Protokoll der Sitzung vom 26.01.2006

(Frank-Peter Kaufmann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Die nicht ganz unwichtig ist! – Jürgen Walter (SPD): Der Regionalplan wurde auch grundsätzlich für nichtig erklärt!)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, was ist mit dieser Entscheidung? Bisher hat das Regierungspräsidium in Darmstadt als Anhörungsbehörde – ich sage: Das wurde auch von meinem Haus voll gedeckt – die Erwartung gehabt, dass im Rahmen des Planfeststellungsverfahrens kein Anspruch auf Akteneinsicht bestand, vielmehr war immer nur im Ermessen aufgrund entsprechender Anträge zu entscheiden. Diesen Ermessensspielraum, meine sehr verehrten Damen und Herren,und das Umweltrecht, auf das sich dieses Urteil stützt, gibt es seit elf Jahren und ist immer wieder durch höchstrichterliche Rechtsprechung bestätigt worden. Das Bundesverwaltungsgericht hat immer die Auffassung der Anhörungsbehörde, so wie sie sie auch hatte, vertreten. Deswegen ist in der Tat – das muss man sagen – das Urteil des Verwaltungsgerichtshofs Hessen für alle Verfahrensbeteiligten überraschend. So weit, so gut.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, der Regierungspräsident hat auf entsprechende Anträge auf Abbruch oder Aussetzung des Verfahrens – solche Anträge kommen permanent im Verfahren,es sind inzwischen weit über 20 – sowohl am 9. Januar als auch erneut am 19. Januar noch einmal in einer öffentlichen Erklärung begründet, deutlich gemacht, dass überhaupt kein Grund besteht, den Erörterungstermin auszusetzen, geschweige denn abzubrechen, meine Damen und Herren. Die Akteneinsicht diene nur dazu, stellt er fest, bereits vorgetragene Einwendungen zu vertiefen. Eine Behinderung der Erörterung, so der Regierungspräsident, sei mit der Akteneinsicht nicht verbunden. Die Einwender seien nicht gehalten, durchgängig an der Erörterung teilzunehmen. Auch begründe das Verfahrensrecht lediglich einen Anspruch auf Erörterung der eigenen Einwendungen, verschaffe aber kein Recht auf Teilnahme an der Erörterung der Einwendungen anderer Personen. So weit die klare rechtsbezogene Stellungnahme des Regierungspräsidenten, die von uns vollumfänglich geteilt wird, meine sehr verehrten Damen und Herren.

Der Regierungspräsident hat richtig und sofort gehandelt. Er hat zunächst einmal sofort die Akten zur Verfügung gestellt, meine Damen und Herren, die fachbehördliche Stellungnahmen beinhalten. Das sind insgesamt 14 Ordner. Sie stehen an zwei Orten zur Verfügung. Sie sind sogar auf DVD zu erhalten.Seit Anfang letzter Woche hat er alle umweltrelevanten Teile der Verfahrensakten – das sind sage und schreibe 105 Aktenordner – ebenso zur Verfügung gestellt, übrigens auch in elektronischer Form, Stichwort DVD.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, wir müssen in dem Gesamtzusammenhang auch wissen und berücksichtigen, dass die Einwendungen, insbesondere die Einwendungen Privater, auch ein Schutzrecht haben, nämlich den Schutz der Interessen aller Einwendungen, auch unter dem Stichwort Geheimhaltungsunterlagen, die berücksichtigt werden müssen. Deswegen hat der Verwaltungsgerichtshof auch klar und präzise eine sehr differenzierte Entscheidung getroffen. Er hat nämlich darauf hingewiesen,dass alle privaten Einwendungen,sollten sie auch um

weltrelevante Bestandteile haben,nicht zur Verfügung gestellt werden müssen. Das sind von den insgesamt 1.600 Ordnern, die die Verfahrensakte umfasst, allein 1.372 Ordner mit privaten Einwendungen, die nicht zur Verfügung gestellt werden dürfen.

Meine sehr verehrte Damen und Herren, der Regierungspräsident stellt nicht nur die Ordner und die Unterlagen zur Verfügung, sondern er hat auch darauf hingewiesen, wie dies verfahrenstechnisch weitergeht. Alle Einwender haben nämlich im Lauf der jetzigen Erörterung die Möglichkeit, die Einwendungen, die sie einbringen und eine zusätzliche Konkretisierung aufgrund der Einsichtnahme bestimmter anderer umweltrelevanter Stellungnahmen beinhalten, zunächst einmal bis zum vorgesehenen Ende des Erörterungstermins in der Offenbacher Stadthalle am 20. Februar zu konkretisieren. Wir haben dort heute mit dem Tagesordnungspunkt 12 begonnen. Insgesamt sind es 14 Sachtagesordnungspunkte und ein Tagesordnungspunkt „Verschiedenes“.Es ist eh so,dass diese Erörterung verlängert werden muss, weil bei fünf Tagesordnungspunkten nicht alles abgehandelt werden konnte.Dies wird sozusagen revolvierend am Ende des Termins, also ab 20. Februar, noch einmal erörtert.

Dann hat der Regierungspräsident deutlich gemacht, dass alle,die nun Einsicht nehmen und zum Ergebnis kommen, dass dies für ihre bisherigen Stellungnahmen relevant sei, dies bis zum 20. Februar anmelden können, allerdings zu konkretisieren haben, nämlich zu begründen, zu welchen Punkten welche Konkretisierungen aufgrund welcher Umweltinformationen für erforderlich gehalten werden. Dazu gibt es Formulare, um diesen Ablauf zu vereinfachen.

Herr Minister, seien Sie so lieb, und denken Sie an die Redezeit.

Ja. – Ob dann ein zusätzlicher Erörterungsbedarf am Ende des Erörterungstermins besteht und auf welche Weise ein solcher abgearbeitet wird, wird die Verhandlungsleitung entsprechend zu entscheiden haben.

Meine sehr verehrte Damen und Herren,ich bin damit am Ende,

(Frank-Peter Kaufmann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): In der Tat!)

möchte aber zu dem Punkt „Prognose“ noch wenigstens einen Satz sagen. Dieses Thema spielt eine wichtige Rolle im Rahmen des Planfeststellungsverfahrens.

Es ist die Aufgabe der Planfeststellungsbehörde, besonders darauf zu achten, dass die Prognosewerte ausreichend und relevant sind. Wie Sie wissen, ist aufgrund der Information des Regierungspräsidenten an mein Haus ein Brief an Fraport durch das Wirtschaftsministerium bekannt geworden, der genau diese Thematik frühzeitig aufgegriffen hat, um dem Antragsteller jetzt schon Gelegenheit zu geben,diese Fragen zu vertiefen.Allerdings ist dies kein Thema des Erörterungstermins,

(Frank-Peter Kaufmann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Es muss aber erörtert werden, genau das ist das Problem!)

sondern es ist ein Thema, das im Anschluss an den Erörterungstermin in Verfahrensstufen,

(Frank-Peter Kaufmann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Sie können doch nicht ohne eine Grundlage erörtern!)

wie ich Sie zu Beginn aufgezeigt habe,

(Frank-Peter Kaufmann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Genau das ist der nächste Streit!)

an entsprechender Stelle transparent und verantwortlich gehandhabt wird. Verlassen Sie sich darauf: Dieses Verfahren wird von uns in der gewohnt guten Qualität weitergeführt.

(Jürgen Walter (SPD):Das ist eine Drohung! – Heiterkeit bei der SPD)

Uns wird in dieser Frage sicherlich kein Vorwurf gemacht werden können, dass durch Fehler dieses Verfahren verzögert worden ist – ganz im Gegenteil. Ich verweise auf und bin auch dankbar für die hohe Kompetenz der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sowohl des Regierungspräsidiums als auch der Landesregierung, dass dieses hoch komplexe Verfahren bisher so gut durchgeführt worden ist. So werden wir es auch weiterhin handhaben. – Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der CDU)

Herzlichen Dank, Herr Staatsminister Dr. Rhiel. – Es gibt keine weiteren Wortmeldungen. Damit ist die Aktuelle Stunde beendet.

Ich rufe jetzt Tagesordnungspunkt 52:

Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Wirtschaft und Verkehr zu dem Antrag der Fraktion der FDP betreffend Modellprojekt begleitetes Fahren in Hessen: mehr Sicherheit für Fahranfänger – Drucks. 16/5099 zur Drucks. 16/3617 –

gemeinsam mit dem Tagesordnungspunkt 53:

Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Wirtschaft und Verkehr zu dem Dringlichen Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN betreffend Mobilitätsbedürfnis von jungen Menschen sicher, kostengünstig und umweltverträglich gestalten – Drucks. 16/5100 zu Drucks. 16/3780 –

auf. Herr Kollege Posch, Sie haben als erster Redner das Wort.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir haben das Thema „begleitetes Fahren“ im Plenum und im Ausschuss mehrfach behandelt. Wir führen die Diskussion seit einem Jahr. Ich glaube, als die FDPFraktion vor einem Jahr diesen Vorschlag eingebracht hat, hat dieser Vorschlag einige der politischen Mitbewerber in diesem Landtag etwas unvorbereitet getroffen,

(Widerspruch bei der SPD)

denn das Ergebnis war, dass man sehr spontan gesagt hat: „Nein, das kommt nicht in Frage“, getreu dem Motto

(Widerspruch bei der CDU – Mathias Wagner (Taunus) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Das stimmt doch gar nicht!)

ziehen Sie sich doch nicht jeden Schuh an; es gibt auch noch andere Fraktion, verehrter Herr Wagner; ich will nur einmal versuchen darzustellen, welche Situation ich damals wahrgenommen habe –: Wir wollen nicht, dass noch mehr Jugendliche auf der Straße fahren, die bekanntermaßen zu der Gruppe Verkehrsteilnehmer gehören, die am häufigsten in Unfälle verwickelt worden sind.

Ich sage das deswegen, weil ich glaube, dass das damals der vorherrschende Eindruck bei der CDU-Fraktion und auch bei der SPD-Fraktion war. Dieser Eindruck ist nachvollziehbar.Deswegen haben wir sehr viel Verständnis dafür gehabt, dass diese Position bezogen worden ist. Allerdings glaube ich, nach einem Jahr hat sich die Situation gravierend verändert, denn wir haben erfolgreich abgeschlossene Modellversuche.

Der Modellversuch in Niedersachsen war so erfolgreich, dass das begleitete Fahren, Führerschein mit 17, zum 01.06.2005 eingeführt worden ist. Über 10.000 junge Fahrer haben sich inzwischen landesweit angemeldet. 2.490 haben ihre vorläufige Ausnahmegenehmigung – Sie wissen, dass dieser Personenkreis zunächst eine Ausnahmegenehmigung bekommt – an ihrem 18. Geburtstag gegen einen Kartenführerschein getauscht. Bislang wurden lediglich fünf Blechschäden ohne Personenschäden verzeichnet.

Hamburg startete das Modell zum 01.06. vergangenen Jahres, Bremen ebenfalls zum 01.06.2005. Schleswig-Holstein plant die Einführung, das Saarland ebenfalls. Bayern hat damit begonnen, und Rheinland-Pfalz auch. Ich habe an anderer Stelle schon einmal gesagt:Wir sind – wenn Sie so wollen – von vielen Versuchen in anderen Bundesländern umzingelt.

Es wird immer ein Einwand vorgebracht, nämlich der, dass die Ergebnisse aus Niedersachsen noch nicht repräsentativ sind. Das stimmt insoweit, als man langfristig untersuchen muss,wie sich das Fahrverhalten und das entsprechende Unfallaufkommen entwickeln.

Dazu gibt es bereits aus dem Nachbarland Österreich Ergebnisse, wo man Ähnliches gemacht hat. Diese Ergebnisse sind überzeugend. Hier gibt es das begleitete Fahren – wie gesagt – schon länger. Die Zahl der Unfälle mit Todesfolge, die von Achtzehnjährigen verursacht werden, ist um rund 15 % gesunken.Das sind in der Realität rund 120 Menschenleben. Ich glaube, das Missverständnis, dass man zunächst geglaubt hat, es könne nicht angehen, dass Siebzehnjährige ein Fahrzeug führen, wird durch solche Ergebnisse widerlegt. Es geht um einen Vorgang, der darauf ausgerichtet ist, mehr Verkehrssicherheit zu gewährleisten. Diese Beispiele beweisen das meines Erachtens.

(Beifall bei der FDP)

Lassen Sie mich die wesentlichen Gründe nennen, die aus unserer Sicht dazu beitragen, auch in Hessen einen solchen Versuch zu machen. Die verlängerte Lernzeit bedeutet mehr praktische Erfahrung und bessere Einschätzung von Verkehrssituationen. Die Zeit des begleiteten Fahrens ist die sicherste Zeit des Autofahrens überhaupt. Es gibt nachweislich geringere Unfallzahlen. Ich möchte auch einen Aspekt ansprechen, der in der Beratung der Ausschüsse bisher eine Rolle gespielt hat. Es gibt – wenn Sie so wollen – auch einen familien- und sozialpolitischen Aspekt: In einem Alter, in dem sich Jugendliche eher von

Eltern abwenden, bietet dieses Projekt die Möglichkeit, einen ganz neuen Zugang der Eltern zu ihren Kindern und umgekehrt zu bekommen.

(Beifall bei der FDP)

Das ist meines Erachtens ein ganz wichtiger Aspekt. Das heißt natürlich auch, dass man zur Kenntnis nehmen muss, dass dieser Versuch nur dann erfolgreich sein kann, wenn Kinder und Eltern dies gemeinsam wollen. Diejenigen, die eine positive Einstellung haben, können davon profitieren. Wo diese Bereitschaft der Kooperation zwischen Kindern einerseits und Eltern andererseits nicht besteht, ist auch kein Erfolg zu erwarten.

Meine Damen und Herren, wenn wir heute nach einem Jahr beschließen bzw. im Ausschuss bereits so votiert haben, dies prinzipiell zu wollen, dann kann man sagen:Was lange währt, wird endlich gut. – Ich darf mich bei den Fraktionen bedanken,die unserer Vorstellung zustimmen. Ich habe bereits bemerkt: Unser Antrag datiert vom Februar 2005.

Es wäre schon ein Unding, wenn es in allen Ländern stattfinden könnte, aber nicht in Hessen. Dazu ein paar Zahlen. Rheinland-Pfalz hatte vor vier Wochen den Projektstart. Daraufhin gab es bereits 1.800 Anmeldungen. In Bayern sind es nach vier Monaten schon 4.700, die begleitet fahren wollen, und in Niedersachsen seit April 2004 bereits 20.000 Teilnehmer – 40 % weniger Unfälle und 60 % weniger Bußgeldbescheide.

Meine Damen und Herren, wir haben im Ausschuss zunächst nur beschlossen, dass dies gemacht werden soll. Wir haben die Frage der Modalitäten offen gelassen. Wir haben die Landesregierung gebeten, uns einen entsprechenden Vorschlag zu unterbreiten, wobei in dem Beschlussvorschlag steht, dass dies unverzüglich zu geschehen habe. Unverzüglich – das weiß jedermann – heißt: ohne schuldhaftes Zögern. Das heißt, ich habe die inständige Bitte an die Landesregierung, dies nicht ungebührlich zu verzögern, sondern uns so schnell wie möglich entsprechende Vorschläge zu unterbreiten.

Dabei hat zweierlei eine Rolle gespielt. Nachdem der Bundesgesetzgeber dafür die gesetzlichen Grundlagen auf Bundesebene geschaffen hat und somit der Status des Modellversuchs eine bundesrechtliche Legitimation hat, geht es um zwei Kriterien. Erstens. Soll man generell Erwachsene als Begleitpersonen zulassen, oder sollen dies die Erziehungsberechtigten sein? – Hierzu ist die FDPFraktion der Auffassung, dass es die Erziehungsberechtigten sein müssen. Es kann nicht angehen, dass sich ein neues Geschäftsfeld für all diejenigen auftut, die sagen: Wir sind bereit, begleitend zu fahren. – Das macht keinen Sinn.

(Zuruf des Abg. Michael Boddenberg (CDU))

Ich habe gerade auf die familien- und sozialpolitische Komponente hingewiesen. Deswegen sollte das unseres Erachtens ein Kriterium sein. Das zweite, was in der Diskussion auf bundespolitischer Ebene eine Rolle gespielt hat, ist selbstverständlich, dass bei denen, die eine begleitende Funktion wahrnehmen, die 0,0-Promillegrenze Gültigkeit haben soll.

Das sind die wesentlichen Vorstellungen, die wir gemeinsam im Laufe dieses Jahres erörtert und diskutiert haben. Wir wären dankbar, wenn dies so schnell wie möglich umgesetzt werden könnte. Der Führerschein mit 17 gilt überall. Wenn man ihn in Niedersachsen und in RheinlandPfalz erwirbt, dann kann man auch durch Hessen beglei