Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! An die Adresse der CDU nur einen Satz: Helmut Schmidt hätte sich gefreut, wenn Sie zu seiner aktiven politischen Tätigkeit nur einen Hauch des Lobes über ihn gebracht hätten,statt das zu machen,als er schon seit Jahrzehnten ausgeschieden war.
Ja,ja,die Wahrheit tut weh.– Meine Damen und Herren, kommunal ist nicht egal. In den Städten und Gemeinden werden zentrale Aufgaben bewältigt, die unverzichtbar sind, von Chancengleichheit, Lebensqualität, wirtschaftliche Perspektiven sowie soziales und kulturelles Leben sicherzustellen. Wir brauchen leistungsfähige Kommunen. Dies ist die Politik der hessischen Sozialdemokraten.
Die hessischen Kommunen, Städte, Gemeinden und Landkreise, stehen vor dramatischen Finanzproblemen. Wir haben auf der einen Seite aufgrund der Finanzkrise einen nie da gewesenen Ertragseinbruch auf der Einnahmenseite, der von Hasardeuren zu verantworten ist, die für die Folgen dieser Krise eigentlich auch zur Rechenschaft gezogen werden müssten.
Auf der anderen Seite haben wir die falschen steuerpolitischen Weichenstellungen der Bundesregierung, aber auch der CDU/FDP-Koalition in Wiesbaden, die das im Bundesrat alles brav mitgetragen hat. CDU und FDP in Hessen wollen ihre eigenen konjunktur- und steuerreformbedingten Mindereinnahmen ganz offensichtlich zulasten der 426 Städte und Gemeinden und der 21 Landkreise austragen.
Bereits in den letzten Jahren wurden den Kommunen viele Mittel entzogen: seit dem Jahr 2000 Betriebskostenzuschüsse für die Kindergärten jährlich in Höhe von 50 Millionen c, der Kommunale Investitionsfonds im Jahre 2003 um 200 Millionen c geplündert, 100 Millionen c aus dem Kommunalen Finanzausgleich für das sogenannte BAMBINI-Programm.
Jetzt wollen Sie den Kommunen 366 Millionen c ab dem Jahr 2011 aus dem Finanzausgleich entziehen. Damit ist die Leistungsfähigkeit der hessischen Kommunen nicht mehr gewährleistet. Das ist ein Skandal.
Herr Blum, Sie sind ja angeblich finanzpolitischer Sprecher, reisen Sie einmal durch die 21 Landkreise. Defizit zurzeit: 1,8 Milliarden c. Kein einziger Landkreis kann in Hessen seinen Haushalt ausgleichen. Defizite gibt es in rot geführten oder in schwarz geführten Landkreisen.Das ist kein parteipolitisches Problem vor Ort,sondern die falsche politische Weichenstellung, die Sie in Berlin und in Wiesbaden zu verantworten haben.
Es ist falsch, wenn Deutschlands unfähigster Wirtschaftsminister Brüderle weiterhin von Steuersenkungen faselt, nur weil wir ein paar Milliarden Euro mehr Steuereinnahmen haben.
Die Kommunen leisten eine wichtige Aufgabe in unserem Staatsaufbau.Sie sind für die öffentliche Infrastruktur,die Daseinsvorsorge, verantwortlich. Sie leisten wichtige Aufgaben auf dem Feld der Bildung, sei es frühkindliche Bildung – ein zentraler Punkt unserer Bildungspolitik –,aber sie brauchen auch die Finanzmittel zur Erfüllung dieser Aufgaben. Deswegen ist auf der einen Seite die Verstetigung der Finanzeinnahmen wichtig. Es muss Schluss damit sein, dass die Bürgerinnen und Bürger in unseren Städten das ausbaden müssen, was mit falschen Steuerentscheidungen gemacht wird. – Herr Krüger, Sie können den Kopf schütteln, es bleibt trotzdem wahr und richtig.
Wer auf der einen Seite Millionenbeträge für die Steuersenkungen bei Hotelübernachtungen rauswirft und wer Wachstumsbeschleunigungsgesetze beschließt, die in den hessischen Kommunen zu über 600 Millionen c Steuermindereinnahmen führen,der hat das Recht verloren,sich hierhin zu stellen und von einer soliden Finanzpolitik zu reden.
Die überwiegenden Aufgaben, die die Kommunen wahrnehmen, sind Aufgaben im Rahmen der Sozialpolitik, die gesetzlich festgeschrieben sind. Investitionen sind notwendig, um die Infrastruktur zu erhalten. Sie sind aber auch wichtig als arbeitsmarktpolitische Maßnahmen. Dann haben wir die freiwilligen Aufgaben, die bei den Kommunalhaushalten ca. 1 % des Haushalts ausmachen. Das ist das, womit die ehrenamtliche Tätigkeit gefördert wird, z. B. in Vereinen, die auch zur Aufrechterhaltung des öffentlichen Lebens notwendig sind.
Dann gibt es einen Innenminister, der zuständig ist und dazu nicht redet.Herr Schäfer,wahrscheinlich machen Sie es. Dieser Innenminister bringt Konsolidierungserlasse auf den Weg, in denen die Kreise über die Regierungspräsidien angewiesen werden, die Kreisumlagen zu erhöhen. Das führt dazu, dass fast 95 % aller Städte und Gemeinden in Hessen ihren Haushalt nicht mehr ausgleichen können.
Nackte Landkreise greifen nackten Städten und Gemeinden in die Tasche – eine intelligente Politik dieser Landesregierung.
Meine Damen und Herren, deswegen müssen wir auch darüber reden, was wir an Standards und bürokratischen Vorgaben verändern können. Wir haben in den letzten Jahren gesagt, wir müssen die Programme bezüglich der Kanäle strecken, damit die Kommunen das nicht alles in ein, zwei Jahren umsetzen müssen. Das sind Millioneninvestitionen zulasten der Bürger in Form von Steuererhöhungen. Aber wir brauchen vor allem eines: Verlässlichkeit der Einnahmen. Deswegen muss Schluss sein mit den falschen politischen Weichenstellungen. Kommunal ist nicht egal. Dort spielt das Leben, und die Bürgerinnen und Bürger haben ein Anrecht darauf, dass die staatlichen Systeme den Gemeinden die Finanzmittel zur Erfüllung ihrer Aufgaben zur Verfügung stellen. Dies ist bei dieser Landesregierung, der kommunalfeindlichsten seit 1946, nicht der Fall. Damit muss endlich Schluss sein – Vielen Dank.
Herr Präsident,meine Damen und Herren! Am 2.Juni demonstrierten rund 200 Bürgermeisterinnen und Bürgermeister aus ganz Hessen auf dem Hessentag in Stadtallendorf gegen die von der Landesregierung geplante Kürzung des Kommunalen Finanzausgleichs. Wir als LINKE begrüßen diesen Protest ausdrücklich und stellen fest, dass, wenn es um die Kommunalfinanzen in Hessen geht, das offensichtlich zwei Drittel der Abgeordneten dieses Hauses von CDU und FDP nicht interessiert, weil sie nicht im Raum sind.
Die Bürgermeisterinnen und Bürgermeister trugen Schilder mit Aufschriften wie: „Heute Bürgermeister – morgen Insolvenzverwalter“ oder „Kommunen sind systemrelevant“. Doch anders als im letzten Jahr bei den Banken wird hier kein Rettungsschirm aufgespannt. In Gegenteil, die drastische Finanzlage der Kommunen wird durch weitere Maßnahmen dieser Landesregierung zusätzlich verschärft.
Ich sage das gleich. – Die Kürzung des Kommunalen Finanzausgleichs ab 2011 um 400 Millionen c jährlich und weitere Auftragsübertragungen ohne ausreichende Kostendeckung, wie z. B. die Beteiligung an den Kosten des
Die katastrophale Finanzausstattung der Kommunen ist nicht hausgemacht. So hat die Gewerkschaft ver.di jüngst in einer Studie festgestellt, dass die Steuerpolitik seit 1998,also zu Zeiten der rot-grünen und der rot-schwarzen Bundesregierung,zu Steuerausfällen von jährlich 50 Milliarden c geführt hat. Für das Land Hessen bedeutet dies jährliche Mindereinnahmen von 2 Milliarden c und für die hessischen Kommunen nochmals zusätzliche Einnahmeverluste von 800 Millionen c – Geld, das überall fehlt, was den sozialen Zusammenhalt unserer Gesellschaft bedroht.
Sämtlichen Statistiken zufolge liegt die kommunale Staatsquote der hessischen Gemeinden seit Jahren konstant bei 7 %. Von einer Ausgabenexplosion kann hier also keine Rede sein. Schon heute sprechen Bürgermeister offen davon, dass sie mit den vorhandenen Finanzmitteln zukünftig nur noch die Pflichtaufgaben erfüllen können. Was dies für Vereine, soziale Einrichtungen, Kindertagesstätten, Schulen, Bibliotheken, Schwimmbäder, Sportstätten usw., schlicht für das Leben, ich sage: für das soziale Zusammenleben in der Kommune, bedeutet, dürfte allen klar sein. Wir hoffen, dass sich zumindest bei der SPD, jetzt in der Opposition, die Erkenntnis durchsetzt, dass der Weg der Steuersenkungen und Kürzungen der falsche Weg war und ist.Bei der Landesregierung lässt sich eine solche Erkenntnis leider nicht feststellen.
Seit Jahren drängen Sie die klammen Kommunen zu weiteren Kürzungsmaßnahmen, Privatisierungen und Einsparungen bei Personal und Dienstleistungen.
Die Schließung und den Ausverkauf von öffentlichen Einrichtungen bis hin zur Einschränkung der Daseinsvorsorge nehmen Sie dabei billigend in Kauf.Wer aber an einer wirklichen Lösung des kommunalen Finanzdesasters interessiert ist, ist gezwungen, sich sowohl der Entschuldung der Kommunen durch den Bund als auch der Verbesserung der Steuereinnahmen zuzuwenden.
Zahlreiche konkrete Vorschläge liegen dazu seit Jahren vor und müssen endlich umgesetzt werden. Dies sind der Umbau der kommunalen Gewerbesteuer zu einer Gemeindewirtschaftsteuer, komplette Kostenerstattung bei Aufgabenverlagerungen auf die Kommunen, die Wiedereinführung der Vermögensteuer und eine gerechte Erbschaftsteuer sowie die progressive Besteuerung von Kapitalerträgen.
Die katastrophale Finanzsituation der Kommunen wurde politisch verursacht und durch die Wirtschaftskrise noch verschärft. Jetzt dürfen wir es nicht zulassen, dass die Kommunen und die Bürgerinnen und Bürger diese Krise bezahlen müssen, während Banker, Manager und Spekulanten weiterhin verschont bleiben.
Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! „Hessens Landesregierung ruiniert die kommunalen Finanzen“ – so haben die Kollegen von der SPD die Aktuelle Stunde genannt. Ich würde das Ganze in einen größeren Zusammenhang stellen und würde sagen: Die Landesregierung ruiniert den hessischen Landeshaushalt und die Kommunalfinanzen gleich mit.
(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der SPD sowie des Abg. Willi van Ooyen (DIE LINKE))
Denn bei dem Blick auf das finanzpolitische Verhalten der Landesregierung dürfen wir nicht vergessen, dass es gerade die schwarz-gelbe Koalition ist, die mit unsinnigen Steuergeschenken bestimmte Lobbygruppen bedient hat.