Protokoll der Sitzung vom 22.06.2010

Beruhigen Sie sich doch. – Deswegen aber ist es jetzt die Aufgabe, diese Finanzsituation in den Griff zu bekommen.

Eine Verringerung der Neuverschuldung kann nicht funktionieren, ohne dass in bestimmten Bereichen Ausgaben reduziert werden. Jenseits aller Steuerdebatten kommen wir um diese Feststellung nicht herum. Immer da, wo Ausgaben reduziert werden, werden es aber Bürgerinnen und Bürger spüren. Dann ist es unsere Aufgabe als Politik, unser Handeln zu erklären und den Menschen zu sagen, wa

rum wir es für notwendig erachten, in diesen Punkten zu sparen.

Da helfen die regelmäßigen Schuldzuweisungen in der Finanzpolitik, wie sie gerade eben wieder von der SPD gekommen sind, überhaupt nicht.

(Zuruf der Abg. Petra Fuhrmann (SPD))

Sie sind eher absurd. Die Politik hat auf allen Ebenen, egal unter welcher Couleur, in den letzten Jahren eine Riesensumme Schulden angehäuft, die für viele schon lange nicht mehr vorstellbar ist.

(Zuruf der Abg. Petra Fuhrmann (SPD) – Thorsten Schäfer-Gümbel (SPD): Das sagt ausgerechnet die Klientelpartei!)

Dabei nehme ich die FDP gar nicht aus. Wenn aber beispielsweise die SPD auf Kochs Schulden schimpft, dann schimpfen beispielsweise CDU, FDP und GRÜNE in Rheinland-Pfalz auf Kurt Becks Schulden – und zusammen sind es schon doppelt so viele Schulden, ohne dass es jemandem weiterhilft.

(Beifall bei der FDP)

Wenn die Opposition hier auf elf Jahre Schuldenmachen durch CDU und CDU/FDP in Hessen schimpft, dann frage ich: Was haben elf Jahre lang die SPD-Finanzminister in Berlin gemacht? – Das alles hilft uns überhaupt nicht weiter.

(Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der CDU – Zuruf der Abg. Petra Fuhrmann (SPD))

Wir müssen da endlich herauskommen und gemeinsam zu einer verantwortungsvollen Haushaltspolitik finden. Absichtlich sage ich nicht „zurückfinden“, denn wir müssen erstmals den Weg dorthin finden.

(Zuruf des Abg.Thorsten Schäfer-Gümbel (SPD))

Die Sparbemühungen, die wir jetzt für die hessische Justiz voranbringen, sind dabei nur ein erster, aber ein wichtiger Schritt.

(Manfred Görig (SPD):Aber doch nicht mit der Politik, die Sie machen! Damit müssen wir aufhören!)

Ich hatte den Auftrag, wieder ein bisschen Leben hier hineinzubringen. Ich glaube, das ist ganz gut gelungen.

(Unruhe – Glockenzeichen des Präsidenten)

Der eine oder andere beteiligt sich wieder an der Debatte.

Was mit Ländern geschieht, die ihre Verantwortung im Umgang mit öffentlichen Geldern nicht ernst nehmen,haben wir gerade schmerzlich am Beispiel Griechenland erfahren. In anderen Ländern der Eurozone wie Spanien und Portugal sehen wir auch, wie die Zahlungskraft deutlich wackelt.

(Beifall bei der FDP)

Die Schuldenbremse wurde schon angesprochen. Ich kann nur sagen, es ist jetzt angezeigt, sich sorgfältig anzuschauen, auf welche Art und Weise wir die Ausgaben so reduzieren können, dass wir den Haushalt nachhaltig entlasten. Genau das wurde im Justizministerium getan.

Ergebnis Nr. 1, das hatte ich schon gesagt: Der Personalbestand bleibt dabei unberührt. Das Ziel, nicht am Personal zu sparen, keine Stellen zu streichen, ist erreicht worden.

Ergebnis Nr. 2: Die Verwaltungsgerichtsstandorte wurden vollumfänglich gesichert. Der Personalüberhang in diesem Bereich kann in andere Gerichtsbarkeiten, die über eine deutlich höhere Arbeitsbelastung verfügen, übertragen werden.An diesem Beispiel sieht man, wie sinnvoll es ist,die Beteiligten in ein solches Projekt einzubinden,Probleme gemeinsam zu erörtern, aber auch nach einvernehmlichen Lösungen zu suchen. Die Initiative zu dieser Lösung, die am Ende gefunden wurde, kam aus der Richterschaft selbst, und das Ministerium hat diesen Vorschlag aufgegriffen. Wer hier vorwirft, dass unüberlegt gespart worden sei, dem fehlt es ein wenig an der Einsichtsfähigkeit.

Meine Damen und Herren, ich bin froh, dass dieses Ergebnis erzielt werden konnte, dass das Versetzungs- und Abordnungskonzept auf freiwilliger Basis die Schließung eines Standorts der Verwaltungsgerichtsbarkeit im RheinMain-Gebiet verhindert hat und gleichzeitig auch die Arbeitsbelastung zwischen den verschiedenen Gerichtsbarkeiten fairer gestaltet werden konnte.

Ergebnis Nr. 3: Die Justiz wird effizienter aufgestellt, Kleinstandorte werden reduziert. Herr Dr. Jürgens hat das aufgeführt, das ist kein neues Vorhaben, das gibt es schon seit 1870/71. Seitdem werden hier immer wieder Veränderungen auch in der Struktur erforderlich, und dann ist es nur richtig, wenn wir sie auch umsetzen.

(Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der CDU)

Wir haben sehr genau geschaut, an welchen Standorten wir Personal aufnehmen können, d. h. wo wir eben keine zusätzlichen Kosten für die Neuanmietung von Gebäuden oder Liegenschaften haben, und gleichzeitig geschaut, wie wir die bislang genutzten Gebäude verwerten können. In diesem Punkt haben wir und müssen wir uns auf die Expertenaussagen verlassen. Natürlich wird der Weg für manchen Rechtsuchenden ein Stück weiter. Aber wenn hier von Halbtagesreisen von Usingen nach Königstein erzählt wird: Frau Fuhrmann, ich weiß nicht, mit welchem Fuhrwerk Sie unterwegs sind.

(Petra Fuhrmann (SPD): Fahren Sie einmal von Heidenrod mit dem ÖPNV nach Königstein!)

Frau Fuhrmann, machen Sie sich doch nicht lächerlich, indem Sie solche Geschichten erzählen.

(Beifall bei der FDP und der CDU)

Es ist richtig, dass vereinzelt der Weg geringfügig weiter wird. Aber wenn man sieht, dass dafür der Personalbestand gehalten werden kann und dass gleichzeitig die Arbeit an den Gerichten effizienter wird, dann ist das eindeutig das geringere Übel.Wenn im Zuge der Strukturreform eine Stadt auf einen Gerichtsstandort verzichten muss, dann ist das schmerzlich, aber mit Sicherheit keine Frage der dauerhaften Stärkung oder Schwächung einer Kommune.

Ergebnis Nr. 4: Die Arbeitsgerichtsbarkeit in Hessen wird nach den Vorschlägen des Landesrechnungshofs neu und effizienter aufgestellt. Hier wird genau die Empfehlung des Landesrechnungshofs umgesetzt. Natürlich, für die fünf Standorte, die geschlossen werden, ist das eine schwierige Entscheidung. Aber ich stelle einmal umgekehrt die Frage: Würde heute jemand in Limburg ein neues Arbeitsgericht mit 1,88 Stellen einrichten, wenn es dort noch keines gäbe? – Nein, das würde niemand tun, weil es nicht effizient wäre.

(Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der CDU)

Dann ist es nur logisch und konsequent, wenn man umgekehrt den Standort von Limburg nach Wiesbaden verlagert, zumindest wenn, wie es hier der Fall ist, die beiden Voraussetzungen gegeben sind, dass Aufnahmekapazität in Wiesbaden vorhanden ist und das Gebäude in Limburg verwertet werden kann – jetzt nicht mehr muss, weil sie es gerade geräumt haben.

Meine Damen und Herren, wir stehen in Verantwortung für eine vernünftige Haushaltspolitik. Da hat die Projektgruppe „Konsolidierung und Kompensation“ im Justizministerium genau das Richtige getan. Man ist völlig ergebnisoffen in intensive Gespräche gegangen und hat – das möchte ich noch einmal besonders betonen – alle Verantwortlichen vor Ort eingebunden. Die Gerichtspräsidenten und -direktoren waren beteiligt,die Bezirksrichterräte und Bezirkspersonalräte. Alle haben gemeinsam untersucht, wie man eine Strukturveränderung sinnvoll erreichen kann.

Am Ende steht ein Ergebnis, das vor allem eine vernünftige Lösung widerspiegelt. Bei der Entscheidung sind externe Einflüssen außen vor geblieben. Es hat keine Rolle gespielt, ob ein Gerichtsstandort im Wahlkreis eines prominenten Regierungsmitglieds, in diesem Fall des Justizministers selbst,oder eines anderen Politikers ist.Die Entscheidungskriterien,die zu den einzelnen Entscheidungen geführt haben, sind eben noch einmal ausführlich dargestellt worden. Wir werden sie auch im Ausschuss sicher noch einmal intensiv diskutieren. Wir haben ein sehr gutes Konzept vorliegen, das wegweisend für den Kurs der schwarz-gelben Regierung in Hessen ist.

Wir wollen unser Land mit guten und effizienten Strukturen für die nächsten Jahre gut aufstellen. Wir wollen und werden den Haushalt des Landes konsolidieren, weil wir es unseren Bürgerinnen und Bürgern schuldig sind. Mittlerweile ist das nicht mehr nur eine Frage der Generationenverantwortung. Die dramatischen Entwicklungen in Griechenland und in anderen europäischen Ländern zeigen uns, dass die Verschuldung und die hohen Defizite zu einem Problem nicht nur der nächsten Generation, sondern auch der aktuellen Politik und unserer Gesellschaft geworden sind.

(Beifall bei der FDP und der CDU)

Im Übrigen haben schon vor 30, 40 Jahren unsere Vorgänger mit dem Schuldenmachen angefangen, und auch das bekommen wir nach und nach zu spüren. Wir haben also umso mehr Verantwortung, dafür zu sorgen, dass wir uns und unseren Kindern und Kindeskindern nicht noch mehr aufbürden und ihnen auch Perspektiven und nicht nur Schulden hinterlassen. Wir sind fest entschlossen, das in Hessen umzusetzen, auch wenn wir wissen, dass es reizvollere Aufgaben gibt. Aber diese Anstrengung, zu sparen, ist richtig und wichtig, und deswegen werden wir sie auch konsequent weiterverfolgen.

Die Justiz – damit meine ich alle Beteiligten der Justiz – kann ein Stück stolz darauf sein, dass sie mit dem Konzept gezeigt hat, dass sie ihren Sparbeitrag leistet und mit gutem Beispiel vorausgegangen ist. Dafür gebührt der Justiz insgesamt ein herzlicher Dank.

(Beifall bei der FDP und der CDU)

Vielen Dank, Herr Müller. – Es liegen keine weiteren Wortmeldungen vor.

Wir sind damit am Ende der Aussprache zur Regierungserklärung des Hessischen Ministers der Justiz, für Integration und Europa betreffend „Strukturentscheidungen in der hessischen Justiz – effektiven Rechtsschutz gewährleisten – Verantwortung wahrnehmen“.

Mit aufgerufen war Tagesordnungspunkt 61:

Dringlicher Entschließungsantrag der Fraktion DIE LINKE betreffend Schließung von Justizstandorten – Drucks. 18/2563 –

Es ist beantragt, dazu eine namentliche Abstimmung durchzuführen.

(Axel Wintermeyer (CDU): Das kostest eine Viertelstunde Zeit!)

Wir rufen die einzelnen Abgeordneten alphabetisch dazu auf. Herr Dr.Wilken, beginnen Sie bitte.

(Namensaufruf – Abstimmungsliste siehe Anlage 2)

Sind alle Anwesenden abgefragt worden? – Das ist der Fall. Dann kommen wir zur Auszählung.

Wir sind uns einig, das Ergebnis steht fest: 35 Jastimmen, 78 Neinstimmen, und fünf Abgeordnete fehlen. Damit ist der Antrag abgelehnt.