Protokoll der Sitzung vom 27.09.2007

Vielen Dank, Herr Kollege Boddenberg. – Das Wort hat Herr Wirtschaftsminister Dr. Rhiel.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Lassen Sie mich in der für die Planfeststellungsbehörde gebotenen Nüchternheit und Sachlichkeit Folgendes feststellen: Die Hessische Landesregierung steht zu ihrer politischen Aussage. Das habe ich zuletzt während der Plenarsitzung am 6. September dieses Jahres festgestellt.

Ich möchte noch einmal wiederholen, dass das Ergebnis des Mediationsverfahrens die Grundlage der politischen Überlegungen und rechtsförmlichen Entscheidungen zum geplanten Ausbau des Frankfurter Flughafens darstellt. Im laufenden Planfeststellungsverfahren geht es für viele Betroffene insbesondere um eine mögliche Nachtflugbeschränkung sowie ein prinzipielles Nachtflugverbot während der Mediationsnacht, also um ein Flugverbot von 23 bis 5 Uhr morgens.

Meine Damen und Herren, hiervon abgeleitet muss die Frage geklärt werden, welche Ausnahmen es geben muss, um einem entsprechenden prinzipiellen Verbot zur Rechtsbeständigkeit zu verhelfen. Das ist in diesem Zusammenhang die Kernüberlegung.

Wir müssen uns, wenn wir heute und an anderer Stelle hierüber diskutieren, vor Augen halten, dass auf einem Flughafen dieser Größenordnung erstmals sehr restriktive Nachtflugregelungen durchgesetzt werden sollen. In meinem Haus, also der Planfeststellungsbehörde, prüfen wir derzeit – Sie haben einen Anspruch, dies zu erfahren –, ob und wie der Ausschluss von Flügen in der Mediationsnacht für den Frankfurter Flughafen umgesetzt werden

kann und welche berechtigten öffentlichen und privaten Belange seitens der Bürger sowie der Luftverkehrswirtschaft darüber hinaus zu berücksichtigen und abzuwägen sind.

Es ist das Ziel, und zwar im Interesse aller Beteiligten, einen gerichtsfesten Planfeststellungsbeschluss zur beantragten Erweiterung des Frankfurter Flughafens zu erlassen. Daher wiederhole ich Folgendes noch einmal: Das Planfeststellungsverfahren nach § 72 ff. des Hessischen Verwaltungsverfahrensgesetzes ist ein förmliches Verwaltungsverfahren, bei dem die Planfeststellungsbehörde zwingend gehalten ist, sämtliche vom Ausbau berührten Belange in die Gesamtabwägung und die Entscheidungsfindung einzustellen sowie mit dem gebotenen Gewicht zu berücksichtigen.

Dazu zählen unter anderem die volkswirtschaftliche Bedeutung des Frankfurter Flughafens für Hessen sowie die Bundesrepublik Deutschland, aber genauso gut der Schutz der Bevölkerung in der Region Rhein-Main vor Fluglärm sowie natürlich zahlreiche weitere Belange. Erst nach dem Abschluss dieses Abwägungsprozesses fälle ich die Entscheidung über den Antrag der Fraport AG.

Ich entscheide eigenständig nach Recht und Gesetz, allerdings,meine Damen und Herren,auch in Kenntnis der politischen Erwartungen.

Wie ich bereits in der Plenarsitzung am 6. September 2007 deutlich gemacht habe, befinden wir uns inmitten des Verfahrens. Das heißt, es werden unter anderem Anregungen und Einwendungen geprüft. Zu einzelnen Aspekten besteht noch weiterer Aufklärungsbedarf. Das können Sie sicherlich erahnen. Diesem Aufklärungsbedarf gehen die Mitarbeiter meines Hauses derzeit nach.

(Reinhard Kahl (SPD): Jetzt sagen Sie etwas zu dem Brief! Sagen Sie, wie der Brief an die „Bild“Zeitung gekommen ist!)

Genau in diesem Rahmen finden unter anderem zahlreiche Briefwechsel statt. Meine Damen und Herren, das ist der übliche Ablauf eines solchen Planfeststellungsverfahrens. In einem luftverkehrsrechtlichen Planfeststellungsverfahren

(Zuruf des Abg. Jörg-Uwe Hahn (FDP))

werden, wie in allen Planfeststellungsverfahren, alle von dem Vorhaben betroffenen Belange zu ermitteln, zu bewerten, und zwar gegeneinander und untereinander, und abzuwägen sein.

(Reinhard Kahl (SPD): Aber nicht mit der „Bild“Zeitung!)

Zu diesen betroffenen Belangen rechnen auch die Interessen des Bundes. Jetzt sind wir bei dem Punkt. Deswegen zitiere ich § 31 Abs. 2 Nr. 4 des Luftverkehrsgesetzes,

(Reinhard Kahl (SPD): Sagen Sie, wie der Brief dahin gekommen ist!)

da es hierzu regelt, dass die Genehmigung von Flugplätzen eine in Bundesauftragsverwaltung auszuführende Aufgabe der Länder ist.Meine sehr verehrten Damen und Herren, es ist eine Aufgabe der Länder im Rahmen der Bundesauftragsverwaltung, allerdings mit folgender Einschränkung und Festlegung, die ich im Folgenden zitiere, wie es im Gesetz formuliert ist:

(Norbert Schmitt (SPD): Es gibt eine Veröffentlichungspflicht bei der „Bild“-Zeitung, oder was?)

„mit Ausnahme der Prüfung und Entscheidung, inwieweit durch die Anlegung und den Betrieb eines Flughafens,der dem allgemeinen Verkehr dienen soll, die öffentlichen Interessen des Bundes berührt werden“.

(Dr. Christean Wagner (Lahntal) (CDU): Richtig!)

So weit das Zitat. Meine sehr verehrten Damen und Herren, das lässt keine Deutungsmöglichkeit offen. Damit ist bundesgesetzlich geregelt, dass die Beurteilung der Frage, inwieweit durch den Flughafen Frankfurt die öffentlichen Interessen des Bundes berührt werden, ausschließlich durch den Bund und nicht durch das Land Hessen erfolgen kann. Herr Posch, das bedeutet, dass vom Bund auch im Detail festgelegt werden kann, bis hin zur exakten Angabe, welche Flüge beispielsweise in der besagten Mediationsnacht erforderlich sind. Dies kann und wird voraussichtlich im Detail vom Bund festgelegt werden.

(Andrea Ypsilanti (SPD): Wie kommen Sie darauf?)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, aus dieser bundesgesetzlichen Regelung folgt damit auch, dass die Planfeststellungsbehörde verpflichtet ist, im Rahmen des Planfeststellungsverfahrens den Bund zu einer Stellungnahme aufzufordern, inwieweit durch das geplante Vorhaben die öffentlichen Interessen des Bundes tangiert werden.

(Zuruf des Abg. Reinhard Kahl (SPD))

Meine sehr verehrten Damen und Herren,das ist eine Regelung, wie sie seit gut 20 Jahren übliche Praxis ist. Denn im Anschluss an dieses Gesetz gibt es einen unzweideutigen Erlass des Bundesverkehrsministeriums, der uns dazu auffordert. Das ist übrigens auch die Praxis seit Jahren gewesen.

(Hildegard Pfaff (SPD): Das ist ein Schwarzer-Peter-Spiel! – Norbert Schmitt (SPD): Der „Schwarze Roland“ soll weitergegeben werden! Das ist Ihr Problem! – Zuruf des Abg. Reinhard Kahl (SPD))

In diesem Sinne – Herr Kahl, hören Sie doch einmal zu – hat meine Planfeststellungsbehörde das zuständige Bundesverkehrsministerium vor Kurzem angeschrieben, auf den Stand des Verfahrens verwiesen und um Auskunft gebeten,

(Zurufe von der SPD:Ah!)

welche Teile des Entwurfs des Planfeststellungsbeschlusses das Bundesverkehrsministerium vor der Abgabe einer Stellungnahme im Sinne des eben zitierten § 31 Luftverkehrsgesetz übermittelt haben möchte.

(Andrea Ypsilanti (SPD):Aber Sie haben sich doch gewundert?)

Ich zitiere den Brief aus meinem Hause. Die entsprechende Passage lautet:

Derzeit wird in meinem Hause die Planfeststellungsentscheidung über den von der Fraport AG beantragten Ausbau des Flughafens Frankfurt/Main vorbereitet, deren Erlass für Ende dieses Jahres vorgesehen ist. Die mir im Rahmen der Auftragsverwaltung verliehene Zuständigkeit für die Planfeststellung umfasst gemäß § 31 nicht die Prüfung und Entscheidung, inwieweit durch die Anlegung und den Betrieb des erweiterten Verkehrsflughafens die öffentlichen Interessen des Bundes berührt werden. Diese Kompetenz verbleibt dem Bund. Ich darf Sie daher um möglichst zeitnahe Mitteilung

über den von Ihnen vorgesehenen Ablauf der Prüfung öffentlicher Interessen des Bundes bitten. Insbesondere bitte ich um Mitteilung, zu welchen Sachthemen Sie zwecks Vornahme dieser Prüfung nähere Angaben benötigen.

(Norbert Schmitt (SPD): Von wann stammt der Brief? Das ist Ihnen früh eingefallen!)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, so einfach, so gut, so richtig im Verfahren.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU – Reinhard Kahl (SPD): Ist der Brief nicht auch an die „Bild“Zeitung gegangen? – Hildegard Pfaff (SPD): Wer hat die Antwort an die „Bild“-Zeitung gegeben?)

In diesem Sinne hat meine Planfeststellungsbehörde das zuständige Bundesministerium angeschrieben und eine Antwort erhalten.

(Norbert Schmitt (SPD): Ende August!)

Das Antwortschreiben des Ministeriums hat zumindest die Fragestellung, welche Unterlagen wir liefern müssen, im letzten Absatz beantwortet.

(Reinhard Kahl (SPD): Wie ist das Schreiben jetzt herausgegangen?)

Das heißt, sobald unser Planfeststellungsentwurf fertiggestellt ist, werden die vom Bundesverkehrsministerium bezeichneten Unterlagen an das Ministerium übersandt. Es bleibt dann abzuwarten, ob und in welcher Art und Weise, und zwar in welcher Konkretisierung seitens des Bundesministeriums, ein Bundesinteresse nach sicherlich sorgfältiger Würdigung der angeforderten einschlägigen Teile des Beschlussentwurfes geltend gemacht wird.

(Reinhard Kahl (SPD): Haben Sie den Brief an die Staatskanzlei weitergegeben?)

Aber weil das auch zum Teil falsch dargestellt worden ist: Der Planfeststellungsbeschluss durch mich kann erst erlassen werden, nachdem sich der Bund gemäß Luftverkehrsgesetz geäußert hat.

(Norbert Schmitt (SPD):Dann beeilen Sie sich mal! – Zuruf der Abg. Heike Habermann (SPD))

Meine sehr verehrten Damen und Herren,das heißt nicht, dass ich hiermit vielleicht ausdrücken möchte,dass wir die Verantwortung in dieser entscheidenden Frage nach Berlin verschieben.

(Norbert Schmitt (SPD): Doch, genau das!)

Wir werden in eigener Verantwortung entscheiden. Aber ein Planfeststellungsbeschluss, der rechtsbeständig und gerichtsfest sein soll, kann nicht über das hinweggehen, was der Bund uns sagt.Ganz im Gegenteil,er setzt voraus, dass wir mit dem Bundesministerium klären, welches Bundesinteresse in dem Beschluss Niederschlag finden muss.

Herr Staatsminister, darf ich Sie darauf hinweisen, dass Sie den vorgegebenen Zeitrahmen für die Fraktionen überschritten haben?

Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich bin auch schon am Ende.

(Andrea Ypsilanti (SPD):Ja,das haben wir auch gemerkt! – Reinhard Kahl (SPD): Wie ist der Brief weitergegeben worden? – Hildegard Pfaff (SPD): Keine Antwort auf unsere Fragen!)