Meine Damen und Herren, seit Jahrzehnten haben wir über unsere Verhältnisse gelebt, und zwar unter allen Regierungen, völlig gleich, von wem diese Regierung gestellt wurde.
Das gilt auch für Sozialdemokraten und GRÜNE.Das gilt für alle. Da sind wir allzumal Sünder gewesen.
Meine Damen und Herren, es dient nur der Versachlichung der Debatte, wenn wir uns dazu bekennen, dass es erhebliche Fehlentwicklungen zu dieser Thematik in allen Bundesländern, auch auf der Bundesebene, gegeben hat. Lassen Sie mich in diesem Zusammenhang nur eine Zahl nennen.Allein die Zinszahlungen des Landes Hessen belaufen sich in diesem laufenden Haushaltsjahr auf 1,5 Milliarden c, und das in einer ausgesprochenen Niedrigzinsphase.Wenn wir in einer Phase höherer Zinsen wären, wäre dieser Ausgabenpunkt noch erheblich höher.
Warum brauchen wir die Schuldenbremse? – Erstens. Es ist ein wichtiges verfassungsrechtliches Problem, das wir bedenken müssen. Der schleswig-holsteinische Landtag hat gegen die Schuldenbremse, wie sie im Grundgesetz verordnet ist, beim Bundesverfassungsgericht Klage eingereicht. Schleswig-Holstein ist der Auffassung, dass der Bund mit der Schuldenbremse in die Haushaltsautonomie der Länder in unzulässiger Weise eingreife. Dieses Argument muss ernst genommen werden. Unter den Juristen, die darüber streiten, herrscht die Einschätzung, dass diese Klage Schleswig-Holsteins durchaus erfolgreich sein könnte.
Zweitens spricht für eine eigenständige Regelung mit Verfassungsrang, dass auf diese Art und Weise auch die demokratische Legitimation einer solchen Schuldenbremse im Lande Hessen verdeutlicht und verstärkt wird.
Drittens.Wir wollen deshalb eine eigenständige Regelung für Hessen, weil wir als verantwortungsbewusste Politiker auch Vorsorge für absolute Ausnahmefälle leisten müssen, die nicht auszuschließen sind, also z. B. für Naturkatastrophen oder auch für große Wirtschaftskrisen. Dann muss die Politik und dann muss der Landtag reagieren können, wie das im Grundgesetz für den Bund vorgesehen ist. Deshalb wollen wir eine ähnliche Regelung auch für das Land Hessen. Wir müssen für solche Ausnahmefälle Vorsorge treffen.
Ich will am Rande sagen, weil das ein völlig zulässiger Punkt der politischen Diskussion ist:Wir müssen uns darüber unterhalten, wer diesen Ausnahmefall feststellt. Meine Fraktion hat klare Vorstellungen.Wir sind der Auffassung, dass nicht die Regierung einen solchen Fall feststellt, sondern der Landtag oder, wenn es z. B. um die Frage geht, ob wir uns in einer Wirtschaftskrise befinden – eine solche Feststellung der Politik wäre der Manipulation unterworfen –, möglicherweise ein völlig unabhängiges Sachverständigengremium.
Herr Schmitt, nehmen Sie doch mein mündliches Wort. Warum immer dieses Misstrauen? Warum nehmen Sie nicht das, was wir hier vortragen, als eine mögliche Anregung in der politischen Diskussion?
Es macht manchmal wirklich keine Freude, sich mit Ihnen auseinanderzusetzen, weil alles zerredet wird, alles kritisiert wird, anstatt einmal miteinander in einen Dialog einzutreten.
Sprechen Sie doch so, wie wir in Ihre SPD-Landesparteizentrale gegangen sind und Ihnen auf diese Weise die Hand zu einer Verhandlung gereicht haben. Sprechen Sie doch genauso ergebnisoffen mit uns.
Meine Damen und Herren, lassen Sie mich noch Folgendes sagen. Ich bedauere sehr, dass sowohl der Deutsche Gewerkschaftsbund als auch die Partei DIE LINKE klar und deutlich eine Absage an die Überlegung einer solchen Schuldenbremse erteilen. Ich finde, wer hier „njet“ sagt, der betätigt sich als Zukunftsbremse. Wir wollen gerade mit der Schuldenbremse eine verantwortbare und verantwortliche Zukunft für unser Land gestalten.Wir sagen klar und deutlich Nein zu einer solchen Zukunftsbremse.
Meine Damen und Herren, lassen Sie mich feststellen: Wer zur Schuldenbremse Nein sagt, vermindert den Gestaltungsspielraum der Politik, Politik auch für Bildung, für innere Sicherheit oder auch eine Erfolg versprechende Sozialpolitik.
Meine Damen und Herren, ich will in dem Zusammenhang – weil das auch ein Diskussionspunkt ist, dem wir uns stellen – noch ein Wort zur Frage der Kommunen sagen. Zunächst einmal, damit das rein rechtlich klar ist: Diese von uns vorgeschlagene Schuldenbremse in der Hessischen Landesverfassung berührt verfassungsrechtlich die Kommunen nicht. Das muss klar und deutlich gesagt werden.
Die Auswirkungen, das ist Ihr Argument. Darüber wollen wir uns gerne mit Ihnen auseinandersetzen. Herr Rudolph, ich möchte gerne auf die Begründung unseres Gesetzentwurfs verweisen. Darin steht wörtlich:
Die Verantwortung des Landes nach Art. 137 Abs. 5 HV für die Haushalte der Gemeinden und Gemeindeverbände sowie mit Blick auf die gesamtstaatlichen Vorgaben des europäischen Stabilitätsund Wachstumspaktes für deren Defizite bleibt davon unberührt.
Wir wollen also ausdrücklich, das stelle ich wiederholt fest, nicht eine Sanierung der Landesfinanzen auf den Schultern der Kommunen vornehmen.
Es ist doch politisch legitim, dass wir uns darüber auseinandersetzen. Ich will zu diesem Punkt nur eines sagen. Es wird immer wieder völlig übersehen, dass im Zu
sammenhang mit dem Länderfinanzausgleich, wo SPD, GRÜNE, FDP und CDU sehr nahe beieinander sind, ein Teil unserer Abführung an den Länderfinanzausgleich mit der Finanzkraft der hessischen Kommunen begründet wird, dass uns das, was die Kommunen an Steuern einnehmen, unmittelbar im Rahmen des Länderfinanzausgleichs zugerechnet wird und wir deshalb eine nicht unerhebliche Summe – etwa 400 Millionen c pro Jahr – in den Länderfinanzausgleich hineingeben müssen.
Das ändert nichts an der Tatsache – darin sind wir wahrscheinlich wieder beieinander –, dass die kommunalen Haushalte insgesamt, im Durchschnitt gesehen, defizitär sind. Ich weiß, wovon ich spreche. Ich bin Kreistagsabgeordneter im Landkreis Marburg-Biedenkopf. Was die Finanzkraft der Kommunen angeht, muss man natürlich differenzieren. Es gibt sehr finanzkräftige Kommunen, und es gibt Kommunen, die sich permanent nur noch durch Kassenkredite finanzieren können – ein unhaltbarer Zustand. Deshalb bin ich dem Hessischen Ministerpräsidenten in besonderer Weise dankbar dafür, dass er einen Schutzschirm zugunsten der kommunalen Haushalte aufstellen will.
Wir reden darüber, wie er aussieht. – Das ist eine klare, deutliche Willenserklärung des Ministerpräsidenten. Jetzt gehen wir in die Verhandlungen mit den Kommunalen Spitzenverbänden und werden sehen, wie er im Einzelnen ausgestaltet wird.
Meine Damen und Herren, lassen Sie mich zum Schluss Folgendes klar und deutlich sagen.Wir möchten, dass das Bekenntnis zur Schuldenbremse bei allen Teilen dieses Hauses nicht zum Lippenbekenntnis wird. Wir wollen nämlich auch sicherstellen, dass wir auf der einen Seite nicht verbal „für Schuldenbremse“ sagen,aber auf der anderen Seite dort,wo gespart werden muss,heftigen Widerstand ankündigen und gleichzeitig populistisch ausgabenwirksame Wohltaten fordern. Das führt nicht weiter.
Lassen Sie mich ein Weiteres sagen. Darin sind sich CDU und FDP sehr einig. Wir wollen den Haushaltsausgleich, den wir in den nächsten Jahren anstreben, nicht durch Steuererhöhungen finanzieren – das halten wir für verhältnismäßig fantasielos –, sondern wir wollen wirklich miteinander sparen.Die populistischen Zwischenrufe von den LINKEN dürfen wir nicht beachten.
Ich komme zum Schluss.– Ich will klar und deutlich sagen, dass wir mit allen gesellschaftspolitisch relevanten Institutionen in unserem Land sprechen wollen. Deshalb unterstützen wir den Entschließungsantrag der GRÜNEN zu diesem Punkt.
folgender Parlamentariergenerationen erhöhen will, der muss dafür sorgen, dass Schuldenstand und Zinslast reduziert werden.... Deshalb müssen wir... endlich die Konsequenz ziehen aus den vielen Reden, in denen wir auf die Belastung nachfolgender Generationen, unserer Kinder und Enkelkinder, hinweisen.
Meine Damen und Herren, das hat der damalige Bundesfinanzminister Peer Steinbrück am 29. Mai 2009 gesagt. Dem habe ich nichts mehr hinzuzufügen.
Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Zu Beginn Ihrer Rede, Herr Dr. Wagner, habe ich mich manchmal gefragt, an welchen Orten die CDU – und zum Teil auch die FDP – die letzten elf Jahre verbracht hat. Denn Sie haben so getan,als hätten Sie mit der Haushaltsund Finanzpolitik in Hessen nicht so richtig etwas zu tun gehabt.
(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Dr. Christean Wagner (Lahntal) (CDU): Das stimmt doch gar nicht!)
Auch ich möchte einen Blick auf die Zahlen werfen. Wir haben gestern den Finanzplan besprochen, und danach werden es bis zum Jahre 2014 mehr als 47 Milliarden c Schulden sein. Die Zinszahlungen, die, wie Sie richtig ausgeführt haben, den Handlungsspielraum der künftigen Generationen erheblich einschränken werden, werden aller Voraussicht nach bis 2014 mehr als 1,8 Millionen c betragen – und das bei prognostizierten Einnahmen von rund 20,6 Milliarden c. Ich glaube, diese wenigen Zahlen machen eines deutlich: Die Verschuldungsspirale der öffentlichen Haushalte muss wirksam durchbrochen werden.
Ich möchte gleich zu Beginn darauf hinweisen, dass wir GRÜNE uns schon sehr früh dazu bekannt haben, auch im hessischen Landeshaushalt spätestens ab dem Jahre 2020 in wirtschaftlichen Normalzeiten ohne Kredite auskommen zu müssen. In dieser Überzeugung, dass sich die Schuldenproblematik nicht einfach durch Erklärungen oder einen Federstrich lösen lässt, haben wir uns im letzten Jahr sehr intensiv mit der Schuldenbremse beschäftigt. Wir haben Ihnen im Januar dieses Jahres unser Konzeptpapier „Hessens Weg aus der Schuldenfalle“ vorgelegt, und wir haben darin einen Weg beschrieben – einen Weg, wie aus unserer Sicht das Ziel eines schuldenfreien Haushalts erreicht wird.