Protokoll der Sitzung vom 13.04.2011

Die UNESCO prüft die strikte Einhaltung der Kriterien sehr gründlich und in regelmäßigen Abständen. Dabei geht es nicht nur um Kernzonen. Es geht auch um die rechtliche Sicherung der Zonen, um eine vernünftige Verwaltung der Gebiete, um eine konsistente Planung und Kontrolle, um nachhaltiges und umweltgerechtes Wirtschaften in der Landwirtschaft, aber auch in den anderen Wirtschaftsbereichen,

(Willi van Ooyen (DIE LINKE): Schießplatz!)

um Energieverbrauch und Rohstoffeinsatz, um Landschaftspflege und Biodiversität.

Herr Kollege Dietz, Sie müssen dann zum Schluss kommen.

Das alles wird von einem unabhängigen Expertengremium regelmäßig kontrolliert. Machen Sie den Menschen nicht weis, dass die Landesregierung das entscheidet und hier nach Gutdünken Flächen zuweist. Die Rhön wird die anstehende Prüfung der UNESCO-Kommission bestehen, weil sie die Kriterien erfüllt – das ist auch ein Verdienst dieser Landesregierung –, vor allem aber, weil die Rhön ein einmaliges Naturdenkmal ist, das es zu schützen und zu erhalten gilt. Daran arbeiten wir gemeinsam mit und für die Menschen in der Region.

(Beifall bei der CDU)

Vielen Dank, Kollege Dietz. – Das Wort hat Frau Abg. Hammann, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Kollege Lenders, sehr geehrter Herr Kollege Dietz, ich wollte, ich könnte Ihren Worten Glauben schenken. Aber die Sache sieht doch ganz anders aus. Wenn man sich dann die Antwort der Landesregierung auf die Große Anfrage der LINKEN genau durchsieht, kann man sehr wohl erkennen, dass eine Aberkennung durch die UNESCO droht. Das müssen wir doch alle ernst nehmen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der LINKEN sowie bei Abgeordneten der SPD)

Meine Damen und Herren, wenn es den Ländern Hessen, Thüringen und Bayern nicht gelingt, bis zur nächsten Überprüfung – die findet im Jahr 2013 statt – die Bedingungen der UNESCO zu erfüllen, dann heißt das, die UNESCO wird nicht lange fackeln und sagen: Das Prädikat Biosphärenreservat wird aberkannt.

(Jürgen Lenders (FDP): Das stimmt nicht!)

Das ist keine leere Drohung. Das ist in Bayern schon einmal passiert, im Bayerischen Wald. Dort ist es vorgekommen, dass diese Kriterien nicht erfüllt waren. Die UNESCO hat nicht lange gefackelt, sondern gesagt: Dieses Prädikat wird aberkannt.

Es ist also keine leere Drohung, und das müssen wir alle ernst nehmen. Aber die Zeit läuft uns davon. Die Hausaufgaben hätten längst alle erledigt werden können. Es ist schon sehr lange bekannt, dass das streitbefangene Objekt Haderwald herausgenommen wurde und damit ein Defizit im Kernzonenbereich deutlich erkennbar wurde.

Man muss wissen, wir hatten unter Rot-Grün schon eine große Ausweisung für die Kernzone vorgenommen. Wir lagen damals bei über 3,6 %. Im Jahr 2004 hat die Herausnahme des Haderwaldes dazu geführt, dass es nur noch 2,4 % Kernzonenbereich gab. Damit haben wir ganz klar ein Kriterium der UNESCO nicht mehr erfüllt, und seit 2004 sind Sie ins Koma gefallen. Wir haben keine großen Flächen mehr für den Kernzonenbereich hinzubekommen.

Ich erinnere daran: Im August 2010 hat Frau Lautenschläger, die damalige Umweltministerin, sogar darauf aufmerksam gemacht. Sie hat gesagt, sie werde sich dafür einsetzen, dass mehr Flächen in den Kernzonen entstehen werden, dass sie die notwendigen Flächen ausweisen will.

(Dr. Walter Arnold (CDU): Das hat sie doch gemacht!)

Was ist denn passiert? Herr Kollege Arnold, schauen Sie in die Bilanz hinein. Es sind doch kaum Flächen hinzugekommen. Sie haben – das muss man deutlich sagen – durch dieses Nichthandeln Ihre Verantwortung für die ökologische und wirtschaftliche Weiterentwicklung der Rhön nicht übernommen.

Um diesen Status zu erhalten, brauchen wir diese 3 % Kernzone, und Sie wissen, was Kernzonen sind. Kernzone bedeutet: Es sind streng geschützte Lebensräume, in denen die Natur Vorrang hat.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der LINKEN)

Eine wirtschaftliche Nutzung – das ist allen klar – ist in diesem Bereich ausgeschlossen. Die naturnahen Ökosysteme wie Buchenwälder, Basaltblockhalden und Moore sollen in ihren natürlichen Prozessen durch Nutzungsverzicht geschützt werden. Das beinhaltet auch, dass die Wälder zu Urwäldern werden dürfen.

(Jürgen Lenders (FDP): Ja!)

Das wird vielleicht auch das Problem sein. Frau Lautenschläger sagte damals, sie will einen großen Teil aus dem Forstbereich – damit ist der Landesbetrieb Hessen-Forst auch betroffen – mit hineinbringen in das Ganze. Aber da hat es keine Weiterentwicklung gegeben. Unsere letzte

Anfrage an das Ministerium ergab, es hat keine nennenswerte Zunahme bei der Kernzone gegeben.

Meine Damen und Herren, das Biosphärenreservat Rhön ist eine bedeutende Entwicklung in diesem Gebiet. Wir haben feststellen können, dass die Übernachtungszahlen zugenommen haben. Wir haben eine Dachmarke, wir haben eine bessere Vermarktung in diesem Bereich. Ich erinnere nur an das sogenannte Rhönschaf. Wir haben, was den sanften Tourismus angeht, eine deutliche Verbesserung feststellen können.

Das heißt, wichtige Einnahmequellen in dieser Region sind über das Biosphärenreservat Rhön erst entstanden und gefördert worden. Dies, meine Damen und Herren, muss uns allen wichtig sein. Wir müssen dafür sorgen, dass der Status des Biosphärenreservats erhalten bleibt. Sonst wird es eine negative wirtschaftliche Entwicklung in dieser Region geben. Das kann uns allen nicht recht sein. Wir müssen uns wirklich dafür einsetzen, dass das Biosphärenreservat seinen Status behält.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der LINKEN)

Meine Damen und Herren, das muss dazu führen, dass das, was über das Land eingebracht werden kann, auch wirklich eingebracht wird. Ich meine damit die Ausweisung der 140 ha als Kernzone, was schon von Frau Lautenschläger, der damaligen Umweltministerin, versprochen wurde. Zur Erinnerung: Das ist kein Privatwald, das ist Landeseigentum. Hier spielt die Landesregierung eine bedeutende Rolle, die sie übernehmen muss, indem sie sagt: Die Kernzone müssen wir ausweiten, dieses Gebiet muss entsprechend geschützt werden.

Ich will nicht negieren, dass Hessen nicht allein in der Verantwortung ist. Das sage ich ganz deutlich. Thüringen und Bayern sind ebenfalls in der Verantwortung. Das Bio sphärenreservat gibt es eben nur als Ganzes. Die drei daran beteiligten Länder haben ihre Aufgabe zu erfüllen, wenn die Rhön, die sich auf die drei genannten Länder erstreckt, ihr Statussymbol, das Biosphärenreservat, behalten soll.

Frau Kollegin Hammann, Sie müssen zum Schluss kommen.

Ich komme zum Schluss. Wir fordern diese Landesregierung auf, mehr zu tun, als nur die erforderlichen 3 % als Kernzone auszuweisen. Sie sollte über diesen Prozentsatz hinausgehen, wie es Rot-Grün in früheren Planungen schon einmal angedacht hat. Es muss unser aller Anliegen sein, die Erfolgsgeschichte des Biosphärenreservats Rhön weiterzuschreiben.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Vielen Dank. – Das Wort hat Frau Abg. Waschke, SPDFraktion.

Sehr verehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren! Auf die herausragende Bedeutung eines Biosphärenreservats haben die Kollegen schon hingewiesen. 1991 erklärte die UNESCO die Rhön auf Betreiben einer rotgrün geführten Landesregierung hier in Hessen zu einem Biosphärenreservat und knüpfte daran bestimmte Bedingungen.

Eine der wichtigsten Vorgaben war übrigens die Ausweisung von mindestens 3 % der Gesamtfläche als Kernzone. Kernzonen sind Bereiche, in denen keine wirtschaftliche Nutzung mehr stattfindet und die Natur sich selbst überlassen bleibt. Es soll sich wieder ein urwaldähnliches Waldgebiet bilden, das auch der Nachhaltigkeitsforschung sowie der Erhaltung und Stabilisierung der Artenvielfalt und der genetischen Potenziale dienen soll. Das wird in der Diskussion immer mal wieder vergessen.

Im Oktober 2009 besuchte die Vorsitzende des deutschen Komitees von „Man and the Biosphere“, Frau Gertrud Sahler, die Rhön. Im anschließenden Gespräch machte sie auf meine Frage hin sehr deutlich, dass der Entzug des Prädikats Biosphärenreservat droht, wenn es nicht gelingt, bis zur nächsten Überprüfung, im Jahre 2013, 3 % der Gesamtfläche als Kernzone auszuweisen. So viel zu dem Thema, dass die Aberkennung droht.

(Beifall bei der SPD und bei Abgeordneten der LINKEN – Zuruf des Abg. Jürgen Lenders (FDP))

Ich kann mich nicht erinnern, Herr Kollege Lenders, dass Sie bei dem Gespräch dabei waren. Sie können es mir aber glauben.

Seit dieser klaren Ansage von Frau Sahler hat die SPD auf Kreisebene, wie auch hier auf Landesebene, immer wieder gefordert, die fehlenden Flächen endlich als Kernzone auszuweisen. Die Landesregierung haben wir aufgefordert, den Landkreis Fulda dabei finanziell zu unterstützen und auch Staatswald zur Verfügung zu stellen.

Lange ist nichts passiert. Im August 2010 verkündete die damals zuständige Ministerin Lautenschläger mit großem Medientamtam, dass das Land Hessen letztendlich 2 Millionen € zur Verfügung stellen wird. Der Leiter der hessischen Verwaltungsstelle, Otto Evers, hat damals von einem Finanzbedarf in Höhe von 3,8 bis 4 Millionen € gesprochen. Aber immerhin: Wir haben uns über die 2 Millionen € gefreut.

Im hessischen Teil des Biosphärenreservats wird im Moment die Kernzonenausweisung vorgenommen. Ich glaube, wir sind auf einem ganz vernünftigen Weg. 190 ha werden derzeit als Kernzone ausgewiesen. Für die restlichen 260 ha laufen Verhandlungen mit Hessen-Forst und den Gemeinden als Besitzern der Flächen.

Auch in Bayern und in Thüringen scheint einiges voranzukommen. Wir haben es vorhin schon gehört, deshalb gehe ich darauf nicht weiter ein. Bayern muss allerdings noch 3.500 ha ausweisen. Ich weiß, dass die Verhandlungen in Bayern im Moment sehr schwierig sind, weil man mit Kommunen verhandelt, denen es schlichtweg ums Geld geht. Wir hoffen, dass die Verhandlungen erfolgreich sind; denn es ist zutreffend, was Frau Kollegin Hammann gesagt hat: Das Biosphärenreservat Rhön muss länderübergreifend 3 % der Gesamtfläche als Kernzone ausweisen.

Die Ausweisung des Haderwaldes im Truppenübungsgebiet Wildflecken wäre selbstverständlich gewesen, liebe

Kolleginnen und Kollegen von den LINKEN. Das haben SPD und GRÜNE auch im Interesse der europäischen Friedensordnung in ihrem Koalitionsvertrag 1991 festgeschrieben. Später wurde der Haderwald unter einer rotgrünen Landesregierung als Naturschutzgebiet und als Kernzone ausgewiesen.

(Beifall der Abg. Regine Müller (Schwalmstadt) (SPD))

Danke, das haben wir verdient. – Mittlerweile hat sich aber das Bundesverteidigungsministerium mit seinem Anspruch auf eine eigene militärische Nutzung des Haderwaldes durchgesetzt. Die bundesdeutsche Rechtsregelung legt nämlich fest, dass eine militärische Nutzung in bestimmten Fällen Vorrang vor dem Naturschutz haben kann, wenn das Bundesverteidigungsministerium diese Nutzung beansprucht. Eben das ist passiert. Deswegen wurde dem Haderwald der Naturschutzstatus bzw. die Kernzonenausweisung wieder aberkannt. Prof. Ott von der Hochschule Fulda, der das Biosphärenreservat von Beginn an wissenschaftlich begleitet hat, sprach in diesem Zusammenhang von einer „quasi interfamiliären Lösung zulasten des Biosphärenreservats“, weil sowohl die Bundes- als auch die Landesregierung zu dieser Zeit konservativ geführt wurden. Da war man sich „innerhalb der Familie“ einig, dem Haderwald die Kernzonenausweisung wieder abzuerkennen. Man kann das bedauern, wir tun das ausdrücklich, aber leider ist die Rechtslage so, wie sie eben ist.

Bis zur nächsten Überprüfung des Biosphärenreservats müssen 3 % der Gesamtfläche als Kernzone ausgewiesen sein, ob mit dem Haderwald oder ohne. Wünschenswert, das möchte ich zum Schluss noch deutlich machen, wäre die Ausweisung größerer zusammenhängender Flächen gewesen. Eine solche Fläche ist der Haderwald. Leider ist das aber nicht gelungen, und es wird auch bei der derzeitigen Planung nicht gelingen. Es ist aber nach Aussage von Gertrud Sahler auch nicht zwingend vorgeschrieben, größere zusammenhängende Flächen auszuweisen. Allerdings erwartet die UNESCO bei kleineren Flächen, wie sie derzeit ausgewiesen werden, dass diese von Pflegezonen umschlossen und über Korridore vernetzt werden.

Es bleibt abzuwarten – das wird noch spannend –, ob diese Vorgaben im hessischen Teil des Biosphärenreservats erfüllt werden können. Im Interesse des Biosphärenreservats, dieses Schatzes, den wir hier in der Rhön haben, ist es zu wünschen, dass das verantwortungsvoll und ordentlich über die Bühne geht.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der LIN- KEN)

Vielen Dank. – Das Wort hat Frau Staatsministerin Putt rich.

Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren! Ich bin froh, dass zumindest die gemeinsame Einsicht besteht, dass das Biosphärenreservat ausgesprochen wichtig und sinnvoll ist.

Ich möchte gleich dem ersten Eindruck widersprechen, es sei nichts passiert, wir würden unseren Beitrag nicht leis