Protokoll der Sitzung vom 08.09.2010

Kommen wir zum Thema der erneuerbaren Energien. Die Hessische Landesregierung setzt sowohl auf den Ausbau der erneuerbaren Energien wie auch genauso auf eine Reduzierung des Energieverbrauchs. Dabei sind wir uns in einem einig:Energie,die nicht verbraucht werden muss, muss nicht produziert werden. Insofern legen wir darauf natürlich ein besonderes Gewicht.

(Beifall bei der CDU und bei Abgeordneten der FDP)

Lassen Sie mich das in aller Deutlichkeit ansprechen: Wenn wir von diesen Zielen sprechen, die ich eben genannt habe, ist es vollkommen richtig, dass das auf eine breite Akzeptanz in der Bevölkerung bauen muss. Sie können nicht über die Köpfe der Menschen hinweg etwas oktroyieren, was hinterher nicht gelebt wird.

(Beifall bei der CDU – Demonstrativer Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Deswegen wird es insbesondere bei den erneuerbaren Energien ausgesprochen wichtig sein – ich glaube, da liegen wir gar nicht weit auseinander –, in unserer Gesellschaft zu einer breiten Akzeptanz zu kommen. Wir müssen Hürden abbauen,die es in der Vergangenheit gegeben hat.

(Zuruf des Abg. Norbert Schmitt (SPD))

Selbstverständlich müssen wir uns hier neuen Dingen öffnen, wie es in der Vergangenheit in diesem Bereich vielleicht nicht der Fall gewesen ist.

(Zurufe der Abg. Petra Fuhrmann und Norbert Schmitt (SPD))

Natürlich gibt es konkrete Projekte. Immer wieder sagen alle, wir wollen den Einsatz von erneuerbaren Energien. Aber vor Ort erleben Sie es doch auch: Im Prinzip sind sich alle darin einig,dass sie es haben wollen,wenn es aber um die konkrete Umsetzung geht, dann hat der eine oder andere in dem speziellen Projekt immer wieder etwas,warum er gerade bei diesem Projekt dagegen ist – weil es vor der eigenen Haustür liegt. Insofern haben wir gemeinsam die Aufgabe, für die Akzeptanz zu kämpfen und entsprechende Hürden abzubauen.

(Beifall bei der CDU und der FDP – Zuruf des Abg. Norbert Schmitt (SPD))

Die Politik der Hessischen Landesregierung wird sich weiterhin an drei Zielen orientieren: an der Versorgungssicherheit, an der Bezahlbarkeit – die selbstverständlich die privaten Verbraucher und die Unternehmen betrifft – und natürlich auch an der Klima- und Umweltfreundlichkeit.

(Dr. Christean Wagner (Lahntal) (CDU): Sehr gut!)

Sehr geehrte Damen und Herren, wir machen zukunftsfähige Energiepolitik, die Chancen entwickelt und nicht in eine Sackgasse führt. Das können Sie uns glauben, frei von Ideologie.

(Beifall bei der CDU und der FDP – Lachen bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der LINKEN)

In Bezug auf den Ausbau der erneuerbaren Energien hat das von meiner Vorgängerin, Frau Staatsministerin Silke Lautenschläger, einberufene Energie-Forum gute Arbeit geleistet. Das kann und muss man anerkennen. Die Eckpunkte für ein Energiekonzept wurden vorgelegt. Der Schwerpunkt ist die Biomasse.

(Zuruf der Abg. Ursula Hammann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))

Aber auch die Solarenergie sowie die Windkraft innerhalb und außerhalb Hessens werden einen deutlichen Beitrag zum Erreichen unserer ehrgeizigen Ziele leisten. Ich danke Silke Lautenschläger ausdrücklich für die Initiative, die sie dort geleistet hat.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Aus diesen Eckpunkten wissen wir, dass es bestimmt Dinge gibt, die in Hessen weniger einsetzbar sind, also eine geringere Rolle spielen werden. Das sind Wasser und Geothermie.

Seitdem diese Eckpunkte vorliegen, ist der Energiemix klar.Alles andere als klar ist aber, wie der erzeugte Strom eigentlich zu den Verbrauchern kommt. Mit dem jetzigen Stromnetz ist eine vollständige Versorgung der Stromkunden durch erneuerbare Energien nicht möglich,

(Timon Gremmels (SPD): Wenn wir dezentral produzieren – natürlich!)

auch wenn wir das gern hätten. Die dafür notwendige Infrastruktur muss noch geschaffen werden. Das erfordert Investitionen, und Sie müssen zur Kenntnis nehmen: Die fallen nicht vom Himmel.

(Dr. Andreas Jürgens (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Das ist falsch!)

Sehr geehrte Damen und Herren von der Opposition, die ja im Moment relativ aufgeregt wirkt, ich wünsche mir, dass Sie diesen notwendigen Ausbau des Stromnetzes mit

dem gleichen Einsatz begleiten, wie Sie den Ausbau der erneuerbaren Energien fordern.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Ich erwähnte eben: 20 % erneuerbare Energien bis zum Jahr 2020 – das ist ohne Zweifel ein ehrgeiziges Ziel.

(Widerspruch bei der SPD,dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der LINKEN)

Den Energieverbrauch um ein Fünftel zu senken ist ebenfalls ambitioniert. Hessen hat hier einige Strategien entwickelt und auf den Weg gebracht. Ich darf Ihnen versichern, wir werden dabei nicht nachlassen.

Ich weiß,meine Redezeit ist beschränkt.Deshalb kann ich nicht auf alles eingehen.

(Zurufe von der SPD und der LINKEN: Nein, Sie können so lange reden, wie Sie wollen!)

Lassen Sie mich doch einfach ausreden. Kommen Sie langsam runter. Das wäre doch anständig und höflich, oder?

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Nehmen Sie es doch einfach so mit – dass wir zukünftig hart in der Auseinandersetzung, aber fair im Umgang sein sollten. Ich nehme das für mich in Anspruch und wäre dankbar, wenn auch Sie das tun würden. Danke schön.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Hessen hat einige Dinge auf den Weg gebracht und wird darin nicht nachlassen. Ich will Ihnen nur drei kurze Beispiele nennen.

Es gibt die Zusammenarbeit mit der Wissenschaft, das Forschungsprojekt in Kassel, bei dem an der Universität Kassel Wirtschaft, Wissenschaft und Land zusammenarbeiten, um gemeinsam Lösungen zu entwickeln, wie Produktionsprozesse energetisch effizienter gestaltet werden können. Das ist ein gutes Projekt. Selbstverständlich werden die Ergebnisse für diejenigen,die sie anwenden,Wettbewerbsvorteile bringen.

Nehmen Sie ein anderes Beispiel. Nehmen Sie das Beispiel der CO2-Neutralität der hessischen Landesverwaltung. Hier geht das Land Hessen federführend voran. Ich glaube, darüber darf man nicht lachen, sondern man muss es akzeptieren. Wenn wir keine Vorreiterrolle spielen, wenn wir nicht vorangehen und sagen,wie man es machen kann, wie wollen wir es den Leuten dann erklären? Das gehört zum Thema Akzeptanz.

(Lebhafter Beifall bei der CDU und der FDP)

Deshalb will ich Ihnen als ein weiteres Beispiel das Projekt Bioeffizienzdorf nennen. Ich nenne es Ihnen auch als Beispiel des Mitnehmens von Bürgerinnen und Bürgern. Wir brauchen die Menschen auf diesem Weg.Wenn Energieeffizienz gesteigert werden soll, wenn Menschen mehr erneuerbare Energien einsetzen sollen, dann müssen wir sie mitnehmen. Deshalb sind solche Projekte hervorragend.

Ich habe Ihnen an diesen Beispielen dargelegt, dass wir Menschen mitnehmen müssen, dass wir sie nicht bevormunden dürfen,dass wir sie nicht gängeln dürfen,sondern dass wir mit ihnen gemeinsam diese Ziele erreichen wollen. Deshalb sehe ich es für mich als besondere Herausforderung in meiner neuen Tätigkeit, diese Akzeptanz bei den Menschen zu erreichen, zu zeigen, was möglich ist, und das Interesse und das Bewusstsein der Menschen zu

wecken. Ich kann Sie nur auffordern, diesen Weg positiv zu begleiten.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Vielleicht darf ich einen ganz kleinen Seitenhieb machen. Sie sind vorhin auf eine Studie eingegangen,in der Hessen angeblich Schlusslicht bei den erneuerbaren Energien sei. Wissen Sie, man kann jede Statistik so lesen, wie man sie braucht. Die Studie, die Sie zitieren, setzt den Energieverbrauch ins Verhältnis zu erneuerbaren Energien. Wenn Sie sehen, dass Hessen ein Land ist, das extrem viel Energie verbraucht, dann wissen Sie, dass die Beispiele, die Sie nennen, hinken. Hessen ist halt nicht mit Brandenburg zu vergleichen.

(Beifall bei der CDU und der FDP – Zurufe von der SPD und der LINKEN)

Bei allen Anstrengungen, Energieeinsparungen vorzunehmen, und aller Begeisterung, die ich für erneuerbare Energien teile, muss man trotzdem die Realität im Auge behalten.

Frau Ministerin, entschuldigen Sie die Unterbrechung. – Werte Kolleginnen und Kollegen, ich bitte, der Rede zu folgen.

(Zurufe von der SPD – Gegenrufe von der CDU)

Frau Ministerin, Sie haben das Wort. Die Kolleginnen und Kollegen werden jetzt Ihrer Rede folgen.

Sie kommen so langsam wieder zur Ruhe, wie ich sehe. Insofern kann ich jetzt fortfahren.

Auch wenn wir uns wünschen würden, dass erneuerbare Energien schon alles andere ersetzen könnten, wissen wir, das kurz- und mittelfristig auch andere Energien notwendig sind. Ich muss außerdem darauf hinweisen, wir verbrauchen nicht nur Strom, sondern wir benötigen Wärme zur Warmwasserbereitung und zur Beheizung von Wohnhäusern, Büros und Betrieben, und wir benötigen Kraftstoffe zur Aufrechterhaltung unserer Mobilität. Bitte behalten Sie auch das im Auge.