Protokoll der Sitzung vom 16.12.2010

Ich erwarte von dem Unternehmen engagiertes Handeln. Mit der Änderung des Abwasserabgabengesetzes haben wir ein deutliches Zeichen gesetzt.

Drittens. Im Oktober 2008 hat das Unternehmen einen Maßnahmenkatalog vorgestellt, der die Salzwasserbelastung um ca. 50 % reduzieren könnte. Dieses Maßnahmenpaket begrüßen wir ausdrücklich als wichtigen Schritt. Wir erwarten nach ersten Genehmigungsanträgen nun die Erfüllung der Zusage, das Paket bis 2015 umgesetzt zu haben, und zwar unter Ausräumung bestehender Unzulänglichkeiten.

Einzig der Laugenverbund ist bisher genehmigt worden. Zur ESTA-Anlage in Hattorf sind erste Unterlagen eingereicht worden. Zur Laugentiefkühlung beim Standort Hattorf sowie zur Weiterentwicklung des Kieseritflotationsverfahrens am Standort Wintershall haben ich und die Behörden seit Ankündigung durch K+S allerdings nichts mehr gehört.

Im März 2008 hat der Geschäftsführer von K+S in einer Pressemitteilung gesagt: Wir stehen in den Startlöchern. – Ich sage: Laufen Sie endlich los.

(Beifall bei der CDU und bei Abgeordneten der FDP)

Viertens. Das bisher vorgelegte Konzept wird von der Genehmigungsbehörde kritisch betrachtet. Darstellungsmängel, Defizite, wichtige Bausteine nicht belegt – so lauten die Anmerkungen, mit denen die vorgelegte Strategie von K+S an diese zur Nachbesserung zurückgereicht worden ist. Die Pläne einer Neuen Integrierten Salzlaststeuerung wurden als „ein weitgehend theoretisches Konstrukt, dessen Realisierungsmöglichkeiten im angegebenen Zeitraum nicht belegt sind“, zurückgewiesen. Die vorgesehene Umnutzung des Plattendolomits vom Endlager zum Zwischenspeicher wurde als „nicht genehmigungsfähig“ bezeichnet. Es wurde sehr deutlich gemacht, dass die unspezifischen Vorschläge nicht ausreichen, die Einleitungserlaubnis über das Jahr 2011 hinaus zu verlängern.

Ein Gesamtkonzept, das der von uns eingeforderten Qualität entspricht, liegt trotz mehrfacher Fristen, trotz Zusagen des Unternehmens, trotz Vereinbarungen – wie dem öffentlich-rechtlichen Vertrag – immer noch nicht vor.

(Zustimmung von dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

In einer Pressemitteilung des Unternehmens von heute Morgen ist zu lesen, dass man nunmehr anstrebt, die Abstimmung des Konzepts mit Hessen und Thüringen im ers ten Quartal 2011 zum Abschluss zu bringen. Wir von der CDU rufen K+S auf, alle Anstrengungen auf einen diesbezüglichen Erfolg auszurichten. Es ist nicht Aufgabe der Landesregierung, ein Entsorgungskonzept zu entwickeln, mit dem K+S den gesetzlichen Anforderungen nachkommen kann. Das ist auch nicht Aufgabe der Fraktionen dieses Hauses. Das ist einzig und allein Aufgabe des Unternehmens.

(Zustimmung von dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

Ich erwarte daher, dass das Unternehmen der Ankündigung von heute nachkommt und die entsprechenden belastbaren Anträge stellt. Ich begrüße, dass K+S inzwischen nicht mehr ausschließlich eine lokale Entsorgung propagiert, sondern – Stand heute – beabsichtigt, parallel Anträge für eine alternative Salzwasserfernleitung zu stellen, wie bereits vom runden Tisch angeraten. Dieser Fernleitung steht gegenwärtig allerdings noch einiges entgegen. Das beginnt bei dem Überzeugen der Niedersachsen und endet bei der Festsetzung eines ökologisch vertretbaren Einleitepunktes. Die Pipeline ist ein möglicher Lösungsweg. Wenn K+S andere technische bzw. verfahrenstechnische Vorschläge vorbringt, wie Einleitung und Verpressung schnellstmöglich vollständig beendet werden können, so ist dies ohne Frage zu genehmigen, wenn es den Anforderungen, die wir hier formuliert haben, genügt.

Wir fordern deshalb das Unternehmen gemeinsam auf, sich seiner Verantwortung für die Arbeitsplätze und die Umwelt zu stellen und, wie jetzt wieder zugesagt, umgehend ein genehmigungsfähiges Gesamtkonzept vorzulegen. Uns über die genaue Ausgestaltung dieses Konzept vorher zu streiten bringt nichts.

Es bringt übrigens auch nichts, hier Forderungen zu stellen, die unter den bekannten Umständen nicht erfüllbar sind oder zweifelsfrei Arbeitsplätze kosten. Das muss ich den GRÜNEN trotz aller Gemeinsamkeit zum Schluss doch noch vorwerfen. Dass Sie nach allen interfraktionellen Verhandlungen, in denen Sie sich konstruktiv eingesetzt haben, zu einem Konsens bereit waren und von vielen Überzeugungen ein Stück weit abgerückt sind, jetzt auf unrealistische und nicht durchsetzbare Maximalforderungen zurückfallen, hat mich nicht überrascht.

(Angela Dorn (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Eine Frechheit!)

Manches davon gehört in die Rubrik Wunschkonzert.

(Beifall bei der CDU – Zurufe von dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Sie werden die Werra nicht bis 2020 zu einem naturnahen Gewässer machen können, wie Sie es jetzt vorhaben. Aber wir haben Chancen, dies ab 2020 zu erreichen, wenn wir die Umweltprobleme nicht gegen, sondern mit dem Unternehmen lösen.

(Beifall bei der CDU)

Ich hoffe, dass K+S nach der Pressemitteilung von heute Morgen alles unternimmt, um den aufkommenden Eindruck vieler zu widerlegen, das Unternehmen habe nach seinen Zukäufen von Morton Salt und Potash One in Amerika die Strategie, der Politik, also uns, den Schwarzen Peter für künftige Betriebsstilllegungen in Osthessen

infolge angeblich überzogener Umweltauflagen – zuschieben zu können.

(Beifall bei der CDU und bei Abgeordneten der FDP)

Schönen Dank, Herr Landau. – Für die FDP-Fraktion hat jetzt Herr von Zech das Wort.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Die Gewinnung wertvoller Rohstoffe, die Bereitstellung von Arbeitsplätzen, Wertschöpfung auf der einen Seite und hohe Umweltbelastungen auf der anderen Seite bilden das Spannungsverhältnis, welches es zu lösen gilt.

Das Werratal an der hessisch-thüringischen Landesgrenze ist seit über 100 Jahren ein Zentrum der Kaligewinnung in Deutschland. Mit der Drucksache 7536 vom 2. Juli 2007 hat sich der 16. Hessische Landtag zum Kalibergbau bekannt. Hier wurden folgende Ziele genannt: Erhalt und Schaffung von Arbeitsplätzen sowohl in der Kaliindustrie als auch im Tourismus; schrittweise Reduzierung des Ressourcenverbrauchs und der Umweltbelastungen; Umsetzung der EU-Wasserrahmenrichtlinie bis zum Jahr 2015; die Zielvorgabe, die Werra ab dem Jahr 2020 wieder zu einem naturnahen Gewässer werden zu lassen.

Die Landesregierung wurde aufgefordert, mit dem Unternehmen K+S einen öffentlich-rechtlichen Vertrag abzuschließen, in dem die Umsetzung der Ziele vereinbart werden sollte. Am 4. Februar 2009 haben die Länder Hessen und Thüringen sowie die K+S AG diese öffentlichrechtliche Vereinbarung abgeschlossen. Politisch unklug, aber rechtlich korrekt war, dass an dieser Vereinbarung das Land Niedersachsen nicht beteiligt worden ist.

Diese Vereinbarung war weder ein Freibrief für die K+S AG, die Werra weiterhin mit Salz zu belasten, noch war sie eine Lösung für das Problem. Vielmehr verpflichtete sich das Unternehmen, Strategien und Maßnahmen zur Umsetzung nach einem verbindlichen Zeitplan vorzulegen. Dieses wurde mit der Vorlage der Neuen Integrierten Salzlaststeuerung, NIS, aus der Sicht der K+S AG erreicht, nicht jedoch aus der Sicht des hessischen Umweltministeriums und des runden Tisches. Der Gewässeraustausch im Plattendolomit wurde und wird mittel- und langfristig als zu riskant betrachtet, da die unterirdischen Strömungen der verpressten Salzabwässer nicht beherrschbar sein werden. Somit fallen die Verpressung und der Gewässeraustausch, d. h. gutes Salzwasser wird gegen schlechtes Salzwasser volumenmäßig ausgetauscht, als langfristige Lösungen aus und sind bestenfalls noch bis 2015 genehmigungsfähig.

(Zurufe von dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Bis dahin soll das Volumen der in die Werra eingeleiteten Salzabwässer von 14 Millionen m3 auf 7 Millionen m3, d. h. um 50 %, reduziert werden. Hiermit werden jedoch die Vorgaben der Europäischen Wasserrahmenrichtlinie aus dem Jahr 2000, die 2004 in deutsches Recht – unter anderem mit dem Wasserhaushaltsgesetz – umgesetzt worden sind, nicht erreicht. Die Europäische Wasserrahmenrichtlinie hat eine Frist bis zum Jahr 2015 gesetzt, um in Deutschland eine gute Gewässerqualität zu erreichen. Bei künstlich und erheblich veränderten Oberflächengewässern kann eine gesonderte Ausweisung erfolgen. Soweit

bei diesen Gewässern der gute ökologische Zustand nicht oder nicht mit verhältnismäßigen Mitteln wiederhergestellt werden kann, muss nicht der gute ökologische Zustand erreicht werden, sondern das gute ökologische Potenzial. Als nach den Regelungen der Wasserrahmenrichtlinie zulässige Ausnahme und Fristverlängerung kann die Erreichung des Zieles eines guten Gewässerzustandes um maximal 12 Jahre verlängert werden, d. h. 2015 plus 12 Jahre, also bis 2027. Unter bestimmten Umständen können für durch Menschen erheblich veränderte Gewässer geringere Zielanforderungen festgelegt werden. Hier besteht aber ein hoher Begründungsbedarf.

(Tarek Al-Wazir (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Das heißt, Sie wollen weiter Salz hineinkippen? Ich übersetze das einmal!)

Hören Sie doch erst einmal zu. – Unter diesen Voraussetzungen – das waren die Rahmenbedingungen – hat der runde Tisch am 9. Februar 2010 mit großer Mehrheit, mit 30 Ja- und drei Neinstimmen, eine Empfehlung zur Lösung der Umweltproblematik im Bereich von Werra und Weser abgegeben. Wir halten die Empfehlung des runden Tisches für eine gute Grundlage für weitere Entscheidungen. Kernpunkte der Empfehlung des runden Tisches sind, die lokale Entsorgung durch eine Versenkung in den Untergrund und die Einleitung in die Werra schnellstmöglich, spätestens ab 2020, vollständig einzustellen, bis 2015 die anfallenden Salzabwässer um ca. 50 % zu verringern, den jeweiligen Stand der Technik zur Optimierung der Verwertung von Rohstoffen und zur Reduzierung der Salzabwassermengen anzuwenden sowie bis zum Jahr 2020 eine Fernleitung an die Nordsee zu bauen. Der runde Tisch wurde auch gebeten, seine erfolgreiche Arbeit für den Zeitraum der Umsetzung der Maßnahmen fortzusetzen.

Wenn wir nun im Hessischen Landtag einen Beschluss fassen, der eine Maßnahme zulasten Dritter beinhaltet, können wir doch nicht erwarten, dass diese hierüber begeistert sind. Wir müssen doch auf die Befindlichkeiten der Politik und der Einwohner und der durch eine Salzwasserfernleitung Betroffenen Rücksicht nehmen.

Aus diesem Grunde wollen wir uns in unserem Entschließungsantrag lediglich auf die Empfehlung des runden Tisches und die angekündigten Anträge der K+S auf eine Fernentsorgung beziehen.

(Beifall bei der FDP)

Es geht hier also darum, dass der Hessische Landtag nicht über niedersächsisches Staatsgebiet verfügen und sagen kann, was dort zu tun und zu lassen ist. Das kann nur der Niedersächsische Landtag beschließen.

Ich habe während meiner Reha in Norddeich im August dieses Jahres eine Ahnung davon bekommen, wie wichtig der Tourismus für die Menschen an der niedersächsischen Nordseeküste ist. Große Teile der Küste sind am 26. Juni 2009 zum UNESCO-Weltnaturerbe erklärt worden und spielen für den Tourismus inzwischen eine bedeutende Rolle.

Diese möchte man in Niedersachsen nicht durch eine Diskussion über die Salzlaugeneinleitung gefährden. Aus unserer Sicht sind die Bedenken der Niedersachsen weniger nachvollziehbar. Vom Volumen her würden aus Hessen und Thüringen im Jahr 2020 maximal 7 Millionen m3 Salzlauge durch die Pipeline fließen. Die niedersächsischen Salzlaugeneinleitungen betragen derzeit pro Jahr 87 Millionen m3, also das Zwölffache. Das ist nachzulesen in der

Drucks. 16/1024 des Niedersächsischen Landtags vom 11.03.2009.

(Beifall bei der FDP)

Wir gehen deshalb davon aus, dass es der Hessischen Landesregierung und der Geschäftsführung von K+S gelingen wird, die Niedersachsen von der Notwendigkeit der Umsetzung der Empfehlung des runden Tisches zu überzeugen.

(Zuruf von dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Aus heutiger Sicht ist die Fernleitung zur Nordsee im Gesamtkonzept der anscheinend einzig mögliche Weg, der nach Sach- und Rechtslage die Genehmigungsbehörden in die Lage versetzen kann, über das Jahr 2011 hinaus Genehmigungseinleitungen zu erteilen. Im Zusammenhang mit weiteren Genehmigungen halte ich auch eine Patronatserklärung der K+S AG für ihre Tochtergesellschaften im Hinblick auf Haftungsfragen im Umweltschutz für geboten.

(Beifall bei der FDP)

Dies sollte mit der K+S AG verhandelt und zu einem Bestandteil der Genehmigungsauflagen werden.

Der Vorsitzende der K+S AG, Norbert Steiner, und der Vorsitzende des Umweltausschusses, Heinrich Heidel, haben vereinbart, dass Herr Steiner in der Februarsitzung des Ausschusses für Umwelt, Energie, Landwirtschaft und Verbraucherschutz zur Beantwortung von Fragen zur Verfügung stehen wird.

Meine Damen und Herren, in dem gemeinsamen Antrag der SPD und der Koalitionsfraktionen haben wir den Ausgleich der Interessenlagen formuliert. Wir wollen nicht mit Beschlüssen des Hessischen Landtags in die souveräne Entscheidung des Landes Niedersachsen eingreifen, sondern wir wollen die Niedersachsen von der Notwendigkeit einer gemeinsamen Lösung überzeugen. – Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP)

Schönen Dank, Herr Kollege von Zech. – Für die SPDFraktion hat jetzt Herr Görig das Wort. Bitte schön.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Es geht um nicht mehr und nicht weniger als um die Voraussetzungen für die Aufrechterhaltung der Kaliproduktion im hessischen Kalirevier und um den Erhalt von 5.000 Arbeitsplätzen sowie der wirtschaftlichen Grundlage der ganzen Region. Wir, die SPD, bekennen uns eindeutig und unmissverständlich zum Kalibergbau in Osthessen.

(Beifall bei der SPD)

Wir wollen aber auch ein transparentes, konsistentes Gesamtkonzept für eine langfristige Unternehmenspolitik schaffen, die die Auswirkungen der Kaliproduktion auf die Umwelt, insbesondere auf die Gewässer – Grundwasser und Oberflächenwasser –, deutlich reduziert und die Situation nachhaltig verbessert. Aus unserer Sicht geht das nur, indem beides zusammen behandelt wird: Arbeit und Umwelt sind als Ganzes zu betrachten.