Protokoll der Sitzung vom 13.06.2004

Meine Damen und Herren, damit ist die Beschlussempfehlung des Kulturpolitischen Ausschusses zu dem Antrag der Fraktion der FDP betreffend Schülerpflichtbesuch in hessischen Gedenkstätten besprochen. Soll darüber noch einmal abgestimmt werden?

(Frank-Peter Kaufmann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Es muss darüber abgestimmt werden!)

Wer dieser Beschlussempfehlung, Drucks. 16/1868, zustimmen möchte, bitte ich um das Handzeichen. – Gegenstimmen? – Enthaltungen? – Dann ist die Beschlussempfehlung mit den Stimmen der CDU,der SPD und der FDP bei Enthaltung des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN angenommen worden.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 13 auf:

Große Anfrage der Fraktion der SPD betreffend Kofinanzierung der Europäischen Strukturfonds EFRE und ESF, der Gemeinschaftsinitiativen und des EAGFL in Hessen – Drucks. 16/1909 zu Drucks. 16/659 –

In der Aussprache hat Frau Kollegin Hoffmann für die SPD-Fraktion als Erste das Wort. Die Redezeit beträgt fünf Minuten.

Frau Präsidentin! Zunächst einmal möchte ich mich artig bei der Landesregierung für die Beantwortung dieser Großen Anfrage bedanken.

(Beifall des Abg. Hans-Jürgen Irmer (CDU))

Dennoch muss ich anmerken, dass es nicht so ganz verständlich ist, warum das Zusammentragen dieser Zahlen über ein halbes Jahr gedauert hat.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Jörg-Uwe Hahn (FDP): Das sind gewichtige Zahlen!)

Diese Große Anfrage zeigt die Bedeutung der europäischen Politik für Hessen auf drei Politikfeldern. Das sind das Europa der starken Regionen durch die Regionalförderung, der Europäische Sozialfonds – auch das ist hier abgefragt – für das soziale Europa und schließlich die Strukturmaßnahmen für die Landwirtschaft. Europäische Landwirtschaftspolitik ist also erheblich mehr als die Finanzierung von Marktordnungen, über die wir uns manchmal ärgern.

(Beifall des Abg. Reinhard Kahl (SPD))

Ich möchte die beiden Kollegen in der ersten Reihe von der CDU und der FDP um etwas Ruhe bitten. Herr Kollege Hahn, es stört, wenn Sie so laut mit Herrn Lenz reden.

(Aloys Lenz (CDU): Ich wollte Sie nur unterstützen!)

Ist in Ordnung, Herr Kollege Lenz. Mal gucken, ob Sie mich gleich noch unterstützen, denn die Bedeutung der europäischen Politik, wie sie hier in der Großen Anfrage dokumentiert ist – es handelt sich um erhebliche Mittel, die alljährlich für unterschiedliche Politikprojekte nach Hessen fließen –, steht im krassen Gegensatz zu der Bedeutung, die die Landesregierung Europa beimisst.

Wir konnten das in der letzten Sitzung des Europaausschusses erleben. Im Europaausschuss plauderte Minister Riebel – schade, dass er heute nicht da ist, sonst könnte er dazu selber auch noch einmal Stellung nehmen – aus dem Ausschuss der Regionen. Er erzählte, dass er einen französischen Freund habe, der Bürgermeister sei.Wir wollen ihm gerne gönnen, dass er einen französischen Freund hat,das freut uns für ihn.Dieser französische Freund habe keine Lust oder zeige kein Interesse, sich im Ausschuss der Regionen mit der europäischen Chemikalienpolitik auseinander zu setzen. Minister Riebel hat daraus zweierlei abgeleitet: einmal, dass er ebenfalls Probleme mit der europäischen Chemikalienpolitik hat – das kann ich aus verschiedenen Gründen sogar verstehen –, und zum anderen, dass er die Sinnhaftigkeit seiner Tätigkeit im Ausschuss der Regionen in Zweifel ziehe.

An der Stelle möchte ich sagen, es würde der Landesregierung gut anstehen, sich in dem Gremium, in dem sie vertreten ist, nämlich im Ausschuss der Regionen, für weitere Kompetenzen und eine effektive Arbeit einzusetzen, anstatt über solche persönlichen Dinge Diskussionen zu führen, die letztendlich keine sind, sondern nur die Zeit totschlagen.

Ich komme jetzt zurück zur Großen Anfrage. Ich möchte einen Punkt sehr kritisch anmerken. Es handelt sich um die Unübersichtlichkeit, mit der die verschiedenen EUFörderprogramme im Haushaltsplan dargestellt sind und abgewickelt werden. Das macht alljährlich die Haushaltsplanberatungen sehr mühsam. Es findet sich auch in der Großen Anfrage wieder.

Die Landesregierung teilt z. B. mit, dass es für das Ziel-2Programm – ein wichtiger Programmteil aus dem europäischen Regionalfonds – keinen eigenen Haushaltsansatz gibt. Um die Verwirrung komplett zu machen, zitiere ich:

Die Nennung der Landesmittel im Finanzplan des Ziel-2-Programms hat nur indikativen Charakter, die Aufteilung der nationalen Kofinanzierungsanteile von Land, Bund, Kommunen und anderen öffentlichen Trägern ebenfalls.... Sie kann wegen unterschiedlicher zeitlicher Umsetzungsstände von der Planung abweichen.

Mit „sie“ ist die Landesregierung gemeint. – Hier stehen zwei Ziele gegeneinander. Zum einen kann ich verstehen, dass auch Planungsträger die notwendige Flexibilität bei der Abwicklung von Programmen haben möchten. Allerdings steht das dann gegen eine Haushaltsklarheit, was es uns schwer macht, nachzuvollziehen, was in welchem Zeitraum von der EU mit welchen Zielen gefördert wird.

Zum Europäischen Sozialfonds. Bei der letzten Tabelle, die Sie auf der Rückseite finden, zeigt sich sehr deutlich die soziale Kahlschlagpolitik dieser Landesregierung.

(Zuruf der Abg. Petra Fuhrmann (SPD))

Es handelt sich um 1,3 Millionen c kofinanzierte Mittel aus dem Europäischen Sozialfonds, die im Jahr 2004 nicht in Anspruch genommen werden.

(Zuruf des Abg. Reinhard Kahl (SPD))

Diese wurden im Jahr 2003 in Anspruch genommen. Man darf davon ausgehen, dass diese Mittel verfallen. Andere Länder werden sich freuen.

(Beifall bei der SPD)

Jetzt zum nächsten großen Kapitel, zur Förderung des ländlichen Raums aus dem Europäischen Ausrichtungsund Garantiefonds für die Landwirtschaft (EAGFL). Hier werden, wie dargestellt, alle EU-Mittel kofinanziert – wie wir allerdings aus den Haushaltsplanberatungen wissen, mit einem Haushaltstrick. Das ist zulässig, trotzdem handelt es sich um einen Trick, der der Landwirtschaft Mittel vorenthält. Ursprünglich war geplant, dass EU- und Landesmittel 50 : 50 kofinanziert werden.

Frau Hoffmann, Ihre Redezeit ist abgelaufen.

Dann ist man darauf gekommen, dass so nicht alle EUMittel abgefragt werden können, und hat diese Programme in die Gemeinschaftsaufgabe verschoben, um den Bund zu 30 % an der Förderung zu beteiligen. Das ist durchaus legal. Das bedeutet aber, dass der Landwirtschaft Mittel verloren gehen.

Bitte kommen Sie zum Schluss.

Ich komme zum Schluss.– Es gibt noch eine Reihe offener Fragen. Ich hatte auf die Haushaltsklarheit hingewiesen. Das werden wir bei Gelegenheit noch einmal abfragen. Ansonsten zeigt diese Große Anfrage die Bedeutung der europäischen Politik für Hessen. – Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD)

Vielen Dank. – Für die Fraktion der CDU hat Herr Dr. Lennert das Wort.

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Frau Hoffmann, ich finde es sehr unfair, dass Sie berichten, was Herr Riebel im Ausschuss gesagt haben soll. Ich kann nur sagen, Herr Riebel setzt sich sehr dafür ein, dass der Ausschuss der Regionen Einfluss hat. Es ist nur so, dass er erklärt hat, es sei manchmal nicht möglich, dass Mehrheiten anders zustande kommen, weil der Ausschuss so zusammengesetzt ist, wie er es nun einmal ist.

Sie wissen, dass wir im Ausschuss etwas Zeit hatten, weil zwei Fraktionen ihre Anträge zurückgezogen haben bzw. weil die Anträge geschoben wurden. Da man etwas mehr Zeit hatte, kam man eben ins Plaudern, und Sie sollten eigentlich froh sein, dass man im Ausschuss auch einmal entspannt plaudern kann.

Zum Thema.Die Kofinanzierung der europäischen Struktur- und Garantiefonds durch das Land Hessen erfolgt programm- und planungsgerecht. Dies gilt insbesondere für das Programm nach dem Europäischen Fonds für regionale Entwicklung. Es handelt es sich bei den Ziel-2Gebieten um diejenigen hessischen Landesteile, in denen die größten Strukturprobleme anzutreffen sind und die bei der notwendigen wirtschaftlichen Umstellung einer Unterstützung bedürfen.

Deutlich wird dies z. B. durch einen erheblichen Rückstand beim Anteil der Dienstleistungsunternehmen an der Bruttowertschöpfung und an der Beschäftigung,wenn Probleme mit der Konversion der von der Bundesregierung geschlossenen Militärstandorte noch nicht bewältigt sind, wenn Kurorte und Heilbäder von der Gesundheitsreform schwer getroffen sind und wenn trotz einiger bereits erreichter Erfolge die Innovationspotenziale in der Wirtschaft noch nicht genügend ausgeschöpft sind.

Betroffen sind das ehemalige Zonenrandgebiet, der von der Vorgängerregierung vernachlässigte nordhessische Wirtschaftsraum und die ländlichen Gebiete dort. Für die Entwicklung dieser strukturschwachen Gebiete hat sich die Hessische Landesregierung seit 1999 besonders eingesetzt. Wie die Antwort auf die Große Anfrage erneut beweist, werden alle Fördermöglichkeiten aus den Programmen der Europäischen Union ausgenutzt. So werden Verbesserungen in der Wirtschaftsstruktur und der Touristik erreicht.

Dazu kommen die notwendigen Verbesserungen der Infrastruktur. Dies betrifft unter anderem den Ausbau wichtiger Straßenverbindungen. Lücken werden geschlossen,

bei deren Beseitigung sich die Mitglieder der früheren rot-grünen Landesregierung gegenseitig blockiert haben.

Um neue Arbeitsplätze zu schaffen, werden die Förderrichtlinien in der Mitte der Zeit angepasst. Dies gilt insbesondere für den Ausbau des Flughafens Kassel-Calden. Die Einrichtungen, d. h. die Technik, des Regionalflughafens sind veraltet. Jahrzehntelang wurde dort nicht ausreichend investiert. Dabei wissen wir, dass die Regionalflughäfen – bei Zuwachsraten von 4 %, was den Anteil am Luftverkehr betrifft – ebenfalls von besonderer wirtschaftlicher Bedeutung für die Region sind. Der Ausbau von Kassel-Calden wird 1.200 neue dauerhafte Arbeitsplätze schaffen, und für die Kommunen werden sich aufgrund der wachsenden Wirtschaftskraft steuerliche Mehreinnahmen ergeben.Der Kollege Frank Williges hat heute Morgen hierzu ausführlich Stellung genommen.

(Zuruf von der CDU: Sehr gut!)

Zusätzlich werden Qualifizierungsmaßnahmen gefördert, die die Chancen der Menschen auf dem Arbeitsmarkt verbessern. Dazu gehören die Förderung und die Verbesserung der beruflichen und allgemeinen Bildung mit einem Schwerpunkt auf der Lebensplanung von Frauen und der Vereinbarkeit von Familie und Beruf.

Die entsprechenden Programme des Europäischen Sozialfonds werden ebenfalls von der Landesregierung in ihrer Gesamtheit kofinanziert. Bei der Durchführung der Programme nach dem Europäischen Fonds für regionale Entwicklung (EFRE) und nach dem Europäischen Sozialfonds (ESF) ist die Koordination dadurch sichergestellt, dass der hessische ESF-Verwalter am EFRE-Begleitausschuss beteiligt ist und umgekehrt.

Die Programme beziehen sich zu einem großen Teil auf strukturschwache ländliche Gebiete.Die strukturelle Entwicklung dieser Teilregionen wird zusätzlich durch die Fördermaßnahmen begünstigt, die in dem Entwicklungsplan für den ländlichen Raum gemäß der Verordnung des Landes Hessen vorgesehen sind und die auch aus dem Europäischen Ausrichtungs- und Garantiefonds für die Landwirtschaft (EAGFL) finanziert werden.

Die wichtigsten Schwerpunkte sind Investitionen in landwirtschaftliche Betriebe, die Niederlassung von Junglandwirten, Agrarumweltmaßnahmen, die Vereinbarkeit und Vermarktung landwirtschaftlicher Erzeugnisse, die Anpassung und Entwicklung von ländlichen Gebieten, Innovationen bei der Produktion und der Einsatz nachwachsender Rohstoffe, insbesondere auch zur Gewinnung von Energie aus Biomasse.

Die Duplizität von gleichartigen Förderangeboten für den ländlichen Raum im Ziel-2-Programm und im Europäischen Ausrichtungs- und Garantiefonds für die Landwirtschaft ist ausgeschlossen. Dies gilt auch für den Tourismus. Aber durch die exakte Zuordnung der Fördertatbestände und der Förderrichtlinien der Hessischen Landesregierung ist sichergestellt, dass die nach EFRE förderfähigen Programme anderer Art sind als die nach dem EAGFL-Programm förderfähigen. Also kann auch gemeinsam gefördert werden.

Die vorliegende Antwort auf die Große Anfrage macht erneut deutlich, dass die Hessische Landesregierung und die Mehrheit dieses Hauses als Verantwortliche für den Haushalt jede Möglichkeit nutzen, die die europäischen Programme bieten, um dieses Bundesland und seine Regionen an die Spitze der wirtschaftlichen und sozialen Entwicklung in Europa zu bringen.

(Beifall bei der CDU)

Sie müssen zum Schluss kommen, Herr Kollege.