Protokoll der Sitzung vom 26.09.2012

Sie haben hier eine Pirouette hingelegt, einen 180-GradSchwenk, bei dem es selbst Frau Merkel schwindelig werden würde. Anstatt sich hier demütig hinzustellen und zu sagen: „Ja, wir sind klüger geworden, wir haben gelernt“, beschimpfen Sie die Opposition. Das ist eine ziemliche Zumutung, was Sie hier abgeliefert haben. Ich sage es ganz ehrlich.

(Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN und der LINKEN – Widerspruch bei der CDU und der FDP)

Der zweite Punkt, weswegen ich ein bisschen mehr Demut erwartet hätte, Herr Kollege Noll, aber auch Herr Kollege Dr. Schäfer, ist der Punkt Konsolidierung. Sie haben uns vorgeworfen, wir hätten nichts mit Konsolidierung am Hut.

(Zuruf des Abg. René Rock (FDP))

Da sage ich Ihnen aber mal etwas: Sozialdemokraten haben dieses Land Hessen fast 50 Jahre lang regiert.

(Zurufe von der CDU und der FDP)

Diese Landesregierung, unter dem Ministerpräsidenten Koch und dem Finanzminister Weimar und unter Ministerpräsident Bouffier und Finanzminister Dr. Schäfer, hat es geschafft, seit 1999 mehr Schulden zu machen, als die SPD es in 50 Jahren in Hessen geschafft hat, und alle anderen Regierungen zuvor.

(Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN und der LINKEN)

Wenn Sie sich dann hierhin stellen und mit dem Finger auf uns zeigen, dann kann ich Ihnen nur raten, zu dem erhobenen Zeigefinger auch noch den Daumen auszuklappen und sich mit den beiden Fingern an die Nase zu fassen. Das wäre hier ein bisschen passender.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Dr. Frank Blechschmidt (FDP): Machen Sie das vor!)

Herr Finanzminister, Sie haben eben etwas ganz Verräterisches gesagt. Der Länderfinanzausgleich muss für die Landesregierung immer herhalten als Begründung dafür, warum sie den Haushalt nicht im Griff hat. Jetzt muss der Länderfinanzausgleich auch noch für die Erhöhung der Grunderwerbsteuer herhalten.

Wenn ich mir die Entwicklung des Länderfinanzausgleichs der letzten Jahre anschaue und die Zahlungen, die Hessen leisten muss, dann stelle ich fest, die Zahlungen sind in den letzten Jahren immer weiter rückläufig gewesen. Woran liegt das denn? Herr Schäfer hat es eben selbst gesagt.

(Karlheinz Weimar (CDU): Das ist nicht der Schäfer!)

„Herr Schäfer“ habe ich gesagt. Hören Sie richtig zu.

(Karlheinz Weimar (CDU): Benehmen Sie sich doch mal bitte! – Widerspruch bei der SPD)

Entschuldigen Sie bitte, aber ich glaube, der Kollege hat es korrekt gesagt.

(Unruhe bei der CDU und der FDP)

Den Grund dafür, dass die hessischen Leistungen in den Länderfinanzausgleich immer weniger geworden sind, hat Herr Dr. Schäfer hier eben dargelegt. Die Steuereinnahmen des Landes Hessen sind im Vergleich zu den Steuereinnahmen der anderen Länder in den letzten Jahren immer weiter zurückgegangen. Woran liegt das denn? Ist das vielleicht auch ein Grund der Politik der Hessischen Landesregierung, dass Hessen im Vergleich der westdeutschen Flächenländer hinsichtlich der Steuereinnahmen immer weiter zurückgefallen ist? – Das ist das Ergebnis der Politik dieser Landesregierung, nichts anderes.

(Beifall bei der SPD)

Es wird in der Finanzpolitik keine mutige Politik gemacht.

(Stefan Müller (Heidenrod) (FDP): Den Grund kennst du doch selbst nicht!)

Dieser Doppelhaushalt 2013/2014, der jetzt vorliegt, ist nicht von Mut, sondern vom Wahlkampf geprägt. Die zusätzlichen Einnahmen, die durch die Grunderwerbsteuererhöhung vorgesehen sind, gehen keineswegs in die Konsolidierung. Wenn das wirklich so ist, Herr Finanzminister, dann haben Sie die Möglichkeit, uns zu sagen, wo sie in die Konsolidierung gehen. Im Gegenteil, Sie verprassen das Geld für zusätzliche Ausgaben und geben es nicht den Kommunen. Das ist das, was wir hier zu Recht kritisieren.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Kollege Weiß. – Als nächster Redner hat sich Herr Kollege Milde von der CDU-Fraktion zu Wort gemeldet. Bitte schön, Herr Kollege Milde.

(Günter Rudolph (SPD): Dass die Haushaltspolitiker der CDU noch etwas sagen dürfen!)

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Kolleginnen und Kollegen! Ich habe mich noch einmal zu Wort gemeldet, weil ich es ungehörig finde, wie Sie über die Haushaltspolitik der letzten Jahre gesprochen haben.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Der Ausgangspunkt war überhaupt kein Anlass dafür. Wir haben 1999 einen Zustand in Hessen übernommen, wo wir 100.000 Stunden Unterrichtsausfall hatten, wo wir unterfinanzierte Hochschulen vorgefunden haben,

(Zurufe von der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Ah!)

wo die Polizei unterfinanziert war. Wir haben Milliarden in die Schule, in die Polizei, in die innere Sicherheit und in die Infrastruktur dieses Landes investieren müssen, weil Sie es vorher nicht gemacht hatten. Daher haben wir Geld ausgeben müssen.

(Beifall bei der CDU und der FDP – Widerspruch bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

Ich möchte Folgendes noch einmal deutlich sagen, wenn ich zu Karlheinz Weimar hinüberschaue und an das Jahr 2002 denke, als Karlheinz Weimar hier am Mikrofon gestanden und gesagt hat: „Ich konnte mir gar nicht vorstellen, dass es Steuerarten gibt, die am Jahresende negativ wirken, Steuerarten, die am Jahresende ein Minus hereinbringen“: Es war die Politik von Rot-Grün in Berlin, die mit einer Körperschaftsteuerreform dieses Land Milliarden Euro gekostet hat. Wir mussten dieses Defizit mit einer Nettoneuverschuldung ausgleichen. Das ist die Wahrheit.

(Beifall bei der CDU und bei Abgeordneten der FDP – Zurufe von der SPD)

Wahrheit ist auch, dass wir in den letzten Jahren zwei Wirtschafts- und Finanzkrisen hinter uns gebracht haben, die in der Geschichte dieses Landes einmalig waren.

(Tarek Al-Wazir (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Das war in allen Bundesländern so!)

Ja, davon waren alle Bundesländer und auch der Bund betroffen. – Wir haben allein 1,8 Milliarden € in Konjunkturprogramme gesteckt. Mit dem Schutzschirm für die Kommunen werden in den nächsten Jahren noch einmal 3 Milliarden € zur Unterstützung der Kommunen ausgegeben.

(Zurufe von der SPD)

Meine Damen und Herren, wir mussten immer wieder auf Umstände reagieren, die wir in Hessen nicht zu verant

worten hatten. Wir haben glänzend reagiert. Die Wirtschaft erholt sich. Wir sind derzeit aber gerade wieder bei den Steuereinnahmen, die wir im Haushalt für das Jahr 2008 eingeplant hatten. Dass es also sprudelnde Steuerquellen gebe, die es uns ermöglichen würden, Geld auszugeben und auf Steuereinnahmen zu verzichten, ist schlicht die Unwahrheit.

Ich will hier ganz klar sagen: In den letzten Jahren haben wir nicht nur klug in dieses Land investiert, sondern haben auch, was die Nettoneuverschuldung angeht, im bundesweiten Vergleich stets im Gleichschritt gehandelt. Ob das Rheinland-Pfalz, Nordrhein-Westfalen, Bayern oder Baden-Württemberg war: Wir haben im Wesentlichen ähnlich hohe neue Schulden machen müssen wie die anderen deutschen Länder, und zwar aus den Gründen, die ich eben genannt habe. Dass es in den letzten zwei bis drei Jahren in anderen Bundesländern etwas schneller aufwärtsging, hat unter anderem etwas mit dem Länderfinanzausgleich zu tun.

Ich finde, wir können stolz sein auf die Politik, die wir in den letzten 14 Jahren in Hessen gemacht haben. Wir räumen immer noch das auf, was Sie uns 1999 hinterlassen haben.

(Beifall bei der CDU und der FDP – Lachen bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Kollege Milde. – Es liegen keine weiteren Wortmeldungen vor. Wir sind am Ende der ersten Lesung des Dringlichen Gesetzentwurfs der Fraktionen der CDU und der FDP für ein Gesetz über die Festsetzung des Steuersatzes für die Grunderwerbsteuer, Druck. 18/ 6228.

Zur Vorbereitung der zweiten Lesung überweisen wir den Gesetzentwurf an den Haushaltsausschuss. – Kein Widerspruch, dann ist so beschlossen.

Ich habe vernommen, dass sich die Geschäftsführer geeinigt haben, die Sitzung an dieser Stelle zu unterbrechen. Wir sehen uns nach der Mittagspause um 15 Uhr wieder.

(Unterbrechung von 12:53 bis 15:03 Uhr)

Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen! Wir fahren in der unterbrochenen Sitzung fort.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 6 auf:

Erste Lesung des Gesetzentwurfs der Fraktionen der CDU und der FDP für ein Gesetz zur Änderung des Gesetzes über das Landesamt für Verfassungsschutz – Drucks. 18/6193 –

Das ist der Setzpunkt der FDP-Fraktion. Redezeit: zehn Minuten pro Fraktion. Für die FDP-Fraktion hat der Vorsitzende, Herr Greilich, das Wort.

(Günter Rudolph (SPD): Gesetz zur Kontrolle der Abgeordneten!)