Mit großer Erschütterung und Beklommenheit haben wir die Nachricht von einem Anschlag am Frankfurter Flughafen auf Angehörige der US-Army vernommen. Durch diesen Anschlag wurden dort gestern zwei US-Soldaten tödlich und zwei weitere lebensbedrohlich verletzt.
Den Angehörigen gelten unsere Anteilnahme und unser aufrichtiges Mitleid. Den schwer verletzten Soldaten senden wir unsere Genesungswünsche. – Ich danke Ihnen.
Zur Tagesordnung: Es sind noch offen die Punkte 8 bis 36, 39 und 40, 44 bis 46, 49 bis 54, 56, 64 bis 70, 78 und 79 sowie 81 und 82.
Bereits gestern Nachmittag wurde an Sie verteilt: zu Tagesordnungspunkt 14 Beschlussempfehlung und Bericht zu der für heute vorgesehenen zweiten Lesung des Gesetzentwurfs der Fraktionen der CDU und der FDP betreffend Behebung von Winterschäden an Straßen, Drucks. 18/3809 zu Drucks. 18/3761. Er wird heute Nachmittag zusammen mit dem neu aufgenommenen Tagesordnungspunkt 82 aufgerufen, Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Wirtschaft und Verkehr zu dem Antrag der SPD betreffend Winterschädenprogramm ja, aber ohne neues Schlagloch in den Kommunalhaushalten, Drucks. 18/3810 zu Drucks. 18/3759.
Zum Ablauf der Sitzung: Vereinbarungsgemäß tagen wir heute bis 18 Uhr bei einer Mittagspause von einer Stunde.
Wir beginnen mit den Anträgen für die Aktuellen Stunden, Tagesordnungspunkte 64 bis 68. Nach § 32 Abs. 6 GOHLT beträgt die Aussprache zu jedem zulässigen Antrag auf Abhaltung einer Aktuellen Stunde fünf Minuten je Fraktion. Nach Tagesordnungspunkt 67 wird der Tagesordnungspunkt 81, Dringlicher Entschließungsantrag der Fraktion DIE LINKE zum Thema, ohne Aussprache aufgerufen und sofort abgestimmt. Nach den Aktuellen Stunden geht es mit Tagesordnungspunkt 40 weiter.
Entschuldigt fehlen heute Herr Staatsminister Dr. Schäfer sowie Herr Abg. Schäfer-Gümbel, Frau Abg. Habermann und Frau Staatssekretärin Beer, die erkrankt sind. Heute Abend, im Anschluss an die Plenarsitzung, tagt der Sozialpolitische Ausschuss im Sitzungsraum 204 M.
Marius, im Namen des ganzen Hauses spreche ich dir die allerherzlichsten Glückwünsche zu deinem 36. Geburtstag aus. Alles Gute, Glückauf und Gottes Segen. Es war der ausdrückliche Wunsch, dass Herr Dr. Reuter den Blumenstrauß vorbeibringt.
Antrag der Fraktion der SPD betreffend eine Aktuelle Stunde (Kein Monopoly-Spiel mit der Börse – Finanz- platz Frankfurt schützen) – Drucks. 18/3793 –
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich hätte, ehrlich gesagt, nie gedacht, wie schnell einen in diesem Saal die Nostalgie einholen kann. Ich habe keine der spitzen Bemerkungen über den früheren Ministerpräsidenten zurückzunehmen. Aber die Frage, wo in diesem Land die Prioritäten zu setzen sind, hätte er anders beantwortet. Statt die Statistik der Taschendiebstähle vorzustellen, hätte er sicherlich den Finanzplatz Frankfurt zum zentralen Punkt seiner Regierungserklärung am ersten Tag gemacht. Allein das zeigt einen Unterschied in der Gewichtung.
Wir reden hier nämlich nicht einfach über eine Unternehmensfunktion, sondern darüber, ob sich die Struktur eines der zentralen Wirtschaftsfaktoren des Landes Hessen verändert oder nicht. Wir reden über eine Struktur, bei der, anders als in vielen anderen Bereichen, die Hessische Landesregierung eine Rolle spielen kann, wenn sie es will. Ich finde es schon faszinierend, mit welcher – um es einmal so zu sagen – Zurückhaltung der Herr Ministerpräsident der „Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung“ die Rolle politischer Beschlüsse in diesem Zusammenhang beschrieben hat. Aber wenn wir den Finanzplatz Frankfurt erhalten wollen, reicht es nicht, das zu kommentieren, sondern die Landesregierung muss jetzt handeln. Die Weichen werden jetzt gestellt.
Lassen Sie mich darstellen, welche Annahmen eigentlich hinter dieser Funktion der Börse stehen. Ich will sie ganz simpel beschreiben. Die erste Annahme ist: Es gibt keine weiter gehende Regulierung der Finanzmärkte. Warum ist das eine wichtige Annahme? Wer sich das anschaut – ich vermute, manche von Ihnen haben denselben Vortrag gehört wie ich –, wird feststellen, dass in Frankfurt das Derivatgeschäft der Schwerpunkt ist, weil es unter anderem moderner ist. Dieses Derivatgeschäft zum Schwerpunkt zu machen bedeutet aber im Kern, dass die Börse davon ausgeht, es gibt in dem Bereich, der uns in die Krise gebracht hat, keine weiteren Regulierungen. Sonst hätte das nämlich einen ganz anderen Stellenwert. Wer die Debatte so führt, muss darauf schauen, ob diese Annahme stimmt oder nicht.
Zweiter Punkt. Es wird angenommen, dass das, was jetzt festgelegt ist, auch noch nach drei Jahren hält, es dort also keine Veränderungen gibt. Die Kolleginnen und Kollegen in Paris haben die Erfahrung gemacht, dass diese Hoffnung trügerisch sein kann.
Dritter Punkt. Was die Einsparungen betrifft, werden viele spannende Zahlen in den Raum gestellt. Die EDV z. B. spare gigantische Summen ein. Nur, es muss ein völlig neues System entwickelt werden, von dem noch nicht einmal die Architektur bekannt ist. Das ist eine interessante Annahme.
Es ist viel Prinzip Hoffnung dabei. Die spannende Frage ist: Welche Rolle hat die Landesregierung? Wir meinen, die Rolle der Landesregierung ist es, jetzt dafür zu sorgen, dass das, was die Landesregierungen nacheinander aufgebaut haben – ein Finanzplatz mit der Börse, der Europäischen Zentralbank, der BaFin und anderem mehr –, stabil bleibt. Dafür müssen die Methoden der Landesregierung genutzt werden. Das bedeutet, Sicherungen einzubauen.
Die Landesregierung muss mit den Mitteln, die sie jetzt hat, in den Fusionsprozess Sicherungen einbauen. Sie kann den Handelsplatz jederzeit erhalten; bei dem Handelsvolumen geht das aber nicht. Die Landesregierung hat natürlich die Börse Frankfurt unter Kontrolle. Aber jetzt, bei der Gestaltung, stellt sich die Frage, ob sie die Sicherungen so einbaut, dass die zentralen Handelsbestandteile nicht plötzlich ganz woanders sind und dass – bei aller Begeisterung für die Elektronik – zusammen mit den zentralen Handelsbestandteilen nicht auch die Händler wandern. Das würde dann nämlich nicht nur eine Debatte über die Börse, sondern auch eine Debatte über den Bankenstandort Frankfurt mit seinen vielen Auslandsbanken bedeuten. Da ist die Landesregierung gefordert.
Zweitens. Die Landesregierung ist gefordert, ein Stück weit dafür zu sorgen, dass auch die Rahmenbedingungen stimmen, also so gesetzt werden, dass die Beschäftigten ein Stück weit Schutz haben. Auch das ist eine Aufgabe, die die Landesregierung angesichts der mehreren Tausend Beschäftigten hat.
Drittens. Das ist das Entscheidende. In diesem Fusionsprozess geht es auch um die Frage, wie sich Deutschland, also nicht nur die Landesregierung, politisch aufstellt. Das ist nicht nur eine Frage der Administration, sondern auch der politischen Debatte. Jeder weiß, dass in den Vereinigten Staaten von Amerika die politische Debatte mit denjenigen, die andere lokale Interessen haben, längst begonnen hat. Die Schärfe, mit der Senatoren und Mitglieder des Repräsentantenhauses in diese Debatte einsteigen, zeigt: Auch Sie haben Ängste. – Aber es reicht nicht, die Ängste gegeneinander aufzuwiegen. Vielmehr bedeutet das auch, dass die Landesregierung in dieser Konstellation, in der die Politik an beiden Enden zieht, klar Position beziehen muss.
Ich sage Ihnen: Wenn Sie das vergeigen, dann können wir uns die Debatten über den Länderfinanzausgleich ersparen. Denn dann wird ein Großteil der Mehrwerte, die wir hier jetzt haben, plötzlich an anderer Stelle sein.
Die Landesregierung hat die Instrumente in der Hand. Die Landesregierung hat die politischen Gestaltungsmöglichkeiten. Die Landesregierung muss hier für die nächs ten Wochen einen Schwerpunkt setzen. Dafür treten wir ein. – Danke.
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Verehrter Herr Grumbach, ich denke, wir sollten zunächst einmal feststellen, dass die geplante Fusion zwischen der Deutschen Börse und der New York Stock Exchange ein Gütezeichen ist. Ich würde sogar sagen, dass das den Ritterschlag für den Börsen- und Finanzplatz Frankfurt darstellen kann.
Dieser Finanzplatz ist aus der Finanzkrise gestärkt hervorgegangen. Das sieht man auch an diesem Vorhaben.
Ich möchte betonen: Vor wenigen Monaten hätte wohl niemand in diesem Raum und darüber hinaus von einer Fusion unter Führung der Deutschen Börse zu träumen gewagt.
Was ist der Hintergrund? – Der Hintergrund für diese mögliche Fusion ist die weltweite Fusionswelle bei den Börsen. Dahinter steht das rapide Wachstum neuer elektronischer Handelsplattformen, also keine dunklen Mächte. Es ist BATS Global Markets, und es sind andere von Großbanken installierte Handelsplattformen, die die traditionellen Börsen zum Handeln zwingen.
Wenn sie nicht handeln, werden sie an Bedeutung verlieren. Einige werden sogar in die Bedeutungslosigkeit fallen. Denn an den Finanzplätzen der Welt ist es so, dass überall in den Großbanken elektronische Handelsplattformen entstehen, die teilweise größer sind als die Börse selbst. Das ist auch am Börsenplatz Frankfurt so. Die sogenannte Parkettbörse oder die Open-Outcry-Börse hat heute keinen Stellenwert mehr. Früher wurden die sogenannten Kauf- oder Verkauforders gerufen. Heute ist man generell zu einer elektronischen Vermittlung übergegangen, bei der man sofort weltweit überall seine Verkaufoder Kauforder platzieren kann.
Worin besteht denn der Unterschied zwischen uns und Amerika? – Der Unterschied besteht in Folgendem: Anders als in Deutschland die Deutsche Börse ist in den USA die New York Stock Exchange ein Symbol nationaler Geltung. Ich würde sogar sagen, dass sie eine Ikone ist. Das hat der ehemalige Chef von Goldman Sachs einmal dergestalt ausgedrückt, dass er sagte, der Verkauf sei eine einzige Beleidigung für den Standort New York und für ganz Amerika.
Mehrere amerikanische Senatoren und Abgeordnete des Repräsentantenhauses haben diese mögliche Fusion als ein Symbol des Niedergangs New Yorks als Finanzplatz und der Finanzhauptstadt der Welt bezeichnet. Dies sei ein Schlag gegen den Weltführungsanspruch der USA auf diesem Sektor. Die „New York Post“, ein Boulevardblatt auf der Ebene des „EXPRESS“ aus Köln – heute Morgen ist sie ganz wichtig –, taufte die berühmte Wall Street schon in „Wallstraße“ um.
Worin liegen denn die Chancen? – Ich bitte, diese einmal für die Zukunft zu betrachten. Die Chancen liegen darin, dass mit dieser möglichen Fusion die mit Abstand größte Börse der Welt entstehen könnte. Die Chance besteht darin, dass wir mit dieser Fusion unter Umständen in der Lage wären, den Finanzplatz Frankfurt, den Banken- und Versicherungsplatz Frankfurt weiter zu veredeln und weiter zu stärken. Darin liegen unsere Chancen.
Die Chance besteht darin, dass niemand an diesem Handelsplatz, der über 40 % des klassischen Aktienhandels in der Welt kontrollieren würde, vorbeigehen könnte, auch nicht auf elektronischem Wege. Mit 3.450 inländischen Aktien und einem unvorstellbar großen Wert von 18,6 Billiarden $ Handelsvolumen pro Tag wäre das eine gigantische Veranstaltung. Beim Terminhandel würden wir zum größten Anbieter der Welt. In Europa würden wir mit 95 % Marktanteil fast ein Monopol bilden.
Hier liegt auch die Chance des Einwirkens der Hessischen Landesregierung. In erster Linie müssen die beiden Aktionäre dafür sorgen, dass das überhaupt möglich wird. Wenn die die Möglichkeiten austariert haben, wird es dazu kommen, dass die Hessische Landesregierung mit dem Wirtschaftsminister und dem Ministerpräsidenten Einfluss nehmen kann, aber nicht vorher.