Die GRÜNEN haben richtigerweise mit ihrem Dringlichen Gesetzentwurf die Verlängerung des Prüfungszeitraumes um sechs Jahre, also um zwei weitere Perioden, gefordert. Das unterstützen wir. Das halten wir auch für notwendig, und zwar unter dem Gesichtspunkt, jetzt beschleunigt das Gesetz zu beschließen, damit keine Lücke bis zum 30.06. entsteht und die Fehlbelegungsabgabe weiter gezahlt werden kann.
Meine Damen und Herren, wir meinen, die kommunalen Wohnungsbaugesellschaften müssen finanziell gestärkt und Wohnungen im kommunalen und Landesbesitz dürfen nicht verkauft werden. Herr Minister, deshalb lassen Sie es mich an dieser Stelle sagen: Hände weg von der Nassauischen Heimstätte.
Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren! Das Thema der Wohnungsbauförderung ist vielleicht wie kein zweites die Schnittstelle von der Wirtschaftspolitik zur Sozialpolitik. Die Förderung des sozialen Wohnungsbaus ist in den vergangenen Jahrzehnten ein wichtiges Instrument gewesen, um das grundgesetzliche Sozialstaatsgebot umzusetzen.
Meine Damen und Herren, mit der Föderalismusreform und der Entflechtung der Kompetenzen haben der Bund und die Länder die Gesetzgebungskompetenz auf dem Gebiet der Sozialwohnungsbauförderung und der Regulierung des Wohnungsmarkts grundsätzlich auf die Länder übertragen. Es war nicht allein der Wunsch, diese Entflechtung vorzunehmen, sondern es gab auch ganz klare
sachliche Gründe. Denn schon längst ist die Entwicklung auf dem Wohnungsmarkt in Deutschland sehr unterschiedlich, man könnte sogar sagen, gegensätzlich. Bundeseinheitliche Regelungen können hier überhaupt nicht mehr funktionieren. Die Förderung des sozialen Wohnungsbaus wurde in die Hand der Länder gegeben, weil diese besser den realen Bedarf ermitteln und regional passende Instrumente entwickeln können. Das betrifft nicht nur Regionen, sondern heute müssen sogar einzelne Stadtquartiere differenziert betrachtet werden.
Ich habe hier schon eine ganze Menge gehört, wie unsozial diese Landesregierung sein soll. Das Land Hessen fördert bereits in erheblichem Umfang den sozialen Wohnungsbau.
Aus Zinsen und Tilgungsleistungen von früheren Jahren werden heute etwa 60 Millionen € in die Förderung des sozialen Wohnungsbaus gegeben. Das sind revolvierende Fonds. Herr Siebel hat es angesprochen: Das ist seinerzeit eine durchaus sehr gelungene und sehr intelligente Lösung gewesen. – Da dürfen Sie ruhig klatschen. Das war nämlich Ihre Idee.
Doch die Grundvoraussetzungen für den Wohnungsmarkt haben sich in den letzten beiden Jahrzehnten teils drastisch verändert. Wir haben in den hessischen Regionen sehr unterschiedliche Entwicklungen und Bedarfssituationen. In Nord- und Mittelhessen ist der Bedarf an gefördertem Wohnraum deutlich geringer als in der Metropolregion Rhein-Main.
Meine Damen und Herren, aufgrund dieser Gesamtsituation wollen wir, die Koalitionsfraktionen, die Landesregierung beauftragen, zu überprüfen, ob es wohnungspolitisch sinnvoll ist, ein eigenes hessisches Wohnraumfördergesetz vorzulegen. Die Frage, ob die Steuerzahler einkommensschwächere Haushalte bei der Finanzierung von Wohnraum unterstützen müssen, hängt zunächst mit der Situation am Wohnungsmarkt zusammen.
Dann schauen wir uns einmal an, wie die Situation in Hessen aussieht. Der Wohnungsbericht 2010 des hessischen Ministeriums enthält eine klare Aussage. Im Jahr 1990 gab es einen Boom im hessischen Wohnungsbau. Vor allem aufgrund des Bevölkerungszuwachses durch Zuzüge aus den neuen Ländern und aus Osteuropa ist der Bedarf gestiegen. Seit 2000 hat sich das Wachstum aber deutlich abgeschwächt. Jährlich kommen trotz des Abschwungs hessenweit 10.000 neue Wohnungen zum Bestand dazu. Heute gibt es etwa 2,9 Millionen Wohnungen in Hessen.
Parallel zur Bautätigkeit verlief die Entwicklung der Mietkosten. Ich spreche hier von den Mietkosten ohne die Kosten der Energie. In den letzten zehn Jahren sind die allgemeinen Durchschnittsmieten moderat, nämlich unter dem Niveau der allgemeinen Preisentwicklung, gestiegen. Der Bericht bescheinigt der Mietpreisentwicklung sogar eine inflationsdämpfende Wirkung. Für Kaltmieten müssen die Menschen in Hessen im Verhältnis zum verfügbaren Einkommen weniger ausgeben als noch vor zehn Jahren.
Wie sieht das jetzt bei den Sozialwohnungen aus? Nach dem Höchststand Anfang der Neunzigerjahre geht der Bedarf zurück. Die Zahl der eine Sozialwohnung suchenden Haushalte ist vom Höchststand 1991 von etwa 41.000 registrierten Haushalten auf heute 31.000 gesunken. 75 % davon entfallen auf das Rhein-Main-Gebiet. Aber insgesamt stehen dem 130.000 Wohnungen mit Sozialbindung gegenüber. Das ist doch eine Unwucht. Das müssen doch auch Sie erkennen.
Liebe Kollegen, ich habe jetzt den Wettlauf um linke Positionen erlebt, angefangen von den LINKEN über die GRÜNEN und fortgeführt von der Sozialdemokratie.
Herr Siebel, ich kann wirklich nicht verstehen, welchen Vorwurf Sie uns hinsichtlich der Abschaffung der Fehlbelegungsabgabe machen.
Ich habe hier das sozialdemokratische Regierungsprogramm der SPD Hessen für 2008 bis 2013. Darin steht: „Gleichzeitig wollen wir neue Belegungsrechte für Kommunen schaffen.“ Die SPD in Berlin fordert die Abschaffung der Fehlbelegungsabgabe. „Die Abschaffung der Fehlbelegungsabgabe ist konsequent“, so steht es in einer Pressemitteilung der SPD-Fraktion in Schleswig-Holstein.
Herr Siebel, jetzt können Sie ruhig etwas verdreht nach unten schauen. Herr Präsident, Sie gestatten: Kommunalwahlprogramm 2011 der Sozialdemokratie. Meine Damen und Herren, die Wahlen sind kaum herum. In dem Papier steht: „Um einen Beitrag dazu zu leisten, die ausgewogene Struktur in den Wohngebieten zu erhalten, wollen wir die Fehlbelegungsabgabe abschaffen.“ Das ist Ihre kommunalpolitische Position.
Welchen Vorwurf machen Sie uns denn? Herr Siebel, okay, Sie können unterschiedlicher Meinung sein. Das habe ich verstanden. Zumindest der Kollege Decker ist ein ganz netter Kerl. Ich habe ihn kennengelernt. Auch der Kollege Decker spricht sich dafür aus, dass wir die Fehlbelegungsabgabe abschaffen, und unterstützt damit die Meinung des Oberbürgermeisters in Kassel.
Herr Siebel, Sie haben uns gefragt, was wir stattdessen machen wollen: Fehlbelegungsabgabe abschaffen und eine Variante eines eigenen Wohnraumfördergesetzes.
Wir müssen ein Konzept einführen, um solchen Fehlentwicklungen zu begegnen, indem wir Vorkehrungen in den Bewilligungsbescheiden und in den Förderzusagen treffen. Meine Damen und Herren, mit einem eigenen Wohnraumfördergesetz ist die richtige Verankerung vorzunehmen.
die Nutzungsbindung mit allen möglichen bürokratischen Auflagen zu kontrollieren, sollten wir das Förderinstrument verändern.
Politik muss sich nämlich den Veränderungen der Menschen anpassen und nicht umgekehrt. Deshalb sollten wir eine Umstellung von einer Objektförderung zu einer Subjektförderung ins Auge fassen. Damit würden wir nicht mehr Bauherren finanziell unterstützen,
sondern die betroffenen Menschen selbst, und zwar so flexibel und so lange, wie es notwendig ist. Damit könnten die Menschen dann frei wählen, wo und wie sie wohnen wollen. Das ist das liberale Verständnis von Wohnen. Das ist das liberale Menschenbild. Das werden wir auch umsetzen. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Lieber Kollege Siebel, ich habe Ihre Eingangsbemerkungen zur Kenntnis genommen. Sie sagen zu Recht: „Wohnen ist ein Grundbedürfnis.“ Aber es ist nicht so, dass jedes Grundbedürfnis zu 100 % vom Staat erbracht werden muss. Darin unterscheiden wir uns.
Die Frage, wie dieses Grundbedürfnis befriedigt wird, hat im Laufe der Zeit unterschiedliche Antworten erfahren. Ich glaube, darin sind wir uns einig. Natürlich hat der soziale Wohnungsbau im Nachkriegsdeutschland, in einer Zeit, in der sehr schnell Wohnraum zur Verfügung gestellt werden musste, eine andere Rolle gespielt, als er heute, 60 Jahre nach Kriegsende, hat. Deswegen ist der soziale Wohnungsbau in den unterschiedlichen Facetten weiterentwi