Protokoll der Sitzung vom 14.11.2007

Vielen Dank für den Applaus, Frau Kollegin Beer. – Herr Staatsminister, aber das, was Sie im Zusammenhang mit LOMZ II hier jenseits der Tatsache veranstaltet haben, dass wir eine aufwändige Gutachterkommission eingerichtet haben und die Gutachter in unsere Anhörung gekommen sind und gesagt haben: „Ja, liebe Parlamentarier, wir können euch eigentlich überhaupt nichts berichten, weil der Minister schon wieder alles umgeschmissen hat“, das war auch eine Entwürdigung gegenüber der Arbeit derer, die damals LOMZ I, evaluiert haben, aber ihren Evaluationsbericht nicht vorlegen konnten.

(Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der FDP)

Der zweite Punkt. Meine sehr verehrten Damen und Herren, Sie werden sich vielleicht ein bisschen wundern, dass ich mehrmals – nämlich jetzt schon zum zweiten Mal – Frau Staatsministerin a. D. Ruth Wagner, FDP, lobend erwähne.Aber ich tue das deshalb,weil ich sie bei dem zweiten Punkt, der in den letzten fünf Jahren vorgefallen ist, als Zeugin zitieren darf. Diese Landesregierung – wo ist eigentlich der Chef davon? – war die Erste in der Geschichte des Landes Hessen, die sich erdreistet hat, den Hochschulpakt, den sie mit den Hochschulen geschlossen hat, zu brechen.

(Beifall des Abg. Reinhard Kahl (SPD))

Ich nenne deshalb als Zeugin Frau Wagner. Sie war diejenige, die das hier so herausgearbeitet hat. Ich finde, dass wir das auch als eine der Missleistungen dieser Landesregierung

(Dr. Christean Wagner (Lahntal) (CDU): Missleistungen?)

ja, Missleistungen, kennen Sie die Wortschöpfung nicht? Sie sind auch kein Wissenschaftler, Sie sind ja Jurist – in diesen Jahren haben feststellen können.

(Zuruf des Abg. Dr. Christean Wagner (Lahntal) (CDU))

Ein weiterer Punkt. Diese Landesregierung hat es fertiggebracht – es hat im Jahre 2003 gar nicht die Beachtung gefunden, die es hätte finden sollen –, im Rahmen der eben zitierten „Aktion düstere Zukunft“ die Einrichtungen der wissenschaftlichen Institute außerhalb der Blauen-Liste-Institute in einem Maß zu kürzen, diese Institute fast an den Rand der Insolvenz gebracht hat.

Wir sind heute erst wieder in der Situation – insofern habe ich mir insbesondere die Haushaltsanträge der CDU genau angeschaut –, dass wir die Institute wie beispielsweise das ISET einigermaßen auf den Stand gebracht haben, den Sie damals im Jahr 2003 zurückgekürzt haben. Lieber Herr Staatsminister Corts, das ist keine gute Wissenschaftspolitik für unser Land gewesen. Das war eine Politik, die die Wissenschaft in dem Bereich der außeruniversitären Forschungsinstitute fast an den Rand des Ruins gebracht hat.

(Beifall bei der SPD und bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Schließlich haben wir in den letzten Monaten quasi eine Verheißung am Himmel gesehen.Das war die Verheißung der Studiengebühren. Die Realität sieht ein bisschen anders aus. Wenn ich die Zeitungen lese, stelle ich fest, dass dort nicht nur das vorgefertigte Programm abgedruckt ist, das die Minister beim Besuch der Hochschulen wahrnehmen konnten. Vielmehr steht dort auch, dass die Realität nach wie vor von überfüllten Seminaren und unzureichenden Lehrangeboten gekennzeichnet ist.

Dirk Metz ist leider nicht anwesend. Hätte er dazu etwas texten können, hätte er das, was Sie machen wollen, vielleicht „Hochschulversorgung plus“ genannt, und ich könnte heute sagen: Die Hochschulversorgung plus ist genauso gescheitert wie die Unterrichtsgarantie plus, die Sie bei den Schulen veranstaltet haben.

(Beifall bei der SPD)

Von den Studiengebühren komme ich jetzt zu den wesentlichen Punkten unserer Alternativen. Die SPD wird die Studiengebühren abschaffen und den Hochschulen die Einnahmen aus dem Landeshaushalt, die sie jetzt haben, sichern. Ich muss das noch einmal deutlich hervorheben: Ich bin meiner Fraktionsvorsitzenden, Frau Ypsilanti, sehr dankbar dafür, dass sie es durchgesetzt hat – –

(Zurufe von der CDU: Oh!)

Herr Wagner, Sie kennen das doch. Das ist schon ein Kraftakt. Sie waren bisher noch nicht in der Lage, in Ihrem Haushalt so etwas durchzusetzen.

(Clemens Reif (CDU): Sie wollen wohl ins Schattenkabinett! Jetzt bin ich wieder wach! – Heiterkeit bei der CDU)

Herr Reif, wir werden 120 Millionen c refinanzieren. Das heißt, für die Universität Marburg wird es 14 Millionen c zusätzlich geben,für die Universität und die FH in Gießen 32 Millionen c, für die Universität und die FH in Frankfurt 42 Millionen c, für die Universität Kassel 13 Millionen c, für die Universität und die FH in Darmstadt 21

Millionen c, für die FH Wiesbaden 7 Millionen c und für die FH Fulda 3,6 Millionen c. Das wird zur Verbesserung der Lehre an unseren Hochschulen aus dem Staatshaushalt finanziert. Deshalb sage ich: Die Studiengebühren werden von der SPD abgeschafft. Das ist versprochen.

(Beifall bei der SPD)

Mit unseren Haushaltsanträgen werden wir die Beschneidung der Mittel für die außeruniversitären Forschungseinrichtungen, die im Jahr 2003 erfolgt ist, beenden. Das ist ein unwürdiger Zustand. Ich habe dies bereits ausgeführt.

Wir haben ein Programm aufgelegt – es ist nicht das erste Mal, dass wir dies in unseren Haushaltsanträgen machen –, das sich mit dem Technologietransfer befasst. Ich meine das sehr ernst, denn man darf über den Technologietransfer nicht nur reden, sondern man muss auch die Strukturen dafür schaffen. Dann können wir das, was sich hinter den bedenklichen Zahlen verbirgt,die uns das Statistische Landesamt im Rahmen des Monitorings dazu vorlegt, tatsächlich angehen. Wir müssen einen Technologietransfer organisieren, der von den Instituten getragen wird, die wir in Mittel- und Nordhessen haben. – Frau Wagner, Sie nicken schon wieder.

(Ruth Wagner (Darmstadt) (FDP): Ich rede mit jemand anders!)

Sie reden mit jemand anders.– Entschuldigung,ich stehe ein wenig auf nonverbale Kommunikation.

(Allgemeine Heiterkeit)

Die nonverbale Kommunikation ist viel angenehmer als das Dazwischengebrülle,das Herr Reif die ganze Zeit veranstaltet.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Zurufe von der CDU)

Hat noch jemand gerufen? – Wir müssen den Technologietransfer ganz anders angehen.Der Technologietransfer ist nämlich der Schlüssel, den wir brauchen, um zwischen dem, was in der Gesellschaft passiert, und dem, was an unseren Hochschulen passiert, eine Brücke herzustellen. Sie haben in diesem Bereich in den letzten vier Jahren – ich gebrauche dieses harte Wort – in der Tat heftig versagt.Sie haben nicht das umgesetzt, was Sie hätten umsetzen müssen.

Letzter inhaltlicher Punkt. Wir werden ein Programm „Kultur für alle“ auflegen. Es muss in diesem Land endlich Schluss sein mit einer Kulturförderung, wonach lediglich der Glamourfaktor oder das schöne Aussehen eine Bedeutung für die Kultur haben.

Wir haben das im Rahmen der kursorischen Lesung an einem einzigen Beispiel herausgearbeitet. Dabei geht es um den Hessischen Filmpreis. Wir befinden uns in diesem Jahr erstmals in der Situation, dass die operativen Ausgaben für den Hessischen Filmpreis die Preisgelder in der Summe übersteigen.

(Nicola Beer (FDP): Nein, das ist halbe-halbe!)

Frau Kollegin Beer, nach den eigenen Angaben des Ministeriums – auch Sie haben die Unterlagen bekommen – geben wir 200.000 c für die Raummiete, die Begleichung der Übernachtungskosten, das Catering, die Einladungen usw. aus.

(Ruth Wagner (Darmstadt) (FDP): Das ist viel zu teuer!)

Nach den eigenen Angaben des Ministeriums geben wir 185.000 c für die Filmschaffenden aus, also für die Preise inklusive des Kinopreises. Die Relationen stimmen da nicht mehr.

(Beifall bei der SPD – Zuruf der Abg. Ruth Wagner (Darmstadt) (FDP))

Wir wollen Museen und Künstler fördern.Wir wollen den Theatern helfen und die Literaturförderung unterstützen. Wir wollen auch den Musikschulen, den Musikvereinen und den Chören helfen. Ich nehme sehr wohl auch Ihren Haushaltsantrag zum Thema Musikinstrumente wahr, in dem es darum geht, dass jedes Kind ein Instrument lernt.

Aber eine vernünftige Förderung der Soziokultur in Hessen ist schon lange überfällig. Dort haben Sie in den letzten vier Jahren nichts bewegt. Die guten Initiativen, die übrigens nicht deshalb gut sind, weil ich das behaupte, sondern weil das von Fachleuten, die etwas damit zu tun haben, belegt wird, haben Sie nicht aufgegriffen.

Die SPD-Landtagsfraktion hat mit ihren Haushaltsanträgen zum Einzelplan 15 untermauert, wofür sie nach dem 27. Januar steht: für eine gerechte Verteilung der Mittel an die Hochschulen der hessischen Regionen, für eine Strukturförderung, die auch den Menschen nutzt, und für eine Kulturpolitik, die für alle da ist. – Herzlichen Dank.

(Beifall bei der SPD)

Vielen Dank, Herr Siebel. Sie hätten noch fünf Minuten Redezeit gehabt.

(Michael Siebel (SPD): Ich habe noch etwas, ich kann noch etwas drauflegen! – Gegenruf der Abg. Nicola Beer (FDP): Nein, hau ab! – Michael Siebel (SPD): Soll ich abhauen?)

Herr Siebel, Sie hatten sich schon verabschiedet. Wir nehmen Ihre Abschiedsworte schmerzerfüllt entgegen.

(Clemens Reif (CDU):Wollen wir einmal sehen, ob Sie auch zum Schattenminister berufen werden!)

Frau Sorge, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, ist die nächste Rednerin.

Schönen guten Abend, Herr Präsident, meine Damen und Herren! Wer die Zukunft gestalten will, muss auch bei der Haushaltsaufstellung an morgen denken. Das ist in Ihrem Haushalt nicht geschehen. Dazu nenne ich drei Beispiele.

Die Einführung von Studiengebühren ist verfassungswidrig. Die Urteile der hessischen Gerichte bestätigen uns das derzeit beinahe im wöchentlichen Abstand. Die Studiengebühren sind aber nicht nur verfassungswidrig, sondern sie haben auch fatale Auswirkungen auf die Chancengerechtigkeit und die zukünftige Wettbewerbsfähigkeit unseres Landes.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Die Studiengebühren schrecken ab. Sie schrecken insbesondere diejenigen von der Aufnahme eines Studiums ab, die aus nicht so begüterten Elternhäusern kommen. Das ist an sich schon ein starkes Argument gegen Studiengebühren. Nach den zahlreichen Studien, die Deutschland immer wieder bestätigen, dass sein Bildungssystem ex

trem sozial selektiv ist, ist es nämlich eine der vordringlichsten Aufgaben der Politik, dieser Ungerechtigkeit entgegenzuwirken.

Sie aber stecken nicht nur den Kopf in den Sand, sondern Sie bewegen sich in der Bildungspolitik genau in die falsche Richtung, unter anderem durch die Einführung von Studiengebühren.