Herr Wagner, das tut sie doch längst. Schon längst werden die Kürzungen mit der Schuldenbremse erklärt. Die nächsten Kürzungen sind bereits angekündigt.
Herr Wagner, dann kommen Sie in Ihrer Pressemitteilung zu dem Schluss, dass die Kultusministerin die Schuldenbremse als Freibrief für Kürzungen in der Bildung zu verstehen scheine. – Ach was.
Genau darum geht es doch: einen Freibrief für weitere Kürzungen zu bekommen. Das hat der Finanzminister sehr deutlich gemacht, als er gesagt hat: Wir wollen eine Volksabstimmung als Legitimation zum Sparen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen von den GRÜNEN, das muss Sie doch stutzig machen. Gerade die schwarz-gelbe Landesregierung hat doch alles getan, um direkte Demokratie, um Volksabstimmungen immer zu verhindern.
Wir haben in Hessen die höchsten Hürden für die direkte Demokratie, für Volksbegehren in Hessen. Ausgerechnet in dieser Frage will man das Volk entscheiden lassen.
In anderen Ländern war dies auch durch ganz normale gesetzliche Regelungen möglich und hat auch ausgereicht. An der Stelle will man das Volk entscheiden lassen. Sie sollten sich die Frage stellen, warum die Landesregierung das eigentlich will.
Wenn Sie jetzt schon feststellen, dass die Schuldenbremse offensichtlich als Freibrief für Kürzungen benutzt wird, dann stimmen Sie doch am 27. März mit Nein. Das wäre konsequent. Dann müssten Sie dafür sorgen, dass die Landesregierung diesen Freibrief nicht erhält.
Frau Kollegin Wissler, Sie haben mich und meine Fraktion so freundlich beim Thema Schuldenbremse angesprochen, deswegen wollen wir Ihnen die Antwort auch nicht schuldig bleiben. Ja, Frau Kollegin Wissler, es geht genau um die Frage, wie die Schuldenbremse in diesem Land ausgestaltet wird. Frau Kollegin Wissler, in dieser Debatte ist man aber nur ein ernsthafter Akteur, wenn man sich
dem Ziel verpflichtet fühlt, die Schulden nicht immer weiter anzuhäufen. Wenn man sich, wie Sie, aus dieser Debatte verabschiedet
und sagt, alle Probleme, die wir in unserer Gesellschaft haben, lösen wir über immer neue Schulden, die dann irgendwann irgendwer zu bezahlen hat, dann ist man in dieser Frage kein ernstzunehmender Akteur.
Genau um diese Unterscheidung geht es. Stellt man sich schwierigen politischen Prioritätensetzungen, oder sagt man, im Himmel ist Jahrmarkt und verspricht allen alles. Frau Kollegin Wissler, ganz genau darum geht es.
Meine Fraktion hat in einem Konzept sehr präzise dargelegt – wir haben es Ihnen zur Verfügung gestellt –,
wie wir – Herr Kollege Wilken – zu einem ausgeglichenen Haushalt kommen können. Wir wollen also keine neuen Schulden mehr anhäufen und gleichzeitig in den wichtigen Zukunftsbereichen wie Bildung, Soziales und Umweltschutz mehr investieren. Jetzt geht es genau darum, wer die Deutungshoheit bekommt, wie die Schuldenbremse umzusetzen ist. Deshalb lassen wir uns von Ihnen nicht vorwerfen, dass wir diese Landesregierung kritisieren, wenn sie die Schuldenbremse falsch umsetzt. Das werden wir immer thematisieren.
Machen Sie den Leuten bitte nicht vor, man könne alle politischen Probleme mit immer neuen Schulden lösen.
Die Herausforderung in der Politik ist, wie wir ohne neue Schulden tatsächlich die politische Prioritätensetzung in Bildung, in Umwelt und beim Sozialen lösen können. Wer den Menschen vormacht, man könne diese Prioritätensetzung dadurch lösen, dass man immer neue Schulden aufnimmt, der macht den Menschen etwas vor. Wir wollen Prioritäten setzen, und wir wollen sie vernünftig finanzieren. Das ist der Unterschied zwischen BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SPD und der LINKEN, ganz einfach. Die Schwarzen und die Gelben wollen kürzen. Sie sagen, Sie wollen Schulden machen.
Beide Ansätze werden nicht dazu führen, dass wir Verbesserungen haben. Beschimpfen Sie bitte nicht diejenigen, die sich auf den schwierigen Weg machen, konkrete und umsetzbare Konzepte vorzulegen. Frau Wissler, zu sagen, man finanziere alles über Schulden, ist wirklich das Einfachste.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Herr Wagner, es geht nicht darum, immer neue Schulden zu machen, sondern wir müssen über die Frage von Einnahmeverbesserungen reden.
Da legen wir als LINKE Vorschläge vor. Man wird mit der Zeit bescheiden, deswegen orientieren wir uns an dem Steuersystem unter Helmut Kohl. Wir sind der Meinung, ein höherer Spitzensteuersatz von 53 %, eine Vermögensteuer – die damals vom Bundesverfassungsgericht ausgesetzt worden ist –, höhere Unternehmensteuern könnten die Handlungsfähigkeit des Landes vergrößern.
Natürlich müssen wir über Einnahmeverbesserungen reden. Herr Wagner, ich befürchte, dass CDU und FDP in dieser Frage keine Partner sind.
CDU und FDP haben Ihnen immer wieder klargemacht, dass das, was in der Verankerung zur Schuldenbremse steht, Prosa ist. Sie fühlen sich überhaupt nicht dazu verpflichtet. Deswegen haben Sie doch vollkommen recht, wenn Sie sagen, die Kultusministerin missbraucht die Schuldenbremse als Freibrief zum Bildungsabbau.
Genau diese Deutungshoheit wollen wir Ihnen nicht geben, indem wir am 27. März auch noch eine breite Mehrheit für die Schuldenbremse haben und sich die Landesregierung anschließend hinstellt und sagt, sie habe den Auftrag zum Kürzen und müsse irgendwo sparen.
Sie glauben doch nicht, dass Sie mit dieser Regierung zur Einnahmenerhöhungen kommen werden. Diese Landesregierung wird sich im Bundesrat nicht für irgendetwas einsetzen.
(Beifall bei der LINKEN – Mathias Wagner (Tau- nus) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Ich will diese Landesregierung ablösen!)
Sie wollen diese Landesregierung ablösen, aber dann haben Sie die Situation, dass ab 2014 derjenige, der dann regiert, die Schuldenbremse durchsetzen muss. Wenn Sie die Schuldenbremse anwenden müssen, können Sie sich von ganz vielen Versprechungen Ihres Wahlprogramms verabschieden, Herr Wagner.
(Mathias Wagner (Taunus) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Wir rechnen unsere Programme – im Gegensatz zu Ihnen!)
Ich möchte zum Schluss zu der Frage kommen, wie wir die Handlungsfähigkeit des Staates auch in schwierigen Situationen erhalten. Ich war beim Sozialforum, bei dem Christine Hohmann-Dennhardt geredet hat. Sie ist Sozialdemokratin und ehemalige Wissenschaftsministerin. Sie hat gesagt, man müsse die Frage stellen, ob die deutsche Einheit überhaupt möglich gewesen wäre, wenn man in den Neunzigerjahren schon die Schuldenbremse in der Verfassung gehabt hätte. Das ist ein richtiger Punkt.