Protokoll der Sitzung vom 17.11.2010

Schönen Dank, Herr Finanzminister. – Damit sind die Einzelpläne 06, 17 und 18 in zweiter Lesung beraten.

Bevor ich den Einzelplan 09 aufrufe, möchte ich die aktuellen Redezeiten bekannt geben. CDU: 14 Minuten 12 Sekunden, SPD: 29 Sekunden. Dazu will ich gleich sagen, dass aufgrund der Redezeit der Landesregierung der SPD rund 3 Minuten an Redezeit zugewachsen sind. Sie hat also 3,5 Minuten zur Verfügung. FDP: 6 Minuten 36 Sekunden, GRÜNE: 11 Minuten 11 Sekunden, DIE LINKE: 18 Minuten 57 Sekunden. Entsprechend der Redezeit, die die Landesregierung noch für sich in Anspruch nimmt, kommt dann für die Oppositionsfraktionen etwas hinzu.

Ich rufe jetzt den

Einzelplan 09 – Hessisches Ministerium für Umwelt, Energie, Landwirtschaft und Verbraucherschutz –

auf. Das Wort hat Herr Görig für die SPD-Fraktion.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich will in aller Kürze auf die Schwerpunkte des Einzelplans 09 eingehen. Umwelt, Energie, Verbraucherschutz und Landwirtschaft sind die Schwerpunkte. Aber in vier Minuten Redezeit passt nur die Energie. Deshalb werde ich die ganze Energie, die mir zur Verfügung steht, aufwenden, um in den vier Minuten Redezeit etwas zu dem Thema Energie zu sagen.

Es gibt nach wie vor einen Gegensatz zwischen dem, was Sie aussagen, und der Art und Weise, wie Sie handeln. Das Thema „Musterland für erneuerbare Energien“ ist von Ihnen aufgebracht worden. In der Studie des DIW heißt es, dass wir, was die Anstrengung der Landespolitik betrifft, auf Platz 15 im Vergleich der Bundesländer liegen. Es gibt nach wie vor Ihre Weigerung, das Ordnungsrecht anzuwenden. Sie lehnen unseren Entwurf für ein Gesetz für den Vorrang erneuerbarer Energien ab. Sie lehnen wahrscheinlich morgen den Entwurf für ein Hessisches Erneuerbare-Energien-Wärmegesetz ab. Sie weigern sich weiterhin, rechtliche Hemmnisse, die in Ihrem eigenen Energiekonzept enthalten sind, zu beseitigen.

Es kommt noch besser: Sie haben gestern weitere Hemmnisse aufgebaut, indem Sie § 81 HBO verändert haben. Vor diesem Hintergrund erklären Sie immer wieder, Sie wollten durch Beratung, Öffentlichkeitsarbeit und Information Bewegung in den Bereich erneuerbare Energien bringen.

Ich schaue mir einmal an, was im Einzelplan 09 steht. Ich lese, dass 2011 für ganz Hessen zu Produkt 10 – Biorohstoffe – sechs öffentlichkeitswirksame Maßnahmen und zu Produkt 12 – Energie – elf Maßnahmen zur Information der Öffentlichkeit vorgesehen sind. Mit ganzen 17 Maßnahmen in einem Jahr wollen Sie also die Energiewende schaffen. Ich sage, das ist entschieden zu wenig.

(Beifall bei der SPD)

Das ist nicht einmal der Anfang einer Kampagne, das ist gar nichts. Ich sage Ihnen: Wenn Sie, weil Sie es nicht wollen, das Ordnungsrecht nicht anwenden, die Gesetze nicht ändern und gesetzliche Hemmnisse nicht beseitigen, auf der anderen Seite aber auch nichts machen, verteidigen Sie den mit Abstand vorletzten Platz im Ranking der Bundesländer, den Sie die ganze Zeit innehatten. Diesen Platz verteidigen Sie nach wie vor tapfer. Seit drei Jahren – wenn man das hinzunimmt, was im Haushaltsplanentwurf 2011 steht – treten Sie auf der Stelle: keine Vorschläge, keine Offensive, kein Konzept.

Wir dagegen, seien es nun die SPD oder die GRÜNEN, geben mit unseren Gesetzentwürfen und zusätzlichen Haushaltsmitteln in Höhe von 17,5 Millionen € für das Produkt 2 – Klimaschutz –, für das Produkt 10 – Biorohstoffe – und für das Produkt 12 – Energie – die Richtung vor. Wir, die Opposition, geben die Richtung vor, nicht aber die Regierung. Welch ein Verdrehen der Aufgaben in diesem Parlament ist das.

(Beifall bei der SPD)

Die richtige Richtung vorzugeben heißt, 5 Millionen € mehr für Effizienzmaßnahmen, 2 Millionen € mehr für Biogas und Biorohstoffe, 3 Millionen € für die Sanierung von Wohnraum im Altbestand und 3,5 Millionen € für 10.000 neue Heizkessel in Verbindung mit dem Marktanreizprogramm des Bundes bereitzustellen. Das ist der Schub, den die Branche, das Klima und die erneuerbaren Energien brauchen. Einen Vorsprung durch Handeln zu erzielen und nicht den letzten Platz durch Aussitzen zu belegen – das ist der Unterschied zwischen uns und Ihnen.

(Beifall bei der SPD)

Es reicht nicht aus, einen Tag der Nachhaltigkeit auszurichten, wenn man am Ende nichts weiter macht. Es reicht auch nicht aus, einige wenige Kongresse abzuhalten, wenn letztendlich das Handeln an dieser Stelle vergessen wird.

Meine Damen und Herren, Ihre Anstrengungsbereitschaft grenzt an dieser Stelle an Arbeitsverweigerung. Wir warten seit zwei Jahren auf Ihre Vorschläge. Erst hieß es, wir benötigten ein Konzept. Jetzt haben wir ein Konzept, und nun ist Ihnen die Ministerin verloren gegangen. Jetzt haben wir eine neue Ministerin,

(Mathias Wagner (Taunus) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Aber jetzt ist das Konzept verloren gegangen!)

der wir gern die ersten 100 Tage zugestehen.

(Zurufe von der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Nach diesen 100 Tagen wollen wir einmal schauen, wie die Akzente gesetzt werden. Die FDP hat nach der Veröffentlichung der desaströsen Umfrageergebnisse für FDP und CDU in Hessen geschrieben, Ministerpräsident Bouffier müsse das Ruder herumreißen. Richtig, kann ich dazu nur sagen. Frau Puttrich, Sie müssen den Kessel unter Dampf setzen, nicht mit Atomkraft, sondern mit Holzpel

lets. Sonst ist bei der nächsten Wahl der Ofen bei Ihnen aus, ganz einfach.

(Beifall bei der SPD)

Herr Kollege Görig, schönen Dank. – Für die CDU-Fraktion erhält jetzt Herr Stephan das Wort. Herr Stephan, bitte schön.

(Horst Klee (CDU): Holzpellets aus dem Vogelsberg!)

Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Kollege Görig hat eben ein bisschen versucht, ein Strohfeuer zu entzünden. Das brauchen wir nicht. Bei uns läuft das Programm Energiewende. Es läuft in der richtigen Art und Weise, und es läuft in die richtige Richtung.

(Beifall der Abg. Judith Lannert (CDU))

Ich möchte ein paar Sätze zum Haushaltsentwurf sagen. 509 Millionen € sind als Gesamtausgaben vorgesehen. Wir sollten uns auch heute schon darüber im Klaren sein, dass sich zukünftige Haushalte vor allem an den Themen Einsparung und Schuldenbremse zu orientieren haben.

Ich möchte auf ein zweites wichtiges Merkmal des Einzelplans 09 des Haushaltsplanentwurfs zu sprechen kommen. Rund 35 % der Ausgaben, die in ihm stehen, sind fix. Wir können sie nicht beeinflussen. Wir können da nichts streichen. Wir können da nichts sparen. Das sind die Kommunalisierungsmittel.

Ich möchte eine dritte Zahl nennen. 224 Millionen € sollen im Jahr 2011 als Fördermittel zur Verfügung stehen. Davon sollen 86 Millionen € auf Umwelt und Energie und 118 Millionen € auf die Landwirtschaft entfallen.

Wir haben einen Haushaltsentwurf vor uns liegen, bei dem auch in Zeiten des Sparzwanges Schwerpunkte gesetzt wurden. Ich werde später einige dieser Schwerpunkte erwähnen. Der Haushaltsentwurf wurde darauf getrimmt, effizienten Einsatz der Mittel zu erbringen und die Flexibilität zu steigern.

Die SPD-Fraktion hat ihre Änderungsanträge zu dem Entwurf des Einzelplans 09 vorgelegt. Sie hat 45,8 Millionen € Mehrausgaben vorgesehen. Das sind rund 8 %. Diese Ausgaben sollen dauerhaft sein. Die Gegenfinanzierung sollte, wie von der linken Seite nicht anders zu erwarten ist, durch Einführung neuer Steuern und Abgaben erfolgen.

(Zuruf: Blabla!)

So ist es doch. – Sie wollen den Wassercent zur allgemeinen Finanzierung des Haushalts einführen. Der Wassercent war schon falsch, als er noch Wasserpfennig hieß. Deswegen wurde er von uns abgeschafft. Denn er beeinträchtigt die Leistungsfähigkeit des Standorts Hessen.

Sie wollen eine Kühlwasserabgabe als sogenannte Sondersteuer einführen. Die soll 104 Millionen € erbringen. Davon sollen 90 % von dem Kraftwerk in Biblis und rund 5 % von dem Kraftwerk Staudinger kommen, falls diese Zahlen richtig sind. Das sollen jedenfalls fast ausschließlich diese beiden großen Kraftwerke erbringen.

Gleichzeitig stellen Sie sich hin und sagen: Diese beiden Kraftwerke wollen wir abschalten, wir wollen weder das in Biblis, noch wollen wir Staudinger. – Sie können die Kuh, die Sie melken wollen, nicht schlachten. Seriöse Politik sieht anders als das aus, was Sie uns vorgelegt haben.

(Beifall bei der CDU und bei Abgeordneten der FDP)

Frau Hammann, nach dem, was angekündigt ist, wird das, was Sie uns liefern werden, nicht viel anders aussehen.

Meine Damen und Herren, wir wollen mit unserem Haushaltsansatz einen anderen Weg beschreiten. Wir wollen den Weg in die Verantwortung gehen, auch wenn das der schwierigere Weg ist. Wir werden effizienter sein müssen. Wir werden die Mittelverwendung optimieren müssen. Einige Beispiele möchte ich Ihnen dazu noch nennen.

Wir haben uns den Ansatz angesehen und haben das strukturelle Defizit beim Landgestüt Dillenburg halbiert. Wir werden es noch beseitigen, ohne dass die Leistungen zurückgehen. Wir werden 27 Stellen in der Landesverwaltung abschaffen, weil es Optimierungsprozesse ermöglicht haben, dort mit weniger Menschen auszukommen.

Es wird Synergieeffekte mit der Bündelung der Landesund Bundesprogramme geben. Dazu möchte ich nur wenige Sätze sagen. Im eigentlichen Einzelplan 09 werden wir 4,7 Millionen € weniger Fördergelder haben. Aber wir werden in der Summe 4 Millionen € mehr Fördergelder auszahlen können. Das ist einfach deswegen so, weil die Verbindung zwischen Mitteln des Landes, des Bundes und der Europäischen Union besser geworden ist. Nur als Anmerkung möchte ich sagen, dass damit aus 80 Millionen € Gelder des Landes Hessen 174 Millionen € Fördergelder werden.

Wir haben ein sehr erfolgreiches Hessisches Integriertes Agrarumweltprogramm laufen. Auch hier wird es 1 Million € mehr vom Land geben. Das wird weitere rund 6,5 Millionen € zusätzliche Förderung erbringen. Das sind Leistungen für die Hessen. Das sind Leistungen für Land und Landwirtschaft.

(Beifall der Abg. Judith Lannert (CDU))

Wir werden das Landesgeld intelligent einsetzen, weil wir einfach schauen, wo wir die meiste Kofinanzierung erhalten können.

Wir unterstützen die Bewerbung der Rhön als UNESCOWeltnaturerbe; denn wir glauben, dass dies dazu beitragen wird, dass die Region massiv aufgewertet werden wird und daraus wirtschaftlichen Vorteil ziehen kann. Bei den industriellen Fertigungs- und Produktionsprozessen lassen sich deutliche Mengen Energie einsparen. Das wissen Sie. Das wissen wir. Mit dem innovativen HIER-Projekt wollen wir die wissenschaftlichen Erkenntnisse zur Energieeffizienz in die Unternehmen hineintragen und gleichzeitig den Transfer an andere Unternehmen auf kurzem Wege schaffen, damit das schnell und zügig geht.

Sie haben es angesprochen. Unser Schwerpunkt und unsere Zielrichtung liegen in der Beratung der Menschen, der Bürger, der Unternehmen und der Kommunen. Dafür werden rund 25 Millionen € in den verschiedenen Titeln insgesamt bereitstehen. Sie werden eingesetzt werden, um dort mit einer Hebelwirkung die Effizienz zu erhöhen. Es soll nicht eine Maßnahme durch einen Zuschuss realisiert werden, sondern die Menschen sollen davon überzeugt werden, selbst tätig zu werden.

Ich will Ihnen ein Beispiel nennen. Der Kreis Bergstraße wird eine Energieagentur im Rahmen der Wirtschaftsförderung gründen. Das Personal wird verdreifacht werden. Diese neue Energieagentur hat sich als eine der ersten Maßnahmen – das wurde von mir vorgeschlagen – mit all denen unterhalten, die auf genossenschaftlicher Basis größere Wohneinheiten haben. Denn da haben wir einfach den größten Hebel. Dort können wir ansetzen und beraten. Dort haben wir die Fachleute dafür.

Herr Görig, den Nachhaltigkeitstag haben Sie erwähnt. Ich bin weiterhin davon überzeugt, dass die Nachhaltigkeitskonferenzen mit ihren Projekten und mit den vielen Bürgern, die sich beteiligen, der richtige Weg sind. Dort können wir mit vergleichsweise wenig Mitteln – es sind rund 10 Millionen € für drei Jahre vorgesehen – sehr viel erreichen.

Mehr als 100 Kommunen haben inzwischen eigene Projekte gestartet. Das wurde durch die Nachhaltigkeitskonferenzen angestoßen.

Herr Landessportpräsident Müller, morgen werden die Vertreter von 86 Sportvereinen die Charta unterzeichnen. Sie werden sich da aktiv in ihren Vereinen gemeinsam mit ihren Mitgliedern um den Klimaschutz und um das Energieeinsparen kümmern.

Ich will auch erwähnen, dass im vergangenen Jahr die Umweltallianz, der mehr als 1.000 hessischen Unternehmen angehören, ihr zehnjähriges Jubiläum feierte. Das ist eine Maßnahme, die auch in der Zukunft weiter laufen wird. Bei dieser Feier wurden ernorm viele Projekte vorgestellt, bei denen aus Eigeninitiative und aus eigener Verpflichtung heraus Energiesparmaßnahmen und CO2Vermeidungsmaßnahmen durchgeführt wurden.