Antrag der Fraktion der FDP betreffend eine Aktuelle Stunde (Zuwanderungsgesetz – jetzt oder nie!) – Drucks. 16/2252 –
Herr Präsident, meine Damen und Herren! In der Tat möchte ich sagen: Zuwanderungsgesetz – jetzt oder nie. Meine Damen und Herren, nach Auffassung der FDPFraktion haben wir jetzt die allerletzte Chance, im Deutschen Bundestag und im Bundesrat endlich eine wirkliche Zuwanderungsregelung zu beschließen, die steuert und die nach unseren Bedingungen eine begrenzte Zuwanderung zulässt.
Die FDP hat bereits unter dem verstorbenen Justizminister Caesar 1997 den allerersten Vorstoß im Deutschen Bundestag gemacht.Wir haben dieses Gesetz, ein Zuwanderungssteuerungs- und Integrationsgesetz – darauf lege ich großen Wert –, am 27.06.2000 eingebracht. Der Ministerpräsident und ich haben im März 2002 die Position der Hessischen Landesregierung – durchaus mit unterschiedlichen Aspekten von FDP und CDU, aber einvernehmlich – vorgetragen. Wir waren es – gemeinsam mit BadenWürttemberg, mit allen damals CDU-regierten Ländern –, die an einem Kompromiss interessiert waren und den Vermittlungsausschuss anrufen wollten.
Sie wussten genau, dass in dieser legendären Sitzung unter Beugung – wie das Bundesverfassungsgericht festgestellt hat – des Bundesratsrechts die Annahme dieses Gesetzes verhindert worden ist. Ich finde, dass das, was sich in Deutschland zu diesem Gesetzentwurf abgespielt hat, für die Weiterentwicklung unseres Landes eigentlich eine Katastrophe ist.
Meine Damen und Herren, es kann doch nicht sein – ich habe das damals im Bundesrat in Berlin ausgedrückt –: Alle Daten sagen aus, dass die Zuwanderer, die nach Deutschland kommen, im Durchschnitt in ihrem Bildungsniveau und ihrem Qualifikationsniveau schlechter als das Niveau in den Herkunftsländern sind, aus denen sie kommen. In Großbritannien und den USA ist das genau umgekehrt. Wir müssen das nach unseren Bedürfnissen des Arbeitsmarktes – da gibt es welche, das wissen wir – selber steuern können, indem wir die Zuwanderung regeln.
Wir wollen doch nicht – das wird vor allen Dingen von den GRÜNEN immer geleugnet – nur noch Zuwanderer hauptsächlich in die Sozialsysteme.
Zweitens brauchen wir selbstverständlich eine Sicherung der Wahrung der humanitären Verpflichtung Deutschlands im Rahmen der geltenden europäischen Konvention. Das ist doch selbstverständlich. Meine Damen und Herren, Herr Kollege Müller und alle Kolleginnen und Kollegen, die in der Enquetekommission sind, wir brauchen eine Begrenzung der Zuwanderung, weil wir nur mit einer Migration von vielleicht etwa 200.000 Menschen – das wäre tolerabel – pro Jahr hier eine demographische Entlastung bekommen.
Das ist keine Gesamtlösung. Herr Klein, dann müsste die Entlastung viel größer sein. Da bin ich völlig Ihrer Meinung. Aber auch das ist ein wesentlicher Punkt. Alle drei Gründe müssen aber mit intensiven Integrationsbemühungen verbunden werden, wie das die Landesregierung seit der letzten Legislaturperiode tut.
Deshalb ist es so unglaublich schändlich,dass aus rein parteipolitischen Gründen vor allen Dingen die GRÜNEN in den letzten Tagen diesen Gesetzentwurf torpediert haben.
(Beifall bei der FDP – Lachen bei dem BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN – Tarek Al-Wazir (BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN): Das gibt es doch nicht!)
Herr Al-Wazir, wer wie Sie auf die Reaktion, dass sich Schily und Beckstein nahe gekommen sind, in dem eigenen Länderrat sagt: „Wir wollen das Ding an die Wand fahren“, der hat in Wahrheit kein Interesse an Migration. Der will, dass Chaos in Deutschland herrscht.
Deshalb sage ich: Es ist richtig, dass der Bundeskanzler endlich unsere Idee aufgegriffen hat, die Guido Westerwelle vorgetragen hat, dass nicht mehr irgendwelche Länderräte in irgendwelchen Hinterzimmern entscheiden, sondern in den nächsten Tagen die Parteivorsitzenden in einem Gespräch zu einem Kompromiss finden.
Meine Damen und Herren, ich lese heute – ich finde das sehr wichtig und appelliere vor allen Dingen an SPD und GRÜNE, das auch zu tun –, dass Schily auf die geplante Sicherungshaft für potenzielle Terroristen in diesem Gesetzentwurf verzichtet und
Meine Damen und Herren, wir sind der Auffassung – Sie wissen,ich war das auch als Regierungsmitglied –,dass wir die Terrorismusbekämpfung nicht mit der Zuwanderung vermischen dürfen.
Freiheitsrechte sind genauso wichtig wie die Terrorismusbekämpfung. Migration ist ein völlig anderes Thema. Deshalb sage ich Ihnen:Wenn die Union signalisiert hat,wenn Stoiber ausdrücklich signalisiert hat, auf die Bundesregierung zuzugehen, dann appelliere ich auch an die hessische SPD und die GRÜNEN, nicht weiter zu blockieren, sondern in dieser Woche, noch vor der Europawahl, ein Signal zu setzen, dass wir endlich eine begrenzte Zuwanderung in Deutschland erhalten. Die Illegalität muss aufhören. Das ist der Punkt.
Vielen Dank, Frau Kollegin Wagner. – Das Wort hat der Kollege Al-Wazir, Vorsitzender der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Frau Wagner, ich könnte das, was Sie in der Sache gesagt haben, fast alles unterschreiben, vor allem, weil Sie am Ende gesagt haben, man solle nicht unzulässigerweise so tun, als würde sich Zuwanderung auf Terrorismus reimen. Das Problem ist dabei, ich verstehe nicht, dass Sie uns beschimpfen, weil wir diesem schändlichen Treiben von CDU und CSU endlich einmal ein Ende setzen wollen.
Frau Wagner, ich glaube, wenn wir über das Zuwanderungsgesetz reden, müssen wir darüber reden, dass in Deutschland in Sachen Zuwanderung – und zwar schon lange vor Bestehen der Bundesrepublik, solange es Deutschland gibt – eine Debatte darüber, was passt und was nötig ist, leider nie möglich war.
Meine Damen und Herren, wir hatten zwischen der CeBIT-Rede von Gerhard Schröder im Frühjahr 2000, aus der die Greencard „entstanden“ ist, bis zum 11. September 2001 ein historisches Zeitfenster, wo selbst die CDU einmal verstanden hat, was sie eigentlich in den Jahrzehnten davor falsch gemacht hat. Wenn Sie lesen, was Herr Bosbach gesagt hat, wenn Sie lesen, was das Ergebnis der Müller-Kommission ist: Da wurde gesagt, es ist ein historischer Fehler der CDU/CSU, dass sie immer behauptet hat, Deutschland sei kein Zuwanderungsland,
weil man einen Prozess, den man verleugnet, auch nicht gestalten kann. – Das ist genau das Problem, vor dem wir gestanden haben.
Meine Damen und Herren, seit drei Jahren geht wieder nichts mehr, weil die Becksteins die Agenda bestimmen und die wenigen Vernünftigen in der CDU inzwischen auch nichts mehr sagen – leider.
Ich bin von jemandem wie Peter Müller unglaublich enttäuscht, der eigentlich weiß, was nötig wäre, und jetzt diesen ganzen Unfug mitmacht.
Wir haben es nötiger denn je in diesem Lande, erstens die Zuwanderung von außen zu regeln, zweitens die Integration im Inneren zu befördern und drittens die humanitären Verpflichtungen Deutschlands einzuhalten. Das ist der Dreiklang, der nötiger denn je ist.
Rot-Grün hat der Union im ersten Gesetzgebungsverfahren im Bundestag 32 Zugeständnisse gemacht, 32 Änderungsanträgen stattgegeben,
im zweiten Gesetzgebungsverfahren in 58 Punkten Änderungswünschen der Union entsprochen. Das heißt, in insgesamt 90 Punkten sind wir auf die Union zugegangen. Das Problem ist, jedes Mal, wenn wir einen Schritt auf Herrn Beckstein und die Union zugehen, gehen die zwei Schritte zurück und sagen nachher: Ihr seid uns zu weit weg.