Protokoll der Sitzung vom 13.12.2007

(Reinhard Kahl (SPD): Das ist das einzig Solide, was Sie hier vortragen!)

Ich bitte um Ihre Unterstützung für diesen Antrag und den Haushalt des Jahres 2008. – Ich danke der Landesregierung und den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Finanzministeriums sehr herzlich.Wir wissen, dass unzählige Überstunden im Finanzministerium gemacht worden sind, da wir allein in der letzten Sitzung des Haushaltsausschusses acht Stunden lang über den Haushalt beraten haben. Herr Dr. Worms, es wurden insbesondere in Ihrer Abteilung Überstunden gemacht, sowie in den angeschlossenen Abteilungen der Ressorts. Ich möchte mich dafür ganz herzlich bedanken. Es ist ein grundsolider Haushalt,mit dem wir im nächsten Jahr glücklich die Wahl gewinnen werden. – Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU)

Vielen Dank, Herr Milde. – Als nächster Redner hat Herr Kahl für die Fraktion der SPD das Wort.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Kollege Milde, wenn Sie das Wort „solide“ in den Mund nehmen, dann ist das immer eine Form der Drohung. Denn das bedeutet im Klartext mehr Schulden.

(Beifall bei der SPD)

Der Haushalt für das Jahr 2008 ist der letzte Akt des finanzpolitischen Trauerspiels dieser Landesregierung. Diesem Finanzminister ist oft gesagt worden, er sei sprunghaft. Das stimmt auch in vielen Fällen. Dennoch gibt es bei Herrn Weimar eine Kontinuität, diese heißt: Schulden, tricksen sowie der Ausverkauf von Landesvermögen. Das ist Ihre finanzpolitische Kontinuität.

Der Haushalt ist immer ein Stück weit eine Bilanzierung der Regierungsarbeit. Diese fällt für die Regierung von Herrn Koch und ihre Finanzpolitik verheerend aus.

(Gottfried Milde (Griesheim) (CDU): Das kann man nicht sagen!)

Man muss dem Finanzminister aber eines zugestehen: Er ist im Geldausgeben gut, um nicht zu sagen, unübertroffen. Die Steigerungsraten des hessischen Haushalts liegen immer über den Vorgaben des Finanzplanungsrats.

(Beifall bei der SPD)

Dies gilt auch für das kommende Jahr. Mit dem Haushalt für das Jahr 2008 wird wieder ein großer Schluck aus der Pulle genommen. Der Haushalt des Jahres 2008 ist ein reiner Wahlkampfhaushalt.Herr Koch spürt die Wahlniederlage, und daher gibt es auf Kosten der Steuerzahler Wahlgeschenke.

(Lachen bei der CDU)

Diese sind verbunden mit notdürftigen und hektischen Reparaturen eigener und offenkundiger politischer Fehler – vor allem in der Bildungspolitik.

(Beifall bei der SPD)

Die Bilanz ist klar.

(Zuruf des Ministers Karlheinz Weimar)

Herr Minister, Sie sollten im Fernsehen einmal solche Fragen beantworten, bei welchen es darum geht, dass Sie Stellung nehmen müssen. Das wäre viel besser.

(Beifall bei der SPD)

Ich habe bereits gesagt, dass der Finanzminister Geld ausgibt – egal, ob wir beim Steueraufkommen hohe oder niedrige Zuwachsraten haben. Hierzu nenne ich Ihnen zwei verschiedene Beispiele.

Erstens.Alle sind für eine moderne Verwaltung.Dafür hat die Landesregierung die Neue Verwaltungssteuerung eingeführt.Für die NVS wurden bisher sage und schreibe 860 Millionen c ausgegeben.

(Petra Fuhrmann (SPD): Unglaublich!)

Das wurde für eine teure Software und teure externe Berater ausgegeben; und es gab eine hohe Personalbindung. Als Ergebnis konnte man feststellen,dass wir einen Haushalt bekommen haben, der deutlich weniger transparent ist. Die Produktdefinitionen sind teilweise so allgemeingültig, dass sie für die Politik keine Konsequenz haben, oder es sind reine Lachnummern mit unsinnigen Stückdefinitionen. Hierzu nenne ich Ihnen ein Beispiel: „Ein Stück politische Bildung kostet...“

(Beifall bei der SPD – Petra Fuhrmann (SPD): Das hat keinen Aussagewert!)

Diese Landesregierung verwechselt etwas sehr Wichtiges: Das Land Hessen ist eben kein Konzern. Es ist unsere Aufgabe,Gesetze zu beschließen und umzusetzen.Wir gestalten und verwalten Politik – und dies hoffentlich mit einem hohen Wirkungsgrad für die Adressaten. Die NVS ist aber ein Fass ohne Boden und wird zum Milliardengrab.

(Beifall bei der SPD)

Nun zu meinem zweiten Beispiel. Es ist wichtig, in die Ausbildung junger Köpfe zu investieren. Das ist wichtig und unstrittig. Gute Bildung anzubieten, ist eine zentrale Aufgabe der Landespolitik. Das heißt, dass wir eine haushaltspolitische Schwerpunktsetzung in Richtung gute Bildung brauchen. – Herr Finanzminister, wir bestreiten nicht, dass die Landesregierung mehr Geld für Bildung eingesetzt hat. Trotz der Mehrausgaben ist die Bilanz Ihrer Bildungspolitik aber verheerend.

(Beifall bei der SPD)

Die Unterrichtsgarantie plus ist eine Fehlanzeige.Das G 8 und die LUSD, um diese nicht zu vergessen, sind alles gravierende Beispiele für eine verfehlte und verkorkste Bildungspolitik. Daher halte ich als Fazit fest: Mehr Geld allein ist noch keine gute Politik. Man muss das Geld richtig einsetzen. In Bezug auf die Bildungspolitik bedeutet das für uns:Wir wollen „ein Haus für Bildung“.

(Beifall bei der SPD)

Nun zurück zum Geldausgeben. Hessen ist ein wirtschafts- und finanzstarkes Bundesland. Das gilt uneingeschränkt – und ich füge hinzu –: trotz dieser Regierung.

(Beifall bei der SPD)

Nun noch einmal zur Bilanz der vergangenen neun Jahre. Die Ergebnisse der Finanzpolitik von Herrn Koch und Herrn Weimar sind: Schuldenrekorde über Schuldenrekorde. Die Verschuldung ist in diesen Jahren um mehr als 10,3 Milliarden c auf insgesamt rund 33 Milliarden c gestiegen. Herr Koch und Herr Weimar haben es geschafft, in nicht einmal neun Haushaltsjahren rund ein Drittel der Schulden Hessens anzuhäufen. Zusätzlich wurde Landesvermögen im Wert von insgesamt 2,1 Milliarden c verkauft. Das ist nichts anderes als eine verdeckte Kreditaufnahme.

(Beifall bei der SPD)

Wir haben mit dem Haushalt für das Jahr 2008 mit 1,45 Milliarden c die höchste Zinsbelastung seit Bestehen Hessens – und das bei einem geringen Marktzins.Wir haben die höchsten Mietausgaben, die Hessen je hatte. Herr Weimar trägt zu Recht den Titel „Schuldenkönig“.

(Zuruf des Abg. Gottfried Milde (Griesheim) (CDU))

Herr Kollege Milde, auf dem Siegertreppchen für die höchste Jahresneuverschuldung steht Herr Weimar unangefochten. Das ist im Übrigen ein Dreifachsieg.

Den ersten Platz gab es im Jahre 2002, und zwar aufgrund von 2 Milliarden c Schulden unter Mitwirkung der FDPFraktion. Im Jahre 2004 – damals regierte die CDU allein – waren es 1,7 Milliarden c; und im Jahre 2003 – da regierte die CDU gemeinsam mit der FDP – waren es 1,5 Milliarden c.Es handelt sich um einen Dreifachsieg,doch sehen dies die Menschen bei dieser Disziplin etwas anders als beim Sport.

(Beifall bei der SPD)

Wenn der Finanzminister eine niedrige Neuverschuldung für das Jahr 2008 feiert – das machen Sie nun wieder –, dann ist dies reine Ablenkung. Trotz sprudelnder Steuerquellen gelingt Herrn Weimar keine Konsolidierung. Das strukturelle Defizit liegt weiterhin – trotz hoher Steueraufkommen – bei 1 Milliarde c. Im Vergleich zu fast allen anderen Bundesländern ist das eine vernichtende Größenordnung.

(Beifall bei der SPD)

Stichwort: Verkauf von Immobilien. Kein Land hat wie Hessen seine Immobilien verkauft – und zwar die Immobilien, die wir noch brauchen –, um sie für viel Geld zurückzumieten.Da kommt der berühmte Hinweis,dass Firmen dies auch so machen. Da orientiert man sich wahrscheinlich an der Deutschen Bank. Nur, das zieht für das Land Hessen nicht. Steueroptimierung geht für das Land eben nicht. Deswegen sind das reine Notverkäufe. Das sind verdeckte Kreditaufnahmen. Deswegen ist die Botschaft der SPD ganz klar: Schluss mit dieser Ausverkaufspolitik.

(Beifall bei der SPD und der Abg. Sigrid Erfurth (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))

Herr Kollege Milde, jetzt kommen wir zum LFA.

(Gottfried Milde (Griesheim) (CDU): Ja!)

Ich kann das nur als Weimars Flucht aus der Verantwortung bezeichnen. Der hohe LFA-Beitrag von Hessen muss als Entschuldigung für verfehlte Haushaltspolitik der Landesregierung herhalten. Die Behauptung dieses Finanzministers, Hessen müsste ohne seine Beiträge in den Länderfinanzausgleich keine neuen Schulden machen, passt am Ende seiner Amtszeit zu seiner Finanzpolitik, die er seit 1999 praktiziert: Er täuscht und verschleiert. Schuld sind immer die anderen.

Keiner will bestreiten,dass die Belastung des Landes Hessen durch die Beiträge zum LFA enorm sind und man sich als Hesse nicht nur wünscht, sondern gemeinsam dafür kämpft, einen größeren Teil des Steuerkuchens, den das Land eingenommen hat, behalten zu können.Wir sind für eine Reform.

(Beifall bei der SPD)

Der Zusammenhang zwischen Nettoneuverschuldung und LFA-Beiträgen sieht im Übrigen ganz anders aus, als Sie es uns als Landesregierung hier weismachen wollen. Die Nettoneuverschuldung ist dann relativ niedrig, wenn der LFA hoch ist. Das ist die Realität. Es ergibt auch Sinn, dass überdurchschnittlich hohe Steuereinnahmen zu hohen LFA-Beiträgen führen, die Beiträge also hoch sind, wenn es dem Land relativ gut geht – um das auch klar zu sagen.

Jetzt kommen wir zu Ihren Rechenkünsten, zu den Rechenkünsten des Finanzministers und des Ministerpräsidenten.Was hat er in der letzten Sitzung gesagt? „Wir haben in der Legislaturperiode von 2003 bis 2007 10,2 Milliarden c in den Länderfinanzausgleich eingezahlt.“ Die Nettokreditaufnahme beträgt 5,4 Milliarden c.Dann sagt er: „52 % dessen, was wir in den Länderfinanzausgleich gezahlt haben, ist durch die Nettokreditaufnahme finanziert worden.“ Dabei hat er schlicht vergessen, dass rund ein Viertel dieses Beitrags den hessischen Kommunen gehört. Haben Sie das auch schon wieder vereinnahmt?

(Norbert Schmitt (SPD): So ist es!)