Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir werden heute voraussichtlich das Parlament gemäß Art. 80 unserer Landesverfassung auflösen und diese Wahlperiode vorzeitig beenden. Dies löst nicht nur den verfassungsrechtlichen Mechanismus aus, dass eine Neuwahl innerhalb von 60 Tagen durchzuführen ist, sondern es führt auch zum Erlöschen der Abgeordnetenmandate. Auch die Fraktionen des Landtags sind damit aufgelöst, da sie aus Mitgliedern des Landtags bestehen, die es nach dessen Auflösung nicht mehr gibt.
Während die Fraktionen durch ein – nennen wir es einmal so – reguläres Ablaufen der Wahlperiode gemäß unserer Verfassung „nahtlos“ fortbestehen, fehlt es an einer ver
gleichbaren Regelung für eine vorzeitige Auflösung. Dies mag zunächst theoretisch klingen; es hat jedoch massive praktische Auswirkungen. Die traurige Folge wäre die unmittelbare Arbeitslosigkeit der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Die Fraktionen, die nicht nur parlamentarisch tätig sind, sind im Rahmen ihrer Teilnahme am Rechtsverkehr zuvörderst auch Arbeitgeber.
Meine Damen und Herren, es ist daher unsere Aufgabe – das ist die übereinstimmende Meinung aller im Hause vertretenen Fraktionen –, unsere eigenen Mitarbeiter zu schützen. Deswegen gibt es den gemeinsamen Gesetzentwurf, der auf den Weg ins Parlament gebracht worden ist.
Das Einfügen der Generalklausel in § 1 Hessisches Fraktionsgesetz stellt sicher, dass alle weiteren Regelungen des Fraktionsgesetzes zum Status der Fraktionen einheitlich an den Zeitpunkt des Beginns der neuen Wahlperiode anknüpfen und somit den Mitarbeiterschutz bewirken. Anders ausgedrückt: Die Änderung des Fraktionsgesetzes beinhaltet eine Übergangsregelung zwischen den Wahlperioden.Bildlich gesprochen ist es eine Brücke zwischen den Wahlperioden. Wie bereits angesprochen, wird die 17. Wahlperiode heute vorzeitig beendet. Die 18. Wahlperiode beginnt aber erst mit dem Tag der Neuwahl im Januar 2009. Rein formal gesehen handelt es sich um eine Übergangsregelung, rein praktisch gesehen hat sie aber den Zweck, die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu schützen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, wie Sie wissen, ist diese Gesetzesfiktion somit nicht nur legitim, sondern auch legal. Sie ist genau so angelegt, dass sie eine Analogie zum bestehenden Abgeordnetengesetz in § 24 Abs. 2 bildet. Demnach ist es Sinn dieses Gesetzes, dass die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aller fünf Fraktionen den gleichen Schutz erfahren wie die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Abgeordneten.Das Abgeordnetengesetz enthält diesen logischen Schutzmechanismus. Im Fraktionsgesetz klaffte bislang eine Lücke.
Meine Damen und Herren, ich denke, es ist unser aller Ziel, diese Lücke gemeinsam zu schließen und die erforderliche Brücke zu bauen. Das ist im Sinne des Mitarbeiterinnen- und Mitarbeiterschutzes höchst notwendig.
Ich bedanke mich, dass alle Fraktionen im Vorfeld den Gesetzentwurf unterschrieben haben. Ich darf Sie alle um Ihre Zustimmung bitten.
Vielen Dank, Herr Präsident. – Herr Abg. Wintermeyer hat sich zur Geschäftsordnung zu Wort gemeldet.
Herr Präsident, im Namen aller Fraktionen beantragen wir, den Gesetzentwurf nach der ersten Lesung anzunehmen und ohne Ausschussüberweisung gleich in die zweite Lesung einzutreten.
Wir stimmen zuerst in erster Lesung über den Gesetzentwurf ab.Wer dem Gesetzentwurf zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Gibt es Gegenstimmen?
Wir müssen jetzt nach § 14 Abs. 3 der Geschäftsordnung darüber abstimmen, ob wir direkt in die zweite Lesung eintreten. Dafür ist eine Zweidrittelmehrheit erforderlich. Wer stimmt diesem Verfahren zu? – Gibt es Gegenstimmen? – Gibt es Enthaltungen? – Dann ist einstimmig beschlossen, unverzüglich in die zweite Lesung einzutreten.
Wer möchte diesem Gesetzentwurf in der zweiten Lesung zustimmen? – Gibt es Gegenstimmen? – Enthaltungen? – Somit ist der Gesetzentwurf einstimmig angenommen und zum Gesetz erhoben. Ich danke Ihnen.
Erste Lesung des Dringlichen Gesetzentwurfs der Fraktionen der CDU, der SPD, der FDP, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und DIE LINKE für ein Gesetz zur Übernahme von Garantien und Bürgschaften zur Stabilisierung von Unternehmen (Unternehmensstabilisierungsge- setz) – Drucks. 17/776 –
Dringlicher Antrag der Fraktion der FDP betreffend Arbeitsplätze in Hessen sichern – Steuergelder nicht verschleudern – Drucks. 17/775 –
Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich darf namens aller Fraktionen dieses Hauses den Gesetzentwurf aller Fraktionen zur Übernahme von Garantien und Bürgschaften zur Stabilisierung von Unternehmen, kurz Unternehmensstabilisierungsgesetz, einbringen. Wir haben verabredet, dass anschließend in der Reihenfolge der Fraktionen Redezeit gewährt wird. Ich werde in diesem Zusammenhang eine Begründung zur Sache abgeben.
Ich will zur Einbringung der Initiative kurz erläutern,dass dieser Gesetzentwurf notwendig geworden ist, weil durch die Zuspitzung der wirtschaftlichen Situation der Rahmen für Bürgschaften erhöht werden muss. Außerdem muss die Handlungsfähigkeit der Landesregierung in dem Zeitraum, bis der neue Landtag zusammentritt, vor allem bis ein neuer Haushalt verabschiedet worden ist, gewährleistet sein. Gleichzeitig erlaubt es die vorläufige Haushaltsführung nicht, ab dem 1. Januar 2009 einfach Bürgschaften zu erteilen. Wir alle in diesem Hause waren uns einig, dass in dieser Phase Handlungsfähigkeit gegeben sein muss. Ich bitte deswegen alle Fraktionen um Zustimmung zu diesem Gesetzentwurf.
Verabredungsgemäß werden jetzt die Fraktionen nach ihrer Stärke das Wort ergreifen. Herr Kollege Milde, Sie haben das Wort für die CDU-Fraktion. Es ist eine Redezeit von zehn Minuten verabredet.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Wir haben es in der Tat mit einer Sondersituation zu tun. Ich denke, uns allen muss daran gelegen sein, dass wir dieses auch in der Öffentlichkeit deutlich machen.
Ich möchte eingangs Folgendes sagen. Ich bin schon verwundert, dass die Fraktion DIE LINKE heute einen Änderungsantrag eingebracht hat, obwohl die Fraktionsvorsitzenden und die finanzpolitischen Sprecher am Freitag, am Montagvormittag und am Montagnachmittag zusammensaßen und sich darauf verständigt haben, diesen Gesetzentwurf gemeinsam einzubringen. Die LINKE hat damit die Absprachen durcheinandergebracht und zeigt noch einmal, dass bei ihr offensichtlich keine Verlässlichkeit gegeben ist. Es wäre in dieser Situation aber angebracht gewesen,Verlässlichkeit zu beweisen.
Ich sage an dieser Stelle gerne auch etwas zum FDP-Antrag. – Wir haben uns am Montagmorgen und am Montagnachmittag unter den finanzpolitischen Sprechern auch über die Bedingungen unterhalten, unter denen eine Garantie oder eine Bürgschaft gegeben werden kann.Wir haben eigentlich alle Punkte, die in dem FDP-Antrag enthalten sind, gemeinsam formuliert. Daran waren alle Fraktionen und die Landesregierung beteiligt.
Wir waren uns einig, dass im Anschluss daran keine einzelne Fraktion mit einem Antrag vorpreschen und die Bedingungen, die wir gemeinsam formuliert hatten, als die ihrigen in einen Antrag gießen und hier einbringen würde. Das muss man an der Stelle sagen, weil es zur Fairness gehört hätte, nicht in einer Pressemitteilung öffentlich darum zu werben, dass die anderen Fraktionen dem zustimmen mögen, was wir morgens gemeinsam beschlossen hatten.
Ausschließlich aus diesem Grund haben wir den FDP-Antrag nicht mit unterschrieben. In der Sache selbst sind wir uns aber einig.
Ich möchte zur aktuellen Situation darstellen, warum wir eine Sondersituation haben. Wir haben es in der Wirtschaft im dritten Quartal dieses Jahres erstmals mit einem Rückgang des tatsächlichen Bruttoinlandsprodukts um 0,5 % zu tun.Das zeigt,dass die weltweite Finanzkrise,die auch Deutschland ergriffen hat, zunehmend auch andere Bereiche der Wirtschaft tangiert und bei bestimmten Branchen in Form verschärfter Anforderungen an die Finanzierung durchschlägt.
In den letzten Wochen haben wir erfahren, dass diese Wirkung in der Automobilindustrie in den USA aus nachvoll
ziehbaren Gründen besonders groß ist. Das erste wichtige Argument dabei ist natürlich, dass sich die Automobilkreditbanken nicht mehr in dem Umfang refinanzieren können, wie sie das bisher konnten. Dementsprechend können sie auch keine günstigen Kredite an die Kunden vergeben.
Daran können Sie also erkennen, dass wir nicht einzelne große Unternehmen retten wollen, sondern dass es uns am Ende wirklich darum geht, den Bürgern zu helfen.Wir wollen den kleinen und mittleren Betrieben in Deutschland und speziell in Hessen helfen.
Vielleicht sollte ich an dieser Stelle ganz klar erklären, dass der bisherige Bürgschaftsrahmen von 300 Millionen c, den wir in Hessen mit dem Haushalt beschlossen haben, auch immer in vollem Umfang durch die Landesregierung genutzt wurde. Die Bürgschaften wurden ausschließlich kleinen und mittleren, also mittelständischen, Betrieben zur Verfügung gestellt. Über die Bürgschaftsbank Hessen sind im Moment,also aktuell,über 500 Millionen c an Bürgschaften an kleine und mittlere Unternehmen in Hessen ausgelegt.
Damit man einmal sieht, unter welchen Bedingungen das stattfindet, will ich Folgendes sagen: Bei den 550 Millionen c, die aktuell an Bürgschaften ausgelegt sind, kam es – das ist Stand 31. Oktober 2008 – zu 2,2 Millionen c Ausfälle. Das heißt, in unter 1 % der Bürgschaften kommt es tatsächlich zum Ausfall.
Natürlich ist es so – machen wir uns doch nichts vor, natürlich reden wir heute auch ein Stück weit über Opel –, dass das, was die kleinen und mittleren Betriebe an Bedingungen vorfinden, dann auch für die großen Unternehmen gilt. Das muss dann auch für die großen Unternehmen gelten dürfen.
Logischerweise hängen an einem großen Betrieb viele kleine Zuliefererbetriebe, die von diesem abhängig sind. Allein dafür würde der Bürgschaftsrahmen, den wir bisher hatten und der in diesem Jahr noch nicht voll,aber fast ausgeschöpft ist, nicht mehr ausreichen. Er würde schon gar nicht mehr ausreichen, wenn es zu einer Bürgschaft in großem Umfang für ein großes deutsches Unternehmen kommen wird.
Ich halte es auch für selbstverständlich,dass sich das Land Hessen im Interesse der Arbeitsplätze, die es in Hessen gibt, an einer Gesamtbürgschaft beteiligt, die der Bund auszustellen hat. Sie wissen es: Bei solchen großen Bürgschaften gibt es üblicherweise einen Anteil, den der Bund trägt. Das sind 60 %. – Wenn wir über eine Bürgschaft in Höhe von 1 Milliarde c reden, bliebe dann noch ein Betrag von 400 Millionen c übrig. Das muss dann auf die Bundesländer aufgeteilt werden,in denen Opel Standorte hat.Wenn man das auf die Verteilung der Arbeitsplätze in den Ländern herunterbricht, ist Hessen mit einem Betrag von rund 200 Millionen c beteiligt. Das kann etwas mehr oder etwas weniger sein.