Protokoll der Sitzung vom 10.05.2012

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Das Wort hat Frau Abg. Hammann für die Fraktion der GRÜNEN.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Lieber Herr Kollege Stephan, ich finde es falsch, wenn Sie den Vorwurf erheben, hier würde ständig ein Gesetz vorgelegt werden. Sie wissen, dass die Opposition sehr gut gearbeitet hat. Ich hätte eigentlich erwartet, dass endlich einmal von Ihrer Seite ein Gesetz vorgelegt wird.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, der SPD und der LINKEN)

Ja, es geht uns zu langsam. Es ist auch folgerichtig, dass vonseiten der Opposition immer wieder darauf aufmerksam gemacht wird, dass wir eine Energiewende in Hessen brauchen, dass wir vernünftige Regularien brauchen. Was haben wir bisher von der Hessischen Landesregierung vorgelegt bekommen? Wir haben in den Landtag noch kein Gesetz eingebracht bekommen. Es gibt lediglich einen Entwurf, der sich zurzeit in der Verbändeanhörung befindet, der, wenn man ihn sich kritisch anschaut, nicht das hält, was der Name verspricht.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, der SPD und der LINKEN)

Wenn man über den Entwurf den Titel „Energiezukunftsgesetz“ setzt, dann muss man darunter vieles erwarten. Wenn man sich das genau durchschaut, kann man das aber nicht erkennen.

Ich sage an dieser Stelle, ich bin sehr froh, dass sich CDU und FDP jetzt auf den Weg begeben haben, mit uns eine andere Energiepolitik auf den Weg zu bringen. Das kann man positiv feststellen. Aber es ist zögerlich, und es entspricht nicht dem, was notwendig ist.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, der SPD und der LINKEN)

Ich will deshalb sehr kritisch sein, weil ich glaube, dass es noch Möglichkeiten gibt, diesen in der Verbändeanhörung befindlichen Gesetzentwurf nachzubessern.

Frau Puttrich, Sie hatten damals in Ihrer Regierungserklärung darauf aufmerksam gemacht: Es wird kein Weg, der in einem Sprint zurückzulegen ist. – Ja, das haben wir damals auch erkannt, weil natürlich sehr viel aufzuholen ist. Wenn sich über viele Jahre nichts getan hat, wenn sich in diesem Land wenig bei den erneuerbaren Energien getan hat, dann ist der Aufholfaktor groß. Dafür haben wir Verständnis. Aber wir müssen darauf hinweisen, dass uns die Zeit davonläuft. Nicht ein Sprint, aber ein zügiges Angehen ist notwendig und kein Schneckentempo.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, der SPD und der LINKEN)

Deshalb begrüßen wir den Vorschlag, der vonseiten der SPD-Fraktion eingebracht wurde. Sie wissen, wir hatten schon vor einigen Jahren, genauer gesagt, im Jahr 2009, vier eigene Gesetzentwürfe eingebracht. Wir haben sie

damals unter dem Titel „Zukunftsenergie- und Klimaschutzgesetze“ eingebracht. Wenn man sie sich anschaut, sieht man, dass sie sich in wesentlichen Teilen mit dem decken, was vonseiten der SPD in die Diskussion eingebracht wurde.

Meine Damen und Herren, deshalb begrüßen wir, dass die Diskussion neu beginnen kann. Ich glaube, es ist falsch, sich auf einen Standpunkt zurückzuziehen nach dem Motto: Wir können in unserem Gesetz nicht mehr festschreiben, als der Energiegipfel beinhaltet. – Das tut die Landesregierung. Sie hat nur die Punkte festgehalten, die der Energiegipfel im Konsens für sich festgestellt hat.

Nein, meine Damen und Herren, wir könnten sehr viel mehr aus den Ergebnissen des Energiegipfels ziehen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD)

Ich sage noch einmal, der vorgelegte, in der Verbändeanhörung befindliche Entwurf ist ein sehr schmaler Gesetzentwurf. Ich habe ihn mitgebracht, damit man auf die einzelnen Passagen eingehen kann. Wenn Sie einmal vergleichen, was wir in der jetzigen Regelung des noch bestehenden Energiegesetzes haben, dann stellen Sie sehr schnell fest, dass auch heute sehr viel bei der Förderung machbar wäre, dass vieles bei der Berichterstattung machbar wäre, auch was Investitionen angeht. All das ist jetzt schon Bestandteil des bestehenden Energiegesetzes. Ich sage ganz deutlich: Im bestehenden Energiegesetz gibt es Passagen, an die sich die Landesregierung bisher in keiner Weise gehalten hat.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, der SPD und der LINKEN)

Ich erinnere nur an die vorgesehene Berichterstattung, das Energiemonitoring. Das sollte alle zwei Jahre geschehen. Man sollte im Landtag immer in Kenntnis darüber gesetzt werden, wie der aktuelle Stand des Ausbaus der erneuerbaren Energien ist, überhaupt wie die gesamte Energiewirtschaft in Hessen aufgestellt ist. Seit Jahren müssen wir feststellen: In diesem Bereich gibt es keinen Vollzug.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, der SPD und der LINKEN)

Da, wo es wirklich darauf ankommen würde, wo die Landesregierung etwas zusetzen könnte, bleiben Sie in Ihrem Gesetzentwurf – seien Sie mir nicht böse, es ist ein Schmalspurgesetz – gerade dort, wo es um Anforderungen an die landeseigenen Gebäude und die Beschaffung geht, hinter dem zurück, was notwendig wäre.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, der SPD und der LINKEN)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, wer im Energiegipfel für sich selbst feststellt, man ist als Land in einer Vorbildfunktion, der darf nicht an Regelungen in einem Gesetzentwurf festhalten, die sich auf die Energieeinsparungsverordnung 2009 beziehen, z. B. bei den Neubauten, die irgendwann im Land Hessen kommen. Man will die Verordnung zwar unterschreiten, aber das ist zu wenig, wenn wir wissen, dass in diesem Bereich große Möglichkeiten bestehen, Energie einzusparen.

Ich möchte das an einem Beispiel deutlich machen. Die EnEV 2009, das wissen Sie so gut wie ich, beinhaltet eine Energieabschätzung von 60 bis 80 kWh pro Quadratmeter und Jahr. Das wäre die Differenzierung, welchen Bereich man wählt, welches Energieeffizienzhaus man wählt.

Sie hätten jetzt schon die Möglichkeit, in Ihrem Gesetzentwurf als Vorbildfunktion festzuschreiben: Künftig wird alles, was im Behördenbereich neu gebaut wird, nur noch in Passivhausbauweise erstellt.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der LINKEN)

Das war schon ein Vorschlag, den wir Ihnen in einem unserer Zukunftsenergie- und Klimaschutzgesetze vorgelegt haben. Zur Erinnerung: Passivhausstandard bedeutet nur 15 kWh pro Quadratmeter und Jahr. Das heißt, ein wesentlich geringerer Energieeinsatz ist notwendig, um Behaglichkeit bzw. Heizung und Wärme in diesem Bereich und auch die Warmwasserversorgung vorzuhalten.

Was ich absolut nicht verstehe: Wenn man weiß, dass dieser Sektor so wichtig ist, wieso ignorieren Sie die EU-Gesetzgebung? Gerade in diesem Bereich gibt es eine ganz deutliche Regelung. Seit dem Jahr 2010 gibt es die EURichtlinie 2010/31/EU, nach der Behördenneubauten ab dem 31.12.2018 nur noch in Niedrigstenergiebauweise erstellt werden dürfen. Das bedeutet einen Energieeinsatz nahe null.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPD – Zuruf des Abg. Peter Stephan (CDU))

Das haben Sie eben nicht, Herr Kollege Stephan. Schauen Sie sich bitte den Entwurf der Landesregierung an, der sich in der Verbändeanhörung befindet. – Wenn Sie wirklich konsequent wären, müssten Sie in diesem Bereich schon festhalten: Im Hinblick auf die Energieeinsparung muss es der beste Einsatz, das Passivhaus und sogar noch das Passivhaus plus sein, sodass das Haus mehr Energie erzeugt, als es selbst verbraucht.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, wir sehen in dem von der SPD vorgelegten Gesetzentwurf ein Auffrischungsgesetz; denn es erinnert an das, was alles möglich ist. Ich glaube, die Landesregierung und die Regierungskoalition von CDU und FDP sind gut beraten, sich all die Regelungen, die darin enthalten sind, noch einmal genau anzuschauen. Sie haben noch die Zeit, Ihren Entwurf, der sich in der Verbändeanhörung befindet, daraufhin zu überprüfen und Änderungen vorzunehmen. Wir geben Ihnen die Chance. Ich glaube, dass es notwendig ist, denn ich glaube immer noch daran, dass wir alle ein gemeinsames Ziel haben.

Wir wollen eine Energiewende in Hessen haben. Sie schauen auf das Jahr 2050. Wir sagen, wir haben mit unseren Konzepten schon dargestellt, dass bis zum Jahr 2030 der Einsatz von 100 % erneuerbarer Energie im Strombereich möglich ist. Wir glauben also, dass es sehr viel früher möglich ist. Wir wollen diesen Weg mit Ihnen gehen, und wir glauben, dass Sie in der Lage sein könnten, das zu erkennen, was notwendig ist, und entsprechende Regulierungen vorzunehmen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, der SPD und der LINKEN)

Frau Kollegin Hammann, kommen Sie bitte zum Ende.

Entschuldigen Sie, ich habe nicht auf die Uhr gesehen.

Aber ich.

Dafür haben wir Sie. Danke schön, Herr Präsident.

(Heiterkeit)

Sie sehen, es gibt viele gute Vorschläge, die zu berücksichtigen sind. Ich wollte kein Bashing bei Frau Ministerin Puttrich machen, weil ich glaube, dass sie einen guten Willen hat, in diesem Bereich etwas umzusetzen. Ich gehe eher in Richtung FDP, die viel blockiert hat. Ich glaube, die Festschreibung der 2 % Windenergiefläche wäre im Landesplanungsgesetz besser aufgehoben. Das hätte auch jetzt schon in einem Artikelgesetz vorgelegt werden können. Ich glaube, es hängt mit am Koalitionspartner, dass Sie noch nicht so weit gekommen sind, wie es möglich wäre. – Ich danke Ihnen für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, der SPD und der LINKEN)

Vielen Dank, Frau Kollegin Hammann. Wir haben Sie als Vizepräsidentin gewählt, weil wir davon ausgegangen sind, dass Sie die Uhr kennen. Das war der entscheidende Faktor.

Ich rufe Frau Abg. Wissler als nächste Rednerin auf. Bitte schön.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Herr Gremmels hat den Gesetzentwurf in der letzten Woche mit den Worten vorgestellt, die Umsetzung der Energiewende durch die Landesregierung sei ins Stocken geraten. Das ist genau genommen eine ziemlich schamlose Untertreibung; denn das unterstellt, dass sie einmal in Gang gesetzt worden wäre. Von daher ist es eine sehr höfliche Formulierung.

(Timon Gremmels (SPD): Den Willen habe ich der Landesregierung nie abgesprochen!)

Der Abschluss des sogenannten Energiegipfels ist jetzt ein halbes Jahr her, und die Landesregierung ist bisher nur tätig geworden, indem sie sich darüber beschwert hat, dass die Oppositionsfraktionen konkrete Vorschläge zur Energiepolitik gemacht haben. Ihre Kampagnen, die sich auf Beratung, PR-Maßnahmen und Radioclips beschränken, sollen Ihnen ein grüneres Image bescheren, aber offensichtlich kaum mehr. Ich frage mich auch, wo der Ministerpräsident ist. Wenn es jetzt um Inhalte geht, ist er leider nicht da. Ich weiß nicht, ob er eine Spritztour macht oder wo er gerade steckt.

(Heiterkeit bei der SPD)

Ich finde es aber schon sinnvoll, wenn wir gerade über diese Inhalte diskutieren, wo man einen so großen Energiegipfel und einen so großen öffentlichen Aufschlag gemacht hat, dass er sich dem Thema Energiewende auch über diesen Abschluss des Energiegipfels hinaus verpflichtet fühlen würde.

(Beifall der Abg. Willi van Ooyen (DIE LINKE) und Timon Gremmels (SPD))

Wenn man von der Landesebene wegsieht, dann ist es natürlich so, dass sich auch auf Bundesebene CDU und FDP nicht gerade als Schrittmacher der Energiepolitik erweisen. Vor dem Hintergrund ist absolut verständlich, dass die SPD Vorschläge zur Debatte stellt, die Hermann Scheer im Prinzip schon vor einigen Jahren erarbeitet hat und bei denen sich die SPD seither bedient.

(Timon Gremmels (SPD): Gemeinsam erarbeitet!)