Ich bedanke mich noch einmal bei allen, die diese Aufgabe wahrnehmen, insbesondere bei Ihnen, Herr Prof. Ronellenfitsch. Ich freue mich auf die weitere Zusammenarbeit.
Vielen Dank, Herr Staatsminister Bouffier. – Damit sind wir am Ende der Aussprache über den Bericht des Datenschutzbeauftragten, der Stellungnahme der Landesregierung und den Einundzwanzigsten Bericht der Landesregierung über die Tätigkeit der für den Datenschutz im nicht öffentlichen Bereich in Hessen zuständigen Aufsichtsbehörden.
Bevor ich den nächsten Tagesordnungspunkt aufrufe, begrüße ich auf der Besuchertribüne den Botschafter der Sozialistischen Republik Vietnam, Seine Exzellenz Do Hoa Binh. Herzlich willkommen.
Antrag der Fraktion DIE LINKE betreffend aktuelle Bildungsproteste und -streiks im ganzen Land – Drucks. 18/781 –
Dringlicher Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN betreffend erneute Proteste von Schülerinnen und Schülern sowie Studierenden verdeutlichen die Notwendigkeit eines Kurswechsels in der Bildungspolitik – Drucks. 18/801 –
Dringlicher Entschließungsantrag der Fraktionen der CDU und der FDP betreffend linke Panikmache – Bildungspolitik in Hessen sichert Zukunftschancen für Kinder und Jugendliche – Drucks. 18/805 –
Dringlicher Entschließungsantrag der Fraktion der SPD betreffend Zukunftschancen verbessern – Bildungsstreik unterstützen – Drucks. 18/812 –
Zur Begründung des Antrags der Fraktion DIE LINKE hat Frau Cárdenas das Wort. Redezeit: zehn Minuten. Frau Cárdenas, Sie haben das Wort.
Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren! Ich nehme an, Sie alle haben wie ich gerade auf Ihren Laptops, soweit sie eingeschaltet sind, die Seiten „www.bildungsstreik2009.de“ oder „www.schulaction.org“ aufgeschlagen und informieren sich über die vielfältigen Proteste, an denen allein gestern 267.250 Menschen im ganzen Bundesgebiet teilgenommen haben.
Herr Bouffier, dabei erfüllt das Netz natürlich eine wichtige positive Funktion, indem es darüber informiert, auch z. B. darüber, dass – –
Kann ich bitte weiterreden? – Es wurde z. B. darüber informiert,dass in Kirchhain Abmahnungen an Schüler ausgesprochen wurden und dass sich ver.di jetzt für diese Schüler einsetzt.Auch das habe ich durch das Netz erfahren. Ich denke, das ist eine gute Sache.
(Peter Beuth (CDU): Die Besetzung eines Landesparlaments in unserer Nachbarschaft ist eine gute Sache? Herzlichen Glückwunsch! Ich finde es wirklich spannend, was Sie von sich geben! Gewalt als Mittel der Politik!)
Die gesamte Woche über gehen in einem bundesweiten Bildungsstreik Schülerinnen und Schüler, Studierende, Lehrende und Eltern gemeinsam auf die Straße. Sie besetzen Ministerien, Staatliche Schulämter, Landtage, Universitäten
(Peter Beuth (CDU): Nötigung! Ist das die Politik, die Sie vertreten? Nötigung! – Gegenruf des Abg. Willi van Ooyen (DIE LINKE): Natürlich! Das ist nötig, Herr Beuth! – Peter Beuth (CDU): Die Antwort der Straße! Das ist genau das, was Sie hier vertreten! – Zuruf des Abg. Leif Blum (FDP))
und fordern die dort Verantwortlichen zum Gespräch auf, mit dem Ziel, auf die katastrophale Bildungssituation aufmerksam zu machen und die gemeinsamen Anliegen in die Öffentlichkeit zu bringen.
Die bisherigen Reaktionen der Verantwortlichen, der Bildungsmacher, sind ebenso vielfältig. Viele solidarisieren sich, unterschreiben gemeinsame Resolutionen
und verstehen sich ebenso als Betroffene eines falsch gepolten, weil auf Eliteförderung angelegten Systems. Manche sperren Schülerinnen und Schüler ein, drohen ihnen an, dass sie keine Zeugnisse bekämen, und rufen die Polizei zur Hilfe.
Wir alle in diesem Landtag sollten die Proteste als richtig, wichtig und legitim anerkennen und die Landesregierung auffordern, sich die bildungspolitischen Ziele und Vorstellungen der jungen Generation zu eigen zu machen.
Die Bildungsproteste und die sich anschließenden Forderungen sind so vielfältig wie die Bedingungen, unter denen an den Schulen – auch an den beruflichen Schulen – und an den Universitäten gelernt und studiert wird. Ich möchte hier noch einmal einige Kernforderungen der bundesweiten Schülerinnen- und Schüler- sowie Studierendenbewegung nennen: selbstbestimmtes Lernen und
freier Bildungszugang und Abschaffung von sämtlichen Bildungsgebühren, wie etwa Studien-, Ausbildungs- und Kita-Gebühren,
Herstellung der vollständigen Lernmittelfreiheit, Abschaffung von sogenannten Kopierkostenpauschalen an Schulen, ein Ende der Unterfinanzierung der staatlichen Schulen und Hochschulen, eine öffentliche Finanzierung des Bildungssystems ohne Einflussnahme der Wirtschaft unter anderem auf Lehrinhalte, Studienstrukturen und Stellenvergaben
ich zitiere, Herr Irmer –, Demokratisierung und Stärkung der Mit- und Selbstverwaltung in allen Bildungseinrichtungen sowie eine Schule für alle, Schluss mit der sozialen Selektion.
Ich möchte die Forderungen an drei Punkten genauer beleuchten. Die Proteste richten sich grundlegend gegen die soziale Selektion in unserem Bildungssystem. Die Bundesrepublik ist dafür mehrfach von höchster Stelle, nämlich von den Vereinten Nationen, gerügt worden.
Gute Ganztagsschulen ohne starren Zeitrahmen, wie es im Bildungsstreik gefordert wird, können der Benachteiligung entgegenwirken. In wirklichen Ganztagsschulen wird mit einem anderen Lernrhythmus und anderen Lernmöglichkeiten gearbeitet. Solche Schulen haben eine sinnvolle Verteilung des Unterrichts über den ganzen Tag, mehr Angebote und mehr Räume. Die Schülerinnen und Schüler echter Ganztagsschulen bleiben als Klassenverband zusammen und kommen in der Regel am Nachmittag ohne zusätzliche Hausaufgaben nach Hause.
In Hessen gibt es seit über zehn Jahren gerade einmal 15 echte Ganztagsschulen. Alle anderen Schulen, die diesen Namen führen, bieten meist nur Mittagsbetreuungen an und haben mit dem Konzept der Ganztagsschule wenig gemein.
Herr Irmer hat in seiner gestrigen Pressemitteilung mit dem Titel „Linksradikale instrumentalisieren unsere Schüler“ – Herr Irmer,wieso eigentlich „unsere Schüler“? – großspurig angegeben, in Hessen habe sich die Zahl der Ganztagsangebote vervierfacht, und im Vergleich der Flächenländer liege Hessen mit seinem Ganztagsangebot auf Platz 1.
Kommen Sie morgen mit mir auf den Römerberg zu den Schülern der IGS Herder aus Frankfurt, und erklären sie ihnen, warum die Schule keine gebundene Ganztagsschule werden darf. Erklären Sie das bitte.