Um auch einmal darauf zurückzukommen: Es war ein Erfolg, den die Kollegen Koch und Weimar erzielt haben.
Herr Schäfer-Gümbel, für Sie zum Mitschreiben. Durch diese Veränderung zahlt Hessen jetzt jedes Jahr 100 Millionen bis 200 Millionen € weniger, als wir zahlen müssten, wenn wir die damalige Veränderung nicht gehabt hätten. Das ist Fakt. Das kann ich Ihnen belegen. Deshalb war das richtig. Wahr ist auch, die Verhältnisse haben sich im Übrigen grundlegend verändert, nicht zuletzt durch die Einführung der Schuldenbremse – darauf komme ich gleich noch einmal –,
weil es damals noch fünf Länder waren, die 6,9 Milliarden € bezahlt haben. Jetzt sind wir noch drei Länder, die 7,9 Milliarden € bezahlen. Das heißt, früher waren wir mehr und haben weniger bezahlt; heute sind wir weniger und zahlen immer mehr. Das darf so nicht weitergehen.
Das sind alles Fakten, die niemand bestreiten kann. Weil das so ist, ist es die Pflicht jeder Hessischen Landesregierung, diese Ungerechtigkeit für unsere Bürgerinnen und Bürger so schnell wie möglich zu beseitigen. Nachdem die anderen erklärt haben, sie sind nicht einmal mehr bereit, darüber zu reden, dass sich vor 2020 etwas ändert – was soll man dann eigentlich machen? Was, bitte schön, ist Ihre Alternativvorstellung? Soll das so weitergehen?
Ich habe von Ihnen keinen einzigen Vorschlag gehört, was wir eigentlich machen sollten. Die einen erklären uns: Wir wollen nicht einmal mit euch reden. – Wir haben eine immer schwierigere Situation. Wir halten das, was heute ist, für nicht richtig. Ja – darauf komme ich zurück –, wir halten es an einigen Punkten auch nicht für verfassungsgemäß. Dann ist es nicht Wahlkampf, sondern die verdammte Pflicht einer Landesregierung,
Das ist ein Akt der politischen Notwehr. Das habe ich schon einmal gesagt; das ist so. SPD und GRÜNE hatten bis heute keinen einzigen Vorschlag gemacht, wie wir denn die Situation verändern könnten.
Herr Schäfer-Gümbel, jetzt kommen wir einmal zum Sachverhalt. Wir haben doch gemeinsam beschlossen, wir wollen nicht ewig weiter Schulden machen
eben –, damit wir denen, die heute jung sind und nach uns kommen, außer Schulden noch etwas hinterlassen.
Das heißt im Klartext, bis 2020 müssen wir bei der Neuverschuldung auf null sein. Damit kann ich nicht im Jahr 2019 beginnen,
sondern da muss ich einen Weg nach unten finden. Jetzt will ich Ihnen ein Beispiel nennen. Wir haben in den zurückliegenden Jahren mit einigen Ausnahmen pro Nase immer am meisten bezahlt, im letzten Jahr weniger – schön. Wir machen in diesem Jahr eine Neuverschuldung zwischen 1,3 Milliarden und 1,4 Milliarden €. Das ist ziemlich genau der gleiche Betrag, den wir als Geberland an die anderen zahlen. Jetzt muss mir einmal einer erklären, warum wir in Hessen dafür Schulden machen sollen, damit wir anderen etwas ermöglichen, was wir uns selbst nicht erlauben können.
In verfassungsrechtlichen Termini heißt das im Klartext – ich komme gleich darauf –, wir halten dieses System, wie wir es jetzt haben, für eine Übernivellierung. Oder für normale Menschen: Das Gebot der Verhältnismäßigkeit ist nicht mehr gewahrt.
Es kann doch nicht richtig sein, dass wir regelmäßig über viele Jahre bei dem Steuereinkommen pro Person entweder Platz eins, zwei oder drei waren. Nach dem ganzen Zusammengreifen der verschiedenen Ausgleichsmechanismen sind wir plötzlich auf dem drittletzten Platz.
Es kann doch nicht sein, dass ein Land, das von uns Geld erhält, am Ende besser dasteht als wir. Das bestraft die Tüchtigen – wir sind ja dann doof, wenn wir zusätzlich noch etwas erwirtschaften – und belohnt diejenigen, die nichts tun. Denn wenn ich nichts tue, wächst der Ausgleichsanspruch.
Wir reden hier vom Maßstäbegesetz. Wenn Sie sich das Zusammenspiel ansehen, bin ich der festen Überzeugung, dass Sie zu der Auffassung gelangen, es kann von der Verfassung her nicht richtig sein, dass ein Land durch Transferleistungen an alle anderen am Ende schlechter als vorher dasteht. Genau darum geht es.
Ich will auf einen zweiten Sachverhalt hinweisen. Hier wird immer nur von einem Artikel des Grundgesetzes geredet. Ich lade Sie herzlich ein, von den zwei Artikeln des Grundgesetzes zu reden, um die es hier geht. Sie reden nur von Art. 107 Grundgesetz. Da geht es um die Angleichung der Lebensverhältnisse.
Wir sollten aber auch über Art. 115 Grundgesetz oder die Hessische Verfassung reden. Wir haben uns verpflichtet, keine neuen Schulden zu machen.
Deshalb ist das Basieren nur auf den Einnahmen ein Fehler. Es kann doch nicht sein, dass festgestellt wird: So viel habt ihr. Wir nehmen euch jetzt einmal einen Teil davon weg. Wie ihr dann den Rest finanziert, ist euer Bier.
An der anderen Stelle gibt es eine Begrenzung wegen der Verfassungswidrigkeit der Neuverschuldung. Das hat sich doch vollkommen geändert.
Sehr schön. Lieber Herr Schäfer-Gümbel, diese Schilder sind wahlkampftaktisch sehr gut zu gebrauchen. Sie brauchen es offensichtlich immer ganz deutlich.
Meine Damen und Herren, Sie haben gerade erzählt, die Schulden hätten in 14 Jahren um 96 % zugenommen. – Ich sage das jetzt zum Mitschreiben: Wir haben eine Neuverschuldung von knapp 18 Milliarden € gemacht. Wir haben 30 Milliarden € in den Länderfinanzausgleich eingezahlt. Ohne dieses System hätten wir 12 Milliarden € zurückzahlen können.
Ich komme zum Schluss meiner Rede. – Auch das will ich einmal deutlich sagen: Es vergeht kein Tag, an dem nicht die Sozialdemokraten und die GRÜNEN fordern, dass wir noch wesentlich mehr Geld ausgeben sollen. Aber das ist eine andere Baustelle. Wir werden an vielen Orten viele Gelegenheiten haben, diese Dinge noch miteinander zu diskutieren.
Zum Abschluss meiner Rede möchte ich noch zwei oder drei Anmerkungen machen. Sie haben das Problem der Einwohnerwertung angesprochen. Dafür gibt es meiner Ansicht nach weder einen systematischen noch einen logischen Grund. Man könnte die Stadtstaaten auf einen Level stellen. Dass Bremen, Hamburg und Berlin aber die gleichen Verhältnisse haben, wird niemand ernsthaft behaupten. Die Stadtstaaten stellt man schon vor der Klammer besser als alle anderen. Mir kann niemand erzählen, dass die Bürgerinnen und Bürger in Frankfurt ein Drittel weniger als in Hamburg oder Berlin wert sind.
Deshalb ist die Einwohnerwertung meiner Ansicht nach der zweite Grund, warum dieses Zusammenspiel geändert werden muss.
Drittens. Dabei geht es um die Berücksichtigung der kommunalen Finanzkraft. Ich bin davon überzeugt, dass die von Ihnen an die Wand gemalte Beteiligung der kommunalen Finanzkraft zu 100 % ein Fehler ist. Ich sehe auch nicht, wie man da hinkommen sollte.
Sie sollten Art. 107 Abs. 2 Grundgesetz einmal richtig lesen. In der Regel wird von dem ersten Teil dieses Artikels, aber selten von dem zweiten Teil berichtet. Am Anfang steht da etwas von der Finanzkraft. Dann steht da aber auch noch etwas von dem Finanzbedarf. Beides zusammen führt unserer Ansicht nach zu dem Ergebnis, dass eine Berücksichtigung mit maximal 50 Prozentpunkten angemessen ist. Aus diesen und anderen Erwägungen heraus, die im Zusammenspiel gesehen werden müssen – das ist ein Teil der Antwort auf Ihre Frage –, kommen wir zu dem Ergebnis, dass ein verfassungswidriges Übermaß in der Belastung der Geberländer gegenüber den Nehmerländern vorliegt.
Zum Schluss möchte ich noch Folgendes sagen: Die Situation, wie wir sie heute haben, ist für unsere Bürgerinnen und Bürger von Nachteil. Sie ist ungerecht. Wer auch immer Verantwortung trägt, für den stellt sich doch folgende
Wenn das durch Verhandlungen nicht möglich war – was zu beweisen ist –, bleibt der Weg, den der Rechtsstaat vorsieht. Das ist dann die Klage.
Es ist uns dann auch relativ gleichgültig, von welchen Farben die anderen Länder regiert werden. Ich habe Verständnis dafür, dass die Repräsentanten eines Empfängerlandes sagen: Am liebsten wäre mir, wenn es so weitergeht. – Aber für uns ist nicht die Interessenlage aller anderen entscheidend. Für uns kommt zuerst das Land Hessen. Deshalb sage ich heute zum zweiten Mal: Erst kommt das Land und dann die Partei.