Protokoll der Sitzung vom 27.09.2012

Die immer offener ausgetragenen Streitigkeiten innerhalb dieser Koalition

(Allgemeine Unruhe – Glockenzeichen des Präsi- denten)

schaden den Interessen des Landes und bestätigen den fortschreitenden Autoritätsverlust des nicht anwesenden Hessischen Ministerpräsidenten Volker Bouffier.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Minister Jörg-Uwe Hahn: Falsch, Herr Rudolph, falsch!)

Meine Damen und Herren, ich hätte die Bitte, dass von der Regierungsbank keine Zwischenrufe erfolgen. Wir haben uns einmal so vereinbart. – Moment, Herr Kollege Rudolph. – Bitte von der Regierungsbank keine Zwischenrufe. So haben wir uns vereinbart. – Der Kollege Rudolph hat das Wort.

Er war da, weil er sich irgendwo da hinten versteckt hat.

(Zurufe von der CDU und der FDP)

Kollege Rudolph, Moment mal. Wir wollen doch die Aktuelle Stunde wirklich formvollendet beginnen. Der Ministerpräsident hat sich nicht versteckt. Er ist auch Abgeordneter. Er sitzt auf einem Abgeordnetenplatz. Das ist völlig korrekt. Und deshalb würde ich Sie bitten, auch hier die Form zu wahren.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Zu wichtigen zentralen landespolitischen Themen äußert sich der Ministerpräsident nicht, und damit versteckt er sich, um in die aktuelle Diskussion nicht einzugreifen.

(Beifall bei der SPD – Widerspruch bei der CDU)

Meine Damen und Herren, in der Bildungspolitik, im zentralen landespolitischen Feld, prägen offene und latente Differenzen das Bild.

(Allgemeine Unruhe – Glockenzeichen des Präsi- denten)

Mit dem Vorstoß zur verkürzten gymnasialen Mittelstufe wird erneut Unruhe in die Schulgemeinde getragen. Die neue Kultusministerin versucht, das wegzulächeln. Sie ist in der Bildungspolitik getrieben, setzt keine eigenen Akzente, und das Chaos bei dieser Bildungspolitik wird fortgesetzt.

(Beifall bei der SPD und des Abg. Tarek Al-Wazir (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))

Die Bildungspolitiker der CDU desavouieren den Koalitionspartner beim Thema Landesschulamt. Das, was wir heute in dritter Lesung beraten werden, nämlich den Entwurf des Schulverwaltungsorganisationsstrukturreformgesetzes, ist genau das Gleiche, was die CSU mit der Herdprämie macht. Wie ein Rumpelstilzchen sagt sie: Das wollen wir, das brauchen wir. – Kein Mensch und kein Experte sagt: Wir brauchen eine solche bürokratische Organisationseinheit.

Diejenigen, die das inhaltlich genauso sehen, werden mehr oder weniger nachher gezwungen, zuzustimmen. Innerlich sind sie dagegen. So kann man miteinander nicht umgehen. Das ist das Markenzeichen Ihrer Koalition: schwarzgelbes Chaos.

(Beifall bei der SPD und bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Dabei müssten wir in Hessen noch viel tun. Gerade beim Ausbau der Ganztagsschulen nimmt Hessen einen schlechten Tabellenplatz ein. Das ist eine der Aufgaben, die in der Bildungspolitik zu lösen wäre. Aber da kommt von dieser Landesregierung nichts.

Bei der Energiepolitik liegen die Positionen und gehen die Äußerungen der CDU und der FDP weit auseinander. Wie sagte Herr Hahn während der letzten Plenarsitzung durchaus auch verräterisch? – Er sagte:

Wir werden auch nie zur Energiewende stehen.

Das belegt: Meine sehr verehrten Damen und Herren, Sie haben den Ausstieg aus der Atompolitik nie ernsthaft gewollt.

(Beifall bei der SPD und bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN sowie der Abg. Janine Wissler (DIE LINKE))

Der Ministerpräsident hat das Quotenmodell in der Plenarsitzung am 6. September 2012 kategorisch abgelehnt. Auch da beharrt Herr Rentsch wieder wie das Rumpelstilzchen auf einem Quotenmodell für Ökostrom. Was ist das für eine Zusammenarbeit in der Koalition? – Sie wi

dersprechen sich während derselben Plenarsitzung mehrfach.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Auch in einer zentralen Frage, die das ganze Land, die die ganze Bundesrepublik beschäftigt, nämlich die Frage: „Wie wird die Eurokrise beherrschbar?“, klaffen tiefe Gräben zwischen CDU und FDP. Herr Hahn, der „anerkannte europapolitische Finanzexperte“, verkündet nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts zum Eurorettungsschirm nach wie vor – ich zitiere –:

Wer geeignete Maßnahmen unterlässt, macht sich zum Mittäter eines europarechtswidrigen Handelns.

Er fordert die Bundesregierung auf, die rechtliche Klärung mit einer Klage herbeizuführen.

Finanzminister Dr. Schäfer, der zugegebenermaßen hinsichtlich dieser Fragen ein besserer Experte als Herr Hahn ist, hat am 15. September 2012 gesagt:

Wir haben eine Entscheidung von der Europäischen Zentralbank gesehen. Wenn wir wollen, dass die Europäische Zentralbank nicht gezwungen wird, Staatsanleihen zu kaufen, dann sollten wir nicht noch weitere Verunsicherung in die Märkte treiben.

Herr Dr. Schäfer hat recht. Herr Hahn macht eine verantwortungslose Politik und äußert sich geschwätzig.

(Beifall bei der SPD und bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN sowie des Abg. Willi van Ooyen (DIE LINKE))

Was macht der Ministerpräsident? – Er redet gerade mit Herrn Hahn. Ansonsten schweigt er zu den zentralen Fragen, die dieses Bundesland und die Bundesrepublik Deutschland betreffen. Nichts sagt er. Er macht nicht von seiner Richtlinienkompetenz Gebrauch, sondern lässt gerade einmal jeden in dieser Koalition vor sich hin schwadronieren. So kann man ein Land nicht verantwortungsvoll regieren.

(Zuruf)

Herr Bouffier, Sie hätten fragen können: Was soll das eigentlich? – Während der letzten Landtagssitzung haben einige Mitglieder Ihrer Regierungsfraktion bei einem zentralen Gesetzentwurf dieser Koalition – angeblich ist er so wichtig – nicht mit abgestimmt. 15 Kollegen aus der CDU-Fraktion haben nicht für den Nachfolger des Herrn Irmer gestimmt. Was ist das für ein Chaos in der CDULandtagsfraktion?

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Herr Kollege Rudolph, was haben Sie für eine Redezeit? – Sie müssen zum Ende Ihrer Rede kommen.

Es ist belegt, dass diese Landesregierung hinsichtlich der Anerkennung der Wähler schlecht dasteht.

(Unruhe – Glockenzeichen des Präsidenten)

33 % der Wähler sagen: Diese Landesregierung arbeitet gut. – Das ist der schlechteste Wert aller Landesregierungen in der Bundesrepublik. Darauf gibt es nur eine Ant

wort: Diese Regierung gehört abgelöst. Diese Regierung wird nächstes Jahr abgelöst werden. – Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD und bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Herr Kollege Rudolph, vielen Dank. – Das Wort erhält Herr Abg. Dr. Wagner, der Fraktionsvorsitzende der CDU.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Es sprach eben gerade die Sachlichkeit in Person.

(Heiterkeit bei Abgeordneten der FDP)

Das waren sozialdemokratische Sprechblasen aus dem Munde von Automaten-Rudi. Das hätten wir uns heute Morgen ersparen können.

(Heiterkeit und Beifall bei der CDU – Beifall bei der FDP)

Jeden Monat erfolgt aus dem Munde der Opposition eine Pauschalbeschimpfung. Statt sachlicher Alternativen erleben wir anspruchslose Polemik. Statt konstruktiver Vorschläge gibt es Skandalisierung.

Diffamierende Anträge gab es fast zu jeder Plenarsitzungsrunde. Es gab sie zum 10. Mai 2012, zum 31. Mai 2012, zum 27. Juni 2012 und so fort.

Lieber Herr Rudolph, ich sage Ihnen: Diese Beschimpfungen erhöhen weder Ihre Reputation noch den Respekt vor Ihrer politischen Verantwortung.