Deswegen haben wir als BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN gesagt, wir wollen auch auf der sicheren Seite sein. Wir rechnen nur mit 1,2 % Wachstum. Diese 0,2 % mehr hätten,auf das Jahr gerechnet,Mehreinnahmen von ungefähr 30 Millionen c im Haushalt bedeutet. Ihre gesamten Kürzungs- und Kahlschlagorgien im Sozialbereich haben unter dem Strich 28,5 Millionen c eingebracht. Herr Boddenberg und Herr Milde, Sie wissen es genau, wir stellen Mitte Juli fest
(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Gottfried Milde (Griesheim) (CDU): Doch, da muss man sich aufregen!)
dass der Finanzminister erklärt, dass in den ersten sechs Monaten des Jahres im Vergleich zum Vorjahr sage und schreibe 369 Millionen c Steuermehreinnahmen eingegangen sind. Das ist deutlich über dem, was im Haushaltsplan steht, genau so, wie wir es vorhergesagt haben. Deswegen ist jetzt endgültig bewiesen
Herr Boddenberg, ich weiß, warum Sie so aufgeregt sind –, dass Sie den Rotstift dazu benutzt haben, Ihr stockkonservatives Weltbild durchzusetzen und alles kaputtzuschlagen, was Sie immer schon kaputtschlagen wollen.
Deswegen stelle ich Ihnen einmal ein paar Fragen,was die Sicherheit angeht. Was hätten Sie eigentlich getan, wenn Sie in der Opposition gewesen wären und eine rot-grüne Landesregierung 360 Vollzugsbeamtenstellen und 600 Angestelltenstellen bei der Polizei gestrichen hätte? – Volker Bouffier hätte vor diesem Pult auf dem Kopf gestanden, mit den Ohren gewackelt und gleichzeitig Schaum vor dem Mund gehabt. Meine Damen und Herren, das wissen Sie sehr genau.
Was hätten Sie eigentlich getan, wenn eine rot-grüne Landesregierung 108 Richterstellen gestrichen hätte?
Was hätten Sie eigentlich getan, wenn eine rot-grüne Landesregierung 5 % der Staatsanwälte gestrichen hätte? Was hätten Sie eigentlich getan, wenn 120 Stellen im Strafvollzug unbesetzt gewesen wären und zusätzlich Stellen gestrichen worden wären?
Meine Damen und Herren, ich sage Ihnen, Sie sind deshalb so aufgeregt – Herr Kollege Jung, Herr Kollege Boddenberg –, weil Sie genau wissen,
dass Sie nicht die größte Sparoperation in der Geschichte des Landes unternommen haben, sondern den größten Wahlbetrug begangen haben, den es je in diesem Parlament gegeben hat.
Es ist keine eineinhalb Jahre her, dass in Hessen das Land mit Plakaten gepflastert war, worauf „Sicherheitsland Nummer 1“ und ein stilisiertes Blaulicht standen. Darüber stand
Da sagt er auch noch: „Ja!“, und wenn ich jetzt sage: „Die Erde ist eine Scheibe“, dann sagt er auch noch: „Ja!“
Was ist denn die Realität? – Wir haben in den letzten beiden Jahren einen Anstieg der erfassten Kriminalität um 11 %.
Was wäre eigentlich passiert, wenn ein sozialdemokratischer Innenminister mit einem grünen Koalitionspartner so eine Bilanz zu verantworten hätte? – Deswegen glaube ich, dass wir uns in jedem einzelnen Bereich in der Zukunft sehr genau anschauen werden, was Ihre hehren Sprüche und Ihre immer noch vorhandene Machtbesoffenheit in der Realität wert sind.
Herr Kollege Dr. Jung, man kann sehen, wenn die Hessen-CDU diejenige Landes-CDU ist, die im Westen die meisten Prozente bei der Wahl verloren hat, dass das schon zu wirken anfängt.
Herr Kollege Dr. Jung, deswegen stelle ich Ihnen die Frage – – Das stimmt, Ole von Beust hat im Stadtstaat Hamburg noch mehr verloren.
Herr Boddenberg, ich habe Sie am Wahlabend im Fernsehen gesehen. Sie haben zwar die üblichen Versatzstücke drauf gehabt, aber Ihr Gesicht hat eine andere Sprache gesprochen. Das wissen Sie selber sehr genau.
(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Michael Boddenberg (CDU): Da war ich genauso fröhlich wie Sie!)
Deswegen sage ich Ihnen, dass wir glauben, dass Sie sicherheitspolitisch einen Riesenfehler machen.Ich möchte Ihnen auch sozialpolitisch begründen, was Ihr Fehler in verschiedenen Bereichen jenseits der Frage ist, wie viele Stellen bei Polizei, Justiz oder im Strafvollzug gestrichen werden: Sie machen keine Prävention mehr.
Herr Bouffier, Sie haben sich vor einem Jahr dafür feiern lassen, dass Sie in die HGO aufgenommen haben, dass die Kommunen Präventionsräte einrichten sollen.Was ist das Ergebnis? – Gucken Sie einmal allein in einen kleinen umschlossenen Bereich wie die Gefängnisse. Die Aidsberatung hinter Gittern findet nicht mehr statt. Das ist so dumm und so kurzsichtig, dass man es kaum glauben kann.
Die Aidshilfen außerhalb werden deutlich gekürzt, und das in einer Zeit, wo alle sagen, die Zahl der Infektionen steigt wieder an. Wir haben es mit der Situation zu tun, dass wir einerseits alle miteinander gesagt haben, wir wollen ein Gewaltschutzgesetz, um häusliche Gewalt zu ahnden. Frau Oppermann, ich finde Ihren Versuch mit dem Vogelbergkreis ja sehr nett. Aber wenn das Ergebnis ist, dass die geschlagene Frau 100 km zum nächsten Frauenhaus fahren muss,
dann stelle ich schon die Frage, ob das Sinn macht. Im Zweifelsfall können Sie sich das einfach im Vogelsbergkreis einmal anschauen.
Wir haben es mit der Situation zu tun, dass Sie versuchen, Placebos einzurichten. Nur, Herr Justizminister, Sie rühmen sich, dass Sie bei den Staatsanwaltschaften eine Eingreifreserve geschaffen haben. Das Beste daran ist, dass Sie das nicht Task-Force genannt haben – immerhin Eingreifreserve –, weil, wer nichts zu sagen hat, es meistens auf Englisch tut. Das hört sich besser an.
(Jörg-Uwe Hahn (FDP): Sonst hätte er von Rolf Müller eine Rüge gekriegt, weil der nur Deutsch kann!)
Was nützt eine Eingreifreserve von zehn oder zwölf Staatsanwälten, die zusätzlich arbeiten sollen, wenn gleichzeitig von den normalen Staatsanwälten 5 % gestrichen werden? – Diese Fragen müssen Sie einmal beantworten, meine Damen und Herren.
Was nützen die großen Sprüche von der freiwilligen Polizei, wenn die professionelle Polizei um 360 Beamte gestrichen wird? Was nützen die großen Sprüche von der Wachpolizei, dass man keine Kommissare dafür einsetzen möchte, niedrig qualifizierte Tätigkeiten zu machen, wenn Sie gleichzeitig 600 Angestelltenstellen bei der Polizei streichen? Was wird das Ergebnis sein? – Kommissare und Oberkommissare werden in Zukunft wieder Post ausfahren. Das ist das Ergebnis Ihrer Politik. Das kann doch nicht vernünftig sein.
Meine Damen und Herren, ich glaube, das Grundproblem, mit dem wir es zu tun haben, ist, dass Sie nicht etwa
zu diesen – jedenfalls nicht zu allen – Sparoperationen gezwungen wurden, sondern dass Sie manche dieser Sparoperationen, gerade im Sozialbereich, aus einer ideologischen Verbohrtheit heraus begangen haben.