Protokoll der Sitzung vom 30.05.2012

Hessen ist das einzige Bundesland, das eine Wohnungsbaugesellschaft dieser Größenordnung überhaupt noch besitzt.

(Thorsten Schäfer-Gümbel (SPD): So soll es bleiben!)

Wir machen das mit ganz besonderer Verantwortung.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Auch die Verkäufe, die bisher stattgefunden haben, waren zum Wohle der Mieter, zum Wohle der Mitarbeiter der Wohnungsbaugesellschaft und zum Wohle des Wohnungsbestandes, weil wir Investitionen für die Zukunft in den Verkaufsverträgen festgeschrieben haben.

Anders als alle anderen Bundesländer haben wir z. B. beim Verkauf der GWH an die Helaba dafür gesorgt, dass ein jahrelanger Schutz von Mietern und Mitarbeitern gewährleistet ist. Übrigens kenne ich bis heute kein einziges Schreiben, in dem sich ein Mieter der GWH beschwert hat. Diese Mieter können heute in Wohnungen mit bes tem Zustand wohnen, die Helaba kümmert sich um ihre Mieter.

Wir haben in Hessen immer Verantwortung in der Wohnungspolitik übernommen. Wir machen im Übrigen auch unabhängig von Wohnbaugesellschaften Wohnungspolitik. Ich darf darauf hinweisen, dass wir jedes Jahr 60 Millionen € aus dem hessischen Haushalt in die Wohnungspolitik investieren, in den sozialen Wohnungsbau, in den Neubau, in energetische Sanierung oder auch in den Eigentumserwerb für Einkommensschwächere, insbeson

dere für Familien. Meine Damen und Herren, wir nehmen in Hessen Wohnungspolitik wirklich ernst, und wir können es an jedem Punkt belegen.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Deshalb hat der Finanzminister, Dr. Thomas Schäfer, bereits im Dezember bei der Frage nach der möglichen Privatisierung darauf hingewiesen, dass es mit uns in Hessen eine Privatisierung wie in anderen Bundesländern eben nicht geben wird. Thomas Schäfer hat es in dem Interview deutlich gemacht: Wenn es eine Veräußerung der Anteile gibt, dann nur an einen Partner aus dem öffentlich-rechtlichen Raum. – Es muss nach unserer Einschätzung auch ein Partner sein, der flächendeckend in Hessen unterwegs ist.

Herr Siebel hat die Sparkassenorganisation angesprochen, dazu möchte ich etwas sagen: Wenn das passieren würde, wäre das eine Form der Kommunalisierung. Dann trauen Sie Ihren eigenen Landräten und Bürgermeistern nicht, dass sie die Nassauische Heimstätte in eine ordentliche Bahn bringen.

(Thorsten Schäfer-Gümbel (SPD): Die sind dagegen! – Weitere Zurufe des Abg. Michael Siebel (SPD))

Ihr Misstrauen gegenüber den eigenen Leuten ist unverhältnismäßig.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Der Sparkassenverband, bzw. dessen Sparkassen, wäre ein möglicher öffentlicher Träger, der die gleiche sensible Verantwortung für die Mieterinnen und Mieter übernehmen würde.

(Zuruf des Abg. Michael Siebel (SPD))

Das ist auch ein Thema, das mit der Opposition besprochen werden sollte. Herr Siebel, wenn es nicht möglich ist, mit Ihnen über so etwas zu reden, wenn Ihnen Populismus wichtiger ist als die Mieter und eine verantwortungsvolle Wohnungspolitik, dann kann man mit Ihnen über so etwas nicht reden. Das muss man an der Stelle leider sagen.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Ich bin Herrn Kollegen Klose dankbar für das, was er bei der letzten Debatte über die Aufgaben der Nassauischen Heimstätte gesagt hat. Die NH/Projektstadt kümmert sich hessenweit um Projektentwicklung und ist ein kommunaler Ratgeber. Es gibt überhaupt keine Überlegungen, sie zu zerschlagen. Die Nassauische Heimstätte soll als Ganzes erhalten werden. Wir haben uns gerade darüber Gedanken gemacht, ob es nicht einen Partner gibt, der all diese Aufgaben in der Stadtentwicklung und der Projektentwicklung in Hessen zusammenführt, um für diese Aufgaben einen landesweiten Partner zu haben.

Wir wissen auch, dass es landesweit eine große Aufgabe ist – auf die Zahlen wurde gerade noch einmal hingewiesen –, auf den hohen Anteil der Personen mit Migrationshintergrund zu reagieren. Auch das ist etwas, was nicht außerhalb des öffentlich-rechtlichen Raumes behandelt werden sollte. Diese Aufgabe muss ernsthaft wahrgenommen werden. Wir denken, dafür einen geeigneten Partner zu haben. Wenn es funktioniert, wäre es eine gute Lösung für die Mieterinnen und Mieter, für die Mitarbeiter und für die Investitionen in die Zukunft dieser Gesellschaft.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Ich brauche nicht darauf hinzuweisen, dass es einem anderen öffentlichen Träger möglicherweise einfacher fallen würde, in den Wohnungsbestand dieser Gesellschaft zu investieren. Es handelt sich um 62.000 Wohnungen in Hessen, das ist für das Land auch ein großer Batzen Geld. Wenn andere da sind und das Geld in diesem Bereich anlegen wollen, und trotzdem aus dem öffentlich-rechtlichen Sektor kommen, dann ist es doch eine gute Entscheidung, zu überlegen, ob sie nicht in die Zukunft des Wohnungsbestandes investieren könnten, wenn wir es als Land unter diesen Bedingungen, auch wegen der Schuldenbremse, nicht mehr können.

Ich will auch darauf hinweisen, dass der einfache Verkauf, um das Geld im Haushalt zu verbraten, niemals beabsichtigt gewesen ist. Auch darauf hat der Finanzminister hingewiesen. Es war im Gegenteil immer vorgesehen, dass mit dem Geld in einzelnen Tranchen in die Zukunft investiert wird. Darüber kann man diskutieren. Sie kennen den Haushaltsplan für das Jahr 2012. Wenn wir in dem Maß einen Zukunftsinvestitionsfonds bilden, aus dem in den nächsten Jahren Geld dafür verwendet wird, dann steht es uns in den nächsten Jahren offen, was mit dem Geld passieren wird. Es darf nicht einmalig ausgegeben werden, das wäre eine falsche Politik. Aber langfristig in hessische Projekte zu investieren, die möglicherweise auch die Mehrheit des gesamten Hauses finden würden, wäre eine kluge Entscheidung. Das ist aber nicht möglich, wenn man nur populistisch durch das Land rennt und Stimmung gegen den Verkauf macht, der in der Form, wie Sie ihn beschrieben haben, von unserer Seite nie geplant war.

(Günter Rudolph (SPD): In welcher Form wollen Sie es denn machen? – Gegenruf des Abg. HansJürgen Irmer (CDU): Sie müssen einmal zuhören!)

Wir wollen immer nur an einen öffentlich-rechtlichen Partner verkaufen. Eine Privatisierung haben wir immer ausgeschlossen.

Zum Abschluss möchte ich darauf hinweisen: Uns sind die 60 Millionen €, die wir jedes Jahr in den Wohnungsbau investieren, wichtig angelegtes Geld. Wir halten die Wohnungspolitik für eine Kernaufgabe des Landes. Wenn die Nassauische Heimstätte nicht mehr im Besitz des Landes wäre, dann nur im Besitz einer öffentlich-rechtlichen Organisation, die ähnliche Verantwortung trägt wie das Land Hessen.

Wir haben die Verantwortung in Hessen immer positiv wahrgenommen. Ein anderer Partner könnte das auch. Der Populismus, der von der Opposition kommt, ist in diesem Maß unangebracht. Wir haben bewiesen, dass man Wohnungsbaugesellschaften auch verantwortungsvoll verkaufen kann.

SPD und LINKE haben bundesweit bewiesen, dass es in Bezug auf den Wohnungsbestand immer schiefgeht, wenn sie Wohnungsbaugesellschaften verkaufen. Stets hatten die Mieterinnen, Mieter und die Mitarbeiter die Konsequenzen zu tragen. Deswegen: Unser Weg ist der richtige.

(Beifall bei der CDU und bei Abgeordneten der FDP)

Vielen Dank, Herr Milde. – Für die FDP-Fraktion spricht jetzt Herr Kollege Lenders.

Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren! Was die Opposition hier veranstaltet, ist der Versuch, ihre völlig veraltete Vorstellung von Wohnungspolitik wiederauferstehen zu lassen.

(Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der CDU – Zurufe von der SPD und der LINKEN)

Das Zweckentfremdungsgesetz, die Fehlbelegungsabgabe, ein sozialer Wohnungsbau nach althergebrachtem Muster und staatliche Wohnungsbauunternehmen stammen aus einer längst vergangenen Zeit.

(Mathias Wagner (Taunus) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Die FDP auch!)

Der Versuch, diese Instrumente wiederzubeleben und damit Wohnungspolitik zu machen, wäre genauso wenig erfolgreich wie der Versuch, mit Sepp Herbergers Spielweise aus den Fünfzigerjahren in diesem Jahr Europameister zu werden.

(Heiterkeit und Beifall bei der FDP – Zurufe von der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der LINKEN)

Meine Damen und Herren, als Liberale wollen wir mit einem modernen Wohnraumfördergesetz den betroffenen Menschen zielgerichteter und effektiver helfen. Wir wollen vor allen Dingen die Herausforderungen der kommenden Jahre bewältigen, statt die Schlachten des vergangenen Jahrhunderts zu schlagen. Herr Siebel, ich hätte mir sehr gewünscht, dass Sie einmal zur Sache reden und Ihre Vorstellung von moderner Wohnungsbaupolitik hier darlegen. Wir müssen auf die Auswirkungen der demografischen Entwicklung und der sozialräumlichen Veränderungen in den städtischen Quartieren flexibel reagieren. Dazu taugen starre Programme mit jahrzehntelangen Bindungsfristen nicht.

Das hessische Gesetz zur Wohnraumförderung steht kurz vor der Einbringung in den Landtag. Wir werden daher in den nächsten Plenarrunden das Thema wieder aufnehmen. Die Politik muss sich dabei den Veränderungen der Menschen anpassen – nicht die Menschen an die Vorstellungen der Politik. Das hessische Gesetz zur Förderung des sozialen Wohnungsbaus muss nach der Vorstellung der FDP-Fraktion eine ganze Reihe von Anforderungen erfüllen. So muss es auf die demografische Entwicklung reagieren, soziale Brennpunkte verhindern, die Integration unterstützen und für die energetische Sanierung sorgen. Es darf nicht passieren, dass wir – öffentlich gefördert – ein Überangebot an Wohnraum schaffen und damit den normalen Wohnungsmarkt kaputt machen.

(Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der CDU – Hermann Schaus (DIE LINKE): Wo haben wir den denn? – Weitere Zurufe von der SPD und der LINKEN)

Der soziale Wohnungsbau darf nicht zur Gettoisierung führen oder diese fördern, sondern muss sich in das Gesamtkonzept der Stadtentwicklung und der Integration einfügen.

Der Kollege Milde hat es eben gesagt: Hessen gibt jährlich mehr als 60 Millionen € für die Förderung des sozialen Wohnungsbaus aus. Wir haben die Einkommensgrenzen angehoben, sodass die Berechtigung, eine Sozialwohnung zu beziehen, leichter zu erhalten ist. Vor allen Dingen wurden starke Akzente für die Förderung von Familien beim Eigentumserwerb gesetzt. Wir wollen und werden

die Menschen unterstützen – aber nicht so, wie es die GRÜNEN wollen. Statt feste Strukturen und Korsette für die nächsten 30 Jahren zu schaffen, wollen wir die Gesellschaft, die sich schnell verändert, mit unserer Wohnungsbaupolitik ansprechen.

Meine Damen und Herren, die Fehlbelegungsabgabe ist eben schon angeklungen und wird von den GRÜNEN in ihrem Antrag auch genannt. Herr Kollege Klose, ich weiß nicht, wie Sie auf den Betrag von 50 Millionen € kommen. Wenn wir das aber einmal auf heutige Verhältnisse übertragen, heißt das, dass diese 50 Millionen € insbesondere von Mietern in Frankfurt und Wiesbaden zu stemmen wären. Das sind ausgerechnet die Haushalte, die ein Schwelleneinkommen haben, die also gerade aus der Berechtigung zum Bezug staatlicher Unterstützung herausgewachsen sind und sich jetzt ein bisschen mehr leisten können. Ausgerechnet diesen Familien nehmen Sie 50 Millionen € weg. Ich weiß nicht, wie Sie das nennen, aber ich nenne das unsozial.

(Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der CDU)

Während wir heute Wohnraumförderung betreiben, um finanzielle Engpässe bei jungen Familien zu mildern, kann die Lage in den nächsten zehn Jahren ganz anders aussehen. Dann brauchen wir vielleicht statt Kinderzimmern altengerechte Wohnungen oder Wohnungen, die an Demenz erkrankten Menschen gerecht werden.

Meine Damen und Herren, in Ihren Anträgen beschreiben Sie eine ganze Menge dieser Probleme. Sie greifen als Antwort darauf aber wieder in die Mottenkiste und holen das Zweckentfremdungsgesetz heraus. Das ist ja besonders „schön“. Auch wenn Sie es nicht hören wollen: Es gibt im Moment keinen Bedarf für ein Zweckentfremdungsgesetz. Selbst wenn ein solches Zweckentfremdungsgesetz das Licht der Welt erblicken würde, könnten Sie es aufgrund des Fehlens einer rechtlichen Grundlage gar nicht anwenden. Das habe ich Ihnen schon x-mal zu erklären versucht. An die Kollegen der GRÜNEN gerichtet – von wegen, objektive Auseinandersetzung –: Wir haben zwei schriftliche Anhörungen dazu durchgeführt. Daraus haben sich keine neuen Erkenntnisse ergeben. – Auch der Kollege von der CDU-Fraktion hat es Ihnen schon oft genug gesagt.

(Thorsten Schäfer-Gümbel (SPD): Milde heißt der!)

Nein, Ulrich Caspar hat es Ihnen schon oft genug erklärt. – Wenn Sie ein Zweckentfremdungsgesetz wirklich in Kraft setzen würden, würden Sie ein Investitionshemmnis schaffen, weil sich jeder Investor, der im Moment aus einem Büroraum Wohnraum macht – das ist in Frankfurt die Realität –, der Gefahr aussetzen würde, dass er aus dieser Entscheidung nicht mehr herauskommt. Er würde daher die notwendigen Investitionen nicht mehr tätigen.

(Beifall bei der FDP – Willi van Ooyen (DIE LINKE): Deshalb muss man die Abschreibungsmöglichkeiten abschaffen! – Mathias Wagner (Tau- nus) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Vielleicht sagen Sie endlich einmal, was Sie wollen, Herr Kollege!)

Ich hätte sehr gern von Herrn Siebel und auch vom Kollege Klose gehört, was Sie wollen. Aus Ihnen ist aber einfach nicht herauszubringen, wie ihre Alternative dazu aussieht.

(Zurufe von dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)