Meine sehr verehrten Damen und Herren, nach der bisherigen Regelung sollen die Ersatzschulen eine jährliche Finanzhilfe erhalten, die sich an den Personalkosten des Landes für Schülerinnen und Schüler der entsprechenden öffentlichen Schulformen orientiert. Dieses Finanzierungsmodell ist schon sehr alt, und es hat alle parteipolitischen Wechsel in der Regierung dieses Landes überlebt. Aber es spiegelt die tatsächliche Personalkostenstruktur an den öffentlichen Schulen nicht mehr wider. Deswegen gibt es eine Neuberechnung der Schülerkosten, und deswegen ist eine Novellierung des Ersatzschulfinanzierungsgesetzes dringend erforderlich.
Das war keine einfache Aufgabe, denn dabei sind mehrere Parameter zu berücksichtigen. Zum einen ist für die freien Schulträger natürlich Planungssicherheit der entscheidende Punkt. Aber es geht auch um Gerechtigkeit, und es geht um eine optimale Transparenz des neuen Systems. Deswegen haben wir einen sehr langen und sehr intensiven Konsultations- und Diskussionsprozess mit den Betroffenen geführt.
Gemeinsam haben wir die Datengrundlagen geprüft. Gemeinsam haben wir ein neues Berechnungsverfahren zur Ermittlung der Schülerkosten entwickelt. Alle vom Gesetz Betroffenen waren von Anfang an beteiligt und hatten Einblick in die Erhebung dieser Daten und in die Entwicklung dieses Verfahrens. Damit ist nun ein abgestimmtes, transparentes und vor allem faires neues Finanzierungssystem gelungen.
Grundsätzlich soll das Land 85 % der Kosten finanzieren, die im Landeshaushalt für eine Schülerin oder einen Schüler an einer öffentlichen Schule anfallen. Für Förderschülerinnen und -schüler erhöht sich dieser Satz auf 90 %.
Die gleichen Prozentsätze gelten für die Sachkosten auf Basis der Ausgaben der kommunalen Schulträger. Damit es Planungssicherheit sowohl für die Schulträger als auch für den Landeshaushalt gibt und das Ganze für den Landeshaushalt verkraftbar bleibt, wird dies über einen zehnjährigen Stufenplan umgesetzt, der von den Schülersätzen des Jahres 2012 ausgeht.
Im Interesse der Planungssicherheit garantieren wir den freien Schulträgern, dass kein Schülersatz, wie er jetzt aktuell neu berechnet wird, unter den Stand von 2012 absinkt. Somit hat niemand an dieser Stelle Verluste zu befürchten.
Auch die Zuwendungen für Lernmittelfreiheit, Sach- und Investitionskosten bleiben voll erhalten. Es gilt eine Korridorregelung bis zum Jahr 2022. Danach ergeben sich Anhebungen der derzeitigen Fördersätze für die allgemeinbildenden Schulen von bis zu 28 %, für Förderschulen bis zu 46 %, für Förderschulen mit dem Schwerpunkt geistige Entwicklung sogar bis zu 54 %, für Förderschulen mit dem Schwerpunkt körperliche und motorische Entwicklung sogar bis zu 69 %.
Wir führen noch etwas Neues ein, das von ganz besonderer Bedeutung für die Planungssicherheit der freien Schulträger ist. Wir bitten den Landtag, einen Inflationsausgleich ins Gesetz aufzunehmen. Dieser Inflationsausgleich orien
tiert sich an den jährlichen Besoldungserhöhungen einer Beamtin/eines Beamten der Besoldungsgruppe A 13 höherer Dienst, d. h. Studienrätinnen und Studienräte. Aus aktuellem Anlass erlaube ich mir in diesem Zusammenhang die Bemerkung, dass diese Landesregierung im Gegensatz zum rot-grün regierten Nordrhein-Westfalen dafür sorgen wird, dass Studienrätinnen und Studienräte nicht von der allgemeinen Einkommensentwicklung abgekoppelt werden.
Mit diesem Gesetzentwurf halten wir die gegebenen Zusagen ein. Wir schaffen eine gerechtere Finanzierung der verschiedenen Schulformen untereinander. Wir gewährleisten die Lebens- und Leistungsfähigkeit der Ersatzschulen als einen wesentlichen Beitrag zur Vielfalt unserer Bildungslandschaft.
Ich bitte den Hessischen Landtag um eine zügige und positive Beratung dieses Gesetzentwurfs. – Vielen Dank.
Herr Staatssekretär, herzlichen Dank. – Der Gesetzentwurf ist eingebracht. Ich eröffne die Aussprache. Es beginnt Herr Kollege Wagner, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Auch bei diesem Gesetzentwurf der Landesregierung gilt: Abends werden die Faulen fleißig.
Über Jahre wurde bei der Finanzierung der Schulen in freier Trägerschaft nicht nur nichts gemacht, sondern den Schulen in freier Trägerschaft wurden auch die eigentlich gesetzlich vorgesehenen Anpassungen vorenthalten, weil man sie immer damit vertröstet hat, es gebe bald eine Neuregelung. Über Jahre hat sich somit die Finanzierung der Schulen in freier Trägerschaft immer weiter verschlechtert. Jetzt, Wunder, oh Wunder, kurz vor der Wahl gibt es die Neuregelung. Das meinen wir mit „Abends werden die Faulen fleißig“. Glaubwürdig ist das alles nicht.
(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Zu- rufe der Abg. Hans-Jürgen Irmer und Alexander Bauer (CDU))
Den runden Tisch zur Neuregelung der Ersatzschulfinanzierung hat meine Fraktion bereits im Jahr 2009 im Hessischen Landtag beantragt.
Frau Kollegin Habermann, vielleicht haben wir ihn auch gemeinsam beantragt, darüber will ich jetzt nicht streiten. Auf jeden Fall ist es vier Jahre her. – Diese Landesregierung hat vier Jahre gebraucht, um zu einem Ergebnis zu kommen, bzw. das Ergebnis lag lange vor. Obwohl es das Ergebnis schon lange gibt, hat die Landesregierung nichts gemacht.
Wie sieht das jetzt aus, was diese Landesregierung vorstellt? – Es ist ein spannendes Prinzip. Die Landesregierung bestellt, und künftige Landesregierungen müssen bezahlen. So kann man in diesem Haus natürlich leicht Politik machen.
Wenn wir uns die finanziellen Auswirkungen dieses Gesetzentwurfs anschauen, dann stellen wir fest, das geht in den Haushaltsjahren 2013/2014 relativ moderat los, mit jeweils 13 Millionen €. Dann lohnt es sich, zu schauen, wie die finanzielle Auswirkung im Jahr 2022 aussieht: Da sind es 100 Millionen €. – Also, Sie bestellen, und andere müssen bezahlen. Herr Staatssekretär, so kann man leicht Politik machen.
Wir haben einen weiteren Gesetzentwurf, der der panischen Angst der Landesregierung vor dem Urteil der Bürgerinnen und Bürger zu Ihrer Bildungspolitik geschuldet ist. Sie haben panische Angst, dass die Ersatzschulen Ihnen sagen, dass es nicht in Ordnung war, wie Sie in den letzten Jahren mit ihnen umgegangen sind. Deswegen wird jetzt auf den letzten Metern so ein Gesetzentwurf vorgelegt. – Sei es drum, die Bürgerinnen und Bürger sind viel schlauer als Ihre taktischen Manöver.
Die Verbesserung der Finanzsituation der Schulen in freier Trägerschaft war längst überfällig. Deswegen ist es auch gut, dass es jetzt zu dieser Verbesserung kommt.
Die Schulen in freier Trägerschaft sind eine wertvolle Bereicherung unseres Bildungsangebots. Sie geben zahlreiche Impulse für die Weiterentwicklung des schulischen Angebots in unserem Land. Diese Impulse haben schon in der Vergangenheit das Angebot von Schulen in staatlicher Trägerschaft bereichert und weiterentwickelt und werden es mit Sicherheit auch in der Zukunft auf vielfältige Weise tun. Deswegen ist es gut, dass wir eine lebendige Kultur von Schulen in freier Trägerschaft in unserem Land haben. Diese Schulen brauchen auch eine vernünftige Finanzierungsgrundlage. Es ist gut, dass es jetzt eine neue und eine vernünftige Finanzierungsgrundlage gibt. Das will ich ausdrücklich sagen. Über Ihre Motivationslage, warum Sie es tun, habe ich im ersten Teil meiner Rede schon gesprochen, Herr Kollege Irmer.
Jetzt hilft es aber bei Gesetzen auch, ins Detail zu schauen. Dazu verspreche ich mir auch noch sehr viel von dem Anhörungsverfahren, das wir durchführen. Wir wissen alle, dass die Benachteiligung von Schulen in freier Trägerschaft gegenüber Schulen in staatlicher Trägerschaft sehr unterschiedlich ausgeprägt ist.
Wenn wir uns die Prozentsätze anschauen, was die Schulen in freier Trägerschaft im Vergleich zu ihren Pendants in staatlicher Trägerschaft bekommen, dann sehen wir eine riesige Bandbreite. Bei einigen Schulen in freier Trägerschaft ist die Lücke sehr viel größer als bei anderen
Es lohnt, in der Anhörung darüber nachzudenken, ob es nicht sinnvoll wäre, die Schulen, die besonders benachteiligt sind, besonders schnell von dieser Benachteiligung zu befreien. Das ist bislang in Ihrem Gesetzentwurf noch nicht vorgesehen. Ich bin sehr gespannt darauf, was uns die Vertreter der Schulen in freier Trägerschaft dazu sagen werden, welche Veränderungen sie sich vorstellen können.
Herr Staatssekretär, wenn wir die Finanzierung der Schulen in freier Trägerschaft jetzt neu regeln, dann sollten wir auch über das Thema Schulgelder reden. Sie haben es in Ihrer Rede angesprochen: das Sonderungsverbot. Dabei geht es um ein grundgesetzliches Verbot, dass über die Gestaltung von Schulgeldern Schülerinnen und Schüler vom Besuch einer Schule in freier Trägerschaft ausgeschlossen werden. Herr Staatssekretär, in Ihrem Gesetzentwurf findet sich dazu keinerlei Neuregelung.
Wir haben vor nicht allzu langer Zeit in diesem Landtag eine Große Anfrage meiner Fraktion diskutiert, in der nach den Schulgeldern und der Überprüfung des Sonderungsverbots gefragt wurde. Das Ergebnis war, um es einmal vorsichtig zu sagen, ziemlich lax. Es interessiert Sie nämlich so gut wie überhaupt nicht, was an den Schulen mit den Schulgeldern passiert und ob das Sonderungsverbot eingehalten wird. Meine Damen und Herren, das kann so nicht sein.
Einer besseren Finanzierung muss jetzt auch eine bessere Kontrolle des Sonderungsverbots folgen. Das wünschen wir uns dringlich von diesem Gesetzentwurf. Das Sonderungsverbot muss eingehalten werden.
Damit keine Missverständnisse entstehen: Wir haben überhaupt kein Misstrauen gegenüber den vielen bewährten Trägern von Schulen in freier Trägerschaft, die eine hervorragende Arbeit leisten und über Sozialstaffeln dafür sorgen, dass dieses Sonderungsverbot eingehalten wird. Wir sehen aber mit Sorge die wachsende Zahl an schwarzen Schafen, denen es nicht um pädagogische Bereicherung geht, sondern denen es darum geht, durch hohe Schulgelder Schülerinnen und Schüler vom Besuch der Schulen auszuschließen.
In diesem Sinne freuen wir uns auf die weiteren Beratungen über diesen Gesetzentwurf. Der Gesetzentwurf ist nicht von Einsicht aufseiten der Regierungsfraktionen, sondern durch Sorge vor dem Wahltermin geprägt. Wenn er die Situation der Schulen in freier Trägerschaft verbessert, soll es uns recht sein. In diesem Sinne freuen wir uns auf die weiteren Beratungen.