Protokoll der Sitzung vom 08.09.2010

Auch Sie sagen: Dort besteht Handlungsbedarf, dort soll etwas verändert werden. – Hier stellen Sie aber das Bild, Sie hätten schon die endgültige Lösung und könnten sagen: Hebt die Hand, und das Problem ist aus der Welt. – Das enthält Ihr Antrag nicht. Diesem Eindruck möchte ich mich entgegenstellen.

(Beifall bei Abgeordneten der FDP und der CDU)

Ich möchte auf eines hinweisen. Herr Dr. Spies und Herr Bocklet, glaube ich, können das bestätigen.Wir versuchen im Sozialausschuss – ich nenne ihn jetzt einmal so – immer konstruktiv und gemeinsam an den Anträgen zu arbeiten. Wir haben mehrfach schon gemeinsame Lösungen erarbeitet. Mehrfach haben wir das.

Ich weiß nicht, wie das in anderen Ausschüssen läuft. Ich glaube aber schon, dass man den Mitgliedern der Mehrheitsfraktionen nicht unterstellen kann, dass sie einfach nur darauf reagieren, was oben auf dem Antrag steht. Das möchte ich deutlich zurückweisen.

(Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der CDU)

Ich erinnere mich sogar, dass wir hier einen Gesetzentwurf der SPD-Fraktion mit Mehrheit beschlossen haben.

(Beifall bei Abgeordneten der FDP – Günter Ru- dolph (SPD):Was?)

Wir haben hier über den guten Ton gesprochen. Ich glaube, im Sozialausschuss haben wir diesen guten Ton. Ich glaube, es wird auch eine vernünftige Debatte zu dem Thema geben. Ich glaube auch, dass es uns gelingen wird, kurzfristig eine zielgenaue Lösung zu erarbeiten.

Jetzt muss ich aber noch einmal auf den wesentlichen Punkt dieses Setzpunktes zu sprechen kommen. Das ist der Gesetzentwurf der SPD-Fraktion.

Frau Habermann, Sie haben extrem kurz gesprochen. Ich finde, Sie haben relativ wenig zu Ihrem Gesetzentwurf gesagt. Ich muss mich deshalb ein bisschen mehr auf die Begründung beziehen, weil Sie nur von einem Problem gesprochen haben. Sie haben im Antrag von Maßnahmen gesprochen, aber nicht davon, dass Sie einen Gesetzentwurf vorgelegt haben. Diesen Gesetzentwurf haben Sie aus meiner Sicht überhaupt nicht vernünftig begründet. Sie haben drei, vier Allgemeinsätze gesagt, sind aber nicht konkret auf den Gesetzentwurf eingegangen.

(Beifall bei der FDP und der CDU)

Wenn ich mir diesen Gesetzentwurf und die Begründung anschaue, fällt mir auf, dass er, wenn man sich mit diesem Thema ein bisschen auseinandersetzt, enorme Ähnlichkeiten mit einem Gesetzentwurf hat, der in Brandenburg beschlossen worden ist.

(Zuruf von der SPD: Das hat sie doch gesagt! – Günter Rudolph (SPD):Wo ist das Problem?)

Darauf ist jetzt die Überschrift „Hessen“ geschrieben, okay. Dann möchte ich auch einmal an die Debatte erinnern. Wenn man das Gesetz durch die Anhörung schickt, kann man einmal schauen, was in Brandenburg zu dem Gesetzentwurf gesagt worden ist, warum das Gesetz vielleicht nicht die Zustimmung von den GRÜNEN, der CDU und der FDP gefunden hat

(Petra Fuhrmann (SPD): Sie hätten zuhören sollen!)

und warum die GEW gesagt hat, dieses Gesetz in Brandenburg geht in die falsche Richtung.

(Minister Jörg-Uwe Hahn:Aha!)

Die GEW gilt mit Sicherheit nicht als Kerntruppe der liberalen Kultus- oder Sozialbewegung.

(Zurufe von der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Herr Wagner hat zu Ihrem Gesetz zu Recht darauf hingewiesen, man kann einfach Geld ausschütten.Aber bei der Debatte über die Chipkarte ist uns doch klar geworden, dass wir ein großes Interesse haben,dass das Geld,das wir für Familien zur Verfügung stellen, auch für Bildung ausgegeben wird. Dieser Frage müssen Sie sich doch auch einmal stellen.

(Beifall bei der FDP und der CDU sowie des Abg. Mathias Wagner (Taunus) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))

Ein Kernbereich in dem Gesetz sagt natürlich wieder aus, dass er Bezug auf die SGB-II-Empfänger bzw.Wohngeldempfänger nimmt. Wir wissen, bei der Gesetzesänderung wird vielleicht ein Teil Ihres Gesetzes sogar ins Leere stoßen, weil diese Gelder angerechnet werden müssen, sodass das Gesetz an der Stelle überhaupt keinen Sinn mehr macht.

Man geht davon aus, in Brandenburg wird das 1,6 Millionen c kosten. Wenn man versucht, das für Hessen Pi mal Daumen hochzurechnen, sind es vielleicht 3,2 Millionen c Leistungserbringung. Es wurde aber festgestellt, dass es ein enorm bürokratisches Gesetz ist, weil viele Leistungsgesetze hineinspielen, wo zu prüfen ist, welche Bedarfe und welche Anerkennungen dort auch zur Verfügung gestellt werden.In Ihrem Gesetz steht einfach,das sollen die Kommunen machen, und das Land soll es bezahlen. Diese Bürokratiekosten, die an der Stelle entstehen würden, wenn wir so ein Gesetz machen würden, wären völlig am Thema vorbei.

(Beifall bei der FDP und der CDU – Zurufe von der SPD)

Es ist auch so,dass man nur in den von SPD und LINKEN regierten Ländern überhaupt auf solche Ideen kommt, Geld in die Hand zu nehmen, es auszuschütten und zu sagen, es ist für Bildung zu verwenden.

(Zuruf der Abg. Heike Habermann (SPD))

Ich glaube, wir sind in der Debatte bedeutend weiter. Ich glaube, wir sind auch in Hessen in dem Bereich enorm gut aufgestellt. Ich will Ihnen sagen, was wir mit dem Geld besser machten könnten. Wir könnten noch mehr Lehrer einstellen, als wir bisher eingestellt haben.

(Beifall bei der FDP)

Wir haben im Investitionsprogramm Hunderte von Millionen c für Schulen ausgegeben.

(Zuruf des Abg. Dr.Thomas Spies (SPD))

Wir werden zweieinhalbtausend Lehrer mehr haben. Wir haben die Qualitätsstandards in der Kinderbetreuung angehoben. Wir haben den Ganztagsschulbereich ständig ausgebaut.Warum sage ich das? – Weil es die Frage ist,wie die Bildungschancen von Menschen erhöht werden können. Ich glaube, die Lösung ist nicht einfach, jemandem Geld in die Hand zu drücken, sondern die Institution so früh wie möglich zu stärken und in den Grundschulen, in der Kinderbetreuung anzufangen.

(Beifall bei der FDP und der CDU)

Ich bin mir darin absolut mit der GEW in Brandenburg einig, weil die genau diesen Punkt hochgezogen und gesagt hat: Investiert das Geld doch lieber vorne, anstatt wieder einfach Geld hinten auszuschütten. – Ich möchte einmal ganz deutlich machen, auch für die Presse, die da ist: Es geht nicht um das konkrete Problem der Schülerbeförderung, sondern um den Gesetzentwurf der SPD, der heute hier Gegenstand des Setzpunktes ist.

(Zurufe von der SPD)

Dieses Gesetz haben Sie hier so nicht vernünftig eingebracht.Sie haben nicht auf die Knackpunkte hingewiesen. Sie haben nur von einem Thema gesprochen, das aus meiner Sicht vielleicht auf der Grundlage des Antrags der GRÜNEN angegangen werden kann, aber wo ich hoffe, dass das Ministerium uns zielgenau, kurzfristig und bürokratiearm eine Lösung vorschlägt,damit wir dieses Thema ganz schnell zum Wohle der jungen Menschen und deren Bildungschancen abräumen können.

Das ist unser Ziel.Darum werden wir in eine konstruktive Debatte zu diesem Antrag eintreten. Dem Gesetz gebe ich nicht so große Chancen.

(Beifall bei der FDP und der CDU)

Vielen Dank, Herr Rock. – Herr Dr. Spies, Sie haben sich zu einer Kurzintervention gemeldet.

Mein lieber Herr Kollege Rock,Ihr wunderbares Bild,das Sie über die Leistungen der Landesregierung zur Frage der Bildung entfaltet haben, erinnert mich ein bisschen an den Burgbesitzer, der den Menschen, die um seine Burg herum wohnen, gerne etwas Gutes tun will und allen erzählt, wie er Nahrungsmittel angebaut hat, Kleidung für alle bereit hält,und,und,und.Leider hat er die Zugbrücke hochgezogen, und alle stehen draußen und kommen nicht rein.

(Zuruf von der CDU)

Herr Rock, Sie sehen, in unserem Gesetzentwurf geht es um die Frage, wie denn die Kinder in diese von Ihnen so blumig beschriebenen wunderbaren Schulen kommen. Dazu muss man eine Fahrkarte bezahlen können.

(Beifall bei der SPD)

Das muss man auch in der Oberstufe machen. Das muss man auch dann, wenn man arm ist und keine Leistung nach SGB II bekommt. Genau um diejenigen geht es, die gerade so viel haben, dass sie keine Leistung nach SGB II bekommen, und die sich trotzdem die Fahrkarten von 60, 70 c im Monat in die nächstgelegene Oberstufe nicht leisten können. Wir wären dankbar, wenn Sie genau das wenigstens zur Kenntnis nehmen würden. Zugbrücke herunterlassen – das ist die Aufgabe.

(Beifall bei der SPD)

Vielen Dank, Herr Dr. Spies. – Herr Rock, Gelegenheit zu antworten.

Herr Präsident! Lieber Herr Spies, ich habe doch extra zum Abschluss meiner Rede noch einmal für die Presse, für Sie alle und auch für Sie, Herr Spies, deutlich gemacht, dass wir den Zugang zur Schule ermöglichen müssen und dass wir kurzfristig eine Lösung finden werden.

(Beifall bei der FDP und der CDU – Zurufe von der SPD)

Weil mir klar war, was von Ihnen kommt, habe ich es hier extra noch einmal deutlich erklärt. Wenn Sie vielleicht meinen Redebeitrag zur Hälfte schon im Kopf hatten, das Bild der Burg so toll fanden und dann die letzten drei Minuten meiner Rede ausgeblendet haben, kann ich Ihnen nicht helfen. Sie können das gerne im Protokoll nachlesen.

Ich habe es am Anfang meiner Rede gesagt, damit es kein Missverständnis gibt. Ich habe es am Ende meiner Rede gesagt und wiederhole es jetzt bei meiner Antwort auf Ihre Kurzintervention noch einmal: Wir werden eine unbürokratische, zielgenaue Lösung für dieses Problem finden. – Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP und der CDU)

Danke, Herr Rock. – Frau Cárdenas, ich darf Ihnen das Wort für die Fraktion DIE LINKE erteilen.