Meine Damen und Herren, da 117 Abgeordnete des Hessischen Landtags anwesend sind, stelle ich gemäß Art. 87 der Verfassung des Landes Hessen die Beschlussfähigkeit fest und erkläre den Landtag für konstituiert.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir nehmen heute im Auftrag der Bürgerinnen und Bürger unseres Heimatlandes Hessen zum 18. Mal nach 1945 die parlamentarische Arbeit auf.
Die Legislaturperiode dauert fünf Jahre.Am 5.April 2008 habe ich an dieser Stelle den Zusatz formuliert: in der Regel. – Dies kann ich heute weglassen.
Bedingt durch die besonderen hessischen Verhältnisse des Jahres 2008 stehe ich nach genau zehn Monaten erneut vor Ihnen, um die 18. Legislaturperiode des Hessischen Landtags zu eröffnen. Vielen von Ihnen habe ich am 5. April 2008 ein Herz in Ihrer Parteifarbe geschenkt. Sie mögen selbst beurteilen, ob wir in der 17. Legislaturperiode des Hessischen Landtags dem dort formulierten Anspruch, Politik mit Herz und Verstand zu machen, gerecht geworden sind.
Meine Damen und Herren, in dieser Zeit hat sich das Parlament an die neuen Arbeitsbedingungen und die räumlichen Möglichkeiten des Landtags gewöhnt. Ich denke, das ist im Großen und Ganzen alles gut gelungen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, meine Damen und Herren, das Ergebnis der Landtagswahl vom 18. Januar dieses Jahres hat nicht jede der hier im Parlament vertretenen Parteien befriedigt. Es ist nicht meine Aufgabe, dies näher zu kommentieren. Es gibt aber begründeten Anlass, darauf zu hoffen, dass wir für die nächsten Jahre stabile Verhältnisse behalten werden.
Daraus werden sich – dies ist in der parlamentarischen Demokratie so gewollt – Auseinandersetzungen entwickeln. Es wird um die besseren Konzepte und Lösungsansätze für unser Land Hessen gerungen werden. Ich wünsche uns dabei eine Streitkultur, die eher zu einer Werbeveranstaltung für unsere Demokratie wird, als dass sich unsere Gäste auf der Tribüne oder die Fernsehzuschauer mit Grausen abwenden. Unsere Sitzungen sind öffentlich. Was sich hier abspielt, gesehen und gehört wird, wird kommuniziert. Dies muss allen Akteuren klar und bewusst sein. Dazu gehört aus meiner Sicht auch, dass mit dem Handy telefonierende, in ausgebreiteten Zeitungen lesende und am Laptop arbeitende Abgeordnete in den Augen der Öffentlichkeit keine besonderen Sympathieträger unserer Arbeit im Hessischen Landtag sind. – Es kann an dieser Stelle ruhig geklatscht werden.
Vielleicht kann man sich hier Selbstbeschränkungen auferlegen. Ich bitte die Fraktionen, ernsthaft darüber nachzudenken.
Meine Damen und Herren, die Wahlbeteiligung, die wir bei der letzten Wahl erreichten, muss uns alle zum Nachdenken zwingen, wie wir wieder mehr Menschen erreichen und an der politischen Willensbildung beteiligen können.Wenn nur noch 7 % der Bundesbürger eine positive Meinung von Politikern haben, ist dies mehr als alarmierend. Wir sollten uns gemeinsam bemühen, das Anse
Meine Damen und Herren, jetzt gilt es, den durch die Wählerinnen und Wähler erteilten Auftrag zu erfüllen. Wir wollen uns nichts vormachen: Unser politisches Handeln geschieht vor dem Hintergrund aktueller Ereignisse, die unseren Handlungsrahmen bestimmen. Eine globale Krise der Finanz- und Wirtschaftspolitik, wie sie noch nie da gewesen ist, hat uns in den Bann gezogen.
Wir wissen nicht, was uns in diesem Zusammenhang noch in diesem Jahr alles blüht und erwartet. Jeden Tag erfahren wir von neuen Auswirkungen, und es ist noch nicht erkennbar, welche Leichen noch aus den Kellern transportiert werden.Aus meiner Sicht haben die Politiker bis zur Stunde – meist in großer Übereinstimmung – Maßnahmen getroffen, die die Krise abfedern sollen.
Meine Damen und Herren, die mit der Gesundheitsreform verbundenen Themen und Maßnahmen bedeuten für viele Menschen in unserem Land ein kaum zu durchschauendes Bedrohungspotenzial. Nach wie vor fehlt vielen Menschen die Transparenz, und sie haben große Bedenken, ob sie im Ernstfall noch gut versorgt werden können.
Ein anderes Feld: Die Umwelt- und Energiepolitik muss nicht nur in Berlin, sondern auch im Hessischen Landtag eine herausragende Rolle spielen. Unsere Bürgerinnen und Bürger brauchen Versorgungssicherheit, bezahlbare Energiekosten und lebenswerte Lebensbedingungen.
Wir sollten mutig und mit Optimismus an Lösungsmöglichkeiten herangehen. Ich bin ziemlich sicher, dass wir eine gute Chance haben, diese Probleme zu bewältigen.
Als ich am 5.April 2008 vor dem Landtag die Eröffnungsrede zur 17. Wahlperiode gehalten habe, war mir das Thema Integration unserer ausländischen Mitbürger, der Deutschen mit Migrationshintergrund und der Aussiedler eine besondere Herzensangelegenheit. Ich freue mich sehr, dass die Studie zur Integration von Ausländern des Berlin-Instituts für Bevölkerung und Entwicklung unserem Bundesland sehr gute Noten und den Spitzenplatz in Deutschland bei den Bemühungen um die Integration eingebracht hat.
Als die mit Abstand am schlechtesten integrierte Gruppe weist die Studie Menschen mit türkischen Wurzeln aus. Hier müssen wir uns verstärkt bemühen und vor allem diejenigen fördern, die von ihrem Elternhaus wenig Hilfe zu erwarten haben. Die Bemühungen in dieser Frage dürfen nicht nachlassen. Die vom Vorsitzenden des Landesausländerbeirats angemahnten Aktivitäten bei der frühkindlichen Bildung und beim Zugang zum Arbeitsmarkt für Zuwanderer müssen ernst genommen und weiter in praktisches Handeln umgesetzt werden.
Der Vorsitzende, Di Benedetto, bewertet die Aktivitäten unseres Bundeslands Hessen positiv. Dies ist eine gute Nachricht.
Meine Damen und Herren, vor zehn Monaten habe ich betont, dass Hessen nicht nur eine zentrale Lage in Deutschland, sondern auch in Europa hat. Dies bedeutet, dass Hessen traditionell internationale Kontakte pflegt, ob nun durch die in Hessen ansässigen Unternehmen, durch Kultureinrichtungen, durch Hochschulen oder durch die Mitbürger aus über 190 Staaten, die in Hessen leben, arbeiten und studieren. Hierzu leisten auch die zahlreichen Landes- und Städtepartnerschaften sowie Vereine und Nichtregierungsorganisationen einen wichtigen Beitrag. Dies ist ausdrücklich zu loben.
Wir im Landtag sollten diese internationale Zusammenarbeit positiv begleiten und dazu beitragen, dass Hessen seinen Platz in Europa und in der Weltgemeinschaft weiter ausbaut. Die Eröffnung der deutsch-vietnamesischen Universität am 10. September 2008 zeigte exemplarisch, wie leistungsstark die hessische Außenwissenschaftspolitik ist und dass sie im bundesdeutschen und internationalen Vergleich bestehen kann.
Meine Damen und Herren, wenn wir heute unsere Arbeit beginnen, können auch wir uns nicht von den Zwängen der aktuellen politischen Weltlage frei machen und einfach zur Tagesordnung übergehen. Die von mir geäußerte Hoffnung, dass sich durch die Austragung der Olympischen Spiele in Peking die repressive Tibetpolitik der chinesischen Führung ändern könnte,hat sich nicht bestätigt. Angekündigte Gespräche sind entweder nicht geführt worden oder ohne Ergebnis geblieben. Ein direkter Kontakt mit dem Dalai Lama wird weiter abgelehnt.
Dass in diesem Zusammenhang die sogenannte technische Hilfe in Höhe von 27 Millionen c, die über das Ministerium für Entwicklungshilfe nach China fließt, noch angemessen ist, wage ich zu bezweifeln. Mir fallen viele sinnvollere Verwendungsmöglichkeiten in der Welt ein. China hat große Währungsreserven angespart und sollte diese zur Lösung seiner Probleme nutzen. Wer die Menschenrechte und die Freiheit täglich mit Füßen tritt, soll nicht belohnt werden.
Gerade in schwierigen Zeiten sollten wir unsere Freunde in Israel und Palästina nicht vergessen und unseren – wenn auch noch so bescheidenen – Beitrag zur Friedensfindung leisten.Wir sind nach wie vor das einzige Bundesland – darauf bin ich ein bisschen stolz –, das auch in diesen schwierigen Zeiten sein Büro in Gaza offenhält und humanitäre Hilfe leistet. Der umsichtigen Arbeit dieses Büros und den guten Kontakten zu beiden Seiten ist es zu verdanken, dass während der aktuellen Auseinandersetzungen im Gazastreifen die von Hessen geförderten Schulprojekte nicht zerstört wurden und wir mit unserer Arbeit Kindern und Jugendlichen eine Perspektive jenseits von Isolation und Gewalt geben. Wir sollten das weiterhin machen und jetzt intensivieren.
Meine Damen und Herren, die Hamas ist eine verbrecherische Organisation und muss von innen wie von außen bekämpft werden.Wie die Hamas ihre eigenen Mitbürger behandelt, war vor wenigen Tagen im deutschen Fernse
hen zu sehen.Die Anhänger des Palästinenserpräsidenten Abbas werden verprügelt und eingesperrt. Brutal und menschenverachtend wird hier vorgegangen.
Der Beschuss israelischer Dörfer und Städte ist nicht hinnehmbar. Ob aber der Einsatz der israelischen Armee in jedem Fall dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit der Mittel entsprochen hat,ist für mich zumindest zweifelhaft. Hier hat der amerikanische Präsident eine große Aufgabe und ist gefordert, durch eine offensive Politik neue Dynamik in die Friedenbemühungen zu bringen.
Die Hoffnungen der Amerikaner und überhaupt der ganzen Welt, die mit der Person Barack Obamas verbunden sind, sind gewaltig.
Die ersten Maßnahmen, die er auf den Weg gebracht hat, geben Hoffnung.Seine Kritik an den Bankern aus der Wall Street, die die Finanzmärkte quasi gegen den Baum gefahren und sich dann Boni in Höhe von 18,3 Milliarden $ gewährt haben, war an Deutlichkeit nicht zu überbieten. Das Konjunkturprogramm, die neue Irakpolitik, die neue Energiepolitik und erste Handlungen zum Schließen des Lagers in Guantánamo sind erste Anzeichen dafür,dass er nicht nur redet, sondern auch kraftvoll handelt.
Dass die Bundesrepublik Deutschland Häftlinge aus dem Lager Guantánamo aufnehmen soll, kann ich nicht nachvollziehen. Die Vereinigten Staaten von Amerika sind fähig, dieses Thema alleine zu bewältigen.
Die Reden der Alterspräsidenten waren immer von dem Gedanken geprägt, aufzuzeigen, wie wir unsere Arbeit besser vermitteln und näher an die Bürgerinnen und Bürger heranbringen können.Das neue Landtagsgebäude hat bis heute Besucherströme von Interessierten aller Schichten unserer Bevölkerung erfahren. Insbesondere haben uns viele Schulklassen besucht, um die politische Arbeit kennenzulernen und um mit Abgeordneten zu diskutieren. An Plenartagen war die Zuschauertribüne seit dem 5.April 2008 immer ausgebucht.
Meine Damen und Herren, die Wählerinnen und Wähler haben uns, den 118 Abgeordneten – es hat also erstmals Überhang- und Ausgleichsmandate gegeben –, den Auftrag erteilt, den besten Weg für unser Land in fairem demokratischen Wettbewerb zu suchen. Sie wünschen sich, dass sich die Auseinandersetzung an der Sache orientiert. Sie wünschen sich Lösungen in ihrem Sinne, weniger lautstarkes Auftreten und weniger Austausch von Plattheiten. Sie wünschen sich, dass es vorangeht und niemand zurückgelassen wird. Wir alle zusammen stehen in den nächsten fünf Jahren auf dem Prüfstand. Wir sollten alles in unserer Kraft Stehende tun, um diese Prüfung zu bestehen.Wir sollten das tun, was man von uns erwartet. Ich wünsche uns Schaffenskraft und Freude bei der Arbeit, die vor uns liegt.