Herr Irmer, ich sage es Ihnen offen: Wenn das andere Landtagsfraktionen in anderen Ländern anders beschließen, egal welche Farbe sie haben, dann interessiert mich das herzlich wenig. Wir machen hier unser Angebot für die hessischen Wählerinnen und Wähler auf der Grundlage der hessischen Tradition.
Die hessische Tradition war Schulkampf. Mit diesem Schulkampf muss Schluss sein. Es muss wirklich die Wahlfreiheit der Eltern zählen, zwischen finnischem System auf der einen Seite und dreigliedrigem System auf der anderen Seite. Das haben Sie nicht zu entscheiden.
Wenn wir beim Thema Zwang sind: Wer hat denn in den vergangenen neun Jahren die Gymnasien faktisch zu einer Zwangseinheitsschule gemacht? Mittlerweile geht nach Klasse 4 fast jede zweite Schülerin und jeder zweite Schüler auf das Gymnasium.
Das ist deshalb so, weil die Eltern nach neun Jahren Karin Wolff das Vertrauen verloren haben, dass ihre Kinder an einer anderen Schulform wirklich optimal gefördert werden und alle Chancen offen haben.
Sie haben das Gymnasium durch die Abschaffung der Durchlässigkeit zur Zwangseinheitsschule gemacht. Das ist doch die Wirklichkeit in unserem Land.
Gut, dass Sie das Thema Zwang angesprochen haben.Wer hat denn mit G 8 die Zwangsganztagsschule geschaffen, ohne die Schulen darauf vernünftig vorzubereiten?
Liebe Kolleginnen und Kollegen von der CDU, wenn wir beim Thema Zwang sind: Wer hat denn die Schulfreiheit faktisch abgeschafft? Das waren doch Sie. Am Ende der Klasse 4 vertrauen Eltern nicht mehr darauf, dass ihre Kinder, wenn sie nicht von Anfang an auf dem Gymnasium sind, optimal gefördert werden. Das ist eine ganz falsche Entwicklung Ihrer Bildungspolitik. Wir müssen Eltern wieder das Vertrauen zurückgeben, dass sie am Ende der Klasse 4 – wenn ihre Kinder gerade einmal zehn Jahre alt sind – mit ihrer Schulwahlentscheidung nichts Wesentliches falsch machen können. Dieses Vertrauen muss Politik zurückgeben. Jede Schulform, die dann besucht wird, muss die Kinder optimal fördern. Dieses Vertrauen haben Sie zerstört und damit faktisch die Schulwahlfreiheit in unserem Land abgeschafft.
71 % der Bevölkerung sehen das genau so, wie ich das hier vortrage. Nach einer repräsentativen Umfrage des Hessischen Rundfunks sagen 71 % der Hessinnen und Hessen, die Lage an den Schulen hat sich in den vergangenen achteinhalb Jahren, seit dem Amtsantritt von Frau Wolff, entweder nicht verbessert oder sogar verschlechtert. 71 % – das ist die Schlussbilanz einer gescheiterten Ministerin.
Wir können uns das Scheitern von Frau Wolff in ganz vielen Bereichen anschauen. Schauen wir uns an, was sie in den letzten achteinhalb Jahren gemacht hat – eine undurchdachte und handwerklich schlecht gemachte Reform nach der anderen wurde durch unsere Schulen getrieben. Die Schulen sind fast nur noch damit beschäftigt, Ihr unausgegorenes Zeug irgendwie so hinzubiegen, dass
Schülerinnen und Schüler nicht allzu sehr darunter leiden. Das kann aber nicht Aufgabe einer Kultusministerin sein – den Schulen das Leben schwer zu machen. Es müsste Aufgabe einer Kultusministerin sein, den Schulen das Leben leicht zu machen. Da haben Sie in achteinhalb Jahren völlig versagt.
Selbst das, was Sie im Regierungsprogramm versprochen haben, ist in weiten Teilen nicht eingelöst. Versprochen – gebrochen, das ist die Bilanz nach achteinhalb Jahren Karin Wolff.
Dritter Punkt, die Unterrichtsgarantie – einmal mit, einmal ohne „plus“. Frau Ministerin, Sie wissen, die ist natürlich nicht erfüllt. Nach wie vor fällt in unseren Schulen unglaublich viel Unterricht aus, oder Sie haben mit Ihrer Unterrichtsgarantie plus Unterricht durch Betreuung ersetzt.
Das ist aber kein Unterricht, sondern das ist Betreuung. Wenn Sie als Ministerin nach achteinhalb Jahren sagen, Betreuung ist genauso gut wie Unterricht, dann zeigt das, dass Sie die Qualitätsdebatte an unseren Schulen völlig aus dem Auge verloren haben.
(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD – Zurufe der Abg. Hans-Jürgen Irmer und Mark Weinmeister (CDU))
Wir sind bei dieser Landesregierung an viele Absurditäten gewöhnt. Zuerst gab es den Begriff der Unterrichtsgarantie. Der normale Bürger stellt sich darunter vor, dass dann kein Unterricht mehr ausfällt.
Dann kommt die Landesregierung wenige Jahre später und sagt: Jetzt machen wir die Unterrichtsgarantie plus – dann fällt aber wirklich kein Unterricht mehr aus.
Sie würden noch einmal zusätzlich 130 Lehrer bereitstellen, um die Unterrichtsversorgung auch im Jahr 2008 weiter zu verbessern.
Aber entweder ist der Unterricht abgedeckt, dann muss man die Abdeckung nicht weiter verbessern, oder eben nicht. Oder ist das jetzt die Unterrichtsgarantie plus plus?
(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD – Hans-Jürgen Irmer (CDU): Sie sagen ganz bewusst die Unwahrheit! Unglaublich, so etwas!)
Sie sind doch längst Opfer ihrer eigenen Verlautbarungen, ihrer eigenen Begrifflichkeiten aus der metzschen Sprachhülsenwerkstatt,aber mit der Realität an unseren Schulen hat das doch wirklich nichts mehr zu tun.
Schauen wir uns doch einmal an, was unabhängige Beobachter über das hessische Schulsystem und ganz speziell über das Thema Lehrerversorgung sagen.
Die Schüler-Lehrer-Relation hat sich in Hessen verschlechtert. Das sagt eine Untersuchung der Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft.
Jetzt sagt die Frau Ministerin: Sie wissen doch, wie dilettantisch das ist. – Ich komme zu Ihren Äußerungen über Studien der Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft gleich zurück.Ich habe das schon eingearbeitet und werde gleich darauf eingehen.
Diese Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft steht nicht der SPD nahe, auch nicht den GRÜNEN. Sie stellt schlicht und ergreifend fest: Die Schüler-Lehrer-Relation hat sich in Hessen verschlechtert.
Das ist nur in wenigen anderen Bundesländern der Fall; wenn wir Hessen mitzählen, insgesamt in dreien. – So viel zu Ihrem Bildungsland Nummer eins.Andere Länder verbessern die Schüler-Lehrer-Relation, Sie verschlechtern sie. Das ist sicher kein Beitrag dazu, um Bildungsland Nummer eins zu werden.