Der zweite Haushaltstrick ist die Behauptung, es werde investiert,investiert und investiert.– Herr Koch,hören Sie zu. Jetzt wird es nämlich interessant.
Auf Seite 2 der Pressemitteilung von Herrn Weimar heißt es, die Investitionsquote habe mit „10,7 % in 2008 den besten Wert seit über zehn Jahren“ erreicht. Herr Ministerpräsident, das ist schon keine Trickserei mehr. Das ist schon eine Lüge. Die Investitionsquote 2001 betrug 11 %. Quelle: die Eckdaten zur Entwicklung der hessischen Finanzen des Finanzministers vom 25.01.2005. – Die Investitionsquote 2006 betrug 11,2 % im Haushaltsentwurf. Die Investitionsquote 2007 betrug 11,8 %. Quelle: Eckdaten des Finanzministers vom September 2006.
Übrigens stehen auch diese 10,7 % nur auf dem Papier. Die Entwicklung war jedes Jahr so, dass irgendwelche Investitionen vorgegeben wurden, die dann im Nachtrag zurückgenommen worden sind.Allein im Nachtrag 2006 waren das 88 Millionen c. Damit wurde also um etwa ein halbes Prozent abgesenkt. Also auch hier wird so getan, als werde investiert,investiert,investiert.Wir erinnern uns noch gut an den Haushalt 2003, wo dann mit dem Nachtrag deutlich abgesenkt wurde. Spätestens im Nachtrag 2008 muss das alles wieder eingefangen werden, weil die Ansätze geschönt sind. Auch dies gehört zu dem Motto dieses Haushalts: tricksen, tricksen, tricksen statt investieren, investieren, investieren.
Der dritte Trick. Herr Finanzminister, maßgeblich für die Steigerung bei den bereinigten Gesamtausgaben seien der KFA und der Länderfinanzausgleich,so auf Seite 2 Ihrer Pressemitteilung. Die bereinigten Gesamtausgaben steigen um 1,47 Milliarden c. Der KFA und der LFA machen zusammen aber nur rund die Hälfte der Steigerungen aus.Tatsache ist, dass 730 Millionen c mehr für Wahlversprechen, mehr für sächliche Ausgaben, mehr für Personal, mehr für Mieten und Zinsen ausgegeben werden. Damit steigt der Haushalt des LFA und nach Abzug von KFA um die Rekordzahl von 5 %.
Diese effektive Haushaltssteigerung hat der Finanzminister alleine zu verantworten. Er kann sich nicht herausreden mit zu vielen Abgaben, dem Länderfinanzausgleich oder der Weitergabe an den Kommunalen Finanzausgleich. Das ist eine Steigerungsrate von 5,1 %, eine nie da gewesene Steigerung der Ausgaben. Da sagen Sie, das sei kein Wahlkampfhaushalt.
Das ist der letzte Beleg dafür,dass das Volumen des Haushalts bis an die Halskrause gesteigert wird, weil Sie kurz vor der Wahl Ihre selbst geschaffenen Probleme wenigstens ansatzweise lösen wollen. Das ist Fakt.
Das ist übrigens auch ein Verstoß gegen die Vorgaben des Finanzplanungsrates.Aber wir sind mittlerweile daran gewöhnt, dass sich der Finanzminister nicht daran hält.
Wieder einmal sind dem Finanzminister die Ausgaben aus dem Ruder gelaufen. Herr Milde, in der Finanzplanung von September 2006 – die Finanzplanung ist gerade einmal zwölf Monate her – hat der Finanzminister bereinigte Gesamtausgaben von nur 14,257 Millionen c vorgesehen – nach KFA und LFA; das ist wichtig. In dem Entwurf liegen Sie nun bei 14,93 Millionen c, also rund 670 Millionen c höher, als noch vor einem Jahr geplant.
Meine Damen und Herren, da stellt sich der Finanzminister hin und sagt,er habe die Ausgaben im Griff.Wenn man die Zahlen sieht, muss man sagen: Lächerlicher kann man sich eigentlich nicht mehr machen.
(Beifall bei der SPD – Gottfried Milde (Griesheim) (CDU): Sie wollten doch noch höhere Löhne, oder nicht?)
Herr Milde, ganz hart an der Stelle: Entweder ist die Finanzplanung von vor zwölf Monaten eine schriftliche Lüge, oder es liegt Unfähigkeit des Finanzministers vor. Meine Damen und Herren, möglicherweise liegt die Wahrheit in der Mitte: Die Hälfte ist eine Lüge, und die andere Hälfte ist Unvermögen. Das ist sogar die wahrscheinlichste aller Erklärungen.
Trick vier. Der Finanzminister behauptet, die gegenüber 2007 weggefallenen Verkaufserlöse, die zu keiner entsprechenden Erhöhung der Nettokreditaufnahme führten, seien ein Beleg dafür, dass das strukturelle Defizit erheblich reduziert werden konnte. Auch das sagt er wieder in seiner Pressemitteilung. Was er dabei verschweigt – da muss man sich wirklich fragen, für wie dumm Sie die Leserinnen und Leser halten, denen Sie eine solche Pressemitteilung in die Hand geben –, ist, dass die Mieten und Pachten mittlerweile um das Fünffache gestiegen sind, nämlich auf jetzt rund 300 Millionen c. Das verschweigen Sie uns. Mit den Verkäufen haben Sie das strukturelle Defizit eben nicht behoben, sondern Sie haben es fortgeschrieben, weil dies ganz erhebliche Folgelasten bedeutet. Sie haben Gebäude verkauft, die weiter genutzt werden müssen. Ihr eigenes Finanzministerium ist doch ein Beispiel dafür. Es ist verkauft, aber Sie müssen es weiter nutzen. Also ist es zu teuren Mieten wieder angemietet worden, die Folgehaushalte belastend.
(Gottfried Milde (Griesheim) (CDU): Wir reden von der Einnahmenseite! Sie verwechseln Einnahmen und Ausgaben!)
Es handelt sich um Mietverträge, die zum Teil 25, 30 Jahre lang laufen.Da sagen Sie,diese Verkäufe hätten das strukturelle Defizit des Landes entlastet. Das Gegenteil ist der Fall. Das werden noch die folgenden Generationen abtragen müssen.
Trickserei fünf – Herr Milde, jetzt wird es interessant, weil auch Sie sich dazu geäußert haben –: Die Ankündigung, 2011 einen Haushalt ohne Nettoneuverschuldung vorzulegen. Der Finanzminister schreibt in seiner Pressemitteilung – er hat es heute auch wörtlich angedeutet –: Diesen Weg müssen wir konsequent gehen. Dann steht 2011 spätestens auch die Null. – Auch heute wurde angekündigt, spätestens 2011 werde es einen ausgeglichenen Haushalt geben.
Schauen wir uns die Planungen der Landesregierung an. Dazu gibt es einen Finanzplan. Der Finanzplan wurde jetzt vorgelegt. Wir haben schon die ganze Zeit gespannt darauf gewartet, was uns dort offenbart wird. Am Ende war es eine Offenbarung, allerdings ein finanzpolitischer Offenbarungseid. Denn schauen wir uns diesen Finanzplan an. Als Nettoneuverschuldung für das Jahr 2009 ist eine halbe Milliarde Euro geplant. Für das Jahr 2010 stehen in der Planung 300 Millionen c. Tatsächlich steht für das Jahr 2011 – ich sage: scheinbar – bei der Nettoneuverschuldung eine Null. Das wird aber – da sind wir beim Tricksen und Täuschen – nur dadurch erreicht, dass eine völlig aus der Luft gegriffene globale Mehreinnahme von 50 Millionen c unterstellt wird und eine globale Minderausgabe von 240 Millionen c eingestellt wird.
290 Millionen c sind für das Jahr, für das Sie eine Nettoneuverschuldung von null angekündigt haben, nicht belegt.
Unser Ausgabenprogramm – das war immer Anlass Ihrer Kritik – unterschreitet dies weit. Aber da stellen Sie sich hin und kritisieren die SPD. Sie selbst sind nicht in der Lage, ohne diese globale Minderausgabe einen Haushaltsausgleich vorzulegen.Er ist völlig unbelegt,völlig aus der Luft gegriffen, aber der Finanzminister hat vorher gesagt, er baue keine Luftschlösser. – Da haben Sie wieder ein Luftschloss gebaut. Ich meine, Sie haben Erfahrungen mit Schlössern. Das kann man wirklich sagen.
Aber das ist die größte Unverschämtheit und der größte Wahlbetrug, der eingeleitet werden soll. Es ist systematischer Wahlbetrug, den Leuten wieder etwas zu versprechen – den Haushaltsausgleich 2011 –,aber es selbst in der Regierungszeit nicht belegen zu können, sondern mit globalen Minderausgaben und globalen Mehreinnahmen zu arbeiten.Das ist ein Armutszeugnis,und da stellen Sie sich hierhin und spucken große Töne.
Es kommt noch viel schlimmer. Schauen wir uns den Finanzplan wirklich an.Alleine für die Jahre 2009, 2010 und 2011 gibt es globale Luftbuchungen im Wert von 1,4 Milliarden c. In diesen drei Haushaltsjahren sind auf Wolken gebaute globale Mehreinnahmen und Minderausgaben in Höhe von 1,4 Milliarden c angesetzt. Aber da stellen Sie sich hin und sagen, Sie seien für solide Finanzpolitik, und die SPD käme dieses Land teuer. Sie versuchen wieder, zu tricksen und zu täuschen. Aber da kennen Sie sich wirklich gut aus, Herr Finanzminister.
Es gibt aber einen Unterschied. Damals haben Sie Schwarzgeld versteckt und Darlehen fingiert. Heute hoffen Sie beim Finanzplan, dass das Geld irgendwie vom Himmel regnet. Es gibt noch einen Unterschied: Das Vermächtnis für die künftigen Generationen ist bei dem Finanzplan, den Sie vorgelegt haben, ein ganz schlimmes. Es bedeutet Steuermehrbelastungen von etwa 650 Millionen c alleine durch Zinsen und Mieten.
Meine Damen und Herren, das ist Ihre Bilanz. Aber ich befürchte, für dieses Tricksen und Täuschen gibt es in Deutschland keine Haftstrafen.
(Beifall des Abg. Thorsten Schäfer-Gümbel (SPD) – Zurufe des Ministers Karlheinz Weimar und des Abg. Gottfried Milde (Griesheim) (CDU))
Herr Milde, dass es für Tricksen und Täuschen keine Haftstrafen gibt,finde ich nicht besonders gut.Es hat auch keinen Beifall verdient.
Jetzt noch zwei Zitate, diesmal keine Tricksereien, sondern echte Lacher aus der Pressemitteilung von Herr Finanzminister Weimar. Die erfreuliche Entwicklung des Haushalts 2008 basiere „auf unseren unermüdlichen Anstrengungen“, so lobt sich der Minister selbst. Die Landesregierung habe ihren „klaren und verlässlichen finanzpolitischen Kurs fortgesetzt“.
Herr Finanzminister Weimar, da wird Ihnen nachgesagt, Sie hätten keinen Humor.Aber das war doch wirklich ein echter Knaller. Sie haben wirklich Humor. Ich will dem Kollegen Kaufmann nicht vorgreifen. Er wird wahrscheinlich mit einem Zitat des ehemaligen „FAZ“-Korrespondenten in Wiesbaden aussteigen, der Ihre angeblich verlässliche und klare Haushaltspolitik als etwas wirr umschrieben hat.