Protokoll der Sitzung vom 25.03.2010

Meine Damen und Herren! Ich begrüße Sie herzlich zum letzten Plenartag vor dem Osterfest.Wir haben herrliches Frühlingswetter, geeignet für alle Sportarten. Ich freue mich, dass Sie heute den Weg hierher gefunden haben. Das Haus ist beschlussfähig.

Es ist noch eine Reihe von Tagesordnungspunkten offen: 4 bis 6, 12, 25 bis 28, 30 bis 33, 35 bis 38, 40 bis 45, 55 und 56, 58 bis 62, 66, 75 und 77.

Noch eingegangen und auf Ihren Plätzen verteilt ist ein Dringlicher Antrag der Fraktion DIE LINKE betreffend Leiharbeit und Lohndumping bekämpfen – Spaltung der Belegschaften beenden, Drucks. 18/2153. Wird die Dringlichkeit bejaht? – Das ist der Fall.Dann wird dieser Dringliche Antrag Tagesordnungspunkt 78 und kann mit Tagesordnungspunkt 43 aufgerufen werden.

Wir tagen heute bis 18 Uhr bei einer Mittagspause von einer Stunde.

Wir beginnen mit den Anträgen für die Aktuellen Stunden,Tagesordnungspunkte 58 bis 62.Die Redezeit beträgt fünf Minuten pro Fraktion, bei gemeinsamem Aufruf siebeneinhalb Minuten pro Fraktion. Die Tagesordnungspunkte 59 und 60 sowie die Tagesordnungspunkte 61 und 62 werden gemeinsam aufgerufen.

Nach Tagesordnungspunkt 58 wird Tagesordnungspunkt 35, ein Entschließungsantrag zu dem Thema, ohne Aussprache aufgerufen und, wie wir das kennen, sofort abgestimmt.

Nach den Tagesordnungspunkten 61 und 62 wird Tagesordnungspunkt 75, Dringlicher Antrag betreffend Einsetzung eines Untersuchungsausschusses, ohne Aussprache aufgerufen und sofort abgestimmt.

Nach der Aktuellen Stunde fahren wir mit Tagesordnungspunkt 37 fort.

Von unserer Landtagself kann ich Ihnen noch nichts berichten. Sie hat noch nicht gespielt.

(Thorsten Schäfer-Gümbel (SPD): Wir können aber über andere Spiele sprechen!)

Wir haben allerdings eine Einladung zur Mitwirkung an der Einweihungsfeier des neuen Stadions für die Offenbacher Kickers im nächsten Jahr, 2011, vorliegen. Da wir Freunde der Offenbacher Kickers sind, wünschen wir ihnen alles Gute für dieses Projekt.

(Beifall bei der CDU und bei Abgeordneten der SPD)

Der Regierungssprecher hat mich heute Morgen gefragt, wie Schalke 04 gespielt hat.

(Heiterkeit und Beifall)

Sie alle wissen, dass Bayern München 1 : 0 gewonnen hat.

(Thorsten Schäfer-Gümbel (SPD): Ich weiß es jetzt!)

Entschuldigt fehlen heute unser Ministerpräsident – er nimmt an der Ministerpräsidentenkonferenz teil –, Herr Staatsminister Grüttner, Herr Staatsminister Boddenberg, ab ca. 15 Uhr Herr Staatsminister Hahn und ab ca. 17:30 Uhr Herr Staatsminister Posch.

(Günter Rudolph (SPD): Wer ist dann noch da? – Gegenrufe von der CDU:Wir!)

Seinen Geburtstag begeht heute unser Freund und Kollege Dr. Frank Blechschmidt. Ich spreche Ihnen im Namen des gesamten Hauses die allerherzlichsten Glückwünsche aus. Der junge Mann wird heute 49 Jahre alt. Herr Kollege Utter, ein Mann der Kirche, überreicht die Blumen.

(Heiterkeit und Beifall – Schriftführer Abg. Tobias Utter überreicht einen Blumenstrauß.)

Ich rufe jetzt Tagesordnungspunkt 58 auf:

Antrag der Fraktion DIE LINKE betreffend eine Aktuelle Stunde (Kein Platz für Nazis in Hessen – gegen Ras- sismus und rechte Gewalt in Wetzlar) – Drucks. 18/2130 –

Das Wort hat Frau Kollegin Wissler.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Derzeit finden die Internationalen Wochen gegen Rassismus statt. Die Vereinten Nationen haben zum Gedenken an die Ereignisse in Südafrika im Jahr 1960 den 21.März zum Internationen Tag gegen Rassismus erklärt. Damals demonstrierten Tausende Menschen friedlich gegen Unterdrückung und für gleiche Rechte unabhängig von der Hautfarbe. 69 Männer, Frauen und Kinder wurden getötet. Trotzdem war der Mut dieser Menschen ein Zündfunke für den Widerstand. Er führte zu landesweiten Streiks, Unruhen und internationalen Protesten.

Am letzten Sonntag hat sich dieser Tag zum 50. Mal gejährt. Er ist Mahnung und Auftrag an uns alle, jeder Form des Rassismus entgegenzutreten.

(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜ- NEN)

Der Kampf gegen Rassismus und Faschismus muss mehr beinhalten als Sonntagsreden. Auch in Hessen bedrohen rechtsextreme Gewalttaten die Gesundheit und das Leben von Menschen. In der Nacht zum 5. März wurde in Wetzlar ein Brandanschlag verübt, höchstwahrscheinlich von Neonazis, die das Haus zuvor mit Hakenkreuzen beschmiert hatten. Nur weil ein Nachbar das Feuer rechtzeitig bemerkte, wurde niemand verletzt. Ziel des Anschlags war ein Mitarbeiter der katholischen Kirche, der gegen Nazis aktiv ist.

Meine Damen und Herren, mit dem Brandanschlag hat die Gewalt eine neue Stufe erreicht, bei der das Leben von Menschen aufs Spiel gesetzt wird. Dem muss Einhalt geboten werden, damit das Leben in Wetzlar und in der ganzen Region lebenswert bleibt.

(Beifall bei der LINKEN)

Ein breites Bündnis – „Wetzlar bunt statt braun“ – hat sich in Wetzlar zusammengefunden. Der Oberbürgermeister,der Landrat,der DGB,die Kirchen,Sportvereine, kommunale Politiker sowie Landtagsabgeordnete von SPD, GRÜNEN und LINKEN haben zu einem Mahngang aufgerufen. 1.000 Menschen kamen, um ein Zeichen der Solidarität und gegen rechte Gewalt zu setzen.

Am Ende dankte der Betroffene für die Unterstützung. Er sei gefragt worden, warum er sich denn engagiere, obwohl er damit Gefahr laufe, selbst zur Zielscheibe der Nazis zu werden. Er sagte, er tue das mit Blick auf die Mi

granten und auf die Muslime, die gefährdet seien, ohne sich dem irgendwie entziehen zu können. Er bat auch darum, die Antifaschisten in Wetzlar zukünftig nicht alleinzulassen.

(Beifall bei der LINKEN)

Die Initiatoren haben alle Landtagsabgeordneten der Region angeschrieben und gebeten, den Aufruf gegen rechte Gewalt zu unterschreiben. Ich halte es für eine Schande, dass die Abgeordneten von CDU und FDP diesen Aufruf weder unterschrieben noch unterstützt haben.

(Hans-Jürgen Irmer (CDU): Wir haben kein Anschreiben und keine Einladung bekommen! Das ist gelogen, was Sie da erzählen! Sie lügen! – Unruhe)

Einen Moment bitte, meine Damen und Herren. – Herr Kollege Irmer, den Zwischenruf „Sie lügen!“ muss ich rügen. Das ist kein parlamentarischer Ausdruck. Ich bitte Sie alle, sich im Parlament angemessen zu verhalten.

(Hans-Jürgen Irmer (CDU): Schlicht gelogen ist das! Unglaublich ist so etwas!)

Bitte nehmen Sie das so zur Kenntnis, wie ich es gesagt habe.– Frau Kollegin Wissler hat weiterhin das Wort.Bitte schön.

Vielen Dank, Herr Präsident. – Herr Irmer, Sie sind stellvertretender Vorsitzender der CDU-Fraktion, Vorsitzender der CDU im Lahn-Dill-Kreis, und Sie halten es nicht für nötig, sich öffentlich zu äußern oder an diesem Mahngang teilzunehmen, wenn in Ihrem Wahlkreis nachts das Haus einer Familie in Brand gesteckt wird, in dem auch Kinder geschlafen haben. Ehrlich gesagt, das halte ich für beschämend.

(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜ- NEN – Hans-Jürgen Irmer (CDU):Das ist eine Unverschämtheit!)

Im „Wetzlar Kurier“,der lokalen CDU-Parteizeitung,machen Sie Stimmung gegen Migranten. Sie diffamieren Muslime und beleidigen Antifaschisten. Auch der Kirchenmitarbeiter, der Opfer des Brandanschlags war, wurde im „Wetzlar Kurier“ namentlich genannt und wegen seines Engagements als – Zitat – „unerträglich, unanständig und volksverhetzend“ diffamiert.

(Petra Fuhrmann (SPD): Hört, hört!)

Die CDU Lahn-Dill kritisierte auch die Teilnahme des FDP-Oberbürgermeisters an einer Anti-Nazi-Veranstaltung. Das war nicht der erste Anschlag in Wetzlar. Es wurden dort bereits Brandanschläge auf eine Moschee und auf einen türkischen Verein verübt. Die Täter wurden nicht gefasst. Muslimische Gemeinden beschweren sich darüber, dass sie Drohbriefe mit rechtsradikalem Hintergrund bekommen. In einer solchen Situation weiterhin zu zündeln, halte ich für ungeheuerlich.

(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜ- NEN)

Die Internationalen Wochen gegen Rassismus werden von den Religionsgemeinschaften, von Unternehmen,

von den Gewerkschaften und den Medienanstalten unterstützt. In dem Aufruf heißt es – ich darf zitieren:

Rassismus und Fremdenfeindlichkeit sind längst kein exklusives Phänomen des politischen Rechtsextremismus mehr.

Wenn Äußerungen von Personen des öffentlichen Lebens rassistische Klischees fördern und wenn nicht wenige in den Medien und in der Gesellschaft diese Verhaltensweisen zu einem mutigen Aussprechen der Wahrheit umdefinieren,

Frau Kollegin Wissler, Sie müssen zum Schluss Ihrer Rede kommen.

vielen Dank –

dann haben sich rassistische und fremdenfeindliche Einstellungen und Verhaltensweisen in der Mitte unserer Gesellschaft festgesetzt. Auf dieses gesellschaftliche Klima nehmen rechte Parteien und Bewegungen und rassistische Gewalttäter Bezug. Sie erklären sich zu Vertretern der schweigenden Mehrheit und rechtfertigen damit ihre menschenverachtenden Positionen und Taten.