Ich widerspreche dieser Argumentation ausdrücklich. Sie ist scheinheilig und bewirkt das Gegenteil dessen, was wir von einer deutschen Außenwirtschaftsstrategie erwarten und auch verlangen dürfen. Sie soll auch dafür sorgen, dass Krisen nicht noch durch Waffenexporte angeheizt werden.
Es ist egal, ob es sich wirklich um einen Paradigmenwechsel handelt oder ob eine schon lange praktizierte Politik nun offensichtlich begründet wird. Es ist ein gefährlicher Trugschluss, zu glauben, dass die Lieferung von Waffen oder Kriegsgeräten zur Stabilisierung der Lage in Konfliktregionen beitragen könne.
Eine Politik, die mit der Aufrüstung der Staaten „Stabilitätsanker“ schaffen will, greift zu kurz und übersieht die Probleme, die von Waffenlieferungen ausgehen können. Nicht demokratische Staaten können Kriegswaffen zur internen Repression einsetzen, was den Frieden im Land und in der Region zusätzlich gefährden würde. Wer wird die Waffen dann in einigen Jahren gegen wen richten? – Das ist nicht vorhersehbar. In keinem Fall sollte das Kriterium der Menschenrechte in den Empfängerländern bei der Entscheidung über Exporte einer vermeintlichen Stabilität in der Region oder Sicherheitsinteressen untergeordnet werden.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, Rechtsstaatlichkeit ist Voraussetzung für nachhaltige Entwicklung und nachhaltige Friedenssicherung – mehr als Panzer und andere Kriegswaffen.
Die möglichen Waffenlieferungen nach Saudi-Arabien, Katar und übrigens auch Indonesien wurden nicht nur in der Öffentlichkeit von der Konferenz Kirche und Entwicklung kritisiert, sie lösten auch im Jahr 2012 parlamentarische Diskussionen aus. Wer aber Informationen nicht rechtzeitig erhält, der kann weder argumentieren noch kontrollieren. Dies gilt übrigens nicht nur für die Opposition, sondern auch für die Abgeordneten der Regierungskoalition im Deutschen Bundestag.
Als Gesetzgeber aber könnte sich der Deutsche Bundestag wirksame Informationsrechte verschaffen. Deshalb begrüßen wir nachdrücklich die Anstrengungen, die parlamentarische Kontrolle der Rüstungsexportpolitik zu verbessern. Ich weise darauf hin, dass die SPD-Bundestagsfraktion fast jährlich solche Anträge – im Jahr 2011 war es die Drucks. 17/5054, im letzten Jahr die Drucks. 17/9188 – in den Bundestag eingebracht hat. In diesen Anträgen wird von der Bundestagsfraktion der SPD beispielsweise sehr detailliert ausgeführt, dass man sich künftig streng an die geltenden Exportrichtlinien der Bundesregierung halten soll, an das Außenwirtschaftsgesetz, an die Außenwirtschaftsverordnung – ich habe zu Anfang ausgeführt, dass das die Grundlagen der Waffenexporte sind – usw.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, fast zum Abschluss will ich nun aus der Stellungnahme der Gemeinsamen Konferenz Kirche und Entwicklung zitieren:
Das Ziel, den internationalen Waffenhandel effektiv zu kontrollieren, lohnt alle Mühe. Dafür haben sich auch der Vatikan und der Ökumenische Rat der Kirchen immer wieder eingesetzt, darin sind wir uns mit unseren christlichen Partnerkirchen weltweit einig.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, dieser Mühe hat sich die Noch-Opposition im Deutschen Bundestag unterzogen.
Doch nicht nur die Kirchen kritisieren damit die Bundesregierung, es mehren sich auch – und deshalb wundert mich der Wortbeitrag von Herrn Schork ein bisschen – die kritischen Stimmen innerhalb der Regierungsfraktionen.
Bundespräsident Gauck hat sich seinerseits in diese Debatte eingemischt. Er sagte: Die Lieferung von Waffen an Diktaturen oder fragile Staaten widerspricht den Richtlinien der Bundesrepublik für Rüstungsexporte. – Wenn der Bundespräsident diese Praxis der Bundesregierung kritisiert, dann hat er unsere volle Unterstützung.
Waffenlieferungen in Länder, die die Menschenrechte missachten, wie Saudi-Arabien, verstoßen gegen die Exportrichtlinien.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, abschließend will ich eine letzte Bemerkung zu Hessen machen. Auch in Hessen brauchen wir eine Neuausrichtung der Außenwirtschaftsstrategie. Die SPD hat dazu eine eigene Positionierung vorgenommen. Allerdings habe ich nicht den Eindruck, dass in der Außenwirtschaftsstrategie der Landesregierung – so viel Fairness muss sein – diese Frage über
In unserer Außenwirtschaftsstrategie, die wir seitens der SPD entwickelt haben, heißt es in einem ihrer ersten Sätze:
Die Unterzeichnung der Millenniumserklärung der Vereinten Nationen durch die Bundesrepublik Deutschland hat auch für die Länder eine höhere Verantwortlichkeit entwickelt. Die Ziele der Erklärung sind eine Verpflichtung für die Entwicklungszusammenarbeit der Länder. Für uns ist die Verwirklichung der Menschenrechte unabdingbar. Armut kann nur bekämpft werden, wenn Menschenrechte und Demokratie verwirklicht werden, wenn Pressefreiheit herrscht und wenn die Gleichstellung von Frauen und Männern vorangebracht wird.
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Ostern nähert sich – und Willi van Ooyen begibt sich auf den Ostermarsch.
So erklärt sich dieser Antrag, der uns heute vorliegt. Aber leider muss ich sagen, bei aller guten Absicht, die ich dem Kollegen van Ooyen in seinem gelebten Gutmenschentum unterstelle, dass er darin doch eine ganze Menge durcheinandergeworfen und in friedensbewegter Absicht in der Sicherheits- und Verteidigungspolitik wild gewütet hat, bis hin zu Fragen der Innenpolitik. Ich will Ihnen aber gleich darlegen, warum wir dem auf gar keinen Fall zustimmen können.
Ich finde es wirklich unsäglich, wie Sie sich hier in den Widerspruch verwickelt haben: Zum einen lehnen Sie eine Waffenlieferung nach Saudi-Arabien ab, weil dort Ihrem Antrag zufolge ein islamistisches Regime an der Macht sei;
zum anderen aber stellen Sie sich hierhin und sagen zu der französischen Intervention in Mali – wo wirklich schreckliche Dinge von wirklichen Islamisten angerichtet wurden: Zerstörung von Kulturgütern, Terror gegen die Zivilbevölkerung; Kollege Schork hat es ausgeführt –, Frankreich
werde noch erkennen, dass es mit seiner „imperialen Kriegspolitik“, oder wie Sie das genannt haben, scheitern wird.
Sie sind sich auch nicht zu schade, in Ihrem Antrag auch noch die Hessische Verfassung zu bemühen und korrekt aus Art. 69 zu zitieren, wonach sich Hessen zu Frieden, Freiheit und Völkerverständigung bekennt und der Krieg geächtet ist.
Wenn Sie schon die Hessische Verfassung mit hineinziehen, dann sage ich Ihnen, es steht auch in der Verfassung des Landes Hessen, in Art. 146:
Es ist Pflicht eines jeden, für den Bestand der Verfassung mit allen ihm zu Gebote stehenden Kräften einzutreten.
(Willi van Ooyen (DIE LINKE): Am Hindukusch? – Zuruf von der SPD: Die wurde schon einmal am Hindukusch verteidigt!)
Das ist eine der instabilsten Regionen im Nahen Osten. Damit von dort keine Gefahr ausgeht, die zu einem Flächenbrand wird. Wenn Sie es wollen, kann man nämlich das dort hineininterpretieren.
(Willi van Ooyen (DIE LINKE): Die Waffen, die wir nach Libyen geliefert haben, werden jetzt in Mali eingesetzt!)
Herr Kollege van Ooyen, ich sage Ihnen eines: Ich finde es nicht gut, wie Sie hier mit dem moralischen Zeigefinger in diese Richtung zeigen, gleichzeitig aber angreifbar sind. Das sage ich übrigens auch zu den GRÜNEN. Bei denen muss man immerhin konstatieren, dass sie sich doch ganz beachtlich gewandelt haben, was ihre Einstellung zu diesen Dingen angeht,
(Dr. Christean Wagner (Lahntal) (CDU): Ja, der Fischer hat es auch anders gesehen! – Gegenruf der Abg. Janine Wissler (DIE LINKE): Leider!)
spätestens seit sie eine rot-grüne Regierung auf Bundesebene gestellt haben. Das hat auch zu erheblichen Verwerfungen bei Ihnen geführt.