Sie müssen sehr aufpassen, dass Sie sich nicht zu sehr auf die Interessen des Konzerns versteifen und dann nicht merken, wenn er seine Richtung wechselt, weil er gemerkt hat, dass bestimmte Linien nicht durchzusetzen sind.
Ich hätte mir gewünscht, heute zu einem gemeinsamen Antrag der Fraktionen von CDU, SPD, FDP und uns GRÜNEN reden zu dürfen – als Fortsetzung der gemeinsamen Arbeit, Werra und Weser wieder zu Süßwasserflüssen werden zu lassen. Leider haben sich auf den letzten Metern die Lobbyinteressen von Kali + Salz durchgesetzt, und der Kompromiss, der schon greifbar nahe schien, wurde verhindert.
Die Kollegen von der LINKEN nehme ich an diesem Punkt aus. Sie waren 2007, als wir den gemeinsamen Antrag aller damals im Plenum vertretenen Fraktionen beschlossen haben, noch nicht im Landtag. Es tut mir leid, liebe Kollegin Schott, ich kann aus Ihren zahlreichen wortreichen Erklärungen immer noch nicht entnehmen, wohin Sie bei der Kaliversalzung eigentlich wollen. Vielleicht erfahren wir es heute.
Meine Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, damit wir nicht wieder mit den alten Zöpfen anfangen, will ich es gleich vorweg sagen: Wir GRÜNE wollen nicht, dass die Firma Kali + Salz schließt. Wir GRÜNE wollen, dass die Arbeitsplätze bei Kali + Salz zukunftsfähig werden, und das geht nach unserer festen Überzeugung nur, wenn das Unternehmen seine Laugenabwässer so entsorgt, dass das in Zukunft genehmigungsfähig ist, und es Entsorgungswege findet, die die Umwelt nicht so belasten wie bisher.
Genau das ist das Problem: Kali + Salz hat immer noch keine zukunftsfähigen Entsorgungswege, trotz der Ankündigungen, die uns heute wieder vorgelegt wurden.
Ich möchte noch einmal daran erinnern, worauf wir uns 2007 verständigt hatten. Wir wollten die Salzbelastung in Werra und Weser so zurückführen, dass sich ab 2020, so hieß es damals, wieder naturnahe Gewässer entwickeln können. Wir wollten die Versenkung in den Griff bekommen, und wir wollten die Grenzwerte für die Chlorideinleitungen nicht verlängern. Außerdem hatten wir den Mut – ich sage ausdrücklich: den Mut –, einen runden Tisch einzurichten, der unter den Augen der interessierten Öffentlichkeit nach Lösungswegen gesucht hat.
Die meisten von uns haben in dem Prozess, der sich seit Einrichtung des runden Tisches ergeben hat und der auch in der Öffentlichkeit gut nachvollziehbar war, vieles gelernt. Ich nehme das jedenfalls für mich in Anspruch. Vor allem haben wir immer wieder erleben müssen, wie sich Vertreter der Unternehmensseite hinstellten und sagten: Das ist gar nicht so schlimm. Eigentlich ist der Zustand an der Werra gut, wenn man die Salzeinleitung so vergleichmäßigt, dass sich die in der Werra lebenden Tiere nicht immer erschrecken, wenn der Salzwert einmal hochgeht und wieder absinkt. Man muss es nur vergleichmäßigen, und dann ist alles gut. Das eigentliche Problem sind doch die übrigen Einleitungen durch unzureichende Kläranlagen oder aus der Landwirtschaft.
Meine Damen und Herren, ich glaube, wir alle haben gelernt: So einfach kann man es sich nicht machen. Nicht nur ich, sondern auch viele Kollegen – es waren zumeist Männer, zumindest bei den anderen Fraktionen – waren in
höchstem Maß immer wieder verärgert, wenn Kali + Salz bereits Zugesagtes nicht eingehalten hat. Ich möchte in diesem Zusammenhang an den Umgang mit dem öffentlich-rechtlichen Vertrag erinnern.
Auch dieser öffentlich-rechtliche Vertrag war Ausfluss unseres gemeinsamen Beschlusses im Jahre 2007. Wir haben seinerzeit sehr kritisiert, wie er zustande gekommen ist, dass der Vertrag am runden Tisch vorbei verhandelt worden ist und dass man nicht alle Anrainerländer einbezogen hat. Wenn ich diese berechtigte Kritik von damals außen vor lasse, bleibt bestehen: Kali + Salz hatte sich verpflichtet, bis Oktober 2009 ein integriertes Maßnahmenkonzept zur Verminderung der Umweltbelastungen vorzulegen. So hieß die Überschrift in dem Paragrafen.
Meine Damen und Herren, besonders meine Herren von der FDP, diese Zusage ist bis heute nicht eingehalten. Alle Papiere, die wir dazu bekommen haben, sind nach meinem Kenntnisstand unzureichend und nicht genehmigungsfähig. Seit über einem Jahr hält das Unternehmen die Genehmigungsbehörden hin. Daran ändert nach meiner Auffassung die heutige Ankündigung nur partiell etwas.
Eigentlich hätte – so ist mein Kenntnisstand – das Unternehmen Ende Dezember vorlegen müssen, welches umsetzbare Konzept es hat, um die Laugenabwässer in den Griff zu bekommen. Nach meiner Kenntnis hat die Landesregierung die Firma wiederholt aufgefordert, mit der Planung einer Fernleitung unverzüglich zu beginnen und bis Ende 2010 ein umsetzbares Konzept dafür vorzulegen. – Jetzt haben wir eine Ankündigung.
Ich denke, das ist mehr als nichts. Aber bei dem Umgang, den wir bisher mit Ankündigungen und Versprechungen kennen, bin ich erst einmal skeptisch, was daraus werden wird. Ich bin offen, aber skeptisch, ob sich die Firma an diese Zusage hält und jetzt tatsächlich damit beginnt, belastbare Unterlagen vorzulegen, um die Entsorgung der Kalilauge in den Griff zu bekommen.
Sowohl Frau Puttrich als auch ihre Amtsvorgängerin, Frau Lautenschläger, haben mehrfach im Umweltausschuss erklärt, bisher seien die Unterlagen unvollständig, die K+S liefern müsste. Nicht nur ich war ziemlich ärgerlich darüber, was K+S uns gegenüber immer wieder deutlich gemacht hat. Ich sage es noch einmal ganz deutlich: Ich war ziemlich angefressen über dieses Verhalten. Auch von anderen Parteien sind die Worte gefallen: Wir lassen uns hier nicht weiter am Nasenring durch die Arena ziehen, und wir wollen endlich, dass sich etwas tut.
Vor diesem Hintergrund verstehe ich überhaupt nicht, warum sich die Fraktionen von CDU, FDP und SPD nicht wieder auf das verständigt haben, was wir schon einmal im Jahr 2007 gemeinsam vereinbart hatten. Es wäre doch ein gutes Signal gewesen, wenn wir die Empfehlungen des runden Tisches, die Lösungsmöglichkeiten aufzeigen, die mit der ganzen Region, mit der Wissenschaft, mit den Vertretern des Unternehmens, mit der Gewerkschaft und mit Umweltverbänden verhandelt worden sind, zur Grundlage genommen und gesagt hätten: Jawohl, so machen wir es. – Warum trauen Sie sich das nicht? Warum haben Sie nicht den Mut, darauf einzugehen?
Sie wissen doch, die Versenkung muss im Jahr 2011 beendet werden. Es gibt ein Gutachten der Landesregierung,
Es gäbe allenfalls noch ein kleines Zeitfenster bis zum Jahr 2015, wenn man bis zum Ende dieses Jahres ein Konzept vorlegt, wie die Entsorgung der Abwässer tragfähig erledigt werden soll. Dieses Konzept gibt es offenbar noch nicht.
Meine Damen und Herren von den Regierungsfraktionen, warum trauen Sie sich nicht, das in einen Beschluss zu gießen? Warum nicht? Ich muss ganz ehrlich sagen: Die SPD kann ich an dem Punkt noch viel, viel weniger verstehen. Was hält Sie davon ab?
Die Landesregierung ist in ihren Positionen teilweise weiter, als Sie es jetzt in dem Antrag festschreiben wollen, den Sie uns heute Morgen vorgelegt haben. Ich finde es gut, dass dieser Antrag weiter ist als der, den Sie uns im letzten Jahr vorgelegt haben. Da waren die Anträge von CDU und FDP weitaus weicher und blieben noch weit hinter dem zurück, was wir jetzt vorliegen haben. Der heutige Antrag ist schon besser. Aber es reicht nicht, wenn wir es wirklich hinbekommen wollen, dass Werra und Weser sich wieder zu normalen Mittelgebirgsflüssen zurückentwickeln.
8:44 Minuten stehen bei mir. Herr Präsident, wenn Sie eine andere Uhr haben, dann versuche ich, es kurz zu machen.
Ich möchte an Sie alle appellieren, diese Ankündigung von K+S zu prüfen. Sie könnte auch nur eine Beruhigungspille sein, um uns über den heutigen Tag zu schieben und dann zu schauen, wie es weitergeht.
Ich möchte an Sie appellieren, gemeinsam mit uns daran zu arbeiten, dass ab dem Jahr 2020 kein Tropfen Salzlauge mehr in die Werra eingeleitet wird. Ich finde, das ist ein gutes Ziel, an dem wir arbeiten können. Daran sollten wir auch gemeinsam festhalten. Um diesen Weg möglich zu machen, bitte ich, unseren Antrag, den wir Ihnen vorgelegt haben, an den Umweltausschuss zu überweisen und im nächsten Jahr einen neuen Anfang zu machen und zu versuchen, einen gemeinsamen Weg zu finden, mit dem dieser Hessische Landtag gegenüber dem Unternehmen K+S klarmacht: Wir wollen, dass die Empfehlungen des runden Tisches umgesetzt werden, und wir wollen, dass die Hessische Landesregierung in dieser Richtung arbeitet. – Ich danke Ihnen.
Schönen Dank, Frau Kollegin Erfurth. Ich will zur Klarstellung sagen: Durch den Wechsel des Schriftführers lief am Anfang der Rede die Uhr nicht. Die Zeit war jetzt sehr
großzügig bemessen, der Wichtigkeit des Themas angemessen. – Als Nächster hat Herr Kollege Landau für die CDU-Fraktion das Wort.
Sehr geehrter Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ein langer, anstrengender, teilweise ärgerlicher parlamentarischer Prozess bezüglich des Umgangs mit der Salzwassereinleitung in die Werra und der Salzwasserverpressung in den Plattendolomit findet heute einen vorläufigen Höhepunkt, ich denke, wohl noch nicht sein Ende. Viele waren an unterschiedlichen Abstimmungsprozessen, Verhandlungen und Diskussionen beteiligt. Einmal gab es Fortschritte zu vermelden, einmal Rückschläge. In jedem Fall möchte ich allen danken – das gilt auch für die GRÜNEN –, dass man sich im Sinne der Verbesserung der Wasserqualität und des Erhalts einer zukunftsfähigen Kaliindustrie sachgerecht für eine Problemlösung eingesetzt hat.
Der Bedeutung der Angelegenheit für Arbeitsplätze und Umwelt sowie dem Verhalten des verursachenden Unternehmens K+S, auf das ich noch näher eingehen werde, ist die starke, weil breite Bekundung des Landtags angemessen. Ich möchte einige zentrale Punkte nennen, die, da bin ich mir sicher, allgemeine Zustimmung über alle Fraktionen hinweg finden werden.
Wir wollen schnellstmöglich eine deutliche Verbesserung der Wasserqualität von Werra und Weser. Nicht nur zur Umsetzung der Wasserrahmenrichtlinie, sondern aus Umweltgesichtspunkten, aus Vernunftsgründen, aus Verantwortung für die Zukunft müssen wir die Situation der beiden Flüsse deutlich verbessern.
Wir wollen das erreichen, ohne dem Unternehmen K+S die wirtschaftliche Grundlage zu entziehen. Das Unternehmen ist von enormer wirtschaftlicher Bedeutung für die osthessische Region, weshalb wir uns gemeinsam zu einer nachhaltigen Kaliproduktion bekennen.
Obwohl es in Ihrem heutigen Antrag nicht mehr vorkommt, habe ich zumindest im Ausschuss dies auch von den GRÜNEN vernommen. Ökologie und Ökonomie stehen in einer Wechselbeziehung. Die Anforderung zukunftsfähiger Entsorgung unvermeidlicher Salzabwässer aus der Produktion und von Halden gefährdet nicht Arbeitsplätze, sondern sichert sie. Diesen Zusammenhang hat aber noch nicht jeder verstanden.
(Beifall bei der CDU, bei Abgeordneten der FDP und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN sowie des Abg. Lothar Quanz (SPD))
Wir haben ferner in großer Einigkeit zunächst die Einrichtung des runden Tisches beschlossen und seine Arbeit verfolgt. Da wir seinen Sachversand ebenso wie das betroffene Unternehmen anerkannt haben, bieten seine Empfehlungen eine hervorragende Grundlage für das weitere Vorgehen und sollten Richtschnur des weiteren politischen, aber vor allem auch des unternehmerischen Handelns sein.
Damit bin ich beim Agieren – oder sollte ich besser sagen: beim bisherigen Nichtagieren – des Unternehmens ange
Erstens. Es besteht hinreichend Anlass, mit dem bisherigen Handeln des Unternehmens K+S unzufrieden zu sein. Das sage ich in aller Deutlichkeit.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU und bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie der Abg. Lo- thar Quanz (SPD) und Willi van Ooyen (DIE LINKE))
Zweitens. Die Verpressung von Salzabwässern in den Untergrund ist ausweislich aktueller Entwicklungen schädlich. Sie dringen in das Grundwasser vor und kommen zurück an die Oberfläche. Dieses Verfahren muss beendet werden.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU und bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie des Abg. Lo- thar Quanz (SPD))
Ich erwarte von dem Unternehmen engagiertes Handeln. Mit der Änderung des Abwasserabgabengesetzes haben wir ein deutliches Zeichen gesetzt.