Protokoll der Sitzung vom 20.03.2013

(Zurufe von der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN und der LINKEN: Oh! – Janine Wissler (DIE LINKE): Wie viel brauche ich denn?)

Vor dem Hintergrund, was ich zu der Frage ausgeführt habe, in welche Länder Exporte durchgeführt werden, ist die Frage von Waffenlieferungen nach Saudi-Arabien sicher eine schwierige Entscheidung, und es ist sicher eine schwierige Abwägung.

(Lachen der Abg. Janine Wissler (DIE LINKE))

Der Bundessicherheitsrat hat die Entscheidung getroffen, dass Waffenlieferungen statthaft sind. Wir alle kennen die exakten Beweggründe nicht. Jetzt können wir über die sicherheitspolitische Bedeutung von Saudi-Arabien – und das macht es so schwer – hier diskutieren.

Natürlich ist das kein Idealland der Demokratie. Natürlich gab es die Frage Bahrain. Aber Sie dürfen auch nicht verkennen, dass Saudi-Arabien in diesem schwierigen Teil der Erde, im Dreieck zwischen Irak und Iran, eine gewisse sicherheitspolitische Bedeutung auch für westliche Interessen hat.

Deswegen ist es so schwer, dort eine Entscheidung zu treffen, und es ist sicher eine schwierige Abwägung. Wir glauben, dass der Bundessicherheitsrat in Abwägung des Für und Wider eine Entscheidung getroffen hat, die wir von hier aus nicht zu kritisieren haben.

(Zuruf des Abg. Dr. Ulrich Wilken (DIE LINKE))

Sie sagen: grundsätzlich keine weltweiten Exporte. Sie sagen: Konflikte werden verschärft. – Herr van Ooyen, wollen Sie wirklich tatenlos zusehen?

(Zuruf des Abg. Willi van Ooyen (DIE LINKE))

Mali ist ein Musterbeispiel dafür. Sie können Syrien und Libyen dazunehmen.

(Willi van Ooyen (DIE LINKE): Ja!)

Wie wäre das denn in Libyen ohne das Eingreifen der westlichen Länder ausgegangen? – Dort würde heute noch der Diktator herrschen, der Land und Leute terrorisiert hat. Schauen Sie sich Mali an, in dem die Islamisten, die Terroristen, die Macht übernommen haben. Die ersten Maßnahmen waren, das Weltkulturerbe in Timbuktu zu zerstören und dem Erdboden gleichzumachen, Menschen zu drangsalieren, Frauen zu vergewaltigen, und all das, was dort vorgekommen ist.

Wollen Sie all dem tatenlos zusehen? – Dann sagen Sie, dass das zu Ihrer Politik dazugehört. Denn das gehört zur Wahrheit auch dazu.

(Beifall der Abg. Mario Döweling und Dr. Matthias Büger (FDP) – Vizepräsident Frank Lortz übernimmt den Vorsitz.)

Wie sieht denn die Lage in Syrien aus? Wer hat denn dort den bewaffneten Konflikt und die Auseinandersetzung mit der eigenen Bevölkerung gesucht? Das ist doch eine hochinteressante Frage. Lassen Sie uns doch nicht darüber streiten, dass man da zu anderen Entscheidungen kommen kann.

Warum wird denn die Frage so ernsthaft diskutiert, ob es notwendig ist, dass wir diejenigen, die die Diktatur stürzen wollen, unterstützen sollen, oder nicht? Das ist im Übrigen eine ähnliche Frage wie die, die in Deutschland während der Nazizeit eine wesentliche war und die insbesondere die Militärs bewegt hat. Ist es trotz eines Eides zulässig, Gewalt gegen einen Diktator anzuwenden? Das ist eine hoch spannende und eine sehr ethische Frage, mit der sich insbesondere die Offiziere in der Bundeswehr auseinandersetzen müssen.

Sie können mir glauben, dass ich weiß, wovon ich rede. Jetzt sagen Sie, wie Sie die Entscheidung – –

(Zuruf des Abg. Norbert Schmitt (SPD))

Herr Kollege Schmitt, das können Sie ins Lächerliche ziehen. Aber das sollten Sie besser nicht tun.

Schauen Sie sich doch die Situation in Syrien an. Sollen wir weiterhin tatenlos zusehen, wie der Diktator Assad mit Kampfflugzeugen Wohnquartiere bombardiert und wie Friedliche, die mit der Auseinandersetzung nichts zu tun haben, in der Türkei von Syrien aus beschossen werden? – Das alles ist doch passiert. Wollen Sie da tatenlos zusehen? Sie nehmen mir das bitte ab: Ich komme bei diesen Fragen zu einer anderen Entscheidung.

Es ist doch auch nicht richtig, dass die Einsätze der Bundeswehr im internationalen Rahmen zu keinen Ergebnissen geführt hätten. Schauen Sie sich doch die Situation im ehemaligen Jugoslawien an. Wie ist denn die Situation in Bosnien und Herzegowina? Wie ist denn die Situation in Kroatien? Wäre die Situation heute so, wenn die NATO und die internationale Gemeinschaft nicht eingegriffen hätten?

Wir haben doch 1995 bei Srebrenica genau gesehen, was geschieht, wenn die Armee keinen klaren Auftrag hat und sie deshalb tatenlos zusehen muss, wie Terroristen Frauen, Männer und Kinder hinschlachten und ermorden. Das ist eine Erfahrung, die wir aus der Auseinandersetzung in Jugoslawien zumindest zur Kenntnis nehmen müssen, wenn wir daraus nicht sogar lernen müssen.

(Beifall bei der CDU sowie der Abg. Wolfgang Greilich und Dr. Matthias Büger (FDP))

Das zeigt sehr deutlich, dass es sehr wohl eine ethisch gerechtfertigte Entscheidung sein kann, in solchen Konflikten mit Gewalt und Waffen einzugreifen, um den Frieden und die Demokratie wiederherzustellen.

Ich komme zu meiner letzten Bemerkung. Ich sage das, weil Sie das angesprochen haben. Ich halte es für verwerflich, dass Sie sich hierhin gestellt und gesagt haben, die Ehrungen und die Ehrenmale für die deutschen Soldaten, die im Einsatz für die Bundesrepublik Deutschland und die im Auftrag der Politik ihr Leben gelassen haben – –

(Zuruf der Abg. Petra Fuhrmann (SPD))

Frau Fuhrmann, das hat er gesagt. Er hat gesagt, dass das auf die Müllhalde der Geschichte gehöre. Das halte ich für verwerflich.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU und des Abg. Dr. Matthias Büger (FDP))

Ich halte es für unbedingt erforderlich, dass wir denen, die wir als Mitglieder der Politik in die Einsätze schicken, also denen, denen wir einen militärischen Auftrag geben, und die im Rahmen dieses Auftrags ihr Leben lassen oder schwer verletzt, verwundet und traumatisiert zurückkommen, ein Minimum an Respekt und Anerkennung zollen.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU)

Herr Kollege Schork, Sie müssen zum Schluss Ihrer Rede kommen.

Dazu gehört ein Ehrenmal. Dazu gehört ein ehrendes Gedenken. Wenigstens darauf sollten wir uns in dieser Debatte verständigen. – Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU und der FDP)

Herr Kollege Schork, vielen Dank. – Das Wort erhält Herr Abg. Siebel für die SPD-Fraktion.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Kollege Schork, ich kann das gut verstehen. Denn das ist ein Thema, bei dem es um Emotionen geht. Sie haben hier weniger über den Rüstungsexport, sondern über die Bundeswehreinsätze und die gewaltsame oder nicht gewaltsame Lösung von Konflikten gesprochen. Ich will versuchen, das auf den Text des Entschließungsantrags zurückzuführen.

Ich will es gleich zu Beginn unmissverständlich und klar sagen: Für die Mitglieder der SPD-Landtagsfraktion sind Waffenexporte kein Mittel der Konfliktlösung.

(Beifall bei der SPD sowie der Abg. Kordula Schulz-Asche (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) und Willi van Ooyen (DIE LINKE))

Sie müssen restriktiv gehandhabt werden. Sie müssen hauptsächlich öffentlich kontrolliert werden.

Ich möchte die Diskussion noch ein bisschen mehr versachlichen. Es wurde darauf hingewiesen, dass Deutschland nach Erhebungen des Stockholm International Peace Research Institute einen Anteil von 11 % an den weltweiten Waffenexporten hat. Das ist bei den Waffenexporteuren Platz 3 in der Welt.

Geregelt wird der Rüstungs- und Waffenexport unter anderem durch das Kriegswaffenkontrollgesetz, das Außenwirtschaftsgesetz und die Politischen Grundsätze der Bundesregierung für den Export von Kriegswaffen und sonstigen Rüstungsgütern. Herr Kollege Mack hat darauf hingewie

sen, dass diese von der rot-grünen Bundesregierung im Jahr 2000 beschlossen wurden.

Damit wird die Bundesrepublik zu einer restriktiven Rüstungsexportpolitik und einer umsichtigen Genehmigungspraxis der Exportgeschäfte verpflichtet. Die rot-grüne Regierung hat bereits vor zehn Jahren durchgesetzt, dass drei wesentliche politische Kriterien bei der Frage der Genehmigung der Rüstungsexporte berücksichtigt werden:

Erstens ist das die Situation der Menschenrechte in den Empfängerländern.

Zweitens geht es um die Frage, ob ein Export in das Empfängerland eine nachhaltige Entwicklung be- oder verhindert.

Drittens geht es um den Beitrag, den die Lieferung zum Ziel der Friedenserhaltung und Konfliktvermeidung leistet.

Damit wurde die Verantwortung der Politik bei der Entscheidung über die Rüstungsexporte gestärkt.

Auf der anderen Seite muss man allerdings sagen, dass die Realität bei der momentanen Bundesregierung eine andere ist. In der Begründung der Bundesregierung für Lieferungen in Drittstaaten spielen folgende Argumente zunehmend eine Rolle. Lassen Sie sich diese Argumente in der Tat einmal auf der Zunge zergehen:

Partner in den Konfliktregionen sollen befähigt werden, mithilfe der Rüstungslieferungen ihre Sicherheitsvorhaben selbst in die Hand zu nehmen und als „Stabilitätsanker“ zu dienen. Solche Partnerstaaten würden in die Lage versetzt, nötigenfalls selbst in Krisenregionen zu intervenieren.

Sie könnten also selbst in Krisenregionen intervenieren.

Damit wäre einem direkten militärischen Engagement Deutschlands vorgebeugt. Während Waffenexporte in Konfliktregionen bisher grundsätzlich abzulehnen waren, würden sie gemäß dieser Logik nun zu einem wichtigen Pfeiler der deutschen Außenund Sicherheitspolitik.

Ich widerspreche dieser Argumentation ausdrücklich. Sie ist scheinheilig und bewirkt das Gegenteil dessen, was wir von einer deutschen Außenwirtschaftsstrategie erwarten und auch verlangen dürfen. Sie soll auch dafür sorgen, dass Krisen nicht noch durch Waffenexporte angeheizt werden.