Protokoll der Sitzung vom 17.05.2011

Ich will auch sagen, dass die Politiker in Deutschland insgesamt kluge Entscheidungen getroffen haben bei der Frage, wie wir aus der Krise herauskommen. Meine Damen und Herren, auch der Hinweis auf das von vielen so bekämpfte Wachstumsbeschleunigungsgesetz mit einer Entlastung von 23 Milliarden € sei erlaubt. Was ist da in Deutschland passiert? Allein durch die höhere Absetzbarkeit der Krankenversicherung wurden die Bürgerinnen und Bürger in Höhe von 15 Milliarden € entlastet. Wir haben in der Zeit die Senkung der Beiträge der Kranken- und Pflegeversicherung erlebt. Wir haben das Kurzarbeitergeld aufrechterhalten und erweitert.

Steuerliche Entlastungen sind nicht immer richtig. Das ist auch keine Frage. Kein Finanzpolitiker ruft danach, immer nur die Steuern zu senken. Aber die steuerlichen Entlastungen, die die Bundesregierung mit großer Unterstützung aus diesem Bundesland vorgenommen hat, haben doch mit dazu beigetragen, dass es in diesem Land wieder aufwärtsgeht. Wir ernten doch jetzt die Früchte davon. Deswegen war es richtig.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Dass wir gerade die Menschen entlastet haben, die heute die Ausgaben tätigen, das sehen wir an der Entwicklung im Einzelhandel. Ich glaube, heute oder gestern sind die Zahlen über den Ticker gelaufen. Im Einzelhandel in Hessen ist im ersten Quartal dieses Jahres eine Wachstumsrate von 2,5 %, in manchen Branchen sogar von 4 % zu verzeichnen – im Einzelhandel, dort, wo die Bürgerinnen und Bürger in Hessen einkaufen gehen. Daran sehen Sie doch, dass das Wachstum, dass der Aufschwung bei den Bürgerinnen und Bürgern ankommt. Das ist ein klares Indiz dafür, dass wir eine gute Politik gemacht haben, die bei den richtigen Leuten ankommt.

(Norbert Schmitt (SPD): Was ist mit dem verfassungswidrigen Haushalt? Was ist mit der Störung des gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichts? Das passt nicht zusammen!)

Wir können sagen, dass das Wirtschaftswachstum sogar besser ist, als alle anderen vorausgesagt haben.

(Norbert Schmitt (SPD): Ja eben! Kein Grund mehr für einen verfassungswidrigen Haushalt!)

Mein lieber Kollege Schmitt, wer heute schon wieder davon redet, dass man Geld wieder anderweitig ausgeben kann, der hat wirklich kein Recht, über die Verschuldung dieses Bundeslandes zu schimpfen.

(Petra Fuhrmann (SPD): Davon hat er gar nichts gesagt!)

Meine Damen und Herren, wer ständig neue Ausgaben fordert, der hat in dieser Diskussion wirklich nicht mehr mitzureden.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Die Mehreinnahmen, die nach Länderfinanzausgleich und Kommunalem Finanzausgleich für die nächsten Jahre auf 2,2 Milliarden € hochgerechnet werden – da hat Herr Finanzminister Dr. Schäfer vollkommen recht –, sind noch lange nicht im Steuersäckel. Wir müssen aufpassen, dass wir vorsichtig damit umgehen und nicht neue Wolkenkuckucksheime bauen.

Meine Damen und Herren, auch in Zukunft ist es richtig, dass wir auf Wachstum setzen, um neue Einnahmen zu bekommen. Aber das Sparen dürfen wir auf keinen Fall vergessen. Deswegen ist es notwendig, ehrlich und intelligent vorzugehen. Ehrlich bedeutet in dem Fall, zu sagen: Es geht nicht mehr alles, auch in Zukunft nicht. Intelligent ist, zu sagen: Wir werden nicht mit einem großen Schlag sparen können, sondern wir werden dafür sorgen müssen, dass die Infrastruktur, die wir in diesem Land aufgebaut haben – indem wir in Bildung, in innere Sicherheit, in die Infrastruktur, also die Straßeninfrastruktur, die allgemeine Infrastruktur, die Wirtschaftsinfrastruktur und in das soziale Netzwerk, investiert haben –, nicht kaputt gemacht wird. Wir müssen dafür sorgen, dass die ökologischen Errungenschaften dieser Landesregierung und dieses Landes nicht kaputt gemacht werden. Das gehört ganz sicher dazu. Wir haben genügend Belege dafür, dass gerade die Politik von Schwarz-Gelb in den letzten Jahren dazu geführt hat, dass die Infrastruktur so gut ist, dass wir auch beim Wirtschaftswachstum diese großen Erfolge haben, wie wir sie im Moment zu verzeichnen haben.

(Petra Fuhrmann (SPD): Düstere Zukunft!)

Es ist richtig, dass wir weiter sparen. Das hat die Landesregierung auch belegt. Ich erinnere an die „Operation sichere Zukunft“ im Jahr 2004.

(Petra Fuhrmann (SPD): Düstere!)

Ich weiß, das hören Sie nicht gerne. Aber das war ein großer Kraftakt – und nicht gerade mit Ihrer großen Unterstützung.

(Petra Fuhrmann (SPD): Kahlschlag!)

Es ist doch eine vernünftige Politik, dass wir jetzt sparen, z. B. im Haushalt 2011 gegenüber 2010 in einer Größenordnung von 3,5 % und im Haushalt 2012 von 3,8 %. Aber wir sagen immer, dass Priorität beim Einsparen alle anderen Bereiche als die Bildung haben. Die Bildung bringt zwar ihren Anteil daran; aber die Bildung ist immer stärker geschont als die anderen Bereiche.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Richtig ist auch, dass die Landesregierung mit der Einsetzung der Haushaltsstrukturkommission eine ganz wich

tige Grundlage geschaffen hat, damit wir überhaupt in der Lage sind, zu erkennen, an welchen Stellen Hessen möglicherweise mehr oder auch weniger Geld ausgibt als andere Bundesländer. Dadurch haben wir jedenfalls eine Grundlage für künftige Sparentscheidungen.

Der Hinweis auf die Ausgaben auf dem Gebiet der politischen Führung ist so verkehrt nicht. Das meiste von dem, was gemacht wurde, unterstützen wir zwar nachdrücklich.

(Zuruf des Abg. Norbert Schmitt (SPD))

Aber hier hat der Finanzminister klar gehandelt und sofort gesagt: Hier werden 5 % und nicht nur 3,8 % eingespart. – Deswegen gilt es, diesen Weg in möglichst gleichmäßigen Schritten bis 2020 weiterzugehen. Ich sage noch einmal: Die beste Einnahmeerhöhung ist eine gute Wirtschaftspolitik.

(Zuruf des Abg. Norbert Schmitt (SPD))

Deswegen haben wir allen Grund, uns über das zu freuen, was wir in den letzten Jahren erreicht haben.

Sie reden immer davon, dass der einzige Weg, Einnahmeverbesserungen zu erzielen, die Erhöhung der Steuersätze ist. Die Vergangenheit hat doch gezeigt – ich habe das im Plenum schon mehrfach beim Thema Schuldenbremse gesagt –: Bei der Schuldenbremse geht es nicht um die Frage, ob wir die Steuersätze erhöhen, oder um die Frage, ob wir irgendeine neue Steuer finden, sondern es geht darum, ob ich bereit bin, nicht mehr auszugeben, als ich einnehme.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU und der FDP)

In den vergangenen 30, 40 Jahren, seit 1970, seitdem Schulden gemacht werden, ist alles probiert worden. Es gab höhere Steuern. Es gab die Vermögensteuer. Wir hatten einen Spitzensteuersatz von 56 %. All das hat die Politiker nicht davon abgehalten, trotzdem Schulden zu machen. Wenn Sie also heute hergehen und der Bevölkerung erklären: „Wenn wir nur die Steuersätze anheben, dann ist das Thema Schulden in Zukunft vorbei“, dann gehen Sie nicht ehrlich mit den Menschen um. Ehrlich mit den Menschen umzugehen heißt, wir dürfen nicht mehr ausgeben, als wir einnehmen.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Klar ist auch, dass Sparen in Deutschland nicht funktioniert, ohne dass es jemand merkt.

Wir leben auch mit dem Problem, dass Sie bei allen Umfragen auf der Straße Menschen finden, die sagen: Jawohl, es ist vollkommen richtig, man darf nicht mehr ausgeben, als man einnimmt. Die sagen auch: Es ist richtig, es muss gespart werden. – Aber wehe, Sie fragen: Na gut, wo ist denn Ihr Beitrag zum Sparen?

Das ist ein mühsamer Weg. Der von den GRÜNEN so leichthin geforderte Konsens mit der Bevölkerung – dass wir jetzt plötzlich einen Weg aufzeigen, bei dem die gesamte Bevölkerung sagt, jawohl, so ist es richtig, so können wir sparen –, das ist doch nicht von dieser Welt. Meine Damen und Herren, wir als Politik müssen doch zusammenstehen. Wir müssen klarmachen, was noch geht und was nicht geht. Wer den Menschen mehr verspricht, als er halten kann, der versündigt sich an künftigen Generationen.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Deswegen wende ich mich auch an die Opposition. Ich versuche wirklich, zu diesem Thema hier keine polemische Rede zu halten. Aber ich muss schon sagen: Immer

dann, wenn die Landesregierung oder die CDU und die FDP in den letzten Jahren versucht haben, Ausgaben zu reduzieren – also einzusparen –, war die Opposition auf der Seite derer, die gebrüllt haben: Aber auf dieser Seite dürft ihr nicht sparen! – Das war bei der „Operation sichere Zukunft“ so, das ist jetzt bei jedem Euro, der gekürzt wird, so. Das ist bei jedem Gedanken, den irgendjemand aus dem Kabinett öffentlich äußert – ob da ein internes Papier geschrieben wird, ob etwas öffentlich verkündet wird. Bei jedem Einsparvorschlag kommt bei Ihnen der Reflex: Dort aber auf keinen Fall! – Meine Damen und Herren, so kann man keine ehrliche Politik machen.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Es ist vollkommen richtig: Hier ist das Primat der Politik gefordert. Wir als Politik haben die Aufgabe und müssen entscheiden, wo wir Prioritäten setzen.

Ich habe Ihnen das auch an den Beispielen der Vergangenheit ganz deutlich gemacht, wo wir bei Bildung, innerer Sicherheit und der Infrastruktur besondere Schwerpunkte gelegt haben. Das erwarten die Bürger von uns, und deswegen werden wir das auch in Zukunft so machen müssen.

Das wird nicht einfacherer werden. Auch das will ich nochmals deutlich sagen – vorhin hat der Finanzminister darauf hingewiesen. In den nächsten Jahren haben wir zusätzliche Probleme zu bewerkstelligen, über die einfache Reduzierung der Schulden hinaus. Da gibt es die demografische Entwicklung. Die führt dazu, dass weniger Arbeitnehmer logischerweise weniger Steuern bezahlen werden, wir also davon ausgehen müssen, dass das Wachstum schon von daher begrenzt ist. Ob auf der anderen Seite die Frage, die Ausgaben zu kürzen, von allen genauso offen beantwortet werden wird, ist auch die Frage. Und natürlich haben wir das Problem, dass wir dann, wenn in den nächsten Jahren Zinserhöhungen auf den Märkten über uns herkommen, möglicherweise höhere Zinsausgaben haben. Das sind Belastungsrisiken, die wir in den Haushalten haben, die nicht einfach durch irgendwelche Steuererhöhungen wegzudiskutieren sind.

Lassen Sie mich an dieser Stelle noch sagen: Wir haben heute auch den Bericht des Landesschuldenausschusses zu diskutieren. Ich finde, das ist in allen Redebeiträgen ein wenig zu kurz gekommen. Das ist einer der Bereiche, in denen wir wirklich große Erfolge zu verzeichnen haben – auch, was intelligentes Sparen angeht.

Zunächst will ich sagen: Die Art und Weise, wie der Landesrechnungshof in den letzten Jahren dem Landesschuldenausschuss die Daten aufbereitet und mit seinen Mitarbeitern Auskunft über die Struktur der Landesschulden gegeben hat, ist wirklich aller Ehren wert. Das ist auch ein gemeinsames Lob dieses Hauses wert.

(Allgemeiner Beifall)

Ich finde, ein mindestens so großes Lob an dieser Stelle gebührt auch denen, die das operative – beinahe hätte ich gesagt: Handling; Entschuldigung, Herr Kollege Dr. Müller – Handeln hier vornehmen

(Dr. Rolf Müller (Gelnhausen) (CDU): Sehr gut!)

geht doch –, nämlich die Truppe um Herrn Soll im Finanzministerium, die das Zinsmanagement in Hessen betreibt. Es ist nicht selbstverständlich und wird von anderen Bundesländern bewundert, was hier geleistet wird. Durch dieses aktive Managen der Landesschulden, das

kluge Handeln und die außerordentliche Qualifikation der Leute dort war es möglich, jedes Jahr viele Millionen Euro zu sparen, die wir in anderen Bereichen ausgeben konnten oder nicht an neuen Schulden aufnehmen muss ten. Mein Dank gilt deswegen ganz herzlich auch der Abteilung von Herrn Soll für ihren Beitrag. Ich denke, auch das können wir im Namen des ganzen Hauses aussprechen.

(Allgemeiner Beifall)

Bevor ich zum Schluss komme, möchte ich auch noch sagen: Bei diesem Thema müssen wir auch die Landesverwaltung mitnehmen. Die Landesverwaltung ist deswegen sehr wichtig, weil dort in Hessen, alle mit eingerechnet, 150.000 oder 155.000 Menschen genau an der Quelle sitzen und wissen, wo sie das Geld ausgeben. Wir brauchen diese Bediensteten des Landes, die Angestellten und Beamten des Landes, auch mit ihren Vorschlägen zum Effizienzgewinn in der Landesverwaltung. Diese Menschen wissen genau, wo das Geld ausgegeben wird. Vielleicht können wir darüber nachdenken, ob im Sinne eines betrieblichen Vorschlagswesens – das in Unternehmen ja funktioniert und auch schon in Teilen der Landesverwaltung praktiziert wird – verstärkt die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter eingebunden werden, damit auch in Hessen im Jahr 2020 keine neuen Schulden gemacht werden.

Meine Damen und Herren, ich will Ihnen auch sagen: Neue Schulden sind ein Thema, das alle Bundesländer betrifft. Die Hauptaufgabe, die hier auch bezeichnet wurde, ist klar: Wir müssen mit der Umsetzung des Gesetzes dafür schnell beginnen. Der Finanzminister hat gesagt: am besten im Jahr 2012. Ich teile das ausdrücklich.