Protokoll der Sitzung vom 12.12.2012

Ihnen allen einen schönen guten Morgen und uns allen einen guten Tag!

Ich stelle die Beschlussfähigkeit des Hauses fest.

Zur Tagesordnung habe ich mich entschieden, die Punkte aufzurufen, die erledigt sind, und nicht die, die noch anstehen. Erledigt sind die Punkte 1, 2, 8, 9, 41 und 44.

Wir tagen heute bis gegen 18 Uhr, bei einer Mittagspause von einer Stunde. Wir beginnen mit Tagesordnungspunkt 57, Entschließungsantrag der Fraktionen der CDU und der FDP betreffend Hessen ist Vorreiter bei der Bekämpfung der Internetkriminalität usw. Dazu wird Tagesordnungspunkt 75 aufgerufen. Danach folgt Tagesordnungspunkt 25, der Setzpunkt der SPD, Antrag der Kollegen Dr. Spies, Decker, Merz, Müller (Schwalmstadt), Roth und Fraktion betreffend Aktionsplan der Landesregierung zur Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention. Nach der Mittagspause folgt Tagesordnungspunkt 55.

Ich darf mitteilen, heute werden entschuldigt fehlen: Herr Staatsminister Boddenberg ab 13 Uhr, Frau Staatsministerin Puttrich ganztägig; Frau Staatsministerin Beer ist erkrankt – alle guten Wünsche, auch für Herrn Klose, der ebenfalls erkrankt ist.

Zu den Ausschüssen. Der Ausschuss für Wissenschaft und Kunst tagt heute Abend nicht – die beiden Gesetze sind gestern verabschiedet worden.

Heute Abend tagt aber im Anschluss an die Plenarsitzung der Rechts- und Integrationsausschuss; die Mitglieder kommen im Sitzungsraum 510 W zusammen. Es tagt ebenfalls der Ausschuss für Wirtschaft und Verkehr in Sitzungsraum 103 A. Der Innenausschuss trifft sich in Sitzungsraum 501 A.

(Günter Rudolph (SPD): Aber nur, wenn das jeweils überwiesen wird!)

Das hätte ich noch gesagt, richtig: immer nur dann, wenn die betreffenden Gesetzentwürfe überwiesen werden, völlig klar.

Der Kulturpolitische Ausschuss kommt in Sitzungsraum 204 M zusammen.

Ich darf darauf hinweisen, dass das Thema „Erneuerung der IT-Mandatsausstattungen“ im Moment von Ihnen gewissermaßen erlebt werden kann. Sie wissen, die derzeitigen Geräte werden ausgetauscht. Am heutigen Mittwoch können Sie zwischen 10 und 15 Uhr die neuen Geräte in Augenschein nehmen und sich dazu auch von der Firma Datagroup beraten lassen. Örtlichkeit: vor den Sitzungsräumen 120 M bis 122 M, also quasi in den Räumlichkeiten hinter uns. Bitte schauen Sie vorbei – das wird hier noch als Rat mitgeteilt –, denn Sie können die Geräte nicht nur in Augenschein nehmen, sondern sich auch erklären lassen, was für Sie von besonderer Wichtigkeit sein könnte.

Jetzt in die Tagesordnung hinein. Ich rufe Tagesordnungspunkt 57 auf:

Entschließungsantrag der Fraktionen der CDU und der FDP betreffend Hessen ist Vorreiter bei der Bekämpfung der Internetkriminalität – starker Pfeiler in der

Sicherheitsarchitektur unseres Landes – Drucks. 18/ 6741 –

dazu wird mit aufgerufen Tagesordnungspunkt 75:

Dringlicher Entschließungsantrag der Fraktion der SPD betreffend Bekämpfung der Cyberkriminalität in Hessen – Drucks. 18/6779 –

Herr Bauer, der innenpolitische Sprecher der CDU-Fraktion, beginnt – zehn Minuten Redezeit.

(Beifall bei der CDU)

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich hoffe, Sie haben schon einen Großteil Ihrer Weihnachtsgeschenke eingekauft.

(Thorsten Schäfer-Gümbel (SPD): Ja!)

Die meisten werden über das Internet bestellt.

(Tarek Al-Wazir (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Nein!)

Vielleicht kaufen Sie sich einen internetfähigen Fernseher. Mit Sicherheit haben alle von Ihnen ein Smartphone, also einen kleinen Computer, der ständig online ist.

Sie wissen vielleicht, dass in dem sozialen Netzwerk Facebook weltweit pro Sekunde acht neue Mitglieder hinzukommen. Sie wissen vielleicht auch, dass auf der Videoplattform YouTube in einem Monat mehr Videos eingestellt werden, als die US-Sender in 60 Jahren an Bildberichten erstellt haben.

Meine Damen und Herren, im Jahr 2011 wurden in jeder Minute 34 Schadprogramme in das Internet eingestellt. Die Bundesrepublik Deutschland liegt auf Platz 2 dieser Statistik – auch in unserem Land werden Schadprogramme ins Netz eingespeist.

Meine Damen und Herren, im Jahr 2020 sollen nach Schätzungen mehr als 50 Milliarden Geräte am bzw. im Netz sein. Bereits jetzt schon ist unser Leben extrem cyber. Wir sind digitalisiert. Die digitale Welt ist nicht wegzudiskutieren. Diesen Herausforderungen müssen wir uns stellen.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU – Thorsten Schäfer-Gümbel (SPD): Diese Rede kennen wir!)

Deshalb hat sich die CDU-Fraktion ganz bewusst mit dieser virtuellen Welt auseinandergesetzt, um auf die Gefahren, die Bedrohungsszenarien, aber auch auf die Lösungsstrategien, die wir in Hessen erarbeitet haben, hinzuweisen.

Ich bitte um Nachsicht bei meinem Kollegen Dr. Müller, dass ich von „Cyber“ spreche, aber das Internet ist kein deutsches Phänomen, und die sperrige Begrifflichkeit, die es früher gab – nämlich Informations- und Kommunikationskriminalität – hat man abgelöst durch diesen internationalisierten Begriff der „Cyberkriminalität“.

Kriminalität im virtuellen Raum ist genauso ernst zu nehmen wie in der realen Welt. So, wie wir gestern darauf hingewiesen haben, dass wir in der realen Welt hervorragende Werte bei der Sicherheitsprävention in Hessen haben, wollen wir auch deutlich machen, dass wir die Gefahren aus der virtuellen Welt ernst nehmen und dafür bestimmte Sicherheitsarchitekturen auf Vordermann bringen müssen.

Meine Damen und Herren, Cyber ist nicht nur ein Problem für den Internetnutzer. Ich will die Bereiche zumindest ansprechen: Es gibt Bedrohungsszenarien, die bei der virtuellen Kriegsführung von „Cyberwar“ sprechen, und auch die Internetspionage ist ein durchaus ernst zu nehmendes Bedrohungsszenario.

Neben den klassischen Straftaten gewinnt die Internetkriminalität zunehmend an Bedeutung. Die sogenannte Cyberkriminalität hat sich von vorwiegend isoliert agierenden Einzeltätern, sogenannten Hackern, zur arbeitsteilig, professionell und international arbeitenden Schattenwirtschaft, zur sogenannten Underground Economy, entwickelt.

Meine Damen und Herren, das hat mittlerweile vielfach Bezüge zur organisierten Kriminalität. Cybercrime umfasst Straftaten, die sich zum einen gegen das Internet wenden – Angriffe auf Datensätze, auf Informationssysteme und auf Daten. Cybercrime ist aber auch ein Begriff für Straftaten, die mittels dieser Informationstechnologie begangen werden. Im Jahr 2011 wurden allein in Hessen knapp 18.000 derartige Delikte festgestellt, bundesweit rund 222.000 registrierte Straftaten mit Bezug zum Internet.

Das sind Straftaten wie Gewaltverherrlichung im Internet, Kinderpornografie, Staatsschutzdelikte, Betrug, Beleidigung, Internet-Mobbing, Bedrohung, aber auch Urheberrechtsverletzungen.

Es wurden zahlreiche Delikte bei Vermögens- und Fälschungsdelikten registriert. Es gibt den bekannten Computerbetrug. Es gibt das Ausspähen und Abfangen von Daten. Es gibt Datenveränderungen, das Stehlen einer virtuellen Identität. Es gibt Computersabotage und auch sexuelle Belästigung im Internet.

Meine Damen und Herren, all diesen Bereichen müssen wir uns ernsthaft annehmen.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Auch wenn 18.000 Straftaten auf den ersten Blick nicht so bedrohlich erscheinen, wissen Sie alle ganz genau, dass die Dunkelziffer um ein Vielfaches höher ist. Sehr häufig werden die Vorfälle gar nicht bemerkt.

(Zuruf des Abg. Torsten Warnecke (SPD))

Die Straftat wird sehr häufig nicht angezeigt. Viele Menschen merken überhaupt nicht, dass ihnen Daten gestohlen worden sind, dass Daten manipuliert worden sind. Sehr viele Firmen, denen Daten gestohlen worden sind, melden dies nicht der Polizei, weil sie einen Reputationsverlust befürchten. Auch statistisch werden gar nicht alle Straftaten erfasst. Wenn der Schadensort oder der Täter im Ausland vermutet werden – das ist bei einer weltweiten Bedrohung durch das Internet häufig der Fall –, werden diese Vorfälle gar nicht in der nationalen Statistik erfasst.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, nach einer Umfrage des BITKOM, Bundesverband Informationswissenschaft, Telekommunikation und neue Medien e. V., gab es eine realistische Einschätzung, die das Thema auch im Verbraucherschutz zu einem dringenden Problem erscheinen lässt.

52 % der privaten Internetnutzer verfügen bereits über Erfahrungen mit erlebter oder erlittener Internetkriminalität. Das entspricht 28 Millionen Menschen, die bereits durch das Internet geschädigt worden sind. 36 % der privaten Internetnutzer, also rund 20 Millionen Menschen, waren bereits von Schadprogrammen betroffen. Jeder von uns hatte vielleicht schon einmal einen Virus, einen Wurm oder ein

trojanisches Pferd auf dem Rechner. Sie wissen selbst, welch hilfreiche Dienste Virenscanner, Firewall und solche Programme bieten.

16 % der privaten Internetnutzer wurden schon einmal die Zugangsdaten gestohlen, sie wurden ausspioniert. 14 % der privaten Internetnutzer erhielten auch schon einmal virtuell unangenehme Anfragen von Fremden.

40 % der Unternehmen hatten bereits Angriffe auf ihre ITSysteme. Viele Unternehmen sind noch nicht vollends und gänzlich darauf vorbereitet. Sie haben keine Notfallpläne für Datenverluste oder für IT-Sicherheitsvorfälle. Diese Angriffe passieren sehr häufig. Es gibt Diebstahl von digitalen Identitäten, auch digitale Erpressung und vieles mehr.

Was machen wir in Hessen, um dieser Gefahr entschlossen entgegenzutreten? Meine Damen und Herren, wir haben zahlreiche erfolgreiche Ansätze zur Bekämpfung von Cybercrime. Das sind die Errichtung von Fachdienststellen, die Bündelung von Kompetenzen, die Zusammenarbeit mit Externen, standardisierte Bearbeitung von Massendelikten und vieles andere mehr.

Hessen ist in diesem Bereich auch deshalb gut aufgestellt, weil wir in Südhessen, um Darmstadt, einen Schwerpunkt haben, ein sogenanntes IT-Cluster. In Hessen arbeiten rund 150 Firmen in der IT-Sicherheitsarchitektur. Hessen ist gut aufgestellt. Wir haben eine Führungsrolle in unserem Bundesland für IT-Sicherheit. Darauf können wir durchaus stolz sein.

(Beifall bei der CDU und der FDP – Jürgen Frömm- rich (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Durch ständiges Wiederholen wird es nicht besser!)

Nicht nur die private Wirtschaft treibt Vorsorge, und Hessen ist hier vorn. Das Land Hessen selbst hat 2006 begonnen, im Landeskriminalamt systematisch die Kooperation zu verdichten, Kontakte mit Wirtschaftsunternehmen und Hochschulen zu intensivieren. Mit den sogenannten IT-Sicherheitsdiensten wird intensiv zusammengearbeitet.

Das Ziel sind der Informationsaustausch und die fallbezogene Zusammenarbeit. Als erste Landesregierung hat Hessen bereits im Jahr 2007 einen Schwerpunkt zur Bekämpfung der Cyberkriminalität und zur Stabilisierung der Cybersicherheit gesetzt. Mit der Konzeption zur Bekämpfung der Kriminalität im Internet wurden in Hessen folgende Maßnahmen umgesetzt: Es gibt Fachkommissariate auf Ebene der Polizeipräsidien,

(Zuruf des Abg. Jürgen Frömmrich (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))