Protokoll der Sitzung vom 22.05.2013

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Wenn Sie sich tatsächlich ernst nehmen, dann können Sie doch nicht so einen Unsinn erzählen. Die Kollegen Beuth und Alexander Noll haben es schon gesagt: Sie von den GRÜNEN wollen die 450-€-Jobs auf 100-€-Jobs zusammenstreichen. Wen treffen Sie damit? Sie treffen damit die Leute, die sich ein bisschen Geld dazuverdienen wollen. Mit welcher Begründung? Ich habe bis heute keine gehört. Warum wollen Sie Studenten und Schülern, Rentnern und denen, die sich etwas Geld dazuverdienen wollen, 350 € im Monat abnehmen? Das ist die Wirklichkeit an dieser Stelle.

(Beifall bei der CDU und der FDP – Zurufe von der SPD)

Frau Kollegin Schulz-Asche, Sie schütteln den Kopf. Warum haben Sie außerdem beschlossen – das hat bisher keiner erwähnt –, den ermäßigten Mehrwertsteuersatz abzuschaffen?

(Tarek Al-Wazir (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Wir wollen ihn für Esel abschaffen, für Hoteliers und sonstige FDP-Freunde! – Heiterkeit bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der LINKEN – Unruhe bei der CDU und der FDP)

Herr Al-Wazir, bleiben Sie bei der Wahrheit. Sie haben einen einheitlichen Mehrwertsteuersatz beschlossen. – Das heißt für jeden Bürger in diesem Land konkret, dass er für alles, wofür er bisher einen Mehrwertsteuersatz von 7 % bezahlt hat – von den Schnittblumen bis zum Hundefutter, und was es sonst noch gibt; das kann man für richtig oder falsch halten –, in Zukunft 12 % mehr bezahlen muss, wenn Sie einen einheitlichen Mehrwertsteuersatz von 19 % einführen. Das ist die Wirklichkeit, über die Sie nicht reden. Das trifft nämlich alle Bürgerinnen und Bürger.

(Beifall bei der CDU und der FDP – Zurufe von der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Reden wir einmal über eine weitere Ihrer fabelhaften Vorstellungen. Sie wollen das Ehegattensplitting abschaffen. Sie behaupten, das treffe nur 0,2 % – so die SPD – oder 10 % – so die GRÜNEN – der Bevölkerung? Das ist doch irre.

(Günter Rudolph (SPD): Bleiben Sie bei der Wahrheit!)

Meine Damen und Herren, wer das Ehegattensplitting abschaffen will, wie Sie es beschlossen haben, trifft die Masse der Bevölkerung, trifft jeden Ehemann und jede Ehefrau.

(Beifall bei der CDU und der FDP – Widerspruch bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der LIN- KEN)

Jetzt komme ich zur Sozialdemokratie. Zwischen den GRÜNEN und der SPD gibt es schon ein paar Unterschiede. Lieber Herr Noll, Sie haben ausgeführt, dass die SPD die Unterabteilung der GRÜNEN sei. Ob das stimmt, weiß ich nicht. Aber wenn man Herrn Steinbrück zur Abschaffung des Splittings fragt, sagt er, je nachdem, wann man ihn fragt: Das gilt nur für zukünftige Eheschließungen. – Wenn das so ist, müssen Sie aber geringere Einnahmen daraus errechnen. Sonst stimmt die Rechnung hinten wie vorne nicht. Wenn es nach den GRÜNEN geht, soll die Abschaffung für alle Ehen gelten. Das sollen die 10 % der Bevölkerung sein, die Sie treffen wollen?

(Petra Fuhrmann (SPD): Spricht jetzt wirklich der Ministerpräsident?)

Können Sie mir einmal erklären, was die Erhöhung der Beitragsbemessungsgrenze für die Krankenversicherung bedeutet? Ich sage es Ihnen: Das bedeutet für die Versicherten 200 bis 300 € im Monat mehr. Sie wollen die Krankenversicherung an die Rentenversicherung „anknüpfen“. Das belastet die Arbeitnehmer, weil sie mehr bezahlen müssen, das belastet die Arbeitgeber, weil sie mehr bezahlen müssen, und das gefährdet Arbeitsplätze. Das ist der falsche Weg.

(Beifall bei der CDU und der FDP – Zurufe von der SPD und der LINKEN)

Sie sprechen immer davon und versuchen, diese Illusion aufrechtzuerhalten, diese Änderungen träfen nur „die da oben“, nur ein paar ganz Reiche. Können Sie mir dann einmal erklären, welchen Sinn es macht, die Betreuungspauschale für Erziehung und Ausbildung abzuschaffen? Das haben Sie beschlossen. Wenn Sie die abschaffen, kostet das die betroffenen Familien im Monat 45 €, die sie dann nicht mehr haben. Also von wegen, es treffe die Spitzenverdiener. Es trifft bereits Alleinerziehende mit einem Kind ab einem Einkommen von 31.700 €.

Das ist die Wirklichkeit dessen, was Sie beschlossen haben. Deshalb sage ich Ihnen: Es ist eine grobe Rosstäuscherei, wenn Sie glauben, die Menschen damit erreichen zu können, indem Sie immer davon sprechen, es treffe nur ein paar „da oben“. Wer sich Ihre Beschlüsse näher ansieht, der weiß, dass das nicht stimmt. Herr Al-Wazir, Sie wissen das doch selbst. Warum haben Sie denn so verzweifelt versucht, dieses Thema ständig herumzudrehen? Ich habe mit Boris Palmer darüber gesprochen. Ich könnte jetzt die Rede halten, die er halten würde. Es gibt klügere GRÜNE, die wissen, dass der Weg in die falsche Richtung geht, nur hier im Hessischen Landtag gibt es die nicht.

(Heiterkeit und Beifall bei der CDU und der FDP – Mathias Wagner (Taunus) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Es gibt auch klügere Ministerpräsidenten!)

Sehr geehrter Herr Wagner, Sie sind einer von denen, die ganz besonders gerne zuspitzen. – Dann wollen wir das einmal tun. Sie von Rot und Grün wollen eine für alle obligatorische Bürgerversicherung einführen, auch für Beamte, Selbstständige und Freiberufler. Das heißt im Klartext, Sie treffen den Mittelstand ins Mark. Jeden Handwerker, der bisher in einer günstigen Versicherungsklasse ist, wollen

Sie in Zukunft schröpfen, indem er in die Bürgerversicherung einzahlen muss.

(Zurufe von der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Damit treffen Sie den Mittelstand ins Mark. Sie haben genau das auch gestern Abend gehört.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Warum sind Sie so unbelehrbar? Wir werden in Hessen den 100.000 Beamten und den 30.000 Versorgungsempfängern sehr deutlich machen, was Ihre Pläne bedeuten. 100.000 Beamten müssten in Zukunft für ihre Krankenversicherung mehr bezahlen.

(Zurufe von der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Eine Bürgerversicherung, wie Sie sie sich vorstellen, kostet bei einem mittleren Einkommen zwischen 200 und 300 € mehr. Wenn Sie das wollen, dann sollten Sie es auch sagen. Wir wollen das jedenfalls nicht.

(Beifall bei der CDU und der FDP – Günter Rudolph (SPD): Wer hat den Beamten jahrelang Sonderopfer abverlangt? Das waren Sie!)

Wenn Sie die Selbstständigen, von denen viele, wenn sie sich gerade selbstständig gemacht haben, dankbar sind, dass sie eine Möglichkeit haben, sich günstig zu versichern, mit ihrer Bürgerversicherung überziehen wollen, dann sage ich Ihnen: Schauen Sie sich einmal an, wie es jungen Anwälten geht, wie es anderen jungen Selbstständigen geht. Die werden sich bedanken, wenn Sie als Abkassierertruppe mit dem großen Wort von der Gerechtigkeit daherkommen. Es ist eben nicht gerecht, den Menschen Geld wegzunehmen und es anschließend nach ideologischen Gesichtspunkten zu verteilen. Genau das unterscheidet uns von Ihnen.

(Beifall bei der CDU und der FDP – Günter Rudolph (SPD): Was Sie sagen, ist abenteuerlich!)

Ich lebe nicht in der Illusion, dass wir Sie überzeugen können. Aber unwidersprochen darf das hier nicht bleiben. Die „FAZ“ schreibt: „Kindergeldpläne der SPD belasten jede dritte Familie“. An anderer Stelle heißt es: „Die Mitte zahlt“. Am 16. Mai konnten Sie lesen: „Die GRÜNEN jonglieren mit dem Geld der Mittelschicht“. Meine Damen und Herren, die Bürgerinnen und Bürger spüren sehr wohl, was da passiert. Seien Sie versichert: Wir werden daran arbeiten, dass Sie mit den Behauptungen, die Sie hier aufstellen, nicht durchkommen.

Ich will zum Schluss nur noch zwei Beispiele nennen, damit die Zeit nicht überzogen wird. Ich hätte von Rot und Grün gerne einmal gewusst, was Sie eigentlich meinen, wenn Sie von Vermögensteuer reden. Die GRÜNEN wollen ja nicht nur über eine Vermögensteuer, sondern auch über eine Vermögensabgabe doppelt abkassieren.

(Mathias Wagner (Taunus) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Auch das ist Quatsch!)

Herr Wagner, Sie werden wahrscheinlich nicht betroffen sein.

Gestern Abend konnte man aber eine bestimmte Frage hören. Da haben die Handwerker gefragt – der Kollege Beuth hat es angesprochen –: Gilt das Eigenkapital eigentlich auch als Vermögen? Jeder, der ein bisschen Ahnung vom

wirtschaftlichen Geschehen hat, weiß, dass das eine Schlüsselfrage ist. In Ihren Rechnungen wird keine Ausnahme gemacht.

Wir haben uns über viele Jahre gemeinsam angestrengt, damit gerade der handwerkliche Mittelstand von den Banken günstige Kredite bekommt. Die Banken wollen und sollen – das wollen wir alle – nach Basel III mit einem höheren Anteil an Eigenkapital haften, damit nicht der Steuerzahler einspringen muss, wenn es Schwierigkeiten gibt. Das ist richtig.

Auf der anderen Seite werden dadurch die Möglichkeiten der Banken, Kredite zu vergeben, verkürzt. Wenn Sie jetzt auch noch das Eigenkapital als Vermögen besteuern, werden Sie erleben, dass die Masse der mittelständischen Betriebe benachteiligt wird. Das kann vernünftigerweise niemand wollen.

(Beifall bei der CDU und der FDP – Vizepräsidentin Ursula Hammann übernimmt den Vorsitz.)

Ich bitte Sie also herzlich: Sie können diese Position vertreten. Aber dann sagen Sie den Menschen die Wahrheit.

(Mathias Wagner (Taunus) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Damit können Sie ja anfangen!)

Wenn wir über Hessen reden, fügen wir bitte Folgendes hinzu: Sie haben uns die Neuverschuldung dieses Landes vorgehalten.

(Günter Rudolph (SPD): 96 %!)

Ja. – Sie haben dabei aber eines vergessen: Den 18 Milliarden € Neuverschuldung stehen Zahlungen in den Länderfinanzausgleich in Höhe von 30 Milliarden € entgegen.

(Beifall bei der CDU und der FDP – Mathias Wag- ner (Taunus) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Wer hat den denn verhandelt? – Weitere Zurufe von der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Herr Wagner, das hören Sie nicht gern. Aber ich sage Ihnen noch einmal: Hessische Interessen vertritt man nicht, indem man die Leute hinter die Fichte führt.

(Mathias Wagner (Taunus) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Wer hat den denn verhandelt? – Zuruf des Abg. Günter Rudolph (SPD))

Hessische Interessen vertritt man, indem man einen völlig ungerechten bzw. – wie der Kollege Kretschmann immer sagt – „bescheuerten“ Finanzausgleich beendet. Deshalb haben wir geklagt.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Ich sage Ihnen: Sie werden in Hessen niemandem erklären können, warum Rot und Grün weiterhin einen Zustand dulden wollen, der so aussieht, dass wir erfolgreich sind und dass sich andere mit unserem Geld Dinge leisten, die wir uns nicht leisten. Das ist ungerecht. Wenn Sie vernünftig wären, würden Sie uns in diesem Kampf unterstützen.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Sie haben nicht den Mumm, hessische Interessen zu vertreten. Herr Al-Wazir, ganz nebenbei: Ihr stärkstes Argument war, dass 70 % der Bevölkerung Ihre Pläne für richtig halten würden. Nehmen Sie den „DeutschlandTrend“ der letzten Woche: 53 % der Leute erklären mittlerweile, die rotgrünen Pläne seien schädlich. 70 % erklären, sie seien davon aber nicht betroffen. Seien Sie versichert: Wir werden