht nur einige wenige waren, sondern dass der Protest gegen die Studiengebühren über die Studierenden hinaus eine gesellschaftliche Bewegung geworden ist. Für die Bürgerinnen und Bürger dieses Landes zählt nämlich soziale Gerechtigkeit etwas, während das bei dieser Landesregierung offensichtlich nicht der Fall ist.
Letzter Punkt. Herr Staatsminister, Sie sind auch bei der Umstellung der Finanzierungssysteme an den Hochschulen grandios gescheitert.Wir haben Ihnen das anhand des Beispiels der Ingenieurausbildung schon einmal vorgehalten.