Protokoll der Sitzung vom 15.05.2008

Mit unserem Antrag wird die Landesregierung an ihre Pflicht erinnert, regelgerechte Haushaltsberatungen sicherzustellen. Deshalb bitten wir das Haus, dem zuzustimmen.

Wir wollen unsererseits auch dem SPD-Antrag zustimmen, der ja im Prinzip das Gleiche fordert und zusätzlich noch – da sind die SPD-Kollegen klüger – eine Selbstverständlichkeit formuliert, nämlich keine globalen Aussagen im Haushaltsentwurf zu treffen, wenn dieser auf einer soliden Basis stehen soll. Wir werden erleben, wie es kommt.

Den Antrag von CDU und FDP habe ich bereits charakterisiert. Die dort angestimmte Melodie der Haushaltskonsolidierung wäre deutlich harmonischer, wenn sie glaubwürdig sein könnte und nicht von den hessischen Rekordschuldenmachern intoniert würde. Meine Damen und Herren, es soll nur verdeckt werden, dass die Haushaltswirtschaft alles andere als in Ordnung ist, und die herbeigesehnte – von mir deutlich beschriebene – Wahlauseinandersetzung vorbereiten. Für dieses leicht zu durchschauende Manöver bekommen Sie unsere Stimmen jedenfalls nicht. – Vielen Dank.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN,der SPD und der LINKEN)

Vielen Dank, Herr Kaufmann.

Ich begrüße auf der Besuchertribüne den Generalkonsul, der Republik Kasachstan Herrn Atamkulov. Herzlich willkommen.Wir freuen uns,dass Sie Interesse an unseren Beratungen haben.

(Allgemeiner Beifall)

Wir fahren in der Reihenfolge der Redner fort. Nächster Redner ist Herr Kollege Milde für die CDU-Fraktion.

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Kollege Kaufmann, ich muss sagen, ein wenig enttäuscht von der Art und Weise, wie Sie heute geredet haben, bin ich schon. Ich bin nicht enttäuscht über den Inhalt, da verharren Sie in altem Denken. Ich bin enttäuscht über den Stil. Trotz des Versuchs, humorvoll zu sein, was ich grundsätzlich immer unterstütze, muss man bei einem solchen Thema doch ein bisschen ernsthaft bleiben. Begriffe wie „dummes Geschwätz“ gehören da nicht hin.

(Beifall bei der CDU und der FDP – Zuruf des Abg. Mathias Wagner (Taunus) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))

Wenn es auch richtig ist, dass wir in einer anderen Form miteinander umgehen, als es in den letzten Jahren war, dann nutzt Ihre Form der Vergangenheitsbewältigung grundsätzlich gar nichts, und schon gar nicht den hessischen Bürgerinnen und Bürgern, die ein Anrecht darauf haben, dass wir vernünftig miteinander umgehen.

(Beifall bei der CDU)

Ich gehe zunächst auf die Anträge, die Sie gestellt haben, sowohl als GRÜNE als auch als SPD, ein.

Im SPD-Antrag haben Sie im ersten Teil gefordert, so wie die GRÜNEN auch, den Haushalt früher vorzulegen.

(Reinhard Kahl (SPD): Rechtzeitig! – Norbert Schmitt (SPD): Gesetzmäßig!)

Früher vorzulegen, als der Minister in der Pressekonferenz angekündigt hat. Können wir uns darauf verständigen?

Die GRÜNEN haben, das enttäuscht mich auch ein bisschen, in vier Punkten auf einer ganzen Seite nichts anderes geschrieben als: Bitte legt den Haushalt im September und nicht im Dezember vor. – Sonst steht überhaupt nichts drin. Inhaltlich ist das schwach gewesen, es ist überhaupt keine Begründung dabei.

Einen Punkt haben Sie herausgegriffen. Den will ich im Interesse der vielen Vereine und Empfänger freiwilliger Leistungen deutlich machen. Herr Kaufmann, Sie wissen ganz genau, Sie sind ein Haushaltsexperte durch und durch

(Jörg-Uwe Hahn (FDP): Na ja!)

die einen sagen so, ich sage es so; ich sage: Herr Kaufmann ist ein Haushaltsexperte durch und durch –, dass in Bremen die rot-grüne Koalition

(Zuruf der Abg. Hildegard Pfaff (SPD))

erst im Mai 2006 den Haushalt vorgelegt und in Begründungen ausdrücklich darauf hingewiesen hat, dass kein einziger Verein und kein einziger Empfänger freiwilliger Leistungen auch nur einen Cent weniger bekommt. Klar ist doch, alles, was im Haushalt 2008 verabschiedet worden ist, alle, die bisher schon Leistungen bekommen haben, werden auch in Zukunft ihr Geld bekommen, und zwar unabhängig davon, ob der Haushalt im Januar, im Februar oder im März verabschiedet wird. Das wissen Sie ganz genau. Ich rede nicht von neuen Dingen, dafür brauchen wir einen neuen Beschluss. Sie versuchen hier, Unsicherheiten und Ängste zu streuen. Das ist eine Sauerei gegenüber denjenigen, die das Geld bekommen. Sie können sich darauf verlassen, dass sie das Geld bekommen.

(Beifall bei der CDU und der FDP – Zuruf der Abg. Hildegard Pfaff (SPD))

Dann auch noch das Spielchen mit der Taktik. Wenn ich die Wahl hätte,im Januar,im Februar oder im Juni zu wählen, sage ich mir aus der Erfahrung der letzten Jahre: Ein Wahlkampf im Sommer ist schöner als im Winter. Aber ich glaube, das ist gar nicht das Thema hier.

Ich frage Sie einmal zurück:Was haben Sie eigentlich vor? Welche wahltaktischen Überlegungen haben Sie angestellt? Wo ist Ihr Ziel dabei? Worauf wollen Sie eigentlich hinaus? Ein Landtag kann nur mit Mehrheit aufgelöst werden. Herr Kollege Wagner, Sie haben es mit der Ge

schäftsordnung erklärt, ich denke, es wissen jetzt alle. Ohne Mehrheit kann der Ministerpräsident mit allen taktischen Vorwürfen, die Sie ihm unterstellen, keinen Landtag auflösen. Sagen Sie doch einmal klipp und klar: Was wollen Sie eigentlich, wenn Sie uns unterstellen, wir würden mit der Vorlage des Haushalts dafür sorgen, dass erst im Juni gewählt werden könnte? Wollen Sie Neuwahlen, dann sagen Sie es den Menschen draußen ganz deutlich.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Sie wissen genau, dass wir in dem Aufstellungsverfahren zum Haushalt 2009 im Februar und März dieses Jahres im Finanzministerium und in den einzelnen Ressorts keine Chance hatten, eine Haushaltsaufstellung durchzuführen, ohne dass man gegen das Wahlergebnis verstoßen und so getan hätte, als hätte es die Wahl am 27. Januar nicht gegeben.

(Dr. Ulrich Wilken (DIE LINKE): Das ist doch Quatsch!)

Deswegen war es richtig, dass man wartet, gerade auch unter Berücksichtigung der Parlamentarier, die neu im Landtag sind. Es war sinnvoll, bis zum 5.April zu warten, um zu sehen, welche Mehrheitskonstellation zustande kommt. Das war bis zum 5. April ausdrücklich nicht klar. Dabei haben wir drei Monate verloren.

(Norbert Schmitt (SPD): Das war 2003 auch so!)

Der Ministerpräsident, der Finanzminister und die anderen Mitglieder der Landesregierung haben den Fraktionen ausdrücklich angeboten, dass es vor der Veröffentlichung des Haushalts hinreichende Gespräche über die politische Gestaltung geben wird.

Ich habe neulich bei der Pressekonferenz noch einmal deutlich gemacht, dass die Dinge, über die ein Konsens erzielt werden kann, selbstverständlich schon mit in den Haushaltsplanentwurf aufgenommen werden sollten. Dazu sind Gespräche notwendig.

Deswegen sage ich Ihnen: Es geht rein faktisch nicht anders, als dass der Haushalt frühestens im November oder im Dezember vorgelegt wird. Ich halte das Datum Ende November/Anfang Dezember sogar für ambitioniert, wenn all das umgesetzt wird, was hier gesagt wurde.Aber wenn der Ministerpräsident sagt, im Dezember kommt der Haushalt, dann wird er im Dezember kommen. Es ist aber ein ambitioniertes Datum, diesen Haushalt im Dezember einzubringen.

Ich bin auch ein bisschen darüber enttäuscht, wie Sie mit den Spielregeln bei diesen Mehrheitsverhältnissen umgehen und Ihre Frage darauf reduzieren, wann der Haushalt eingebracht wird. Sie reduzieren es einfach auf die bloße Terminstellung, wann der Haushalt eingebracht wird, und reden nicht darüber, wie wir damit umgehen wollen.

(Norbert Schmitt (SPD): Es geht um die Gesetzeslage!)

Eines ist doch klar:Wir müssen als Parlamentarier in diesem Haus zunächst einmal festlegen, wie viel Geld wir ausgeben wollen. Das ist die Stufe 1, die allerwichtigste bei dem Thema Haushalt.

(Beifall bei der CDU)

Dann muss das Wie und Was festgelegt werden. Das sind die Spielregeln, die wir gemeinsam vereinbaren müssen.

(Zuruf der Abg. Hildegard Pfaff (SPD))

Ich werde Ihnen gleich aus den Stellungnahmen der Professoren, die sich zum Art. 142 Hessische Verfassung geäußert haben, zitieren und damit erklären, warum das so sein muss.

Dann kommt erst die zweite Frage, wofür wir das Geld ausgeben. Jede Fraktion kann, wenn wir uns entschieden haben, sagen:Wir wollen das Geld aber für dies und nicht für das. – Das ist Sache des Parlaments, dafür werden sich Mehrheiten ergeben.

Prof. Korioth von der Universität München sagt:

Die Ratio des Art. 142 Hessische Verfassung und Parallelvorschriften enthalten Deckungsjunktims. Das liegt darin, das ausgabefreudige Parlament vor den fiskalischen Folgen seiner Gesetzgebung zu warnen und davon abzuhalten, Leistungsverpflichtungen im Außenverhältnis einzugehen, die im Staatshaushalt nicht untersetzt sind.

Genau darum geht es. Art. 142 Hessische Verfassung warnt ausdrücklich das Parlament davor,Versprechungen einzugehen, die eine Regierung nicht eingehen kann, weil das Geld dafür nicht vorgegeben ist. Es ermächtigt ausdrücklich das Parlament, wenn es diese Haushaltsbeschlüsse tätigt, Geld auszugeben.

Dafür brauchen wir diese Spielregeln, die nichts anderes sind, als zu sagen: Wie viel neue Schulden sind wir bereit zu machen? Wie gehen wir mit Haushaltsanträgen um, die Geld kosten? Wo nehmen wir dieses Geld her?

(Norbert Schmitt (SPD): Fünf Jahre haben Sie das Gegenteil praktiziert!)

Ich kann das auch noch durch die Stellungnahme von Prof. Kube unterstützen:

Die Anforderung, dass ein ausgabenbegründender oder -erhöhender Landtagsbeschluss „bestimmen“ muss, wie die Ausgaben gedeckt werden, weist auf ein Befassungs- und zugleich Bestimmtheitserfordernis hin...

Deswegen ist doch eindeutig, dass wir in dem Antrag, den wir gestellt haben, nicht schon festlegen, wie wir mit dem Geld umgehen, sondern wir müssen Spielregeln festlegen, wie es passieren soll. Nachhaltigkeit muss ein Grundkonsens in diesem Parlament sein.

(Beifall bei der CDU – Reinhard Kahl (SPD): Ach du liebe Zeit! – Zuruf der Abg. Petra Fuhrmann (SPD))