Protokoll der Sitzung vom 04.09.2013

(Beifall bei der FDP und der CDU – Zuruf der Abg. Nancy Faeser (SPD))

So geht man auch als Opposition nicht mit den Institutionen des Landes Hessen um. Das lassen Sie sich bitte gesagt sein. Das ist ein starkes Stück.

(Tarek Al-Wazir (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Herr Greilich, Sie sind wieder sympathisch, freundlich usw.!)

Meine Damen und Herren, wir haben in diesem Land eine klare Gewaltenteilung. Das bedingt auch eine klare Verteilung der Zuständigkeiten. Zuständig für die Ermittlung in Strafsachen wie Bestechung, und was es da so alles gibt, ist die Staatsanwaltschaft. Ich sage: Ja, es gibt Bestechungen, und es gibt Menschen, die sich zur Bestechung bekennen. Für die Verfolgung ist bei uns aber eindeutig die Staatsanwaltschaft zuständig und sonst niemand. Diese Staatsanwaltschaft funktioniert, und sie ermittelt, wann im

mer es entsprechende Anzeichen gibt, auch über Dinge innerhalb der hessischen Polizei, die nicht in Ordnung sind.

Wenn es ansonsten um Fragen geht, ob das Handeln der Polizei im Allgemeinen rechtmäßig war oder nicht, dafür haben wir Verwaltungsgerichte. Frau Kollegin Faeser, auch das wissen Sie, und vielleicht können Sie das bei Gelegenheit auch Herrn Frömmrich einmal vermitteln. Die entscheiden dann über die Frage, ob das Handeln der Verwaltung oder der Polizei rechtmäßig war oder nicht. Eines will ich sehr deutlich in Richtung der werten Genossinnen und Genossen von der Linksfraktion sagen: Öffentliche Tribunale über die Polizei sieht unsere Verfassung nicht vor, und das ist ein völliger Irrweg.

(Beifall bei der FDP und der CDU – Hermann Schaus (DIE LINKE): So sieht also die Freiheit der FDP aus; sie wollen Kritiker mundtot machen!)

Herr Kollege Schaus, wenn Sie das, was ich jetzt überzeichnend als Tribunal bezeichnet habe, wirklich einführen wollten, müsste dieser Staat in der Tat einschränken; denn Tribunale außerhalb unserer rechtsstaatlichen Ordnung sieht unsere Verfassung nicht vor, und gegen diese würden wir uns zu wehren haben. Aber das, was Sie hier machen, also politische Tribunale, hat nichts mit Volksgerichten oder sonstigen Dingen zu tun. Meine Damen und Herren, so etwas werden wir nicht akzeptieren. Es wird im Lande Hessen keine Nebenjustiz geben.

Diesen Gesetzentwurf werden wir nicht unterstützen, weil er einen Generalverdacht manifestiert – das sagte ich schon –, wie im Übrigen auch das, was die GRÜNEN mit der Kennzeichnungspflicht jetzt für Hessens Polizei wünschen. Mit diesem Gesetzentwurf wie mit der Forderung nach der Kennzeichnungspflicht zeigt diese Opposition, auf welch doppelgesichtige Art und Weise sie agiert. Einerseits rennen Sie durch die Gegend, versprechen jedem Beamten alles und jedes, obwohl Sie genau wissen, dass es nicht finanzierbar ist. Sie können es nicht finanzieren, ob das die 40-Stunden-Woche in kurzer Frist ist, die Erhöhung von Zulagen oder die Ausweitung von Stellen.

(Nancy Faeser (SPD): Das geht schon, nur Sie wollen es nicht!)

Das erklären und versprechen Sie. Aber wenn es darauf ankommt, sich einmal zur Polizei zu bekennen, dann ist nichts anderes da als Misstrauen, meine sehr geehrten Damen und Herren von den Oppositionsbänken. Das passt nicht zusammen. Das merken auch die Beamtinnen und Beamten in diesem Land. Deswegen lehnen wir auch diesen Entwurf weiterhin ab.

(Beifall bei der FDP und der CDU)

Vielen Dank, Herr Kollege Greilich. – Als nächster Redner spricht Kollege Schaus von der Fraktion DIE LINKE. Bitte schön, Herr Kollege.

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Eine unabhängige Beschwerdestelle für die Aufarbeitung von Vorwürfen über Polizeigewalt intern wie extern ist richtig. Eine unabhängige Beschwerdestelle ist logisch, und sie ist seit Jahren überfällig. Deshalb fordern wir dies

als LINKE schon seit Jahren ebenso wie Amnesty International und andere Bürgerrechtsorganisationen. Ein unabhängiger Polizeibeauftragter ist in anderen europäischen Ländern im Übrigen ganz selbstverständlich.

(Holger Bellino (CDU): Es wäre besser, wenn Sie die Polizei nicht immer attackieren würden bei Ihren Demonstrationen und anderem!)

Herr Bellino, hören Sie doch einmal zu.

(Holger Bellino (CDU): Es wäre besser, wenn Sie die Polizei nicht immer attackieren würden!)

Herr Bellino, eines muss ich Ihnen einmal sagen. Sie haben wirklich den richtigen Namen: Bell-ino. – Also hören Sie doch einmal zu.

(Beifall bei der LINKEN und der SPD)

Herr Kollege Schaus, ich bitte, solche Interpretationen nicht vorzunehmen. Wir sind hier im Parlament.

Wenn es doch stimmt. – Herr Bellino, eine solche Stelle gibt es in Großbritannien, in Irland, in Frankreich und in skandinavischen Ländern. Dort ist klar, dass bei Vorwürfen gegen die Polizei nicht die Polizei selbst ermittelt, sondern eine andere, möglichst neutrale Stelle. Dies hat auch gar nichts mit Verschwörungstheorien oder bösen Unterstellungen gegen die Polizei zu tun, sondern mit der simplen Tatsache, dass sich Polizeikollegen immer schwertun, gegen eigene Kolleginnen und Kollegen zu ermitteln. Das sagt einem schon der gesunde Menschenverstand.

(Zuruf von der CDU: Den hätten Sie gern!)

Der gesunde Menschenverstand sagt einem auch, dass Opfer von Polizeigewalt natürlich nicht zur Polizei gehen, weil ihr Vertrauen in die Polizei gerade maximal erschüttert wurde.

(Holger Bellino (CDU): Wir haben aber einen Rechtsstaat!)

Aber so logisch, notwendig und überfällig das alles ist: Innenminister Rhein wehrt sich mit Händen und Füßen dagegen, mit freundlicher Unterstützung der CDU und der angeblichen Bürgerrechtspartei FDP.

(Zuruf von der FDP: Das „angeblich“ können Sie weglassen!)

Meine Herren von der FDP, vielleicht ist der Rechtsstaat in Frankreich, in England und in skandinavischen Ländern in dieser Beziehung einfach weiter als Sie. Nach meiner Überzeugung jedenfalls hat der Rechtsstaat den Bürgerinnen und Bürgern zu dienen und nicht umgekehrt. Aber außerhalb jeder sachlichen Debatte befindet sich, wie so oft, der Noch-Innenminister Boris Rhein.

Herr Rhein, Ihre Polemik in der Sache ist inzwischen unerträglich, wenn Sie erklären, die Opposition verlange einen Denunziationsbeauftragten, um die Polizei systematisch zu verunglimpfen. Das haben Sie gesagt.

(Holger Bellino (CDU): Da können Sie sich ja bewerben!)

Solche Aussagen haben mit sachbezogener Politik nichts zu tun, sondern sind pure Demagogie.

(Beifall bei der LINKEN, der SPD und dem BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN)

Das kennen wir von Ihnen leider auch an anderen Stellen. Deshalb sage ich auch in Richtung Polizei: Lassen Sie uns nach den Wahlen vernünftig darüber reden, wie wir das strukturelle Dilemma lösen. Lassen wir nicht den Eindruck stehen, dass bei der Polizei schwarze Schafe durchkommen können. Nach meiner Überzeugung würde niemand mehr davon profitieren als die vielen Tausend Polizeikolleginnen und -kollegen selbst, die täglich ordentlich ihren Dienst versehen,

(Beifall bei der LINKEN, der SPD und dem BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN)

wenn Beschwerden endlich von einer unabhängigen, von allen akzeptierten Stelle nachgegangen würde. Das wäre schon deshalb schön, weil weder intern noch nach außen etwas hängen bleiben kann. Das wäre doch eigentlich prima für alle.

Ich bin der festen Überzeugung, dass die weit überwiegende Mehrheit der Polizeibeamtinnen und -beamten damit überhaupt kein Problem hat. Es ist doch im Wesentlichen die politische Führung, die sich von niemandem in die Karten schauen lassen möchte. Da seit 1999 durch die Umstrukturierung durch die CDU quasi politische Polizeibeamte allen Polizeipräsidien vorangestellt wurden, ist die ablehnende Haltung der Regierungsfraktionen nur logisch. Wir wissen, dass mit dieser politischen Führung riesige Probleme verbunden sind. Ich erinnere nur an den Landespolizeipräsidenten Nedela.

Wir wissen aber auch, dass Herr Rhein die Probleme lieber konsequent leugnet, als sie konsequent abzustellen, z. B. die massiven Vorwürfe über Mobbing und schwarze Listen innerhalb der Polizei. Herr Rhein sprach damals von zwei bis drei Fällen und einer Schmutzkampagne der Opposition gegen die Polizei. Nach Stand Anfang dieses Jahres waren es aber mindestens 400 Polizeibeamtinnen und -beamte, die sich als Mobbingopfer beim derzeitigen Polizeibeauftragten gemeldet haben. Dieser Beauftragte ist aber nur intern zuständig und nicht für Bürgerinnen und Bürger.

Die Frage ist doch – Herr Bauer, da frage ich Sie –: In welcher Parallelwelt leben Sie eigentlich? Wer profiliert sich denn permanent auf dem Rücken der Polizeibeamtinnen und -beamten, wenn nicht Sie? Das uns vorzuwerfen, halte ich für absurd.

(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Zuruf des Abg. Alexander Bauer (CDU))

Welches Verständnis Herr Greilich, die CDU- und die FDP-Fraktion haben, sozusagen mit Kritik oder Dokumenten im Zusammenhang von Blockupy umzugehen, das haben wir im Innenausschuss erlebt. Sie waren nicht bereit, nur ein Foto von den Polizeiübergriffen, die niemand außer Ihnen bestreitet, zuzulassen. Sie wollten sie nicht sehen. Das Lieblingswort von Herrn Bellino war „Klamauk“.

(Zuruf des Abg. Holger Bellino (CDU))

Herr Bellino, das ist aber kein Klamauk, wenn es 300 Verletzte gibt und dieses Parlament nicht bereit ist, das auch zur Kenntnis zu nehmen. Die Dokumente, die von Juristen, von Journalisten und von all denjenigen, die sich daran be

teiligt hatten, vorgelegt worden sind, sind nicht zur Kenntnis genommen worden.

Herr Kollege Schaus, lassen Sie eine Zwischenfrage zu?

Nein, keine Zwischenfrage. Herr Bellino, Sie können eine Kurzintervention machen, dann nehme ich dazu Stellung, aber das möchte ich jetzt noch ausführen.

Es passt genau in diese Denke, wenn Herr Greilich versucht, das zu diskreditieren, was letzten Samstag stattgefunden hat, als nämlich eine Auseinandersetzung mit dem Thema Blockupy von Zeugen, die selbst gesehen haben, wie die Polizei im Zusammenhang mit Blockupy vorgegangen ist, stattgefunden hat. Es passt ins Bild, das zu diskreditieren und möglicherweise darüber nachzudenken, das zu verbieten.

(Zuruf des Abg. Holger Bellino (CDU))

Es gibt massive Berichte und Aussagen von betroffenen Demonstrationsteilnehmern vom 1. Juni. Es gibt zig Verletzte, es gibt zig Einsätze von Pfefferspray, und es gibt über 100 Verfahren in diesem Zusammenhang. Das wäre sinnvollerweise bei einem externen Polizeibeauftragten besser aufgehoben als in über 100 Verfahren bei den Gerichten.

(Clemens Reif (CDU): Sie bringen nichts Neues ein!)

Wie zynisch muss man eigentlich sein, wenn der Innenminister, CDU und FDP und die Polizeiführung die Realität komplett verleugnen und Darstellungen sogar verbieten und dann sagen: Beschwert euch doch bei der Polizei. – Das ist doch wirklich aberwitzig.

Kommen Sie bitte zum Ende.