Protokoll der Sitzung vom 15.12.2010

Meine Damen und Herren, Ihnen fehlt eindeutig der politische Wille, etwas selbst zu setzen, und auch der eindeutige Wille, mehr zu tun als das Bundesgesetz. Das hätten Sie nämlich tun können. Wir haben Vorschläge vorgelegt. Sie sind am Zug. Sie müssen handeln und müssen uns zei

gen, wie in Hessen der Klimaschutz betrieben werden kann. – Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der LINKEN)

Schönen Dank, Frau Kollegin Hammann. – Für die FDPFraktion hat Herr Rock das Wort.

Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren! Ich könnte es fast wie Herr Görig machen. Er hat zu drei Viertel seine Rede von der Einbringung noch einmal gehalten.

(Thorsten Schäfer-Gümbel (SPD): Es waren auch gute Argumente!)

Ich habe mir vorher das Protokoll zur Hand genommen und hätte alles wunderbar nachlesen können. Das liegt wahrscheinlich daran, dass sich inhaltlich im Grundsatz relativ wenig geändert hat. Ich meine das gar nicht despektierlich, sondern ich will darauf hinweisen, dass die Punkte zum großen Teil mehrfach in vielen und ausführlichen Reden abgehandelt worden sind. Darum vielleicht die eine oder andere grundsätzliche Bemerkung und dann nur, was sich Neues in dem Prozess ergeben hat.

Zu den grundsätzlichen Dingen will ich am Schluss noch zwei Worte sagen. Ich habe, als der Gesetzentwurf eingebracht wurde, an der Stelle gesagt: Wir wollen positiv schauen, inwieweit dieses Gesetz womöglich dem Ziel, Klimaschutz nach vorne zu bringen, dienlich sein könnte. – Die Anhörung hat uns in einer gewissen Skepsis bestätigt. Sie haben relativ viel nachgebessert. Das kann man schon zur Kenntnis nehmen. Aber es bleibt für uns gerade als FDP-Fraktion die Frage, was man mit einem solchen Gesetz macht: Hilft man, oder schadet man?

Man muss sich die Zeit nehmen und schauen, was sich aus Baden-Württemberg ergibt. Was bis jetzt zu sehen ist und was ich bei Besuchen von Unternehmen, die in dem Bereich tätig sind, immer und gleichlautend erfahren habe, das ist einmal, dass man bei den mittelständischen Unternehmen immer wieder zu hören bekommt, sie finden es nicht ganz gut, wenn in dem Bereich jedes Bundesland ein eigenes Gesetz mit eigenen Vorgaben macht, die man beachten muss. Die hätten, wenn am Bestand etwas gemacht wird, lieber eine Regelung, die bundesweit einheitlich gültig wäre. Das ist ein Punkt, der immer wieder zu hören war.

Es ist klar geworden, dass es massive Investitionen in Baden-Württemberg gab, als das Gesetz angekündigt wurde. Diese massiven Investitionen haben sich aber in ganz normalen Gaskesseln und Standardinvestitionen gezeigt und gerade nicht in den hochwertigen regenerativen Bereichen. Danach ist das erst einmal eingestellt worden, und die Investitionen sind massiv zum Erliegen gekommen.

Darum können wir nicht klugerweise einer gesetzlichen Lösung beitreten. Grundsätzlich irritiert mich auch die eine oder andere Argumentation gerade von den GRÜNEN. Wir sagen: Wir müssen die Menschen mitnehmen. Wir müssen demokratisch arbeiten, müssen auf das hören, was die Menschen wollen.

(Zuruf der Abg. Ursula Hammann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))

Wir haben in Baden-Württemberg ein Beispiel, bei dem klar ist, dass man Menschen nicht einfach in Zwang nehmen soll, sondern man soll sie mitnehmen und mit ihnen kommunizieren. Diesen Ansatz immer herunterzureden, finde ich ein bisschen schwierig.

Ich glaube auch nicht, dass das wirklich eine Zukunft hat, weil die Leute oftmals klug genug sind, sich im Bestand durch irgendwelche Lösungen zu entziehen. Es gibt Berichte aus Spanien, wo man sich Attrappen und Dummies für 20 € kaufen kann, die man dann auf dem Dach installiert. Wir müssen den Menschen erklären, dass sie eine sinnvolle Investition in den Bestand ihres Hauses machen müssen. Uns muss auch klar sein, dass viele Menschen die Ressourcen dafür nicht haben.

(Beifall bei der FDP – Zuruf der Abg. Ursula Ham- mann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))

An der Stelle müssen wir an der Bundesregierung arbeiten, um ein Marktanreizprogramm aufzustellen, sobald die finanziellen Spielräume wieder da sind.

(Ursula Hammann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Gute Erkenntnis! Wer ist denn in der Regierungsverantwortung?)

Ich bin mir sicher, dass wir mit diesen Zwangsregelungen nicht zum Ziel kommen und dass das auch eine kontraproduktive Wirkung haben kann. Darum werden wir Ihren Gesetzentwurf ablehnen. – Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP und der CDU)

Schönen Dank, Herr Rock. – Für die Fraktion DIE LINKE, Frau Wissler.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Herr Stephan, ich würde, wenn ich Sie wäre, in einer energiepolitischen Debatte die Worte „es reicht nicht aus“ niemals in den Mund nehmen, wenn ich über den Gesetzentwurf einer anderen Fraktion rede.

(Beifall bei der LINKEN)

Was Ihre Landesregierung in der Energiepolitik tut, ist derartig nicht auf der Höhe der Zeit, dass der Satz „es reicht nicht aus“ eine Verharmlosung dessen ist, was Sie in der Energiepolitik alles nicht tun.

(Beifall bei der LINKEN)

Herr Rock, Sie sagen einmal mehr: Wir müssen die Menschen mitnehmen, und es darf keine Zwangsregelung geben. – Gleichzeitig sind Sie es doch und Ihre Partei und Ihre Freundinnen und Freunde der Kohle- und Atomindustrielobby, die immer wieder gegen den angeblich so teuren Solarstrom polemisieren. Sie polemisieren gegen jedes einzelne Windrad und stellen sich hierhin und sagen, Sie müssten die Menschen mitnehmen. Ich kann dieses ganze Gerede von der Freiwilligkeit nicht mehr hören. Es geht hier nicht um irgendetwas, sondern es geht hier um eine ganz entscheidende Zukunftsfrage. Vor zwei Wochen wurde beispielsweise die Winterreifenpflicht in Deutschland eingeführt. Das ist auch eine Zwangsregelung. Das finden die Menschen sogar mehrheitlich gut, weil jeder versteht, dass es der Sicherheit aller dient.

(Zuruf der Abg. Kordula Schulz-Asche (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))

Nehmen Sie doch zur Kenntnis, dass die Menschen mehrheitlich nach Cancún geschaut und gehofft haben, dass dort etwas passiert, weil ihnen der Klimaschutz und die Zukunft von Natur und Umwelt am Herzen liegen. Deswegen reden Sie doch bitte hier nicht von Zwangsregelungen. Wenn man auf die Freiwilligkeit von Unternehmen und Hausbesitzern setzt, treten die Veränderungen nicht in dem Tempo ein, wie wir sie brauchen. Deswegen, finde ich, ist dieses ganze Gerede von der Freiwilligkeit ein Ablenkungsmanöver davon, dass Sie hier völlig untätig sind.

(Beifall bei der LINKEN und bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Natürlich brauchen wir eine gesetzliche Regelung für den Altbestand, natürlich brauchen wir verbindliche Regelungen zum Klimaschutz. Deswegen unterstützen wir auch die Zielrichtung des Gesetzentwurfs der SPD und das Anliegen, das damit verbunden ist. Frau Kollegin Hammann hat es schon erwähnt: Dadurch, dass der Änderungsantrag im Ausschuss abgelehnt worden ist, werden wir uns bei der Abstimmung enthalten. Vonseiten der Landesregierung muss aber klar sein, dass Sie hier überhaupt nichts vorlegen. Von Ihnen ist überhaupt nichts gekommen.

Frau Puttrich, für Sie sind die 100 Tage Schonfrist auch vorbei. Ich frage mich, wo die großen klimapolitischen Innovationen aus Ihrem Haus sind. Ich habe dazu bisher noch nichts gesehen. Schlimmer ist noch: Nicht nur, dass Sie nichts tun, sondern Sie torpedieren den Klimaschutz auch noch an jeder Stelle, wo Sie es können. Da will ich nur noch einmal an das Verfahren mit der Hessischen Bauordnung erinnern, mit der Sie den Kommunen die Möglichkeit für den kommunalen Klimaschutz nehmen.

(Zuruf des Abg. Jürgen Lenders (FDP))

Ja, Herr Lenders, was Sie über kommunale Selbstverwaltung denken, haben wir im letzten Plenum erfahren.

(Beifall bei der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Sie haben die Regelung damit begründet, dass Sie gesagt haben, das Problem sei gewesen, dass die Kommunen zu viel Freiheit gehabt und die falschen Entscheidungen getroffen hätten, und deswegen sei jetzt Schluss mit Freiheit. Herr Lenders, kommunale Selbstverwaltung und Demokratie ist Ihr Fachgebiet nicht, dazu sollten Sie lieber schweigen. Das gilt auch für andere Bereiche.

(Beifall bei der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

An der Stelle torpedieren Sie Veränderungen im Klimaschutz und machen Umweltschutz unmöglich. Frau Ministerin, das ist nicht nur eine Politik des Abwartens, sondern eine Politik der Verschlechterung.

Herr Rock, wenn Sie sagen, Sie möchten keinen Flickenteppich, weil der Mittelstand sich bei Ihnen darüber beschwert, dass es uneinheitliche Regelungen in den einzelnen Bundesländern gibt, dann setzen Sie sich doch bitte auf Bundesebene für eine bundeseinheitliche Lösung ein. Es wäre doch einmal schön, wenn die schwarz-gelbe Landesregierung in Hessen, die in Ihren Parteien angeblich eine so wichtige Rolle spielt – der Ministerpräsident als stellvertretender CDU-Vorsitzender, und Herr Hahn hat angeblich auch eine wichtige Rolle in seiner Partei –, zeigen könnte, wie viel Einfluss sie wirklich in der Bundes

politik hat. Setzen Sie sich doch dafür ein, dass wir im Klimaschutz bundesweit vorankommen. Das wäre wirklich etwas, wo Sie unsere Unterstützung hätten: bundeseinheitliche Regelungen für die Verbesserung des Klimaschutzes. Bringen Sie das auf den Weg, dann können Sie hier auch mit Zustimmung rechnen. – Vielen Dank.

(Beifall bei der LINKEN und der Abg. Ursula Hammann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))

Schönen Dank, Frau Wissler. – Für die Landesregierung, Frau Ministerin Puttrich.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Wollen wir erst einmal mit dem beginnen, was uns eint. Jede alte Heizung, die durch eine neue ersetzt wird, ist ein Zugewinn – das ganz bestimmt. An der Stelle sind wir uns einig.

(Zuruf des Abg. Manfred Görig (SPD))

Herr Görig, an anderer Stelle sind wir uns dann nicht mehr einig. Wenn ein Hauseigentümer sich dafür entscheidet, eine Investition durchzuführen, indem er eine neue Heizungsanlage einbaut, dann hat er schon einmal eine Menge Geld auszugeben. Wenn Sie ihn gleichzeitig dazu verpflichten, einen bestimmten Anteil seiner Energie durch erneuerbare Energien zu ersetzen, dann ist das zumindest ein Stück weit kurzsichtig. Es ist deswegen kurzsichtig: Wenn Sie den Hauseigentümer mit seiner Investition dazu verpflichten

(Manfred Görig (SPD): Er spart langfristig Energie!)

Herr Görig, das ist der Fehler im Denkansatz; hören Sie zu, ich würde es Ihnen gerne erklären –, gleichzeitig einen bestimmten Prozentanteil seiner Energie durch erneuerbare Energien zu bestücken, werden Sie auch nach Ihrer Rechnung erkennen müssen, dass er damit noch keine Energie gespart hat. Es ist ganz klar, er hat eine neue Heizung und muss einen bestimmten Anteil mit erneuerbaren Energien erfüllen, aber er hat kein Stück Energie gespart.

Wir haben einfach einen anderen Ansatz. Wir wollen, dass Energie gespart werden kann, wir wollen, dass es effizient ist. Effizient ist es dann, wenn man dem Hauseigentümer die Möglichkeit gibt, nach seiner Leistungsfähigkeit die Maßnahmen durchzuführen, die notwendig sind – also nicht an einen Heizungsaustausch bestimmte Dinge koppelt, sondern schlicht und einfach sagt: Wenn einer Geld investieren will, dann soll er es dort machen, wo es für ihn tatsächlich am effizientesten ist. – Ich traue jedem einzelnen Hauseigentümer zu, seine Investitionen so durchzuführen, dass sie am Ende auch stimmen.

(Beifall bei der CDU und der FDP – Manfred Gö- rig (SPD): Das ist frei von jeder Kenntnis!)

Es stimmt dann für ihn unter dem Strich, wenn er nicht das macht, was er von Ihrer Seite aus tun muss, sondern wenn er einen großen Strauß von Möglichkeiten hat, die er nutzt. Ob er sein Dach dämmt – Dämmmaßnahmen sind sowieso effektivere Maßnahmen –, ob er Fenster austauscht oder andere Sachen macht, dann ist es seine eigene Entscheidung, zu sagen: Wenn ich das und das und das durchführe, dann habe ich unterm Strich am meisten

gespart. – Deshalb sollte man ihm die größtmöglichen Freiheiten lassen. Man sollte auf den Sachverstand des Hauseigentümers setzen und ihn nicht bevormunden. Das ist ein anderer Weg, den wir an dieser Stelle gehen.

(Beifall bei der CDU und der FDP – Manfred Gö- rig (SPD): Kennen Sie die Einsparmöglichkeiten? Ich glaube, nicht!)

Der zweite Punkt, den ich ansprechen möchte, ist, dass Sie mit diesem Gesetzentwurf ein Stück weit kontraproduktiv sind – ich habe es Ihnen an anderer Stelle schon einmal gesagt. Wenn Sie eine landesrechtliche Nutzungspflicht beschließen, nehmen Sie den Hauseigentümer aus anderen Fördermöglichkeiten heraus.