Protokoll der Sitzung vom 23.03.2004

Frau Wettig-Danielmeier hat den Einstieg der parteieigenen Medienholding bei der „Frankfurter Rundschau“ mit dem Argument verteidigt, man wolle die Zeitung in ihrer politischen Tendenz erhalten. Meine Damen und Herren, entlarvender kann man das nicht formulieren.Aber genau dies ist der Punkt,den wir nicht wollen.Es kann nicht sein, dass aus der Eigentümerstellung desjenigen, dem eine

Zeitung gehört, Meinung gemacht wird. Das ist der falsche Ansatz. Deswegen gehen wir in unserem Antrag weiter und bitten die Landesregierung, zu prüfen, ob es verfassungsrechtlich geboten ist, ein solches Verbot gesetzlich zu kodifizieren.

(Beifall bei der FDP und der CDU)

Meine Damen und Herren, das ist keine einfache Entscheidung, weil natürlich mit einem solchen gesetzlichen Verbot – das will ich überhaupt nicht bestreiten – die wirtschaftliche Betätigung in einem ganz bestimmten Bereich ausgeschlossen wird. Deswegen haben wir uns diese Entscheidung nicht einfach gemacht.Wir sind der Auffassung, in einem demokratischen Rechtsstaat kommt den Medien eine entscheidende Rolle bei der politischen Willensbildung der Bevölkerung zu. Herr Hoff hat es darüber hinaus angesprochen: Die Medien haben eine wichtige Aufgabe bei der Kontrolle staatlichen Handelns. – Nicht umsonst wird sogar verfassungspolitisch und verfassungsrechtlich davon gesprochen, dass wir nicht drei, sondern faktisch vier Gewalten in diesem Land haben. Die Kontrolle der Parteien, um diese Funktion anzusprechen, durch die Medien ist ein Kernelement unserer politischen Kultur.

Es gehört zu den ureigensten Aufgaben der Medien,Missstände aufzudecken.Wir haben in diesem Haus häufig genug alle damit zu tun gehabt. Das ist häufig für die politischen Parteien nicht angenehm.Aber wenn die vierte Gewalt diese Aufgabe hat und wir dies respektieren, dann müssen wir uns auch die Frage stellen, ob das mit der Eigentümerstellung vereinbar ist.

Wir kommen zu der Auffassung, dass dies nicht der Fall ist. Deswegen fordert die FDP zweierlei.

(Zuruf der Abg. Hildegard Pfaff (SPD))

Medienbeteiligungen von Parteien müssen sowohl im Parteiengesetz als auch in den Landespressegesetzen ausdrücklich verboten werden. Um es klarzustellen: Ausgenommen davon sind selbstverständlich Presseorgane von Parteien, die ausschließlich der Mitgliederinformation dienen. Dass dies keine neue Erkenntnis für uns ist, ergibt sich daraus, dass wir diese Frage bei der Novellierung des Hessischen Privatrundfunkgesetzes bereits realisiert haben,

(Zuruf des Abg. Michael Siebel (SPD))

indem wir die Beteiligung von Parteien an den privaten Anbietern ausgeschlossen haben. Im Übrigen war das damals Gegenstand einer medienpolitischen Diskussion in der SPD auf Bundesebene. Sie beklagten dies und wollten diese Vorschrift rückgängig machen.

Wir haben dies in Hessen im privaten Rundfunk schon realisiert. Dies soll auch bei den Medienbeteiligungen an der Presse realisiert werden.

(Beifall bei der FDP und des Abg. Volker Hoff (CDU))

Meine Damen und Herren, ich habe gesagt, dass das eine nicht leicht zu beantwortende Frage ist, weil man damit die wirtschaftliche Betätigung in diesem Bereich ausschließt. Nach einer Güterabwägung sind wir aufgrund der Wichtigkeit der Medien der Auffassung, dass wir dies verlangen müssen. Solange dies nicht möglich ist, muss in den Landespressegesetzen eine Impressumspflicht vorgesehen werden.

Damit komme ich auf den Ausgangspunkt der CDU und auf den Änderungsantrag der GRÜNEN zurück. Dadurch soll realisiert werden, was Herr Hoff so bezeichnet hat: Das, was außen draufsteht, muss auch tatsächlich drin sein. – Dass wir dies bedauerlicherweise exemplarisch in Hessen am Beispiel der SPD zu diskutieren haben, liegt nicht in unserem Zuständigkeitsbereich, sondern im Zuständigkeitsbereich derer, die gemeint haben, durch wirtschaftliche Macht politische Informationen weiterzugeben und zu beeinflussen.

(Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der CDU)

Das ist die gegenwärtige Situation. Lassen Sie mich eine abschließende Bemerkung machen. Wenn die Schatzmeisterin der Bundes-SPD diese Bemerkungen nicht gemacht hätte, hätten wir die Diskussion vielleicht auf einer ganz anderen Ebene geführt. Dann hätten wir gesagt, dass das bitte schön in das Impressum hinein muss. Diese eklatanten Fälle – ich habe die gleiche Liste wie Herr Hoff – geben uns aber Anlass zu dieser Diskussion und zu der Bitte an die Landesregierung, die rechtlichen Voraussetzungen zu prüfen und dann gegebenenfalls auch die entsprechenden Vorschläge zur Beschlussfassung im Hessischen Landtag vorzulegen. – Herzlichen Dank.

(Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der CDU)

Danke, Herr Posch. – Frau Hinz, ich darf Ihnen das Wort für BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN erteilen.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Wir GRÜNEN sind sehr für Transparenz über Beteiligungen und Finanzierungen von periodischen Druckwerken. Wir sind auch sehr für Transparenz, was die Frage Rechenschaftslegung überhaupt angeht.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD)

Insofern sind wir doch etwas erstaunt und finden es verblüffend, dass sich die CDU hier wieder als die Partei der größtmöglichen Transparenz aufschwingt.Sie sind immerhin die größte Schwarzgeldpartei. Sie haben Rechenschaftsberichte gefälscht.

(Zuruf des Abg. Boris Rhein (CDU))

Sie hatten einen Ehrenvorsitzenden, der zurücktreten musste, weil er bis heute die Verfassung bricht. Herr Hoff, sich hier so aufzuspielen, als seien Sie diejenigen, die für die größtmögliche Transparenz in Deutschland sind, das ist schon hanebüchen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD – Volker Hoff (CDU):Was wollen Sie jetzt eigentlich? Verteidigen Sie doch die Sozialdemokraten! Kein Problem! – Hans-Jürgen Irmer (CDU): Ich habe den Eindruck, Sie haben ein gestörtes Verhältnis zur CDU!)

Uns GRÜNEN ist die Unabhängigkeit von Parteien und der Presse wichtig. Man sollte beide Seiten sehen. Sie sehen in der Regel einäugig. Das muss man Ihnen hier einmal vorhalten.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD – Zurufe der Abg. Clemens Reif und Dr. Rolf Müller (Gelnhausen) (CDU))

Wir sind für die Unabhängigkeit der Presse. Wir sind für die Pressefreiheit. Es muss aber auch eine Unabhängigkeit der Presse von wirtschaftlichen Interessen geben. Deswegen geht uns Ihr Antrag nicht weit genug. Wir sind der Meinung, dass überprüft werden muss, wie das Landespressegesetz so geändert werden kann,dass grundsätzlich dargelegt werden muss,wer an einem Druckwerk,wer an einer Zeitschrift und wer an einer Zeitung beteiligt ist, damit ganz klar ist, welche Interessen dahinter stehen. Das ist die größtmögliche Transparenz, um gegen Einflussnahmen vorzugehen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPD)

Wir haben zurzeit die Diskussion um die „Frankfurter Rundschau“ und die Beteiligung der SPD durch die parteieigene Gesellschaft dd_vg. Diese Diskussion ist auch völlig folgerichtig. Schon bei der Landesbürgschaft gab es Diskussionen, ob die „Frankfurter Rundschau“ jetzt pro Landesregierung schreiben müsse. Das ist so nicht eingetreten. Jetzt gibt es die Diskussion um eine mögliche Einflussnahme der SPD. Ich denke, es ist gut und richtig, dass man diese Diskussion führt. Man muss diese Diskussion ernsthaft führen,

(Volker Hoff (CDU): Machen Sie den Satz fertig!)

denn es ist schon schlecht, wenn auch nur der Anschein von Einflussnahme erweckt wird.Von daher halten wir es für notwendig, dass die dd_vd., selbst wenn sie jetzt kurzfristig Mehrheitsanteilseigner wird,ihre Anteile möglichst schnell zurückführt und wieder Minderheitsanteilseigner wird, damit schon der Anschein zurückgewiesen wird, dass parteiliche Einflussnahme auf eine Zeitung ausgeübt werden könnte.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Michael Boddenberg (CDU): Dann müssen sie doch alles verkaufen!)

Nein, sie müssen nicht alles verkaufen, weil es zulässig ist, dass Parteien über Gesellschaften Anteile an Presseerzeugnissen haben.

(Volker Hoff (CDU): Finden Sie das gut?)

Wichtig ist, dass es ausgewiesen ist. Solange es zulässig ist, können sie das machen. Wichtig ist, dass es ausgewiesen ist. Das ist unabhängig von Parteien.Wenn es richtig wäre, dass die SPD durch ihre Anteilseignerschaft an diversen Zeitungen die Presselandschaft und die öffentliche Meinung zu ihren Gunsten prägt, dann muss man sich doch wundern, dass die SPD schlechte Schlagzeilen und schlechte Umfrageergebnisse hat.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Volker Hoff und Rudi Haselbach (CDU): Die wären noch viel schlechter! – Weitere lebhafte Zurufe von der CDU)

So einfach und schlicht funktionieren Redaktionen, funktioniert Presse nicht, wie Sie sich das anscheinend in Ihrem schlichten Gemüt vorstellen. Trotzdem muss natürlich die Gefahr gebannt werden.

(Hans-Jürgen Irmer (CDU): Das Projekt 18 wäre schon realisiert!)

Deswegen halten wir es für dringend notwendig, dass im Pressegesetz vorgeschrieben wird, dass auch in periodi

schen Druckwerken jeweils kenntlich gemacht wird, wer diese Druckerzeugnisse verantwortet.

(Volker Hoff (CDU): Das ist nicht unser Problem! Das habe ich Ihnen doch vorgetragen!)

Wir sind der Meinung, dass darüber hinaus geprüft werden soll, wie die Anteilseigner besser, prominenter platziert werden können, sowohl diejenigen, die indirekt oder direkt mit Parteien zu tun haben, als auch solche, die direkt oder indirekt mit Wirtschaftsunternehmen zu tun haben, damit nachprüfbar ist, ob es Einflussnahmen auf die öffentliche Meinung, auf die Redaktion, auf Kommentatoren und auf die Personalpolitik gibt. Es muss uns um die Frage gehen, ob es tatsächlich Einflussnahmen auf die veröffentlichte Meinung gibt. Ich denke, dass wir einheitlich der Meinung sind, dass dies zurückgewiesen werden muss. Es müssen Maßnahmen ergriffen werden, dass es das nicht gibt.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Frau Hinz, die Redezeit ist um. Bitte kommen Sie zum Schluss.

Ich komme zum Schluss. – Letzter Punkt: zur FDP. Herr Posch, Sie haben gesagt, Sie wollen, dass verfassungsmäßig überprüft wird, in welchem Umfang Parteien beteiligt werden können.Das kann von mir aus sein.Ihr Antrag besagt aber etwas anderes. Ihr Antrag sagt aus, es sei verfassungsrechtlich generell fragwürdig, ob sich Parteien an Zeitungen beteiligen können.

(Nicola Beer (FDP): Richtig!)

Diese Frage stellt sich für uns so nicht.

Wir sind der Meinung, dass Ihr zweiter Punkt nicht weit genug geht. Es geht nicht darum, dass geprüft wird, ob überhaupt veröffentlicht wird, wer an einer Zeitung beteiligt wird. Es muss darum gehen, welche Maßnahmen ergriffen werden, damit Transparenz herrscht. Insofern ist unser Änderungsantrag immer noch der beste. Wir denken, dass Sie sich nach einer Diskussion im Ausschuss unserem Änderungsantrag anschließen können. – Danke schön.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPD)

Frau Hinz, danke. – Für die SPD-Fraktion darf ich Herrn Schmitt das Wort erteilen.

(Clemens Reif (CDU): Oh! – Weitere Zurufe von der CDU – Evelin Schönhut-Keil (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN): Norbert, das ist die Vorfreude!)