Alles andere ist unglaubwürdig. Ich sage Ihnen noch einmal: Man muss sich die Schlüsselbereiche Ihrer Wirtschaftspolitik anschauen, um einfach und klar zu erkennen: Die statistische Auflistung von Herrn Kollegen Boddenberg kann nun einmal nicht über die Realitäten hinwegtäuschen.
Schon mit der „Operation düstere Zukunft“ haben Sie die Wirtschaftsförderung geschwächt. Im Haushalt 2004 wurden unter anderem die Vergütungen an die Investitionsbank Hessen um 1,4 Millionen c gekürzt, und die Forschungs- und Entwicklungsgesellschaft Hessen muss mit einer um 550.000 c geringeren Dienstleistungsvergütung auskommen.
Jetzt wollen Sie die Wirtschaftsförderung von Kopf bis Fuß umstrukturieren – und die Tourismusförderung gleich mit,Herr Minister;das haben wir in der letzten Ausschusssitzung diskutiert.
Herr Minister Rhiel, bis heute aber sind Sie dem Plenum wie dem Ausschuss ein erkennbares und nachvollziehbares Konzept schuldig geblieben.
Herr Minister Rhiel, glauben Sie, die vielen Anfragen und Anträge, die die Oppositionsfraktionen zu diesem Thema seit mehr als einem halben Jahr stellen,sind ein Zufall? Es sollte Ihnen zu denken geben, wenn die Opposition Sie jetzt auf den Gedanken bringen muss, zu diesem Thema eine Anhörung zu veranstalten. Leider wird dieser sinnvolle Vorschlag der Kollegen von der FDP – das Sein bestimmt das Bewusstsein – vor der Sommerpause nicht mehr diskutiert werden.
Herr Minister Rhiel,wegen des miserablen hessischen Arbeitsmarktes brauchen wir die Wirtschaftsförderung jetzt. Was Sie uns stattdessen bieten, sind nicht belastbare Absichtserklärungen. Herr Minister, das werfen wir Ihnen vor.
Auch auf anderen Feldern der Wirtschaftsförderung sind Sie interesselos – man hat den Eindruck: gleichsam unbeteiligt. Täglich können wir der Zeitung entnehmen, dass sich der Stellenabbau bei den Frankfurter Banken fortsetzt. Insofern hat der Kollege Boddenberg an diesem einen Punkt logischerweise Recht gehabt.Ist dies aber einer der entscheidendsten Gründe für die schwierige Situation des hessischen Arbeitsmarktes insgesamt? Das bestreiten wir. Wegen der Krise des Bankenplatzes Frankfurt ist es grotesk, wenn die Landesregierung die Zukunft der öffentlich-rechtlichen Banken weiter in der Schwebe hält.
Seit nunmehr eineinhalb Jahren sind in der Presse Mutmaßungen darüber zu lesen, was die Landesregierung zu diesem Neuordnungsprozess beitragen kann oder will. Jedenfalls bis heute war es Ihnen nicht möglich,
Ihre Vorstellungen zur Veränderung des Sparkassenwesens am richtigen Ort, nämlich hier im Landtag, zu präsentieren.
Letzter Punkt und Satz: Besonders zynisch an dem Sparpaket „düstere Zukunft“ ist, dass Sie im Sozialbereich mehr Arbeitslose geschaffen haben als jede andere Landesregierung vor Ihnen – und dass, besonders pikant, Menschen nun arbeitslos sind, die sich vornehmlich um die Integration von Arbeitslosen gekümmert haben. Meine Damen und Herren, das ist der Zynismus dieser Landesregierung.Deswegen lassen wir uns von Ihnen hier auch überhaupt nicht vorführen.
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Wie alle Monate wieder hat die Opposition mit viel theatralischen Gesten und dem Gefühl der Empörung hier versucht, Kritik an der Landesregierung zu äußern.
(Frank-Peter Kaufmann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Wie alle Monate wieder haben Sie nichts hingekriegt! – Weitere Zurufe von dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD)
Meine sehr verehrten Damen und Herren, wenn man das, was Sie gesagt haben, einmal nüchtern wägt, bleibt an Substanz so gut wie nichts übrig.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU – Frank-Peter Kaufmann BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Sie re- den gerade von der Regierung! – Weitere Zurufe von dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD)
Viel heiße Luft – Herr Kaufmann, Ihre Aufregung zeigt das –, unredlich in der Argumentation, ökonomisch völlig daneben und unseriös.
(Widerspruch bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN und der SPD – Manfred Schaub (SPD): Was ist denn das hier für eine Parlamentsbeschimpfung?)
Meine Damen und Herren, was aber noch schlimmer ist: Sie inszenieren hier etwas, indem Sie die Arbeitslosen instrumentalisieren. Das nenne ich unanständig.
Sie haben es noch nicht einmal geschafft, das eigentliche Problem nüchtern zu analysieren und zu beschreiben,
(Frank-Peter Kaufmann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Wo ist denn Ihr Beitrag? – Zuruf des Abg. Norbert Schmitt (SPD))
Meine sehr verehrten Damen und Herren, wie sollten Sie das auch? Ihre Regierung, Rot-Grün in Berlin, ist die Verursacherin der Probleme, die wir haben. Es sind die falschen Weichenstellungen. Es ist das Desaster in der Steuerpolitik. Es ist die Achterbahnfahrt, die Sie ständig unternehmen, die mangelnde Reformfähigkeit. Kaum haben Sie mit großer Mühe und mit Hilfe der Opposition Hartz IV über den Backen gebracht, da blasen Sie schon das Signal zum Rückzug.Nein,von Ihnen haben wir nichts mehr zu erwarten. Das ist richtig.
In dieser schwierigen Situation der ökonomischen Rahmenbedingungen seitens des Bundes ist es in der Tat beachtlich, wie sich die wirtschaftliche Leistungskraft der hessischen Unternehmen entwickelt hat. Meine sehr verehrten Damen und Herren, Hessen liegt eindeutig vorn, was die Wirtschaftskraft betrifft, mit 63.000 c pro Jahr und Erwerbstätigem,
weit vor den anderen alten Bundesländern,die zusammen bei 52.000 c pro Jahr und Erwerbstätigem liegen.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, wenn wir die Wachstumsraten anschauen und das letzte Jahr nehmen,
dann liegt Hessen bei allen Flächenstaaten, auch den westlichen, einsam an der Spitze – mit plus 1,4 %. Meine Damen und Herren, das ist die wahre Lage.
Das kommt nicht von ungefähr. Diese Landesregierung und ihr Ministerpräsident haben ihren Anteil an diesem Ergebnis, Stichworte: Verkehrsinfrastruktur, Bekenntnis zum Ausbau des Frankfurter Flughafens, Entwicklung der Mobilitätswirtschaft in Nordhessen, Stärkung des Finanzplatzes Frankfurt. Herr von Metzler hat gestern in der „FAZ“ geäußert, dass sich die Lage der Banken deutlich gebessert hat,auch durch diese Rahmenbedingungen.Die Förderung der Zukunftstechnologien, Biotechnologie, Informationsgesellschaft und -technologie, FIZ als Stichwort – dessen hat sich der Ministerpräsident ganz persönlich angenommen.
Dazu kommen die Qualität und die Leistung im Schulbereich, im Hochschulbereich wie in der Wirtschaftsförderung. Meine Damen und Herren, wir werden im Januar die neue Konzeption der Wirtschaftsförderung vorlegen. Sie werden erkennen, dass wir einen neuen Meilenstein setzen.
Dennoch:Diese Debatte ist dadurch geprägt,dass die Opposition an dem Teilaspekt des ökonomischen Spätindikators Arbeitslosigkeit festhängt. Ich sage Ihnen offen, dass Sie mit diesem Weg nicht mehr lange erfolgreich sein können, denn Hessen zeigt steil nach oben, was die Wirtschaftsdaten anbetrifft. Wenn wir Wachstum haben werden, wenn die Wirtschaftskraft in dieser Form weitergehen wird, dann kommen in der Spätphase – das wissen wir alle – in der Folge neue Arbeitsplätze hinzu.
Jetzt nicht. – Ich will dafür zwei Beispiele nennen. Die Zahl der Auftragseingänge in Hessen – das ist ein wichtiger Frühindikator – ist enorm stark gestiegen. Die hessische Industrie hat im ersten Halbjahr eine Steigerung des Umsatzes von sage und schreibe 3,5 % zu verzeichnen. Dass dies vor allem auslandsnachfragebedingt ist, zeigt, wie schwierig die konjunkturelle Lage in der Bundesrepublik Deutschland ist. Deswegen braucht es neue Weichenstellungen in Berlin.
Lassen Sie uns einmal näher auf die Arbeitsmarktdaten schauen. Es ist wahr, wir haben aufgrund des statistischen Basiseffektes eine relativ späte, aber dann hohe Steigerung der Zuwachsraten gehabt, die nichts über die absoluten Zahlen aussagen.Dennoch sind diese Zuwachsraten kontinuierlich gesunken – im letzten September sage und schreibe um 14,9 %,im Januar um 6 %,im März um 3,9 % und im Juni um 2,3 %.Und doch sehen wir ein erstes Licht am Ende dieses Tunnels. Die Wende ist eingeleitet.
Nicht nur, dass wir im Bundesdurchschnitt nach wie vor auf Platz vier liegen und nicht schlechter positioniert sind,
nein, im Monat Juni sind zum ersten Mal saisonbereinigt – das sagt die Statistik nüchtern und deutlich aus – 1.000 Arbeitsplätze hinzugekommen. Die Arbeitslosigkeit ist also zurückgegangen. Noch wichtiger, weil Sie immer auf Frankfurt abheben, sind die Zahlen im Arbeitsamtsbezirk Frankfurt. In Frankfurt haben wir im Juni – diese Zahl müssen wir uns merken, weil sie uns Hoffnung macht – 3,8 % weniger Arbeitslose. Das sind umgerechnet 1.500 Stellen.
Wir haben erstmals einen Zuwachs an offenen Stellen – 350 offene Stellen. Die Kurzarbeit im Arbeitsamtsbezirk Frankfurt ist um sage und schreibe 20 % gesunken. Diese Lichtblicke gelten auch für andere Bereiche. Ich nenne die Arbeitsamtsbezirke Marburg oder Fulda, wo die Zahl der Stellen in diesem Monat um 7,3 % gewachsen ist.
Meine Damen und Herren, hören Sie auf, schwarz zu malen. Hören Sie auf, den Wirtschaftsstandort schlechtzureden.Die Realität ist eine andere.Ich bin sicher,dass Ihnen diese Scheinargumente bald ausgehen werden. – Vielen Dank.
Vielen Dank,Herr Minister Dr.Rhiel.– Es gibt keine weitere Wortmeldung. Damit ist auch diese Aktuelle Stunde abgehalten.