Die Justiz macht natürlich den Hauptteil des Ministeriums aus. Ich muss gestehen, dass ich in den letzten 45 Minuten ein bisschen darüber nachgedacht habe, in welchem Land manche der Redner gerade gewesen sind und ob sie wirklich unser Hessenland meinen.
Ich habe das Gefühl, dass sie Hessen häufig ganz schnell verlassen und vielleicht in andere Republiken fahren. Herr Dr. Wilken, ich glaube, gerade das, was Sie über die hessische Justiz gesagt haben, kommt noch nicht einmal in Ihren Träumen vor. Jedenfalls ist die Praxis in Hessen nicht so, wie Sie sie darstellen.
Nein, so etwas gibt es auch nicht in einer Haftanstalt in Frankfurt. Ich bitte um Entschuldigung: Ich habe mich in der letzten Woche mit fast allen Personalvertretern der Frankfurter Anstalten getroffen. Wir haben da gerade ein besonderes Problem. Das hat damit zu tun, dass wir bei den Baumaßnahmen, die das Land Hessen durchführt und bei denen wir andere als Vertragspartner haben, ein bisschen darunter leiden, dass die anderen ihre Zeiten nicht einhalten. Dadurch haben wir im Vollzug derzeit ein Problem bei der Belegung; denn die Justizvollzugsanstalt Frankfurt I, unsere neue U-Haftanstalt, ist immer noch nicht fertig, und der Umbau der Justizvollzugsanstalt in Dieburg ist immer noch nicht abgeschlossen.
Nur, sehr verehrter Herr Kollege Wilken, ein bisschen mehr Zeit möchte ich Ihnen schon gönnen. Setzen Sie sich bitte mit den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern auseinander, statt in diesem Landtag ein falsches Bild von diesen Personen zu zeichnen.
Ich bin überrascht, wie nahe ich bei vielen Argumenten heute – aber bestimmt nur heute – Herrn Kollegen Dr. Jürgens bin. Herr Kollege Dr. Jürgens, Sie haben völlig recht, wenn Sie sagen, wir müssen alles hinterfragen. Sie haben auch alles hinterfragt. Nur, dann war der Anfang ein bisschen falsch. Sie haben mit Recht hinterfragt, ob wir 18 Registergerichte benötigen. Sie haben zu Recht hinterfragt, ob nicht auch andere Formen, bei denen die Bündelung von Zuständigkeiten bei Amts- und Landgerichten erfolgt, auf die Tagesordnung gesetzt werden müssen. Sie haben zu Recht hinterfragt, ob Aufgaben, die bisher die Rechtspfleger oder Mitarbeiter der Ebene darunter bearbeiten, auf die Serviceeinheiten übertragen werden können.
Nichts anderes machen wir gerade. Wir prüfen zurzeit, ob die hessische Justiz effektiv und effizient aufgebaut ist. Nur eines können Sie mir nicht erzählen: Sie können mir nicht erklären, dass 18 Registergerichte zu viel seien – ich
unterstelle einmal, dass Sie der Auffassung sind, wenn Sie das prüfen –, und mir auf der anderen Seite vorwerfen, ich würde die Gerichte aus der Fläche herausziehen. Das ist unlogisch, das passt nicht zusammen.
Entweder es wird gebündelt, und dann müssen die Zuständigkeiten irgendwo herausgenommen werden, oder es wird nicht gebündelt, und dann kann man es so lassen, wie es ist.
Herr Dr. Jürgens, Sie brauchen sich nicht zu melden. Zwischenfragen gibt es wegen der kurzen Zeit heute nicht. Über all das können wir im Ausschuss in aller Ruhe beraten.
Unter meiner Verantwortung werden das Amtsgericht Hünfeld und die damit verbundene Elektronik noch verstärkt. Ich bin z. B. dafür, dass das Amtsgericht in Hünfeld und die HZD, die dort arbeitet, nicht mehr ausschließlich für die ordentliche Gerichtsbarkeit tätig werden. Wieso wollen wir nicht darüber nachdenken – dazu muss natürlich eine andere Organisationsstruktur vorhanden sein; das weiß auch ich –, ob dort nicht z. B. die zahllosen Mahnbescheide, die bei der Arbeitsgerichtsbarkeit anfallen, bearbeitet werden können? Wir wissen doch alle, warum wir sie in Hessen haben: Wir haben hier das Baugewerbe mit den entsprechenden Versorgungseinrichtungen. Es ist zu überlegen, ob diese Mahnbescheide nicht über die HZD in Hünfeld abgearbeitet und dafür z. B. einige Arbeitsplätze von Wiesbaden nach Hünfeld transferiert werden können.
Sie merken, dass hier darüber nachgedacht wird. Es geht nicht darum, dies aus der Fläche herauszuziehen. Deshalb bedanke ich mich für das Lob, das in Ihrem Hinweis steckt, 18 Registergerichte seien zu viel. Das heißt, dass Sie diese Bestrebungen in der Arbeitsgerichtsbarkeit und in der ordentlichen Gerichtsbarkeit gar nicht mehr ernsthaft bestreiten.
Ich möchte noch ein Wort zu dem Thema Sicherungsverwahrung sagen. Darüber wundere ich mich wirklich. Ich habe das Gefühl – meine Kollegen Justizminister der Länder bestätigen das –, dass wir in Hessen eine der Landesjustizverwaltungen haben, mit Staatssekretär Dr. Kriszeleit und mir an der Spitze, deren Mitarbeiter sich tief und auch sehr persönlich mit der Lösung des Problems beschäftigen, das uns die Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte vom 17. Dezember des vergangenen Jahres eingebrockt hat. Ich verwende vor dem Parlament bewusst das Wort „einbrocken“, weil ich noch ein kleines Problem mit dieser Entscheidung habe.
Ich hoffe, dass das Bundesverfassungsgericht bei seiner Entscheidung, die für den Februar angekündigt ist, ein Recht spricht, das dem, was ich in meiner Ausbildung gelernt habe, gerecht wird. Dort ist nämlich festgestellt worden, dass es nur ein einziges Gericht gibt, das das Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland auslegen darf, und das ist das Bundesverfassungsgericht, nicht aber der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte. Ich hoffe, dass das letztlich dabei herauskommt.
Losgelöst davon sind natürlich Probleme damit verbunden. Wir sind es doch, die Gespräche mit den Vertretern von Rheinland-Pfalz und Thüringen führen. Ich habe mit
dem Kollegen aus Thüringen vor 14 Tagen darüber gesprochen, ob wir nicht z. B. gemeinsam eine Einrichtung schaffen können, die im Rahmen des neuen Gesetzes erforderlich wäre. Ich bin da zurückhaltend. Ich habe meine Bedenken, ob das richtig ist.
Wir sind auch diejenigen – Volker Bouffier noch in seiner Funktion als Innenminister, Kollege Banzer noch in seiner Funktion als Sozialminister und ich –, die im Sommer mit ihren Ideen einen neuen Drive in die Debatte in Berlin gebracht haben, damit wir endlich neue gesetzliche Grundlagen bekommen.
Wie Sie wissen, beschäftigt sich der Bundestag in diesen Tagen mit diesem Thema. Ich bin mir sicher, dass der Bundestag in seiner letzten Sitzung dieses Jahres am 17. Dezember noch eine entsprechende Entscheidung treffend wird.
Das Credo des Ministers der Justiz, für Integration und Europa besteht darin, dass wir in Hessen unsere rechtsstaatliche Justiz, zu der natürlich auch die Staatsanwaltschaften und die Vollzugsbehörden gehören, mit dem notwendigen technischen Know-how ausstatten, damit sie zeitnah und bürgernah Recht sprechen und Konflikte lösen können.
Bei der Integration besteht unser Ziel darin, dass es in einigen Jahren nicht mehr ein Gegeneinander zwischen den Deutschen und den Ausländern, sondern das Gefühl gibt, dass wir alle Hessen sind.
Hinsichtlich der Europäischen Union haben wir zwei Aufgaben zu erfüllen. Zum einen müssen wir gesetzliche Normen beeinflussen, die unserem Land schaden könnten. Zweitens müssen wir Finanzmittel, die in der Europäischen Union fließen, nach Hessen holen.
Der Haushalt 2011 wird dafür eine hervorragende Grundlage sein. Ich bedanke mich bei all denjenigen, die in den letzten Monaten dafür Sorge getragen haben, dass wir diesen Haushaltsentwurf so aufstellen konnten. Das sind natürlich nicht nur die Mitglieder dieses Hauses. Das sind aber schon die Kolleginnen und Kollegen des Rechtsausschusses. Das sind insbesondere meine Kolleginnen und Kollegen dieses Hauses – ich sage das sehr bewusst, weil ich mich auch weiterhin als Mitglied dieses Hauses fühle, was ich auch bin –, die für die Regierungsfraktionen verantwortlich sind. Das sind insbesondere Herr Honka, Herr Müller und der Ausschussvorsitzende Herr Blechschmidt. Vielen Dank an sie alle.
Herr Staatsminister, vielen Dank. – Zum Einzelplan 05 liegen keine weiteren Wortmeldungen mehr vor. Damit ist der Einzelplan gelesen.
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Sozialpolitik hat es in Hessen seit elf Jahren
schwer. Wir erinnern uns. Es gab eine engagierte Ministerin, der der Ministerpräsident das vor die Nase setzte, was ihm gerade so einfiel. Dann ging sie.
Anschließend kam für sieben Jahre eine Ministerin, deren Kampfauftrag es war, die Sozialpolitik in Hessen abzuwickeln, was mit der „Operation düstere Zukunft“ erfolgreich geschah. Anschließend wurde das Sozialministerium zum Versorgungsposten. Es hieß dann auch erst einmal nicht mehr so. Denn man musste schauen, welches Ministerium für Herrn Banzer noch da war. Als Herr Banzer das Ministerium verließ, musste man schauen, wo man Herrn Grüttner unterbringt.
Das ist ein Umgang mit der Sozialpolitik, den sie nicht verdient hat. Dieser Umgang verlangt ein Ende.
Immerhin funktioniert der parlamentarische Erinnerungsservice. Die Opposition fragt nach. Die Regierung guckt in die Schubladen. Siehe da, es gibt sogar ein Onkologiekonzept. Es hat ein Jahr lang geschmort, ist dann aber doch gefunden worden.
Wenn man sich die Liste der Aufgaben anschaut, die die Sozialpolitik in Hessen nicht geschafft hat, die also nicht erledigt sind, dann stellt man fest, dass sie so lang ist, dass die knappe Redezeit von fünf Minuten kaum ausreicht, um alles aufzuzählen.
Seit einem halben Jahr wird uns ein Konzept zur medizinischen Versorgung, also zur Gesundheitsinfrastruktur, in Hessen versprochen. Vorliegen tut nichts. Vielleicht ist das nächstes Jahr der Fall.
Es wurde angekündigt, dass schon seit dem letzten Jahr ein Gesetz zur Weiterentwicklung der Erweiterten Honorarverteilung und zur Lösung der anstehenden Probleme vorliegen soll. Bis heute gibt es da nichts.
Es wurde angekündigt, dass die Probleme hinsichtlich der Neuregelung der Mindestverordnung mithilfe der Konnexitätsregelung durch das Land gelöst würden. Die Thematik wurde jetzt bearbeitet, aber leider falsch.
Wir warten seit nunmehr eineinhalb Jahren darauf, dass wenigstens mit einer Initiative für eine Sozialberichterstattung begonnen wird. Sie soll im nächsten Jahr vorliegen. Inzwischen wird wohl ein Beirat angestrebt. Wie soll es gelingen, eine Sozialberichterstattung bis zum nächsten Jahr zu schaffen, die mehr aussagt, als es der Armuts- und Reichtumsbericht tut? Ich habe da meine größten Zweifel.
Beim Heimgesetz warten wir, wenn ich mich recht entsinne, seit März 2010 auf den Entwurf der Regierung. Glücklicherweise gibt es einen der Opposition. Hinsichtlich der Pflegestützpunkte ist die Regierung seit zwei Jahren nicht in der Lage, geltendes Recht zu exekutieren. Ich könnte das noch lange fortsetzen.
Nein, Sozialpolitik findet in Hessen am Rande oder gar nicht statt. Sie erfährt keine Beachtung. Sie ist der Steinbruch, aus dem Finanzmittel für andere Bereiche geholt werden. Sie erfährt keine Wertschätzung.
Lieber Herr Grüttner, wie wir heute Morgen hören konnten, sind Sie erst 78 Tage im Amt. Wir wollten Ihnen zugestehen, dass Sie in den ersten 100 Tagen angefangen haben, sich Mühe zu geben. Allein, es gibt enorm viel aufzuräumen. Herr Grüttner, wenn Sie es nicht schaffen oder keine Lust mehr haben, müssen Sie sich keine Sorgen machen. Wir machen das dann gerne.
Einer der, wie ich finde, bedenklichsten Punkte im Haushaltsentwurf des Sozialministeriums betrifft ein zentrales Symbol. Es geht dabei um das Mittagessen an den Schulen. Die Landesregierung erklärt uns, sie brauche weniger Geld, als angesetzt sei, weil sie das vorgesehene Geld nicht loswerde.
Eine einfache überschlägige Rechnung macht uns deutlich: Wenn man nur die Kinder nimmt, die sich in einer sozial benachteiligten Situation befinden und deren Eltern aller Voraussicht nach das Mittagessen in der Schule nicht bezahlen können, weil die Eltern Hartz IV beziehen, und hochrechnet, wie viel man mindestens braucht, um all die Kinder mit einem Mittagessen zu versorgen – denn es gibt nur für wenige ein Mittagessenangebot an den Schulen –, dann kommt man auf jeden Fall zu einem zweistelligen Millionen-Euro-Betrag.
Ja, auch da liegt ein Versagen der Landesregierung vor. Sie ist nicht in der Lage, ein Verfahren zu finden, mit dem sie das Geld loswird, das sie in den Haushalt geschrieben hat. Anstatt da zu kürzen, brauchen wir Maßnahmen, mit denen wir da weiterkommen.