Protokoll der Sitzung vom 05.07.2007

Herr Präsident, meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen! Wir haben Ihnen heute einen Antrag vorgelegt, der mich eigentlich traurig stimmt, dass wir dies hier im Hause heute diskutieren müssen. Denn, das will ich vorabschicken – der Herr Kollege Klee wird mir sicherlich

recht geben –: Der Sport ist die schönste Nebensache der Welt.

(Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der CDU)

Es ist wirklich schade, dass wir heute über das Thema Doping diskutieren und über Maßnahmen nachdenken müssen. Wer in den vergangenen Tagen und Wochen verfolgt hat, wie sich dieses Thema auch in der Öffentlichkeit dargestellt hat, muss eines sagen: Das kann – das sage ich als jemand, der schon einige Jahre im Ehrenamt des Sports tätig ist – doch eigentlich nicht der Sport sein, den wir alle kennen und den wir alle haben wollen.

(Beifall bei der FDP)

Wo bleibt das, was Turnvater Jahn seinerzeit gesagt hat: „frisch, fromm, fröhlich, frei“? Wo sind diese Ziele, die wir mit dem Sport verfolgen? In welche Richtung geht das hier?

(Beifall bei der FDP)

Ich will eines ganz deutlich vorab sagen: Es geht nicht um einen Generalverdacht gegen alle Sportlerinnen und Sportler,

(Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der CDU)

sondern letztendlich geht es darum, schwarze Schafe aufzufinden und sie auszumerzen.

Da, glaube ich, sind wir alle gefordert. Da ist auch diese Gesellschaft gefordert. Diese Gesellschaft ist gefordert, umzudenken, wenn es darum geht, dass wir alle – da schließe ich mich ein – bisher immer nur die Sieger gefeiert haben. Der 17. und 18. Platz beim Ironman oder wo auch immer ist auch ein wertvoller Platz, und das müssen wir in Zukunft viel stärker in die Öffentlichkeit hinaustragen. Da sind auch die Medien gefordert, diese Sportler zu zeigen.

(Beifall bei der FDP)

Durch Zufall habe ich am letzten Samstag die „Sportschau“ gesehen und erlebt, wie der Präsident des Bundes deutscher Radfahrer,der ehemalige Bundesverteidigungsminister,

(Zuruf von der CDU: SPD-Bundesvorsitzender!)

vieles kleinreden und beschwichtigten wollte. Meine sehr verehrten Damen und Herren, das kann es nicht sein. So geht es nicht. Es muss lückenlos aufgeklärt werden.

(Beifall bei der FDP)

Wenn dann auch mit Verdächtigungen gearbeitet wird nach dem Motto: „Wir werden ja im nächsten halben Jahr sehen, was in anderen Sportarten noch ans Tageslicht kommt“, dann kann es das nicht sein. Eine Aussage, die mich ganz und gar betroffen gemacht hat, war: „Ein sauberer Sport geht ja gar nicht.

(Ruth Wagner (Darmstadt) (FDP): Hört, hört!)

Das Doping ist für den Sport das, was das Mehl für den Bäcker ist.“ Das kann nicht sein, und das wollen wir nicht.

(Beifall bei der FDP – Jörg-Uwe Hahn (FDP): Jawohl! – Ruth Wagner (Darmstadt) (FDP):Das ist ja unerhört!)

Zu dem Thema Gesundheitsaspekte und den Netzwerken, die dahinterstehen, wird der Kollege Rentsch gleich

etwas sagen. Lassen Sie mich noch einige wenige Anmerkungen zu dem Antrag machen, den wir Ihnen vorgelegt haben.

Erich Zabel hat mit tränenerstickter Stimme gesagt: „Mein Sohn...“ Dann fährt er wieder bei der BayernRundfahrt und bei der Tour de Suisse und schreibt Autogramme. Meine sehr verehrten Damen und Herren, es ist kein Kavaliersdelikt, was da passiert ist.

(Beifall bei der FDP)

Ein Kommentator hat in einer Zeitung darauf hingewiesen, dass man die Schwestern Tamara Press und Irina Press, die in den Sechzigerjahren die Kugelstoß- und Diskuswurfszene beherrscht haben, hinterher, nachdem Dopingkontrollen stattgefunden haben, nie wieder irgendwo in internationalen Wettbewerben gesehen hat. So etwas wollen wir doch nicht. Wir wollen fairen Wettbewerb, bei dem Leistung durch Training erzeugt wird.

(Beifall bei der FDP)

Deshalb ist auch die Politik gefragt.Wir haben in vier Ausschüssen Berichtsanträge gestellt. Diese sind auch gut beantwortet worden; das will ich an dieser Stelle ganz deutlich sagen. Ich freue mich auch darüber, dass der Innenminister im Innenausschuss

(Jörg-Uwe Hahn (FDP): Der Sportminister!)

der Sportminister, jawohl – gesagt hat: Es geht auch um Wertvorstellungen; es geht darum, das, was der Sport als Ganzes leistet, nicht in den Schmutz ziehen zu lassen – von der Integrationsfunktion bis hin zum Erlernen sozialer Kompetenzen, die der Sport unseren Kindern und Jugendlichen vermittelt.

(Ruth Wagner (Darmstadt) (FDP): Sehr richtig!)

Deshalb, meine ich, ist es umso wichtiger, dass es uns gelingen muss – da ist auch die Politik gefordert –, gemeinsam mit den Selbstheilungskräften des Sports dafür Sorge zu tragen, dass der Sport sauber ist und sauber bleibt und dass er weiterhin das ist, was ich zu Beginn gesagt habe: die schönste Nebensache der Welt.Wir alle,glaube ich,haben großes Interesse daran, sowohl der Dopingbekämpfung als auch dem Fair Play im Sport eine große Chance zu geben, damit all diejenigen, die durch den Sport Erfüllung finden,in Zukunft wieder sagen können:„Ich habe in einem Wettbewerb den 5., 7., 10. Platz belegt, aber ich bin stolz darauf“, und nicht nur zu sagen: „Ich war Erster“, und im Hintergrund zu wissen: Ich habe das mit irgendwelchen unsauberen Mitteln geschafft.

Meine Damen und Herren, wir haben in unserem Antrag unsere Forderungen vorgetragen. Ich bitte Sie um Unterstützung, damit die größte Bürgerbewegung, die dieses Land hat, nämlich der Sport, auch in Zukunft eine offensive Chance hat. – Danke schön.

(Beifall bei der FDP)

Vielen Dank, Herr Heidel. – Herrn Rentsch hatte ich quasi schon mit aufgerufen. Herr Rentsch, Sie haben noch knapp acht Minuten.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich darf mich beim Kollegen Heidel bedanken und

möchte seine Ausführungen gerne aus gesundheitspolitischer Sicht fortsetzen.

Wir haben in den letzten Wochen in verschiedenen Ausschüssen Anträge zum Thema Doping gestellt, weil wir der Auffassung sind, dass das ein sehr breites Thema ist, das nicht nur im Gesundheits- oder Sportbereich Aufmerksamkeit des Landes erfordert, sondern auch in anderen Bereichen.

Meine Damen und Herren, ich will sagen, dass mich eines ganz besonders stört, nämlich der Tatbestand, dass man bei dem ganzen Thema Doping überhaupt nicht über die Frage diskutiert, welche Gesundheitsauswirkungen denn die Mittel für jene Sportler haben, die diese Mittel nehmen. Ich halte das für eine der größten Gefahren.Wir haben deshalb in einer Runde – da hat das Innenministerium zugestimmt – gesagt: Auch darüber müssen wir von öffentlicher Seite aufklären, damit die Menschen wissen, was sie sich damit antun.

(Beifall bei der FDP)

Denn das kann langfristige Folgen haben, und ich glaube, die Betroffenen sollten darüber Bescheid wissen, was sie sich damit antun.

Das Zweite – und das ist einer der Hauptgründe, warum wir hier auch als öffentliche Hand aktiv werden müssen – ist die Gefahr für Kinder, die sich in Sportvereinen engagieren. Denn natürlich eifern diese Kinder ihren Vorbildern nach, wenn sie Spitzenleistungen sehen, wenn sie bei der Tour de France jedes Jahr wieder sehen, dass die Fahrer schneller werden, dass sie bessere Leistungen bringen, dass aber auch immer nur der Erste letztendlich im Licht der Öffentlichkeit steht.

Deshalb, wenn Eltern ihre Kinder in einen Sportverein schicken, wenn sie ihnen etwas Gutes tun wollen, dann muss auch sichergestellt sein, dass diese Kinder sich nicht mit gesundheitsgefährdenden Stoffen auseinandersetzen müssen und dass dort nicht gedopt wird. Deshalb ist es auch wichtig, dass der Staat hier schaut, denn die Eltern können ihre Augen nicht überall haben.Der Staat hat hier eine besondere Verantwortung, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der FDP)

Es muss unser gemeinsames Ziel sein, die Netzwerke zu bekämpfen, die sich auf der einen Seite bereichern, aber auf der anderen Seite auch diese Stoffe vertreiben und in Umlauf bringen. Ich muss ehrlich fragen:Was müssen das für Ärzte sein, die den Eid des Hippokrates geschworen haben, aber trotzdem Sportlern solche Medikamente verabreichen,die zwar zu einer kurzfristigen Leistungssteigerung, aber möglicherweise auch zu schweren Erkrankungen in den nächsten Jahren und Jahrzehnten führen?

Wir kennen das aus Italien, wo ein Sportverein – Inter Mailand – einmal eine große Dopingwelle hatte. Die Menschen, die damals gedopt worden sind, sind vielfach an schweren Erkrankungen gestorben, frühzeitig aus dem Leben geschieden. Das zeigt doch auch, um welche Gefahren es hier geht.

(Beifall bei der FDP)

Die FDP hat mit ihrer Anfrage im Sozialpolitischen Ausschuss mehr Aufmerksamkeit des Landes auf den Bereich des Dopings gerichtet.Wir wollten damit vor allen Dingen zeigen, dass es legale Netzwerke sind und möglicherweise auch legale Verfahren, durch die diese Mittel an die Be

troffenen kommen. Das ist auch die große Gefahr, um die es geht,

(Beifall des Abg. Heinrich Heidel (FDP))

dass es möglicherweise nicht illegal ist, sondern legal, aber trotzdem Netzwerke vorhanden sind, diese Mittel an diese Sportler liefern.

(Ruth Wagner (Darmstadt) (FDP): Die Bagatellisierung von Herrn Scharping!)