Deshalb müssen wir uns mit der Frage beschäftigen, wie wir die Energiewende umsetzen. Dazu sage ich: Je dezentraler, umso geringer die Kosten, umso weniger Netzausbau und umso sinnvoller ist das.
Nun zur Frage der Akzeptanz. Sie reden immer wieder davon, die Energiewende bedürfe der gesellschaftlichen Akzeptanz. Eine mangelnde gesellschaftliche Akzeptanz hat Sie bei der Atomkraft nie gestört. Das muss man auch einmal so klipp und klar sagen. Sie haben Atomkraftwerke irgendwohin gestellt, obwohl es große Protestbewegungen dagegen gab. Zur Not wurde sogar der Polizeiknüppel eingesetzt. Die Frage der Akzeptanz hat Sie bei Atomkraft und Kohle nie interessiert.
Erst jetzt, wenn es um die erneuerbaren Energien geht, reden Sie von Akzeptanz, weil Sie wieder ein Vehikel suchen, um die Energiewende zu verhindern. Es ist schon absurd, wenn man in Wiesbaden als FDP brennende Windräder plakatiert und sich dann hierhin stellt und sagt, es gebe in der Bevölkerung keine Akzeptanz, es gebe Ängste, auf die müsse man reagieren. Sie schüren die Ängste, auf die Sie sich dann hier beziehen. Das ist absurd.
Angst vor steigenden Preisen, Angst vor brennenden Windrädern, Forderungen nach einem Mindestabstand: Mit all diesen Plakaten schüren Sie doch selbst Ängste. Daher brauchen Sie sich nicht zu wundern, dass es keine Akzeptanz gibt. Sie haben jede Menge bürokratische Vorgaben gemacht, z. B. Mindestabstände festgelegt. Sie schreiben den Investoren die erforderliche Windgeschwindigkeit vor. Lassen Sie doch die Menschen selbst entscheiden, wo sie ein Windrad bauen wollen. Niemand stellt ein Windrad dort auf, wo kein Wind weht. Warum müssen Sie an dieser Stelle Vorschriften machen, wo Sie sonst doch immer Freiheit predigen und behaupten, dass der Markt alles regle?
Man merkt, dass Sie sich in dieser Koalition überhaupt nicht einig sind, wo Sie eigentlich hinwollen. Das ist im Bereich des EEG so, wo der Wirtschaftsminister sagt: „Wir wollen das EEG abschaffen“, und die Umweltministerin entgegnet: „Abschaffen? Nein, wir wollen es neu ausrichten“. Bei Staudinger war es genau das Gleiche. Der Wirtschaftsminister sagte, Staudinger 1 solle in die Kaltreserve
aufgenommen werden, die Umweltministerin sagte, Staudinger 1 dürfe nicht mehr ans Netz gehen. Jetzt ist die Entscheidung gefallen. Staudinger 1 geht nicht mehr ans Netz. Das ist die vollkommen richtige Entscheidung. Wenn man es nämlich vollkommen unideologisch und unbeeinflusst von Parteispenden betrachtet, dann ist das eine absolut sinnvolle Entscheidung, weil sich die Leistungsschwankungen bei erneuerbaren Energien nur durch hoch flexible Kraftwerke ausgleichen lassen.
Die Schwankungen lassen sich aber nicht mit alten und unflexiblen Kohlekraftwerken ausgleichen, die nicht schnell angefahren werden können, wenn es denn z. B. einmal Probleme bei der Windenergie geben sollte. Deswegen ist es notwendig, hoch flexible Gaskraftwerke zur Ergänzung der erneuerbaren Energien zu haben – statt Staudinger, das im Zweifelsfall auf diese Schwankungen überhaupt nicht reagieren kann und zudem einen enorm schlechten Wirkungsgrad hat.
Die Energiewende ist mehr als nur ein Wechsel der Energieträger. Es geht uns um den Umbau der gesamten Energiewirtschaft. Wir wollen eine Dezentralisierung der Energiewirtschaft, weil wir die Wertschöpfung vor Ort stärken wollen, weil wir das Handwerk vor Ort fördern wollen, weil wir wollen, dass vor Ort Arbeitsplätze entstehen, und auch der Meinung sind, dass die Menschen vor Ort sehr viel besser beteiligt werden können, wenn Entscheidungen zu treffen sind. Aber auch hier versuchen Sie, die Energiewende auszubremsen, indem Sie den Stadtwerken die Möglichkeit verwehren, an der Energiewende wirklich mitzuwirken. Warum müssen Sie die Stadtwerke in ihren Möglichkeiten derart beschränken? Wir halten das für völlig falsch. Die Stadtwerke sind ganz zentrale Akteure bei der Energiewende.
Wir wollen eine Demokratisierung der Energiewirtschaft. Die Energieversorgung ist für diese Gesellschaft eine wirklich elementare Frage. Deswegen ist es notwendig, dass die Energieversorgung in die öffentliche Hand kommt, dass nicht in Konzernzentralen über die Energieversorgung entschieden wird, sondern dass darüber demokratisch entschieden wird. Dazu müssen wir die Macht der großen Energiekonzerne brechen, weil wir sonst das Problem haben, dass sie die Energiewende vollkommen blockieren.
Herr Rock, Sie haben davon gesprochen, dass man Einsparungen braucht. Natürlich brauchen wir Einsparungen. Das haben wir beim Energiegipfel immer wieder gesagt. 45 % der Energie wird in Hessen im Bereich des Verkehrs verbraucht. Ohne den Flughafen beträgt dieser Anteil immer noch fast 25 %. Wenn wir über Energieeinsparungen reden, dann müssen wir auch über den Bereich des Verkehrs reden.
Vielen Dank, Herr Präsident, ich komme zum Schluss. – Mir fällt das schwer, Ihnen zu unterstellen, dass Sie die Energiewende nicht umsetzen können. Vielleicht können Sie es nicht, oder – was noch viel schlimmer ist – Sie wollen es nicht. Sie wollen die Energiewende in Hessen nicht umsetzen. Deswegen ist für eine Energiewende in Hessen die Abwahl dieser Landesregierung notwendig.
Schönen Dank, Frau Kollegin Wissler. – Für die Landesregierung spricht Herr Staatssekretär Weinmeister.
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Es ist schon unglaublich, was man sich im Laufe einer Debatte an Halbwahrheiten, an Verdrehungen und an Deutungen anhören muss, obwohl man ganz genau weiß, dass die, die sich geäußert haben, es eigentlich viel besser wissen müssten.
Lieber Kollege Al-Wazir, die Grundfrage ist nicht, wo wir hinwollen, denn das wissen wir alle sehr genau. Das haben wir auf dem Energiegipfel 2011 festgelegt. Dazu stehen wir, und das werden wir auch umsetzen.
Wenn man sich Ihren Antrag anschaut, könnte man unvoreingenommen schnell auf die Idee kommen, dass in diesem Lande überhaupt nichts passiert ist.
Ich könnte jetzt die nächste halbe Stunde darüber berichten, was wir getan haben. Ich möchte an nur wenige Punkte erinnern. Wir haben ein Solardachkataster erstellt, wir haben die Biomassepotenzialstudie durchgeführt, wir haben eine Karte zur Windhöffigkeit erstellt, und wir haben die Regionalpläne auf den Weg gebracht.
Apropos Regionalpläne: Wenn es die südhessische Regionalversammlung aus politischen Gründen seit mehreren Jahren nicht versäumen würde, sich damit zu beschäftigen, wären wir auch in diesem Bereich viel weiter. Aber Rot und Grün, die seit 2011 die Mehrheit in der Versammlung stellen, haben überhaupt kein Interesse daran, zu einem solchen Plan zu kommen. Deshalb sind wir da ein Stück weit hinten.
Ich kann mich an die Diskussion erinnern, die wir geführt haben, als die Kriterien für den Landesentwicklungsplan aufgestellt wurden, als wir gesagt haben, wir wollen eine
Windgeschwindigkeit von mindestens 5,75 m/s und einen Mindestabstand von 1.000 m zu Wohnbebauungen festlegen. Da kam von Rot und Grün unisono die Aussage: Damit schaffen wir niemals das 2-%-Ziel.
Jetzt schaue ich mir die Regionalpläne an. Ich schaue mir die ersten Offenlagen an, und ich sehe: Das klappt, das bekommen wir hin, das kriegen wir geregelt.
Meine Damen und Herren, die Unkenrufe waren damals falsch, und ich bin der festen Überzeugung, dass sie auch in Zukunft falsch sein werden.
Kommen wir zu den Aussagen, über die ich mich wirklich geärgert habe. Frau Kollegin Dorn, ich habe mich wirklich geärgert, dass gerade die GRÜNEN den Vorwurf erheben, dass wir den Naturschutz als Verhinderungsstrategie nutzen, weil ich als Nordhesse darunter gelitten habe, dass an der A 44 und der A 49 jeder einzelne Ameisenbläuling einzeln über die Straße getragen worden ist.
Wir sind der festen Überzeugung, dass wir die FFH-Richtlinie einhalten müssen. Ich bin der festen Überzeugung, dass wir sie brauchen. Sie gilt dann aber für Autobahnen genauso wie für Windkraftanlagen. Wenn wir ehrlich miteinander sind, dann müssen wir sagen: Das ist keine Waffe zur Verhinderung, sondern das dient dem Schutz und der Sicherheit derer, die solche Anlagen betreiben wollen, dass sie nämlich das Ganze hinterher nicht stillgelegt bekommen. Auch das betrifft nämlich die Frage der Akzeptanz in diesem Bereich. Ich kann niemandem draußen auf der Straße erklären, dass sich die Windkraftanlagen, die da gebaut werden, an den Tagen, an denen der Wind richtig weht, nicht drehen. Wir haben hinsichtlich der Akzeptanz insgesamt ein Problem, wenn wir erklären müssen, warum Anlagen plötzlich ausgeschaltet werden, wenn wir erklären müssen, dass Anlagen stillgelegt werden, weil ein entsprechendes Gerichtsurteil ergangen und gesagt worden ist: Die dürft ihr gar nicht betreiben. – All das muss man bei dieser Frage berücksichtigen.
Das bedeutet im Endeffekt: Wir sind in diesem Bereich vorangekommen. Ich nenne nur einmal zwei Zahlen. Gegenüber 2008/2009 hat sich 2011/2012 die Zahl der neu gebauten Windkraftanlagen in Hessen verdreifacht, und die Leistung der Anlagen, die gebaut worden sind, hat sich um den Faktor vier erhöht. In den nächsten Wochen und Monaten werden insgesamt 370 Anlagen eine Genehmigung erhalten. Auch an der Stelle sind wir also vorwärtsgekommen.
Wir hatten in den letzten Jahren im Bereich der Biomasseanlagen Investitionen in Höhe von über 180 Millionen €. Die Zahl der Fotovoltaikanlagen in Hessen hat sich in den letzten Jahren mehr als verdoppelt.
All das ist passiert. Wir sind in diesem Bereich sehr viel weitergekommen. Der Anteil der erneuerbaren Energien an der Nettostromerzeugung beträgt heute 12 %. Darauf können wir sehr stolz sein. Wir sind auf diesem Weg vorangekommen.
Aber es geht nicht nur um die Anlagen, sondern entscheidend ist die Frage: Wie schaffen wir die Struktur dafür? Wir müssen auch die Anlagen noch so oft abstellen, weil wir die Struktur dafür nicht haben. Wenn eine Windkraftanlage abgestellt ist, wird die Vergütung trotzdem weiterbezahlt; denn der Betreffende rechnet damit. Bei jedem Abschalten wird die Vergütung weiterbezahlt. Das kann ich nicht jemandem draußen erklären, der seine Jahresstromabrechnung bekommt und sagt: Ich muss wieder ein bisschen mehr bezahlen. – Das kann ich niemandem erklären.
Deswegen ist die Technik viel entscheidender als Ideologien. Es stellt sich auch die Frage, wie wir den Strom speichern können. Wir haben in den letzten Jahren deutlich Geld in die Hand genommen, um das voranzubringen. Ich nenne nur das Forschungsprojekt „Power to Gas“, das auf dem Eichhof durchgeführt wird, und Projekte, die wir im Zusammenhang mit der Brennstoffzelle auf den Weg gebracht haben.
In diesem Jahr haben wir über 3 Millionen € nur für die Weiterentwicklung von Wasserstoff- und Speichertechnologien zur Verfügung gestellt, damit Strom, der nicht eingespeist werden kann, trotzdem genutzt werden kann. Dort unterstützen wir aber nicht nur die Forschungsinstitutionen wie die TU Darmstadt oder die Hochschule Rhein-Main, sondern auch die HSE und andere Kooperationspartner, die uns in diesem Bereich zur Verfügung stehen, auch die Uni Kassel.
Wir haben für den Mittelstand eine deutliche Effizienzsteigerung auf den Weg gebracht. Ich nenne z. B. die Projekte HIER! und PIUS. Außerdem haben wir den Kommunen zusätzliches Geld – allein in diesem und im nächsten Jahr sind es zusammen 40 Millionen € – für die energetische Sanierung kommunaler Nichtwohngebäude zur Verfügung gestellt. Zudem haben wir die Heizungspumpenaktion durchgeführt, bei der innerhalb kürzester Zeit 2 Millionen € in die privaten Haushalte geflossen sind.
All das haben wir in den letzten Jahren gemacht: ständig nachweisbar und nachvollziehbar. Daher lassen wir uns von Ihnen nicht vorwerfen, dass hier nichts passiert ist. Unser Interesse ist vielmehr, dass wir dort vorwärtskommen und etwas machen.